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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 3 W 22/07
Rechtsgebiete: GBO, WEG


Vorschriften:

GBO § 13 Abs. 1 Satz 2
GBO § 44 Abs. 2
GBO § 71
GBO § 78
WEG § 5 Abs. 4
WEG § 7 Abs. 3
WEG § 10 Abs. 2

Entscheidung wurde am 23.03.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein Leitsatz und Stichworte wurden hinzugefügt
1. Der durch eine Auflassungsvormerkung gesicherte Käufer einer Eigentumswohnung ist im Grundbuchverfahren nicht berechtigt zur Einlegung einer sog. Fassungsbeschwerde mit dem Ziel der näheren Kennzeichnung von Sondernutzungsrechten im Wortlaut der Grundbucheintragung.

2. Hat das Grundbuchamt ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums an einer Wohnung wirksam durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Teilungserklärung) gebucht, besteht kein Rechtsanspruch des Wohnungseigentümers auf eine weitergehende Kennzeichnung des Sondernutzungsrechts in dem Eintragungsvermerk.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 22/07

In dem Verfahren

betreffend den im Grundbuch von N..., Bl. .... eingetragenen Miteigentumsanteil von 200,60/1000 an dem Grundstück Flur 2 Nr. 2/12, Gebäude- und Freifläche, I......... zu 876 m², verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichneten Wohnung im Dachgeschoss mit Balkon und Galerien,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richterin am Oberlandesgericht Stutz auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) vom 8./ 9. Januar 2007 und der Beteiligten zu 2) vom 10./.12. Januar 2007 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 13. Dezember 2006

ohne mündliche Verhandlung

am 28. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

I. Die weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen, diejenige der Beteiligten zu 2) mit der Maßgabe, dass ihre Erstbeschwerde vom 20./ 21. November 2006 als unzulässig verworfen wird.

II. Der Geschäftswert für die Verfahren der weiteren Beschwerde und für die Erstbeschwerdeverfahren wird auf jeweils 3 000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) hat als Eigentümerin das von dem Verfahren betroffene Grundstück gemäß § 8 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt. In der Teilungserklärung vom 14. Dezember 2005 hat sie sich das Recht vorbehalten, Sondernutzungsrechte an Stellplätzen und an Kellern zuzuweisen.

Von diesem Vorbehalt machte die Beteiligte zu 1) anlässlich des Verkaufs der in dem vorliegenden Verfahren interessierenden Eigentumswohnung an die Beteiligte zu 2) Gebrauch; in der Notarurkunde vom 17. Oktober 2006 wurde dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung das alleinige Recht zur Nutzung von in der Teilungserklärung näher bezeichneten Stellflächen sowie eines Kellerraums eingeräumt. Die Urkunde enthält weiter den Antrag und die Bewilligung, die darin erfolgten Zuweisungen von Sondernutzungsrechten in das Grundbuch einzutragen.

Die über den Urkundsnotar beantragte Buchung wurde im Grundbuch am 9. November 2006 mit folgendem Wortlaut vorgenommen:

"Der Inhalt des Sondereigentums ist geändert:

Sondernutzungsrechte sind zugewiesen.

Gemäß Bewilligung vom 17. Oktober 2006 (UR.Nr. .... Notar P.... in B.....); eingetragen am 9. November 2006"

Gegen diese Formulierung der Eintragung haben beide Beteiligte, vertreten durch den Urkundsnotar, eine sog. Fassungsbeschwerde eingelegt mit dem Begehren, im Grundbuch - über die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung hinausgehend - klarstellend zu verdeutlichen, welche Flächen des gemeinschaftlichen Eigentums konkret von der Sondernutzung betroffen sind.

Die Rechtsmittel sind beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Gegen dessen die Beschwerden in der Sache zurückweisende Entscheidung richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten, mit weiterhin dem Ziel einer näheren Kennzeichnung der Sondernutzungsrechte im Wortlaut der Grundbucheintragung.

II.

1. Die Rechtsmittel, mit denen keine Berichtigung der vorgenommenen Grundbucheintragung erstrebt wird, sondern lediglich eine klarstellende Ergänzung von deren Fassung durch das Grundbuchamt, sind gemäß § 78 GBO als unbeschränkte weitere Beschwerden statthaft (vgl. Demharter, GBO 25. Aufl., § 71 Rdnr. 46; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 13. Aufl., Rdnrn. 485, 486; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht 6. Aufl., § 71 Rdnr. 34, jew. m.w.N.), nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei (§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3, § 71 Abs. 1 GBO). Die Berechtigung beider Beteiligter zur Einlegung der weiteren Beschwerde folgt schon aus der Zurückweisung ihrer jeweiligen Erstbeschwerde (BGHZ 151, 116, 121 = NJW 2002, 2461; BGH NJW 1994, 1158); hinsichtlich der Beteiligten zu 1) ergibt sich das Beschwerderecht im Übrigen aus ihrer Antragsberechtigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO.

2. In der Sache sind die weiteren Beschwerden unbegründet. Die vom Landgericht bestätigte Ablehnung der Eintragung eines den Inhalt der eingeräumten Sondernutzungsrechte näher bezeichnenden Vermerks in das Grundbuch hält der Rechtskontrolle im dritten Rechtszug (§ 78 GBO, § 546 ZPO) stand. Allerdings hätte das Landgericht die erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) bereits wegen fehlender Beschwerdeberechtigung als unzulässig verwerfen müssen; das hat der Senat nunmehr in der Beschlussformel seiner Entscheidung nachgeholt.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist schon deshalb unbegründet, weil ihre Erstbeschwerde unzulässig war.

Ausweislich der Akten ist für die Beteiligte zu 2) als Wohnungskäuferin bislang nur eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung ihres schuldrechtlichen Anspruchs auf Übereignung der Wohnung in das Grundbuch eingetragen. In grundbuchrechtlichen Verfahren auf Vornahme einer Eintragung sind gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO antrags- und damit zugleich beschwerdeberechtigt aber nur unmittelbar Beteiligte, also diejenigen, deren dingliche Rechtsstellung durch die Buchung einen Verlust erleidet oder einen Gewinn erfährt (BGHZ 162, 137 = NJW 2005, 1430 = FG Prax 2005, 102 m.w.N.).

Als Berechtigte einer Vormerkung nach § 883 BGB zählt die Beteiligte zu 2) danach nicht zu dem Kreis der Antrags- und Beschwerdeberechtigten, weil die sie begünstigende Vormerkung durch die vorliegend beantragte (klarstellende) Ergänzung bei der Eintragung der Sondernutzungsrechte gerade nicht unmittelbar betroffen wird.

Denn die Eigentumsvormerkung bleibt auch ohne die begehrte weitergehende Kenntlichmachung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch inhaltsgleich bestehen. In ihrer Rechtsstellung wird die Beteiligte zu 2) durch die beanstandete Sachbehandlung des Grundbuchamtes lediglich mittelbar beeinflusst, nämlich insoweit als ihr ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Wohnungseigentums nebst den zugehörigen - durch die Grundbucheintragung "verdinglichten" - Sondernutzungsrechten zusteht (vgl. in diesem Zusammenhang: KG DNotZ 2004, 149 mit Anmerkung von Böttcher, RPflStud. 2004, 180; Demharter, GBO 25. Aufl., § 13 Rdnr. 44).

Mithin war die Beteiligte zu 2) in dem vorliegenden Verfahren betreffend die Eintragung der Sondernutzungsrechte weder antrags- noch beschwerdebefugt. Da das Landgericht ihre erste Beschwerde gleichwohl als zulässig betrachtet und in der Sache negativ beschieden hat, ist ihre weitere Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird (BGHZ 162, 137 = NJW 2005, 1430 = FG Prax 2005, 102).

b) Auch das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) als Wohnungseigentümerin hat keinen Erfolg.

aa) Das Wohnungseigentumsgesetz kennt den Begriff "Sondernutzungsrecht" nicht. Rechtsprechung und Schrifttum verstehen darunter eine Vereinbarung, durch die einem Wohnungseigentümer das alleinige Nutzungsrecht an einem Teil des gemeinschaftlichen Eigentums unter Ausschluss aller anderen Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch eingeräumt wird. Rechtlich handelt es sich bei einem Sondernutzungsrecht um eine schuldrechtliche Vereinbarung der Wohnungseigentümer, die den Gebrauch eines Teils des gemeinschaftlichen Eigentums abweichend von dem grundsätzlichen Mitgebrauchsrecht aller Wohnungseigentümer (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG) regelt (§ 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG).

Begründet wird das Sondernutzungsrecht entweder durch Vereinbarung der Eigentümer nach §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG oder durch den teilenden Alleineigentümer bei der Vorratsteilung nach §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG; im letzteren Fall gilt die Regelung dann als Vereinbarung der künftigen Wohnungseigentümer.

Die Vereinbarung von Sondernutzungsrechten kann als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen werden (§ 10 Abs. 2 WEG). Als Folge der Eintragung wird das Sondernutzungsrecht "verdinglicht" und wirkt dann auch gegen die Sonderrechtsnachfolger im Wohnungseigentum (vgl. zum Ganzen: Demharter FG Prax 1999, 46 m.w.N.).

bb) Wie jede andere Vereinbarung der Wohnungseigentümer über das Verhältnis untereinander wird das Sondernutzungsrecht in das Grundbuch gemäß § 7 Abs. 3 WEG, § 3 Abs. 2 WGV eingetragen. Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen kann zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, in der die Vereinbarung enthalten ist.

So ist im vorliegenden Fall die Rechtspflegerin des Grundbuchamts durch die uneingeschränkte Bezugnahme auf die Notarurkunde vom 17. Oktober 2006 verfahren; diese enthält in ihrem Teil A 3 b (Zuweisung der unter Bezugnahme auf die Ausgangsurkunde näher bezeichneten Sondernutzungsrechte) eine Ergänzung zur Teilungserklärung vom 14. Dezember 2005.

Entgegen der Meinung der weiteren Beschwerde ist die auf diese Weise vorgenommene Fassung der Grundbucheintragung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Allerdings wird die Meinung vertreten, wegen der besonderen Bedeutung, die den Sondernutzungsrechten unter den Vereinbarungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG zukomme, sprächen praktische Gründe dafür, im Interesse der Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs die jeweils zum Inhalt des Sondereigentums erhobenen Sondernutzungsrechte in dem Eintragungsvermerk wenigstens schlagwortartig zu benennen (vgl. OLG München FG Prax 2006, 245, 246 = DNotZ 2007, 47; OLG Hamm und OLG Köln, Rpfleger 1985, 109 und 110; Demharter, FG Prax 1999, 46, 47 jew. m.w.N.). Ein solcher Vermerk im Bestandsverzeichnis hätte im vorliegenden Fall etwa lauten können ( vgl. Demharter GBO 25. Aufl. § 44 Rdnr. 31): "... Wegen des Inhalts der zugewiesenen Sondernutzungsrechte an zwei Stellplätzen und an einem Kellerraum wird auf die Bewilligung vom 17. Oktober 2006 ... Bezug genommen ..."

Gegen eine solche Verfahrensweise bei der Eintragung wird von Teilen des Schrifttums jedoch der durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Dezember 1993 angefügte § 44 Abs. 2 GBO ins Feld geführt. Er verpflichtet das Grundbuchamt unbeschadet seiner Ausgestaltung als Sollvorschrift, grundsätzlich in dem gesetzlich zulässigen Umfang von der Möglichkeit einer Bezugnahme Gebrauch zu machen, und zwar über seinen Wortlaut hinaus nicht nur bei der Eintragung einer Grundstücksbelastung (vgl. § 874 BGB), sondern bei jeder Eintragung, bei der eine Bezugnahme zulässig ist. Deshalb ist umstritten, ob § 44 Abs. 2 GBO überhaupt noch Raum für eine Ermessensentscheidung des Rechtspflegers bei der Fassung des Eintragungsvermerks über ein Sondernutzungsrecht lässt (zum Meinungsstand siehe die Nachweise bei Demharter, FG Prax 1999, 46, 47).

Diese Streitfrage muss jedoch im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.

Denn auch wenn der Auffassung zu folgen sein sollte, dass § 44 Abs. 2 GBO die Aufnahme klarstellender Zusätze bei der Eintragung nicht verbietet, besteht auf deren Anbringung jedenfalls kein rechtlich mit einer Fassungsbeschwerde durchsetzbarer Anspruch. Vielmehr steht der Wortlaut der Eintragung dann im pflichtgemäßen Ermessen des Rechtspflegers. Dessen Entscheidung, es - wie vorliegend geschehen - bei einer uneingeschränkten Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung zu belassen, ist aber nicht rechtswidrig, weil dadurch das Grundbuch weder unrichtig noch unklar wird (OLG München FG Prax 2006, 245, 246 = DNotZ 2007, 47; OLG Hamm und OLG Köln, Rpfleger 1985, 109 und 110; KG NJW-RR 1997, 205, 206; Demharter, FG Prax 1999, 46, 47).

Mit ihrem Angriff, die Grundbuchrechtspflegerin sei sich im vorliegenden Fall eines ihr - möglicherweise - zustehenden Ermessens bei der Fassung der Eintragung überhaupt nicht bewusst gewesen, kann die weitere Beschwerde auch dann nicht durchdringen, wenn tatsächlich eine Ermessensentscheidung zu treffen war. Gegenstand der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ist die Entscheidung des Landgerichts über die Erstbeschwerde. Dieses hat, soweit die zu treffende Entscheidung auf einer Ermessensausübung beruht, als Beschwerdegericht ohne Bindung an die Entscheidung des Grundbuchamts sein Ermessen selbst auszuüben (Bauer/von Oefele/Budde, GBO 2.Aufl., § 77 Rdnr. 11 m.w.N.). Hier ergeben die Gründe des Beschlusses der Zivilkammer vom 13. Dezember 2006 insoweit mit hinreichender Deutlichkeit, dass das Landgericht eine eigene Ermessensentscheidung über die Fassung der Eintragung getroffen hat. Die von ihm angestellte Erwägung, das Grundbuch solle von überflüssigen Eintragungen freigehalten werden, wäre aber jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, weil durch die Ausschöpfung der Bezugnahmemöglichkeit in der Tat Eintragungsraum eingespart, das Grundbuch von der Angabe zahlreicher Einzelheiten freigehalten und der Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen erleichtert wird.

3. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO nicht veranlasst. Da Gegenstand der Angriffe der Beteiligten zu 1) und 2) nicht die vorgenommene Eintragung als solche, sondern allein deren Fassung war, hat der Senat den Geschäftswert für die Rechtsmittelverfahren in beiden Instanzen auf den Regelwert von jeweils 3 000,00 € festgesetzt (§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO); die Wertfestsetzung durch das Landgericht für das Verfahren der Erstbeschwerden war entsprechend abzuändern (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO).

Ende der Entscheidung

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