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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 4 U 165/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 379 Satz 2
ZPO § 402
Kommt der Beweisführer seiner Pflicht zur Zahlung eines Auslagenvorschusses nicht (vollständig) nach, so kann das Gericht von einer (weiteren) Ausführung des Beweisbeschlusses absehen, ohne dass es dafür einer groben Nachlässigkeit oder eines sonstigen Verschuldens der Partei bedarf, die den Vorschuss nicht einzahlt.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 165/01

Verkündet am: 20. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel

auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. August 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zur Vollstreckung gelangenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch aus steuerlicher Beratung, den der Kläger gegen den Beklagten mit der Begründung geltend gemacht hat, dieser habe es verabsäumt, für seinen - des Klägers - landwirtschaftlichen Betrieb in den Jahren 1994 und 1995 rechtzeitig gemäß § 24 a UStG zur Umsatzsteuer zu optieren.

Mit Grundurteil vom 8. Dezember 1998 hat der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Gegen das Grundurteil ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.

Im Verfahren über die streitige Höhe des Anspruchs hat der Kläger zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 69.536,73 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Dezember 1996 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen, der sich aus der nicht rechtzeitigen Ausübung der Umsatzsteueroption gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG für das zweite Halbjahr 1995 ergibt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zugleich mit dem Erlass des Grundurteils vom 8. Dezember 1998 hat das Landgericht einen Hinweis- und Beweisbeschluss verkündet und ist sodann zur Höhe des Schadensersatzanspruchs durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in die Beweisaufnahme eingetreten. Mit Beschluss vom 25. Juni 2001 hat das Landgericht die Beweisaufnahme abgebrochen, nachdem der Kläger einen angeforderten und angemahnten weiteren Auslagenvorschuss nicht eingezahlt hatte.

Durch Schlussurteil vom 7. August 2001 hat der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz die Klage abgewiesen, weil er ohne Hilfe eines Sachverständigen keine - auch nur geringe - Höhe des gerechtfertigten Anspruchs festzustellen vermöge und der Kläger die Erstellung des Gutachtens durch die von ihm zu vertretende Nichtzahlung des Auslagenvorschusses zu vertreten habe. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird zur näheren Darstellung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung. Er hat das Rechtsmittel innerhalb mehrfach bewilligter Fristverlängerung begründet, die jeweils auf rechtzeitigen Antrag hin gewährt worden ist.

Der Kläger trägt vor, der Umstand, dass der Auslagenvorschuss nicht eingezahlt worden sei, beruhe nicht auf Nachlässigkeit. Maßgebend sei gewesen, dass der Sachverständige Unterlagen benötigt habe, die er - der Kläger - trotz entsprechender Mahnungen nicht von seinem Steuerberater habe erlangen können. Deshalb habe die Einzahlung eines weiteren Auslagenvorschusses vorerst keinen Sinn ergeben, weil der Sachverständige ohnehin nicht habe arbeiten können. Im Hinblick darauf habe ihm - dem Kläger - zumindest auch eine Frist für die Vorlage der Vergleichsberechnung gesetzt werden müssen. Er könne diese Berechnung jetzt vorlegen und werde den Auslagenvorschuss einzahlen. Soweit in dem angefochtenen Urteil ausgeführt sei, der Sachverständige sei ohne die Vergleichsberechnung wenigstens zu einer teilweisen Berechnung des Schadens im Stande gewesen, habe das Gericht zu erkennen geben müssen, dass es die Beweisaufnahme entgegen seinem anders lautenden Beweisbeschluss sukzessive durchzuführen gedenke.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 69.536,73 DM nebst 4 % Zinsen seit 29. Dezember 1996 zu zahlen sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen, der sich aus der nicht rechtzeitigen Ausübung der Umsatzsteuer-Option gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG für das zweite Halbjahr 1995 ergibt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe Berufungserwiderung vom 14. Januar 2002 und seines Schriftsatzes vom 28. Januar 2002 und weist noch darauf hin, dass der Kläger bis heute weder den Auslagenvorschuss eingezahlt noch die Vergleichsberechnung vorgelegt habe. Insbesondere genüge das "Sammelsurium" in der Anlage zum erstinstanzlichen Schriftsatz vom 17. Juli 2001 nicht den Anforderungen an eine solche Berechnung.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, §§ 511, 511 a Abs. 1, 516, 518, 519 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO n.F.. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat die Klage wegen des Zahlungsanspruchs zu Recht abgewiesen.

Zwar steht infolge des formell rechtskräftigen Grundurteils vom 8. Dezember 1998 bindend fest, dass der Beklagte seine Pflichten als Steuerberater schuldhaft verletzt hat, indem er in den Jahren 1995 und 1996 für den Kläger keine rechtzeitige Option zur Mehrwertsteuer erklärt hat und dass er verpflichtet ist, dem Kläger daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies hindert das Gericht aber nicht daran, die Klage im Betragsverfahren noch abzuweisen, wenn sich in dessen Verlauf herausstellt, dass kein Schaden entstanden ist (vgl. etwa Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl., § 304 Rdn. 24 m.w.N.). Davon ist das Landgericht hier zu Recht ausgegangen.

Ein bezifferbarer Schaden setzt voraus, dass sich bei einem Vergleich der Entwicklung des Vermögens des Klägers in den Jahren 1994, 1995, 1999 und 2000 jeweils mit und ohne Umsatzsteueroption (vgl. dazu das Faxschreiben des Sachverständigen Mattern vom 5. Juli 2000, Bl. 124 f. d.A.) der mit der Klage geltend gemachte Betrag ganz oder jedenfalls teilweise ergibt. Den dazu erforderlichen Nachweis hat der Kläger nicht geführt. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre es dazu notwendig gewesen, dass der Kläger sämtliche Auslagenvorschüsse einzahlt, die für die Durchführung des Beweisbeschlusses vom 8. Dezember 1998 eingefordert worden waren. Seine prozessuale Grundlage findet dies in §§ 402, 379 ZPO.

Der Kläger ist seiner Verpflichtung zur Zahlung eines Auslagenvorschusses nicht vollständig nachgekommen. Zwar hat er die zunächst mit Beweisbeschluss vom 8. Dezember 1998 (Bl. 96) und mit weiterer Verfügung vom 15. Mai 2000 (Bl. 120 d.A.) angeforderten Vorschüsse von jeweils 1.000,-- DM eingezahlt (vgl. Vorblatt IV und V). Mit Beschluss vom 24. April 2001 (Bl. 170 d.A.) ist er aber nochmals zur Zahlung eines Betrages von 7.000,-- DM aufgefordert worden. Zur Zahlung ist ihm eine Frist bis zum 15. Mai 2001 gesetzt worden. Diese Frist hat er verstreichen lassen. Daraufhin ist er mit Verfügung vom 21. Mai 2001 (Bl. 171 d.A.) darauf hingewiesen worden, dass voraussichtlich eine Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 8. Dezember 2001 erfolgen werde. Auch dies hat der Kläger unbeachtet gelassen. Soweit er mit Schreiben vom 7. Juni 2001 (Bl. 176 d.A.) angekündigt hatte, er werde die Einzahlung bis 14. Juni 2001 nachholen, ist er dem nicht nachgekommen.

Das Landgericht war mithin gemäß §§ 379 Satz 2 i.V.m § 402 ZPO berechtigt, von einer weiteren Ausführung des Beweisbeschlusses abzusehen. Entgegen der vom Kläger mit der Berufung vertretenen Auffassung bedarf es dazu keiner groben Nachlässigkeit der Partei, die den Vorschuss nicht einzahlt. Die Anwendung des § 379 Satz 2 BGB setzt in der Sache kein Verschulden voraus (vgl. dazu etwa BGH NJW 1980, 343, 344; BGH NJW 1982, 2559, 2560; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 379 Rdn. 7 m.w.N.). Sie knüpft allein an der objektiven Tatsache der Nichteinzahlung des Vorschusses an.

Ob der maßgebende Grund für das Unterbleiben der Einzahlung des Vorschusses darin liegt, dass es dem Kläger nicht gelungen sein soll, seinen Steuerberater zur Herausgabe der erforderlichen Unterlagen zu bewegen, kann dahinstehen. Dieser Gesichtspunkt wäre nur dann von Bedeutung, wenn der Kläger den Vorschuss noch eingezahlt hätte und nach Verspätungsregeln darüber zu befinden wäre, ob ihm die verzögerte Eintragung zum Verschulden gereicht (vgl. dazu BGH aaO und NJW 1998, 761, 762; Zöller/Greger aaO). Darum geht es hier aber nicht. Der Kläger hat die Einzahlung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug nicht nachgeholt.

2. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis auch wegen des im Betragsverfahren erneut gestellten Feststellungsantrags zu Recht abgewiesen.

Insoweit fehlt dem Kläger das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Über den Feststellungsantrag ist bereits im Grundurteil abschließend entschieden. Der Erstrichter hat in den Entscheidungsgründen des Grundurteils vom 8. Dezember 1998 ausdrücklich ausgeführt (vgl. Bl. 92 d.A.), dieses erfasse "im positiven Sinne auch den Feststellungsantrag bezüglich der zweiten Jahreshälfte 1995". Zum Beleg dafür hat er sich auf eine Kommentarstelle bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (ZPO 59. Aufl. § 304 Rdn. 7 m.w.N.) berufen, nach der es unter bestimmten Umständen denkbar ist, ein Grundurteil (zugleich) als Feststellungsurteil zu deuten. Vor diesem Hintergrund ist das Grundurteil vom 8. Dezember 1998 in dem Sinne auszulegen, dass es den Feststellungsanspruch - insoweit zugleich "stillschweigend" als Teilendurteil - zuerkannt hat, ohne dies im Tenor nochmals ausdrücklich zu verdeutlichen. In der Sache ist der Feststellungsanspruch damit rechtskräftig zuerkannt. Für eine erneute Entscheidung über den Feststellungsantrag ist kein Raum mehr.

3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich.

Ende der Entscheidung

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