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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: 3 W 233/01
Rechtsgebiete: GG, AuslG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
AuslG § 57
Auch wenn sich die - zweimal bis zu insgesamt 3 Monate verlängerte - Abschiebungshaft nur eine Woche nach der ihre Rechtmäßigkeit bestätigenden Beschwerdeentscheidung des Landgerichts durch Abschiebung des Betroffenen erledigt, kommt eine weitere Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht in Betracht (im Anschluss an BGH, LM AuslG NR. 11 = NVwZ-Beil. 1998, 87 = FGPrax 1998, 198).
Aktenzeichen: 3 W 233/01

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

In dem Verfahren

betreffend die Verlängerung von Abschiebungshaft, an dem beteiligt sind:

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken

durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach, Cierniak und Jenet

auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 2. Oktober 2001

gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 2. Oktober 2001 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 20. September 2001

ohne mündliche Verhandlung

am 18. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der - nach erfolglosem Asylverfahren - wegen unbekannten Aufenthalts am 29. Juni 2001 zur Fahndung ausgeschriebene Betroffene ist am 10. August 2001 in Bremen festgenommen worden. Die zunächst zur Sicherung seiner Abschiebung in die Türkei bis zum 15. August 2001 angeordnete Haft hat das Amtsgericht Bremen bis zum 21. September 2001 verlängert. Über die gegen Haftanordnung und Verlängerung eingelegten Beschwerden ist keine Entscheidung ergangen. Nach Abgabe des Verfahrens hat sodann das Amtsgericht Zweibrücken die Haftdauer nochmals verlängert, und zwar bis zum 19. Dezember 2001.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Zweibrücken die Haftanordnung bestätigt, jedoch die Dauer der Haft bis zum 10. November 2001 verkürzt. Insoweit liege kein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vor, weil entsprechend den Angaben der Beteiligten zu 2) kein früherer Termin zur Vorführung bei der Botschaft angeboten worden sei und im Übrigen die bei der erstmaligen Anordnung von Abschiebungshaft im Regelfall verhältnismäßige Dauer von 3 Monaten nicht überschritten sei.

Auf Grund der Vorführung des Betroffenen beim türkischen Konsulat am 20. September 2001 ist diesem ein Passersatzpapier ausgestellt worden, so dass seine Abschiebung am 4. Oktober 2001 vom Flughafen Frankfurt durchgeführt werden konnte.

Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene nunmehr festzustellen, dass die Beschlüsse des Amts- und Landgerichts rechtswidrig waren. Zur Zulässigkeit seines Antrags verweist er auf einen Schriftwechsel zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesgerichtshof.

II.

Die an sich gemäß §§ 27 Abs. 1 FGG, 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, 3 Satz 2 FEVG statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Mit der Abschiebung des Betroffenen am 4. Oktober 2001 hat sich der Verfahrensgegenstand in der Hauptsache erledigt. Der nunmehr gestellte Antrag, die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse von Amts- und Landgericht festzustellen, ist auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Schriftwechsels zwischen Bundesverfassungsgericht und dem V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs unzulässig.

Erledigt sich - wie hier - die Hauptsache durch Abschiebung, erweist sich ein gegen die Haftanordnung eingelegtes Rechtsmittel als unzulässig, weil es hierfür an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt. An dieser rechtlichen Beurteilung hat sich durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rechtschutz bei erledigten Durchsuchungsanordnungen und präventiven polizeilichen Ingewahrsamsnahmen für die hier zur Beurteilung stehende Abschiebungshaftsache nach § 57 Abs. 2 AuslG nichts geändert. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gebieten es die vom Bundesverfassungsgericht zur Rechtsweggarantie entwickelten Grundsätze nicht, in Abschiebungshaftsachen bei Erledigung der Hauptsache ausnahmsweise eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung zuzulassen. Grund dafür ist, dass die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei typischem Verfahrensablauf in Abschiebungshaftsachen in der Lage sind, eine Entscheidung zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme innerhalb der Haftdauer herbeizuführen. Für die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses ist dabei nicht auf Einzelfälle kürzerer Haftdauer abzustellen, sondern darauf, ob die Maßnahme ihrer Natur nach häufig schon vor gerichtlicher Überprüfung wieder beendet ist; dies hat der Bundesgerichtshof für die Abschiebungshaft verneint (vgl. BGH, LM AuslG Nr. 11; NVwZ-Beilage 1998, 87, 88 = FG Prax 1998, 198, 199). Dem hat sich der Senat in der Vergangenheit angeschlossen (vgl. etwa Beschluss vom 2. Juni 1998 - 3 W 150/98); bejaht hat der Senat hingegen die Zulässigkeit für Fälle einer einstweiligen Anordnung zur Verlängerung der Haftdauer. Maßgebend hierfür war, dass einstweilige Anordnungen in der Regel nur für kurze Zeiträume bis zur endgültigen Entscheidung ergehen (vgl. Beschluss vom 30. Mai 2001 - 3 W 119/01; ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 14. September 2001 - 19 W 78/01).

Da hier kein Fall der im Wege einstweiliger Anordnung verlängerten Abschiebungshaft vorliegt, erweist sich das Rechtsmittel unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unzulässig. Der vorgelegte Schriftwechsels zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gibt dem Senat keinen Anlass zu einer davon abweichenden rechtlichen Beurteilung. Denn die gewechselten Schreiben befassen sich schon nicht mit einem vergleichbaren Sachverhalt. Die Anfrage des Berichterstatters des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 2000 bezieht sich auf einen Einzelfall, bei dem nach atypischem Verfahrensablauf (zwischen Verhaftung und Abschiebung nur eine Woche) eine rechtzeitige Entscheidung über Rechtsmittel gegen den Haftbefehl nicht zu erwarten war. Nur hinsichtlich eines solchen Verfahrensablaufs hat der Vorsitzende des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Antwortschreiben vom 11. Dezember 2000 ausgeführt, dass der Senat wohl nicht von einem fehlenden Rechtschutzbedürfnis ausgehen würde. Ein solcher Ausnahmefall steht indes hier nicht zur Beurteilung an. Zwischen dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts und der Abschiebung am 4. Oktober 2001 lagen zwar weniger als 1 Woche. Allein deshalb handelt es sich aber nicht um einen atypischen Verfahrensablauf, wie er im Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 2000 dargestellt ist. Seit der Verhaftung - von der im Schriftwechsel ausgegangen wird - des Betroffenen bis zu dessen Abschiebung sind nämlich nahezu zwei Monate vergangen, ein Zeitraum also, in dem üblicherweise eine Entscheidung über Rechtsmittel erwartet werden kann. Der Fall, dass die prozessuale Überholung auf einer verzögerliehen Behandlung des Beschwerdegerichts beruht (vgl. dazu Anm. Wax zu BGH, LM AuslG Nr. 11), liegt jedenfalls hinsichtlich der angefochtenen Entscheidung nicht vor. Es besteht mithin kein Grund, ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, zumal hier ungeachtet der Grundsatzfrage eine Überprüfung durch die nächste Instanz noch erfolgt ist.

Angesichts dessen, dass die Rechtsverfolgung des Betroffenen demzufolge keine Aussicht auf Erfolg bietet, ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückzuweisen, §§ 103 Abs. 2 AuslG, 3 Satz 2 FEVG, 14 FGG, 114, 119 Satz 1 ZPO.

Eine Kostenentscheidung für das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Daher bedarf es keiner Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes.

Ende der Entscheidung

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