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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 09.04.2002
Aktenzeichen: 3 W 236/01
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, ZSEG


Vorschriften:

InsO § 7 Abs. 3
InsO § 6 Abs. 1
InsO § 64 Abs. 3
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 284
ZSEG § 16
1. Die mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände haben bei der Berechnungsgrundlage der Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters außer Betracht zu bleiben, wenn dieser die Gegenstände verwertet hat.

2. Eine Verzinsung des Vergütungsanpruchs findet nicht statt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 236/01

In dem Verfahren

betreffend die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma wegen Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 8. Oktober 2001 gegen den seinem früheren Verfahrensbevollmächtigten am 24. September 2001 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 18. September 2001

ohne mündliche Verhandlung

am 9. April 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen, soweit sie die Frage der Berechnungsgrundlage und der Verzinsung der Vergütung betrifft; im Übrigen wird sie als unzulässig verworfen.

2. Das zugelassene Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 21.799,66 DM festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist zuzulassen, soweit sie die Berechnungsgrundlage der Vergütung und deren Verzinsung betrifft. Im Übrigen ist die Zulassung abzulehnen und das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.

I.

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO a.F. i.V.m. § 1 a Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28. April 1998 (GVBl. S. 134) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen weiterhin zuständig, weil die Entscheidung des Beschwerdegerichts vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 7 InsO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 am 1. Januar 2002 ergangen ist. Nach der Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 10 EGZPO gilt die ursprüngliche Fassung des § 7 Abs. 1 InsO für die Verfahren weiter, in denen die Entscheidung des Landgerichts - wie hier - noch vor dem 1. Januar 2002 zur Geschäftsstelle gelangt ist.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist in dem zugelassenen Umfang statthaft. Hier liegt eine dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche insolvenzrechtliche Ausgangsentscheidung des Landgerichts im Sinne des § 7 InsO a.F. vor. Denn mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht selbst über eine nach §§ 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO zulässige sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zweibrücken vom 25. April 2001 entschieden (vgl. BGHZ 2000, 755; Senat, etwa Beschluss vom 30. Januar 2002 - 3 W 235/01 -; BayObLG MDR 1999, 1344 und MDR 2000, 51; OLG Köln NJW-RR 1999, 996, 997 und NZI 2000, 130, 131; OLG Naumburg, Beschluss vom 10. März 2000 - 5 W 18/00 - = ZInsO 2000, 216 und NZI 2000, 263, 264, jew. m.w.N.).

Die sofortige weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht worden (§§ 4, 7 a.F. InsO, 569, 577 Abs. 2 Satz 1 a.F.

ZPO); die im Laufe des hiesigen Verfahrens erfolgte Mandatsniederlegung des früheren Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) ist insoweit ohne Belang (vgl. auch §§ 569 Abs. 2 Satz 2, 78 Abs. 3 ZPO a.F.).

Der Umstand, dass der Beschluss des Landgerichts inhaltlich mit demjenigen des Amtsgerichts übereinstimmt, steht der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ebenfalls nicht entgegen. Denn die Vorschrift des § 568 Abs. 2 ZPO wird als Mittel zur Begrenzung weiterer Beschwerden durch die Ausgestaltung des § 7 InsO a. F. ersetzt (vgl. BGH ZInsO 2000, 280, 281; Senat aaO und OLGR 2000, 369, 370; OLG Köln OLG-Report 2000, 141, 142; BayObLGZ 1999, 310, 312, 313; OLG Celle NZI 2000, 226, 227). Nach § 7 Abs. 1 InsO a.F. ist die sofortige weitere Beschwerde dann zuzulassen, wenn sie darauf gestützt wird, dass der Beschluss des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und zudem die Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (vgl. Senat, etwa Beschluss aaO; OLG Köln ZIP 1999, 1929, 1930).

Nach den genannten Voraussetzungen ist die weitere Beschwerde hier zuzulassen, soweit sich das Rechtsmittel darauf stützt, dass die Vorinstanzen die Berechnungsgrundlage der Vergütung des Beteiligten zu 1) als vorläufigem Insolvenzverwalter unzutreffend bestimmt und darüber hinaus eine Verzinsung seiner Vergütung abgelehnt hätten. Denn die Frage, ob die mit Aus- oder Absonderungsrechten belasteten Gegenstände in die Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auch dann einzubeziehen sind, wenn dieser die Gegenstände bereits verwertet hat, hat ebenso grundsätzliche Bedeutung wie die Frage, ob seine Vergütungsansprüche zu verzinsen sind. Insoweit handelt es sich nicht lediglich um gegen die tatrichterliche Feststellung und Würdigung des konkreten Sachverhaltes im vorliegenden Einzelfall gerichtete Einwendungen (vgl. OLG Köln Beschluss vom 14. September 2001 - 2 W 175/01 -).

Soweit der Beteiligte zu 1) jedoch mit der weiteren Beschwerde auch die Höhe der von den Vorinstanzen gewährten Zuschläge beanstandet, ist die sofortige weitere Beschwerde nicht zuzulassen. Denn die dargelegten Umstände betreffen keine Rechtsfrage, die zur Vermeidung einer Divergenz obergerichtlich geklärt werden müsste. Es geht allein darum, ob konkrete Tatsachen des hier zu entscheidenden Einzelfalles höhere als die bewilligten Zuschläge rechtfertigen können. Für die Überprüfung dieser Frage steht das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nach dem aufgezeigten Zweck nicht zur Verfügung.

2. In der Sache führt die zugelassene sofortige weitere Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg.

a.) Die von beiden Vorinstanzen vertretene Auffassung, dass sich der Beteiligte zu 1) hier im Hinblick auf die Berechnungsgrundlage seiner Vergütung wie ein endgültiger Insolvenzverwalter behandeln lassen muss, ist nicht zu beanstanden. Denn er hat nach deren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die gesamte Insolvenzmasse, insbesondere die mit Absonderungsrechten belasteten Fahrzeuge verwertet. In einem solchen Fall ist Grundlage für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters entsprechend § 1 Abs. 1 InsVV nur der Wert der "Insolvenzmasse" bei Beendigung seiner vorläufigen Verwaltung (vgl. BGH ZInsO aaO; LG Frankfurt am Main ZIP 1999, 1686 f; LG Kleve ZIP 2000, 1946; Eickmann Vergütungsrecht 2. Aufl. § 11 Rdnrn. 7-9). Sind demnach die belasteten Gegenstände nicht mehr vorhanden, weil der vorläufige Insolvenzverwalter sie - wie hier - verwertet hat, obwohl ihm die Verwertung der Gegenstände aus Gründen des Schuldnerschutzes vor unwiederbringlichen Vermögenseinbußen grundsätzlich nicht obliegt, so haben diese Gegenstände bei der Berechnungsgrundlage außer Betracht zu bleiben. Vielmehr sind - wie bereits ausgeführt - die erzielten Erlöse einzustellen. Ausgehend hiervon ist die von den Vorinstanzen auf der Grundlage der erzielten Erlöse für die Vergütung des Beteiligten zu 1) festgesetzte Berechnungsgrundlage in Höhe von insgesamt 74.894,76 DM nicht zu beanstanden. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug.

III.

Auch im Hinblick auf die Verzinsung der Vergütung führt das Rechtsmittel in der Sache nicht zum Erfolg. Denn dem Beteiligten zu 1) steht ein solcher Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Zunächst ergibt sich ein Anspruch auf Verzinsung der Vergütung nicht aus dem Gesetz; weder die Insolvenzordnung noch die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung sehen eine Verzinsung der Vergütung vor. Auch aus der in § 4 InsO enthaltenen Verweisung lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten. Zwar erklärt diese Vorschrift die Zivilprozessordnung und damit auch § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO für entsprechend anwendbar. Diese Verweisung bezieht sich jedoch nicht auf den Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters (vgl. zur gegenteiligen Auffassung Wasner ZInso 1999, 132, 134). Sie bedeutet vielmehr, dass die die Kostenerstattungsansprüche der Verfahrensbeteiligten regelnden Vorschriften auch im Insolvenzverfahren zur Anwendung kommen, soweit sich Gegner mit entgegengesetzten Interessen gegenüberstehen (vgl. OLG Köln JurBüro 2001, 496).

Es kann dahinstehen, ob die im Vergütungsverfahren für Betreuer oder aber für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen geltenden Grundsätze hier entsprechend zur Anwendung kommen könnten. Denn auch dies würde nicht zu der vom Beteiligten zu 1) begehrten Verzinsung seiner Vergütung führen. Weder im Festsetzungsverfahren nach § 16 ZSEG (Meyer/Höver/Bach, ZSEG 21. Aufl. § 16 Rdnr. 9.6) noch im Betreuungsverfahren (vgl. §§ 1908 i, 1836, 1836 a BGB) besteht ein Anspruch auf Verzinsung der Vergütung bzw. Entschädigung. Auch im Betreuungsverfahren trifft das Gesetz keine ausdrückliche Regelung über die Verzinsung der Betreuervergütung. Eine damit allenfalls auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 288, 291 BGB in Betracht kommenden Verzinsung scheitert jedoch daran, dass zum einen dem Festsetzungsantrag des Betreuers nicht die Wirkung einer Mahnung nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. einer Rechnung oder vergleichbaren Zahlungsaufforderung nach § 284 Abs. 3 BGB zukommt. Zum anderen setzt Verzug des Schuldners voraus, dass dieser seine Verpflichtung auch der Höhe nach erkennen kann. Das ist jedoch frühestens nach der gerichtlichen Festsetzung der Fall (vgl. BayObLG Beschluss vom 19. Oktober 2001 - 3Z BR 216/01 -; vgl. Staudinger/Löwisch BGB 2001 § 284 Rdnr. 9). Auch aus § 291 BGB kann eine Verzinsungspflicht frühestens mit Rechtskraft der Festsetzungsentscheidung hergeleitet werden. Denn diese Vorschrift begründet in den Fällen, in denen die Verpflichtung zur Leistung durch eine Gestaltungsentscheidung konkretisiert wird, eine Verzinsungspflicht erst ab Rechtskraft dieser Entscheidung (vgl. BayObLG aaO; Staudinger aaO).

Schließlich haben die Vorinstanzen auch im vorliegenden Fall eine Verzinsung der Vergütung aufgrund Verzuges (§§ 284, 288 BGB) zu Recht abgelehnt. Es kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die aus der Masse zu zahlende Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters (§§ 53, 54 Nr. 2 InsO) zwischen der Masse und dem Verwalter ein schuldrechtliches Verhältnis im Sinne der genannten Vorschriften besteht. Denn selbst in diesem Falle würden die vorstehenden Ausführungen zum Betreuungsverfahren gelten, da auch im Falle der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters eine gerichtliche Festsetzung nach § 8 InsVV erforderlich ist.

Auch aus der vom Beteiligten zu 1) zitierten Entscheidung des Landgerichts Göttingen vom 1. Februar 2001 - 10 T 1/01 = ZInsO 2001, 317) ergibt sich nichts anderes. Denn diese befasst sich lediglich mit der Frage der Fälligkeit der Vergütung. Diese allein besagt jedoch im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zu der darüber hinaus erforderlichen gerichtlichen Festsetzung für die Verzinsung der Vergütung nichts.

Der Beteiligte zu 1) hat auch keinen Anspruch auf Verzinsung des von ihm als Auslagen geltend gemachten Pauschsatzes nach § 8 Abs. 3 InsVV. Denn nach dem Zweck der nach den vorstehenden Ausführungen insoweit einzig in Betracht kommenden Vorschrift des § 256 Satz 1 BGB, dem Berechtigten durch den Zinsanspruch einen Ausgleich dafür zu verschaffen, dass er den aufgewandten Geldbetrag nicht zu seiner Nutzung zur Verfügung hatte (vgl. Staudinger/Bittner aaO § 256 Rdnr. 1), kommt eine Verzinsung nur dann in Betracht, wenn er tatsächlich Aufwendungen im Sinne der Norm (Staudinger/Bittner aaO § 256 Rdnr. 5) gemacht hat, wovon bei der Geltendmachung einer Auslagenpauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV nicht auszugehen ist.

IV.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung nach der Differenz zwischen der von dem Beteiligten zu 1) begehrten und der ihm bewilligten Vergütung bemessen. Dieser Betrag entspricht dessen Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung (§§ 25 Abs. 2, 35 GKG, 3 ZPO).

Die darüber hinaus begehrte Verzinsung hat im Hinblick auf §§ 4 InsO, 4 Abs. 1 Satz 2 ZPO bei der Wertfestsetzung außer Betracht zu bleiben. Nach der Übergangsvorschrift des § 73 Abs. 1 GKG hat es insoweit bei dem DM-Betrag zu verbleiben.

Ende der Entscheidung

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