Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 3 W 232/06
Rechtsgebiete: ZPO, GBO


Vorschriften:

ZPO § 740
ZPO § 740 Abs. 2
ZPO § 741
ZPO § 750 Abs. 1
ZPO §§ 727 ff
GBO § 71
GBO § 74
GBO § 78

Entscheidung wurde am 15.05.2007 korrigiert: ein Leitsatz wurde hinzugefügt
Die Vollstreckung in ein Grundstück, das Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts erworben haben, erfordert regelmäßig einen Titel gegen beide Ehegatten
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 232/06

In dem Verfahren

betreffend die im Grundbuch von S........... eingetragene Gebäude- und Freifläche Flur 2 Nr........., A............. zu .... m²,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Jenet auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 30. November/1. Dezember 2006 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31. Oktober 2006

ohne mündliche Verhandlung

am 15. März 2007

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 11 734,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) begehrt die Eintragung einer Zwangshypothek auf einem von dem Beteiligten zu 2) und dessen Ehefrau in italienischer Errungenschaftsgemeinschaft erworbenen Grundstück. Sie ist der Auffassung, der Umstand, dass sie lediglich über einen gegen den Beteiligten zu 2) gerichteten Titel verfügt, stehe der Eintragung nicht entgegen. Die Vorinstanzen haben die Eintragung der Zwangshypothek mit der Begründung abgelehnt, beiden Eheleuten stehe die Verwaltung des Grundstückes gemeinschaftlich zu, weshalb auf der Grundlage des hier anwendbaren § 740 Abs. 2 ZPO ein Leistungstitel gegen beide Ehegatten erforderlich sei. Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobenen Behauptung, auf der Grundlage des § 741 ZPO genüge zur Zwangsvollstreckung ein gegen den Beteiligten zu 2) ergangener Titel, da dieser selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibe, aus dem die titulierte Forderung resultiere.

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft, an keine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 78, 80 Abs. 1 und 3, 71 Abs. 1 und 2 GBO). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1) folgt bereits aus dem Umstand, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. BGH NJW 1994, 1158).

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 Satz 1 GBO).

1. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) zu Recht als unbefristete Beschwerde nach § 71 GBO angesehen. Denn die begehrte Eintragung einer Zwangshypothek als Vollstreckungsakt wird aufgrund ihrer formellen Zuweisung zum Grundbuchverfahren verfahrensrechtlich nur nach den Vorschriften der Grundbuchordnung behandelt. Das Grundbuchamt wird insoweit in erster Linie als Grundbuchbehörde tätig. Die Eintragung der Zwangshypothek ist eine Entscheidung des Grundbuchamtes, sie ist nicht als Entscheidung im Vollstreckungsverfahren zu qualifizieren (vgl. etwa Senat Rpfleger 2001, 174; OLG Hamm Rpfleger 1973, 440).

2. Auch in der Sache ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Eintragung der Zwangshypothek zu Recht zurückgewiesen hat.

Für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht beschränkt sich die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses darauf, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften (§ 15 FGG) sowie gegen Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 3 W 12/04 - m.w.N.). Dieser Überprüfung hält der angefochtene Beschluss stand. Zunächst ist das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, davon ausgegangen, dass die Beurteilung auf der Grundlage der zwangsvollstreckungsrechtlichen Regelungen für die Gütergemeinschaft zu erfolgen hat. Da die Zivilprozessordnung keine Bestimmungen enthält, die auf die Vollstreckung in ein italienisches Gesamtgut zugeschnitten sind, gibt das deutsche Vollstreckungsrecht keine ausdrückliche Antwort auf die Frage nach dem erforderlichen Titel. Das Landgericht hat dennoch die Vorschrift des § 740 ZPO zu Recht angewandt. Denn die Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht (vgl. hierzu Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stichwort "Italien III.A. 2 f. sowie Art. 159, 177 ff) ist mit der Gütergemeinschaft nach deutschem Recht, insbesondere bezüglich der Behandlung des Gesamtgutes vergleichbar (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 740 Rdnr. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 740 Rdnr. 12; LG Heilbronn Rpfleger 1996, 521; BGH Rpfleger 1998, 351 für die Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht; Rauscher Rpfleger 1988, 93, 94). Nach § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind. Dementsprechend geht der Gesetzgeber in den §§ 727 ff ZPO davon aus, dass die Zwangsvollstreckung eines Urteils gegen Dritte nur stattfinden darf, wenn zu dem Urteil wenigstens eine Vollstreckungsklausel gegen den Dritten erteilt worden ist. Daran fehlt es hier. Die Beteiligte zu 1) verfügt lediglich über einen Titel gegen den Ehemann. Im hier vorliegenden Fall ist jedoch auch ein solcher gegen die Ehefrau erforderlich. Nach § 740 Abs. 2 ZPO ist ein Leistungstitel gegen beide Ehegatten erforderlich, wenn diese das Gesamtgut gemeinschaftlich verwalten. Nach dem italienischen communione fällt während des Güterstandes erworbenes Eigentum in die Vermögensgemeinschaft, Art. 177 Cc (vgl. Rauscher WuB VI E. § 740 ZPO, Seite 850). Damit besteht neben dem Eigenvermögen jedes Ehegatten eine Vermögensmasse, die beiden Ehegatten gemeinschaftlich zusteht und in die zumeist die wesentlichen Vermögenswerte fallen. So liegt der Fall hier. Die Eheleute haben das Grundstück mit notarieller Urkunde des Notars Dr. L........ am 15. September 1992 im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht erworben. Damit ist das Grundstück Gesamtgut geworden. Nach Art. 180 Abs. 2 Cc steht die Vornahme von Rechtsgeschäften, die die gewöhnliche Verwaltung überschreiten, den beiden Ehegatten gemeinsam zu. Maßstab für die Unterscheidung zwischen ordentlicher und nicht gewöhnlicher Verwaltung ist der Maßstab der Verwaltung des Vermögens Minderjähriger. So ist die Veräußerung eines Grundstückes keine Handlung der gewöhnlichen Verwaltung (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht aaO Art. 180 Fn. 56).

Auf dieser Grundlage ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ohne die erforderliche Zustimmung vorgenommene Rechtshandlungen dann vernichtbar sind, wenn sie Immobilien betreffen (Art. 184 Abs. 1, 2 Cc). Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass das italienische Recht für das gewöhnliche Miteigentum davon ausgeht, dass ungeteilte Gegenstände, die im Miteigentum stehen, auch pfändbar sind, wenn nicht alle Miteigentümer dem Gläubiger verpflichtet sind (Art. 599 cpc). Diese Vorschrift ist jedoch - worauf das Landgericht ebenfalls verwiesen hat - im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Soweit die Beteiligte zu 1) nunmehr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren darauf abstellt, dass auf der Grundlage des § 741 ZPO zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück ein gegen den Beteiligten zu 2) ergangenes Urteil genüge, da dieser selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibe, muss dieses Vorbringen unbeachtlich bleiben. Denn neues tatsächliches Vorbringen kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine Berücksichtigung finden (vgl. etwa Bauer/von Oefele/Budde, GBO,1999, § 78 Rdnr. 24 m.w.N.). Die Vorschrift des § 74 GBO findet im Verfahren der Rechtsbeschwerde keine Anwendung (Bauer/Budde aaO m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist entbehrlich, da der Senat außer der Beteiligten zu 1) niemand förmlich am Verfahren der weiteren Beschwerde beteiligt hat.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der Vorinstanz bestimmt, §§ 131 Abs. 2, § 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück