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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 06.04.2005
Aktenzeichen: 3 W 76/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1089
ZPO § 738
Zur Frage der Klauselumschreibung bei testamentarisch vermachtem Nießbrauch an einem Nachlass.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen 3 W 76/05

In dem Klauselerteilungsverfahren

wegen Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen gegen den Nießbraucher,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Petry als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30. März 2005 gegen den Beschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Zweibrücken vom 18. März 2005

am 6. April 2005

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert wird auf einen Betrag in der Gebührenstufe bis zu 7 000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

In dem Ausgangsrechtsstreit gegen den am 29. Januar 2002 verstorbenen E...... O erwirkte die Antragstellerin ein rechtskräftiges Versäumnisurteil des Landgerichts Zweibrücken vom 23. September 1994 über 59 615,70 DM nebst Zinsen sowie einen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Januar 1995 über 4 705,37 DM.

Die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens ist die Witwe des Titelschuldners. Dieser hat ihr durch letztwillige Verfügung vom 22. Januar 2002 als Vermächtnis den Nießbrauch an seinem gesamten Nachlass zugewandt.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2005 beantragte die Antragstellerin, ihr für das Versäumnisurteil und für den Kostenfestsetzungsbeschluss vollstreckbare Ausfertigungen gemäß § 738 ZPO gegen die Antragsgegnerin zu erteilen. Der Rechtspfleger des Landgerichts Zweibrücken hat nach Anhörung der Antragsgegnerin durch den angefochtenen Beschluss den Antrag mit der Begründung abgelehnt, eine Annahme des Vermächtnisses durch die Antragsgegnerin sei weder offenkundig noch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, nicht sie müsse die Annahme des Vermächtnisses durch die Antragsgegnerin nachweisen, sondern diese eine etwaige Ausschlagung.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen durch den Rechtspfleger der ersten Instanz ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 567 Abs. 1 ZPO statthaft (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 724 Rdnr. 13 m. w. N.) und wahrt die gesetzliche Form und Frist (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO).

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil der Rechtspfleger beim Landgericht Zweibrücken mit Recht annimmt, dass die Voraussetzungen des bei der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Nießbraucher gemäß § 738 ZPO für entsprechend anwendbar erklärten § 727 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.

1. Richtig ist, dass die Antragstellerin schon nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen hat, dass die Antragsgegnerin das ihr testamentarisch zugewandte Vermächtnis betreffend den Nießbrauch an der Erbschaft des Titelschuldners (§ 1089 BGB) durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten angenommen hat (vgl. § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Dieser Nachweis war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Annahme des Vermächtnisses bei dem Landgericht offenkundig (§ 291 ZPO) gewesen wäre; im vorliegenden Fall ist auch diese Alternative des § 727 ZPO zweifelsfrei nicht erfüllt.

Allein der Umstand, dass sich die zu dem Klauselerteilungsantrag gehörte Antragsgegnerin nicht geäußert hat, genügt nicht, die Annahme des Vermächtnisses durch sie als nach § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden und damit nicht mehr nachweisbedürftig anzusehen; denn das bloße Schweigen auf die Gewährung rechtlichen Gehörs reicht mangels einer Einlassungs- und Erklärungslast der Antragsgegnerin für die Klauselerteilung nicht aus (vgl. in diesem Zusammenhang: Senat, NJW-RR 1991, 638 f; OLG Stuttgart, RPfleger 2005, 207; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl., § 16 V 3; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, Komm. Zum Achten Buch der ZPO, Bd. I, 3. Aufl., § 726 Rdnr. 11 und § 727 Rdnr. 32, jew. m.w.N.).

2. Unabhängig von dem Vorstehenden wäre für die Antragstellerin allein mit dem Nachweis der Annahme des Vermächtnisses durch die Antragsgegnerin ohnehin nichts gewonnen.

Denn nach § 738 ZPO setzt die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Nießbraucher voraus, dass der Gläubiger, wenn die entsprechenden Tatsachen nicht offenkundig sind, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden die ordnungsgemäße Bestellung des Nießbrauchs beweist (Schuschke/Walker a.a.O. § 738 Rdnr. 3; Rosenberg/Gaul/Schilken a.a.O § 16 V 2 a.E.).

Der Nießbrauch an einer Erbschaft (§ 1089 BGB) ist aber - wie jeder Nießbrauch - ein dingliches Recht und als solches zu unterscheiden von dem zu seiner Begründung führenden Kausalgeschäft, hier der Vermächtnisanordnung des Erblassers vom 22. Januar 2002 (MünchKommBGB/Pohlmann, 4. Aufl., § 1089 Rdnr. 3; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., Einf. Vor § 1030 Rdnr. 4).

Nach § 2174 BGB führt die Anordnung eines Vermächtnisses lediglich dazu, dass der Vermächtnisnehmer im Falle der Annahme des Vermächtnisses einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses, mithin auf die Leistung des vermachten Vermögensvorteils (hier: Nießbrauch am Nachlass), hat. Der vermachte Vermögenswert geht also nicht etwa von selbst und nicht mit dinglicher Wirkung auf den Bedachten über (Palandt/Edenhofer a.a.O. Einf. vor § 2147 Rdnr. 3). Das Nießbrauchsvermächtnis bewirkt somit nicht, dass mit dem Erbfall (§ 2176 BGB) der Nießbrauch entstünde. Vielmehr ist der durch Vermächtnis begründete schuldrechtliche Anspruch auf Nießbrauch an einem Nachlass, wie §§ 1089, 1085 Satz 1 BGB klarstellen, von dem Beschwerten durch (dingliche) Nießbrauchsbestellung an den einzelnen Nachlassgegenständen zu erfüllen (MünchKommBGB a.a.O. § 1089 Rdnrn. 3, 7). Hinsichtlich des beweglichen Nachlasses gilt für das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft § 1032 BGB; soweit zum Nachlass Grundstücke gehören, entsteht der Nießbrauch durch Einigung und Eintragung im Grundbuch gemäß § 873 BGB (vgl. BGH LM § 2203 BGB Nr. 1, Bl. 789).

Dafür, dass überhaupt und gegebenenfalls an welchen zum Nachlass gehörenden Gegenständen durch dingliches Rechtsgeschäft ein Nießbrauch der Antragsgegnerin begründet worden wäre, fehlt es aber an jeglichem Vortrag der Antragstellerin, geschweige denn an den gemäß §§ 738 Abs. 1, 727 Abs. 1 ZPO zu führenden Nachweisen.

Kann die Antragstellerin auch künftig nicht die Voraussetzungen für eine Klauselumschreibung nach § 738 ZPO dartun, bleibt ihr nur die Möglichkeit der Erhebung einer Duldungsklage gegen die (angebliche) Nießbraucherin nach § 737 ZPO.

3. Das Rechtsmittel erweist sich danach als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Da es im vorliegenden Klauselstreit nicht um die Vollstreckbarkeit der titulierten Ansprüche schlechthin, sondern um die Frage des Nachweises der Voraussetzungen für die Klauselumschreibung gegen die Antragsgegnerin geht, hat der Senat den Beschwerdewert lediglich mit einem Fünftel der titulierten Forderungen bemessen (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdnr. 4934; Anders/Gehle/Kunze, Streitwertlexikon, 4. Aufl., Stichwort "Vollstreckungsklausel", Rdnr. 1).

Ende der Entscheidung

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