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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 3 W 276/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1897
BGB § 1908 b
FGG § 69 i Abs. 6 Satz 1
Die Entscheidung über die Auswahl des Betreuers richtet sich auch bei der Verlängerung der Betreuung nach der Vorschrift über die Erstbestellung (§ 1897 BGB) und nicht nach derjenigen über die Entlassung (§ 1908 b BGB).
Pfälzisches Oberlandesgericht Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 276/01

In dem Verfahren

betreffend die Verlängerung der mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung (jedoch nicht die Entscheidung über die Unterbringung), Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen (§ 1906 Abs. 4 BGB), Vermögenssorge (einschließlich der Entscheidung über die Wohnungsauflösung), Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente, Pflegegeld pp., Entgegennahme, Öffnen und Beantworten der Post - mit Einwilligungsvorbald - angeordneten Betreuung für

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Cierniak und die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weitere Beschwerde der Betroffenen vom 13./14. November 2001 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26. Oktober 2001

ohne mündliche Verhandlung

am 20. Dezember 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Trier zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

1. Die weitere Beschwerde ist gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthaft und auch im übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 2, 29 Abs. 1 und 4, 69 g Abs. 1, 69 i Abs. 6 Satz 1 FGG). Die Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung ist nicht Gegenstand der weiteren Beschwerde. Die Betroffene ist nämlich ausdrücklich damit einverstanden, dass ihr ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt sie lediglich das Ziel, dass eine andere Person zum Betreuer bestellt wird. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Verlängerung der Betreuung und die (erneute) Auswahl des Betreuers umfassenden Einheitsentscheidung nach §§ 69 Abs. 1, 69 i Abs. 6 Satz 1 FGG (BGH FamRZ 1996, 607; Senat, FGPrax 1997, 104; 1999, 146 sowie Beschlüsse vom 28. September 1999 - 3 W 211/99 - und 27. März 2001 - 3 W 35/01 -; KG FamRZ 1995, 1442; OLG Hamm NJW-RR 1997, 70, 71; Keidel/Kayser, FG 14. Aufl. § 69 g Rdnr. 9, jew. m.w.N.).

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts über die Auswahl des Betreuers hält der im Rechtsbeschwerdeverfahren allein zulässigen rechtlichen Überprüfung nicht stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO. Die Beschwerdekammer hat ihre Entscheidung rechtsfehlerhaft auf § 1908 b BGB gestützt. Gegenstand des mit der Erstbeschwerde (teilweise) angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts vom 28. September 2001 ist jedoch nicht die Entlassung eines Betreuers bei Fortbestehen der Betreuung, sondern die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers, unter Fortbestand der bisherigen Aufgabenkreise. Hierüber hatte das Amtsgericht aufgrund der Befristung in dem Beschluss vom 2. September 1996, in dem zuvor für die Betroffene ein Betreuer bestellt worden war, zu entscheiden.

Da die Betreuerbestellung eine Einheitsentscheidung ist, die die Auswahl des Betreuers einschließt, ist die bisherige Betreuerbestellung vom 2. September 1996 mit Wirksamwerden der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 28. September 2001 insgesamt abgelöst worden. Das heißt, dass das Amtsgericht erneut die Betreuung angeordnet und denselben Betreuer wiederum bestellt hat. Dies hat das Landgericht übersehen. Es hat nämlich bei seiner Entscheidung über die Person des Betreuers nicht die Vorschrift über die Erstbestellung (§ 1897 BGB) angewandt, sondern überprüft, ob ein Entlassungsgrund nach § 1908 b BGB vorliegt. Jedoch bezieht sich die Möglichkeit, einen Betreuer unter den Voraussetzungen des § 1908 b BGB aus seinem Amt zu entlassen, lediglich auf diejenigen Fälle, in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll. Hier handelt es sich hingegen darum, dass das Amtsgericht die im Gesetz vorgesehene einheitliche Entscheidung über die Verlängerung der Betreuerbestellung und die (erneute) Auswahl des Betreuers getroffen hat. Dies richtet sich nach der - vom Landgericht nicht geprüften - Vorschrift des § 1897 BGB (ebenso BayObLG NJWE-FER 2001, 234; OLG Hamm NJW-RR 2001, 797 = FGPrax 2000, 196; Palandt/Diederichsen, BGB 60. Aufl. § 1896 Rdnr. 26; Erman/Holzhauer, BGB 10. Aufl. § 1896 Rdnr. 26; vgl. auch MüKo/Schwab, BGB 3. Aufl. § 1896 Rdnr. 128).

Es ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des Landgerichts auf diesem Rechtsfehler beruht. Das Landgericht hat sich lediglich mit der Frage befasst, ob ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Hierauf kam es, wie dargelegt, nicht entscheidend an. Die Vorinstanz ist auf das bei der - erneuten - Auswahl des Betreuers zu berücksichtigende (negative) Vorschlagsrecht der Betreuten nach § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht eingegangen. Bei der von ihr vorgenommenen Prüfung der Entlassungsgründe nach § 1908 b BGB war die Berücksichtigung der Wünsche der Betreuten hingegen eingeschränkt (Palandt/Diederichsen aaO § 1897, Rdnr. 16, § 1908 b Rdnr. 8).

Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers ist die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben. Weil die Sache in tatsächlicher Hinsicht noch nicht hinreichend geklärt ist, ist das Verfahren an das Landgericht, dem auch die Entscheidung über die (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt, zurückzuverweisen. Die Beschwerdekammer wird nunmehr eine Auswahlentscheidung nach § 1897 BGB zu treffen und dabei insbesondere Absatz 4 der genannten Vorschrift zu beachten haben. Die Sollvorschrift des § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB beruht auf der Erwägung, dass dann, wenn sich der Betroffene gegen eine bestimmte Person als Betreuer ausspricht, diese kaum in der Lage sein wird, das für eine erfolgreiche Betreuung wünschenswerte Vertrauensverhältnis herzustellen (BTDrucks. 11/4528 S. 127 f.). Die Wünsche eines Betreuten sind - im Rahmen des Gesetzes - unabhängig von der Frage der Geschäftsfähigkeit zu berücksichtigen (Senat, BtPrax 1997, 164; BayObLG NJW-RR 1997, 71; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 510; MüKo/Schwab aaO § 1897 Rdnr. 18).

Das Landgericht wird auch darüber zu befinden haben, ob es erneut über die Erstbeschwerde entscheidet, ohne sich zuvor ein persönliches Bild von der Betroffenen gemacht zu haben. Gemäß § 68 Abs. 1 FGG hat das Gericht vor der Bestellung eines Betreuers den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm zu verschaffen. Dies gilt gemäß § 69 i Abs. 6 Satz 1 FGG auch für die Auswahlentscheidung im Rahmen der Verlängerung der Betreuung und gemäß § 69 g Abs. 5 FGG grundsätzlich ebenso für das Beschwerdeverfahren (vgl. zur persönlichen Anhörung in der Beschwerdeinstanz: Senat, Beschlüsse vom 30. November 1995 - 3 W 229/95 - und 15. Dezember 1997 - 3 W 246/97 -; Keidel/Kayser aaO § 69 g Rdnr. 14, jew. m.w.N.).

Im Hinblick auf die vom Landgericht geäußerten Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten durch die Betroffene weist der Senat auf § 66 FGG hin (vgl. auch Bienwald, Betreuungsrecht 3. Aufl. § 66 FGG Rdnr. 14).

Die Entscheidung des Senats ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO). Den Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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