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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 3 W 269/00
Rechtsgebiete: InsO, InsVV, BGB


Vorschriften:

InsO § 21 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 63
InsO § 65
InsVV § 10
InsVV § 8 Abs. 3
BGB § 187 ff.
Auslagenersatz des vorläufigen Insolvenzverwalters

Für die Erstattung von Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters sind die Regelungen des § 8 Abs. 3 InsVV heranzuziehen. Wenn danach die Vergütung "je angefangenen Monat der Dauer" pauschal abzugelten ist, kann nicht unabhängig von der konkreten Dauer auf die Anzahl der Kalendermonate abgestellt werden. Vielmehr ist nur bei Überschreiten eines Monats (bzw. mehrerer Monate) der nachfolgende - angefangene - Monat noch einzubeziehen. Zur Berechnung können die §§ 187 ff. BGB, insbesondere § 188 Abs. 2 und Abs. 3 BGB herangezogen werden.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 269/00 4 T 27/00 LG Zweibrücken IN 36/99 AG Zweibrücken

In dem Verfahren

wegen Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und den Richter am Landgericht Edinger auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 12./14. Dezember 2000 gegen den ihm am 1. Dezember 2000 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 13. November 2000

ohne mündliche Verhandlung

am 7. März 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen, soweit der Beteiligte zu 1) Auslagen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV für den Zeitraum von 3 Monaten beansprucht.

Insoweit wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde nicht zugelassen und das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.

3. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

4. Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.141,47 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken ist gemäß §§ 7 Abs. 3 InsO i. V. m. § 1 a Abs. 2 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 28. April 1998 (GVBl. S. 134 - BS 301 - 6; abgedruckt z. B. bei Nerlich/Römermann/Becker, InsO Anhang nach § 7) für die Entscheidung über die weitere Beschwerde in Insolvenzsachen zuständig.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nur teilweise zuzulassen, und zwar soweit der Beteiligte zu 1) gemäß § 8 Abs. 3 InsVV Auslagen für 3 Monate beansprucht. Insoweit bleibt das Rechtsmittel jedoch in der Sache ohne Erfolg. Soweit der Beteiligte das Fehlen einer Sachdarstellung rügt und darüber hinaus sich gegen den vom Landgericht der Vergütung zugrundegelegten Massewert wendet, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vor, so dass sich das Rechtsmittel als unzulässig erweist,

1. Die sofortige weitere Beschwerde und der Zulassungsantrag sind gemäß §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 Satz 1 InsO statthaft, weil die insolvenzrechtliche Ausgangsentscheidung gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 100,-- DM (§ 64 Abs. 3 Satz 2 Inso i. V. m. § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO). § 568 Abs. 3 ZPO wird durch diese Sonderregelung verdrängt (vgl. zuletzt BGH ZIP 2001, 296, 297; Senat ZInsO 2000, 398, 399 jew. m. w. N.).

2. Die weitere Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Es besteht kein Anwaltszwang. Ebenso wenig steht die Tatsache, dass der angefochtene Beschluss des Landgerichts gegenüber der Entscheidung des Amtsgerichts keinen neuen selbständigen Beschwerdegrund enthält, der Zulässigkeit des Rechtsmittels entgegen. Die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO enthält keine solche Einschränkung der Statthaftigkeit. Sie geht als speziellere Bestimmung der allgemeinen Vorschrift in § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO vor (vgl. BGH aaO; Senat aaO jew. m. w. N.).

3. Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO festgelegten weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nur teilweise vor. Danach ist die weitere Beschwerde vom Oberlandesgericht zuzulassen, wenn diese darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Der Antragsteller stützt sein Rechtsmittel in mehrfacher Hinsicht auf eine Verletzung des Gesetzes. Der weitere Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist indes nur zu bejahen, soweit die Vorinstanzen die Auslagen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV festgesetzt haben (vgl. zur teilweisen Zulassung Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 28. Januar 2001 - 8 W 260/00). Etwas anderes gilt, soweit sich der Beteiligte zu 1) darauf beruft, bei der Bemessung der ihm gebührenden Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter sei ein zu geringer Massewert zugrundegelegt. Zu dieser Frage bedarf es nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt keiner Klärung rechtlicher Fragen mehr.

a) Zu den Auslagen gemäß § 8 Abs. 3 InsVV macht der Beteiligte zu 1) geltend, für die Dauer des vorläufigen Insolvenzverfahrens vom 20. Mai 1999 bis 14. Juli 1999 könne er die Pauschale für 3 Monate beanspruchen. Insoweit sei auf den jeweiligen Kalendermonat abzustellen. Demgegenüber haben die Vorinstanzen den Pauschsatz nur für 2 Monate festgesetzt. Mit der Frage, wie die Anzahl der zu berücksichtigenden Monaten zu berechnen ist, hat sich - soweit ersichtlich - bislang keine obergerichtliche Entscheidung befasst. Die Frage ist auch von grundsätzlicher Bedeutung. In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg.

aa) Zu Unrecht beruft sich der Beteiligte zunächst darauf, die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts enthalte keine Sachverhaltsdarstellung. Denn abgesehen davon, dass in der angefochtenen Entscheidung zulässigerweise auf die Festsetzung durch das Amtsgericht Bezug genommen ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 25. September 2000 - 3 W 205/00), wird auch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses der Sach- und Streitstand im Einzelnen dargelegt.

bb) Zur Festsetzung der Auslagen ist das Landgericht - in Übereinstimmung mit dem Insolvenzgericht - davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 8 InsVV auch für die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters gilt. Dies unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i. V. m. § 63 InsO hat der vorläufige Insolvenzverwalter Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Die näheren Einzelheiten des Vergütungsanspruchs ergeben sich aus der aufgrund von § 65 InsO erlassenen insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung vom 19. August 1998 (InsVV, BGBl. I S. 2205). § 10 InsVV bestimmt, dass die Vorschriften des ersten Abschnitts für die Vergütung des vorläufigen Verwalters entsprechend gelten; für die zusätzliche Erstattung von Auslagen sind deshalb die Regelungen des § 8 InsVV heranzuziehen (vgl. Hess, InsO § 11 InSVV Rdnr. 19; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV/VergVO 2. Aufl. § 11 InsVV Rdnr. 53).

cc) Auch die Berechnung des Auslagenersatzes gemäß § 8 Abs. 3 InsVV hält der rechtlichen Überprüfung stand. Zu Recht haben Amts- und Landgericht für den Zeitraum vom 20. Mai bis 17. Juli 1999 lediglich 2 Monate angesetzt. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift kann nicht unabhängig von der konkreten Dauer auf die Anzahl der Kalendermonate abgestellt werden, in denen der Verwalter tätig war. Vielmehr ist die Dauer gemäß § 8 Abs. 3 InsVV nach Jahren und Monaten zu bemessen. Wenn die Vergütung "je angefangenen Monat der Dauer" pauschal abzugelten ist, so heißt das, dass bei Überschreiten eines Monats der nachfolgende - angefangene - Monat noch einzubeziehen ist (vgl. Berechnungsbeispiele bei Kübler/Prütting/Eickmann, Vergütungsrecht § 8 Rdnr. 30). Sinn und Zweck der pauschalierten Auslagenerstattung nach § 8 Abs. 3 InsVV ist, die aufwendige Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen (vgl. zur amtlichen Begründung Haarmeyer/Wutzke/Förster aaO vor § 1 InsVV zu § 8). Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Verwaltung nicht einmal 2 Monate gedauert hat, entsprechend der Anzahl der Kalendermonate ein Monat mehr zu vergüten ist. Ansonsten könnte z.B. eine Tätigkeit von 2 Tagen (Monatsletzter und -anfang) zu einer pauschalen Auslagenerstattung für 2 Monate führen. Demgegenüber ist es richtigerweise nach Sinn und Zweck der Pauschalierung nur bei Überschreitung eines Monats gerechtfertigt, einen weiteren - angefangenen - Monat zu vergüten, um nicht im Einzelfall eine Berechnung nach Tagen vornehmen zu müssen. Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1) ergibt sich im Hinblick auf die unterschiedliche Länge der Monate keine Unklarheit. Denn soweit - wie hier - keine Sondervorschriften bestehen, können zur Berechnung von Zeitbestimmungen die §§ 187 ff BGB, insbesondere 188 Abs. 2 und Abs. 3 BGB herangezogen werden (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 186 Rdnr. 2; konkret zum Insolvenzrecht Soergel/Niedenführ, BGB 13. Aufl. § 186 Rdnr. 4 m. w. N.).

b) Im Übrigen liegen die sachlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der weiteren Beschwerde nicht vor. Denn die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht geboten.

aa) Das gilt zunächst, soweit der Beteiligte zu 1) rügt, es fehle an einer Sachverhaltsdarstellung. Dazu wird auf die obigen Ausführungen unter a) aa) Bezug genommen.

bb) Zu den Berechnungsgrundlagen für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters sind mittlerweile eine Reihe obergerichtlicher Entscheidungen ergangen (vgl. zuletzt BGH ZIP 2001, 296). Ausgehend von den danach geltenden Grundsätzen besteht hier kein Anlass, die sofortige weitere Beschwerde zuzulassen. Die Entscheidung des Landgerichts steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 23. Mai 2000 - 3 W 58/00 -, veröffentlicht ZInsO 2000, 398). Nach der Einschätzung des vorläufigen Verwalters kam eine Fortführung des Gewerbebetriebs nicht in Betracht. Demzufolge ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Kammer ihrer Berechnung die - vom Beteiligten zu 1) selbst festgestellten - Liquidationswerte zugrundegelegt hat (vgl. Senat aaO). Ab- und Aussonderungsrechte, zu deren Berücksichtigung der Bundesgerichtshof eine teilweise von der des Senats abweichende Auffassung vertreten hat (vgl. BGH aaO), hatte der Beteiligte zu 1) nicht zu bearbeiten. Soweit er nunmehr geltend macht, die Forderungen von 38.468,-- DM seien werthaltig gewesen, sie hätten nur nicht realisiert werden können, da Gegenforderungen bestanden hätten, mit denen die Aufrechnung erklärt worden sei, handelt es sich um neuen Sachvortrag; der im Verfahren der weiteren Beschwerde unberücksichtigt bleiben muss (vgl. Kirchhof in HK-InsO, § 7 Rdnr. 20). Ungeachtet dessen bestimmt § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV, dass nur der nach Verrechnung verbleibende Überschuss den Wert der Insolvenzmasse als Berechnungsgrundlage erhöht. Ein Überschuss kann hier jedoch allenfalls in Höhe des - vom Landgericht bereits zugrundegelegten - Liquidationswertes angenommen werden. Schließlich ist über die - vom Beteiligten zu 1) beantragte - Verzinsung des Vergütungsanspruchs nicht zu entscheiden, weil dies nicht Gegenstand des (Erst-)Beschwerdeverfahrens war.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO.

Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 25 Abs. 2, 35 GKG, 3 ZPO nach der Differenz zwischen der beantragten und der vom Landgericht festgesetzten Vergütung bemessen.

Ende der Entscheidung

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