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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: 4 U 20/05
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 7 Abs. 2 Satz 3
GmbHG § 19 Abs. 4
GmbHG § 21
GmbHG § 21 Abs. 1
GmbHG § 21 Abs. 2
GmbHG § 21 Abs. 2 Satz 2
GmbHG § 22
GmbHG § 22 Abs. 2
GmbHG § 22 Abs. 3
GmbHG § 24
GmbHG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Aktenzeichen: 4 U 20/05 Verkündet am: 23. Februar 2006

In dem Rechtsstreit wegen Einzahlung einer Stammeinlage, hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Obberlandesgerichts Zweibrücken durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Bastian-Holler

auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2006 für Recht erkannt: Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgericht Frankenthal (Pfalz) vom 22. Dezember 2004 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6 391,15 € nebst 4 % Zinsen vom 5. November 1997 bis 31. Dezember 1998 und 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Januar 1999 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. IV. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma K... B... für H...- und T... auf Zahlung des Restes einer Stammeinlage in Anspruch.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte gründete mit notarieller Urkunde des Notars Dr. M... vom 23. April 1997, ergänzt durch die Urkunde desselben Notars vom 18. Juli 1997 gemeinsam mit dem Mitgesellschafter K... die Firma "K... B... für H...- und T... GmbH" (im Folgenden Firma K... GmbH genannt). Am 28. Juli 1997 wurde die Gesellschaft in das Handelsregister des zuständigen Amtsgerichts Mannheim eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 5. August 1997 veräußerte der Beklagte seinen Geschäftsanteil an den Mitgesellschafter K.... Von der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Stammeinlage von 50 000,00 DM hatten die beiden Gesellschafter bis dahin nur jeweils die Hälfte (12 500,00 DM) einbezahlt. Am 12. März 2001 hat das Amtsgericht Mannheim über das Vermögen der Firma K... GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt. Mit öffentlich zugestelltem Schreiben vom 20. April 2004 forderte der Kläger den Alleingesellschafter unter Fristsetzung zur Zahlung der gesamten restlichen Stammeinlage in Höhe von 12 782,30 € (25 000,00 DM) auf und drohte ihm die Kaduzierung an. Mit weiterem - ebenfalls öffentlich zugestelltem Schreiben - vom 8. Juli 2004 kaduzierte der Kläger den Gesellschaftsanteil. Mit seiner Klage hat er von dem Beklagten die Zahlung der noch offenen Stammeinlage in Höhe von 12 782,30 € nebst Zinsen begehrt. Durch das angefochtene Urteil, auf das zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung bekämpft der Kläger das Urteil teilweise, soweit sein Anspruch auf Zahlung des Gesellschaftsanteils des früheren Gesellschafters K... abgewiesen wurde. Er rügt insoweit die Rechtsauffassung der Einzelrichterin und beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6 391,15 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % für denZeitraum vom 5. November 1997 bis zum 31. Dezember 1998, sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatzseit seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen. II. Die zulässige Berufung führt in dem noch geltend gemachten Umfang zum Erfolg. Der Kläger hat gemäß § 22 GmbHG gegen den Beklagten als Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen früheren Alleingesellschafters K... Anspruch auf Zahlung der von dem Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrags vom 18. Juli 1999 noch einzuzahlenden restlichen Stammeinlage in Höhe von 6 391,15 €. 1. Der frühere Alleingesellschafter K... ist wirksam gemäß § 21 GmbHG aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden. Der Gesellschafter K... war mit der Erbringung seiner fälligen Stammeinlage im Rückstand (§ 21 Abs. 1 GmbHG).

Ein Rückstand der Bareinlage ist entstanden, wenn die Leistung fällig ist und gleichwohl nicht bewirkt wird (BGH BB 1961, 953; OLG München GmbHR 1985, 56). Vor Fälligkeit der Stammeinlage kann - als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kaduzierung - eine wirksame Aufforderung zur Zahlung i. S. v. § 21 Abs. 1 GmbHG nicht erfolgen. Die Fälligkeit wird grundsätzlich durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung herbeigeführt, der durch eine entsprechende Aufforderung durch den Geschäftsführer umgesetzt wird (PfälzOLG Zweibrücken GmbHR 1996, 122). Ein Gesellschafterbeschluss über die Zahlung der restlichen Stammeinlage ist zwar vorliegend nicht gefasst worden. Das war allerdings nicht unbedingt erforderlich, weil es sich bei der früheren Firma K... GmbH seit der Verschmelzung der Gesellschaftsanteile im Jahre 1997 um eine Ein-Mann-Gesellschaft handelte und das Entscheidungsverfahren bei solchen Gesellschaften so verlaufen kann, dass der allein verbliebene Gesellschafter seine Entschlüsse (vgl. dazu Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl., § 48 Rdnr. 16 F.n.) formlos fasst (Scholz, GmbHG 9. Aufl. § 48 Rdnr. 75; Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 46 Rdnr. 5), wobei er sie lediglich gemäß § 48 Abs. 3 GmbHG protokollieren muss. Auch eine Entschlussfassung des früheren Gesellschafters K... über die Bezahlung der restlichen Stammeinlage ist indes nicht ersichtlich, noch war im Gesellschaftsvertrag ein Fälligkeitszeitpunkt für die Erbringung der restlichen Stammeinlage vereinbart worden (vgl. dazu BGH DB 1961, aaO; OLG München GmbHR 1985, aaO; Pfälz. OLG Zweibrücken aaO m.w.N.). Die restliche Stammeinlage ist gleichwohl mit der Vereinigung der Gesellschaftsanteile in der Hand des Gesellschafters K... fällig geworden (§ 19 Abs. 4 GmbHG). Nach dieser Vorschrift sind ausstehende Einlagen innerhalb von drei Monaten voll einzuzahlen, wenn sich innerhalb von drei Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister alle Gesellschaftsanteile in der Hand eines Gesellschafters vereinigen; alternativ hat der verbleibende Gesellschafter die Möglichkeit Sicherheit zu leisten oder die Ein-Mann-Gesellschaft wieder aufzuheben. Die Vorschrift soll verhindern, dass Strohmanngesellschaften unter Umgehung von § 7 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, der Sondervorschriften über die Erbringung der Stammeinlage bei der Gründung einer Ein-Mann-Gesellschaften enthält, bei welcher der zusätzliche Kapitalaufbringungsschutz nach § 24 GmbHG entfällt, gegründet werden (Rowedder/Schmidt/Leithoff GmbHG 4. Aufl., § 19 Rdnr. 91; Lutter/Hommelhoff/Bayer aaO, § 19 Rdnr. 41; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl., § 19 Rdnr. 37; Scholz, GmbHG 9. Aufl., § 19 Rdnr. 8). Deshalb wird mit der Vereinigung der Gesellschaftsanteile der Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung der restlichen Stammeinlage fällig; der Gesellschafter hat die Geldeinlage voll einzuzahlen, es sei denn er leistet Sicherheit oder löst die Ein-Mann-Gesellschaft wieder auf. Andere Fälligkeitsregelungen werden unbeachtlich (vgl. BayOblG ZIP 2001, 1672; Rowedder/Schmidt/Leithoff aaO, § 19 Rdnr. 95; Scholz aaO, § 19 Rdnr. 96; Baumbach/Hueck aaO, § 19 Rdnr. 37). Der Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter K... auf Zahlung der restlichen Stammeinlage war deshalb mit der Vereinigung der Gesellschaftsanteile in seiner Hand im Jahre 1997 fällig. 2. Der Gesellschaftsanteil des Gesellschafters K... ist formwirksam eingezogen worden (§ 21 Abs. 2, Abs. 3 GmbHG). Zuständig für die Aufforderung zur Zahlung der Stammeinlage war im Insolvenzverfahren der Kläger als Insolvenzverwalter (OLG Köln, ZIP 1993, 1389, 1391; OLG Hamm, OLGR 1995, 1751; Baumbach/Hueck, aaO, § 21 Rdnr. 6 m.w.N.). Der Kläger hat dem Beklagten mit Schreiben vom 20. April 2004 im Wege der öffentlichen Zustellung - weil der Aufenthalt des Gesellschafters nicht zu ermitteln war - unter Androhung seines Ausschlusses eine Nachfrist von 5 Wochen zur Einzahlung gesetzt. Die öffentliche Zustellung hat den gleichen Beweiswert, wie ein eingeschriebener Brief im Sinne von § 21 Abs. 2 Satz 2 GmbHG (vgl. Baumbach/Hueck aaO, § 21 Rdnr. 8 m.w.N.). Anschließend hat der Kläger - wiederum im Wege der öffentlichen Zustellung - mit Schreiben vom 8. Juli 2004 den Gesellschaftsanteil wirksam gemäß § 21 Abs. 2 GmbHG eingezogen. 3. Der Beklagte haftet als Rechtsvorgänger des Gesellschafters K... (§ 22 Abs. 2 GmbHG), weil die Zahlung von seinem Rechtsnachfolger nicht zu erlangen war. Nach § 22 Abs. 3 GmbHG ist die Haftpflicht des Beklagten auf die innerhalb einer Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlage eingeforderten Einzahlungen beschränkt. Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem der Übergang des Geschäftsanteils auf den Rechtsnachfolger ordnungsgemäß angemeldet ist. Die Vorschrift enthält keine Verjährungsfrist, sondern betrifft das Entstehen der Haftung des Rechtsvorgängers (Achilles/Ensthaler/Schmidt, GmbHG § 22 Rdnr. 7). Es handelt sich um eine Ausschließungsfrist (Rowedder/Schmidt/Leithoff aaO, § 22 Rdnr. 17; Hachenburg, GmbHG 8. Aufl., § 22 Rdnr. 16; Scholz aaO, § 22 Rdnrn. 15 ff). Die Ausschlussfrist begann mit dem Tag der Anmeldung des Übergangs des Geschäftsanteils an die Gesellschaft (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Das ist die Mitteilung an die Gesellschaft über den erfolgten Rechtsübergang, für den eine bestimmte Frist nicht vorgesehen ist und die auch konkludent erfolgen kann (OLG Hamm, BB 1995, 1815; Scholz aaO, § 16 Rdnr. 7). Die Voraussetzung war hier spätestens mit der Eintragung des Gesellschaftsanteils in das Handelsregister am 5. August 1997 erfüllt. Innerhalb dieser Frist wurde die Stammeinlage "eingefordert" im Sinne von § 22 Abs. 3 GmbHG. Für diese Aufforderung gilt dasselbe wie für die Fälligkeit des Anspruchs auf Einzahlung der restlichen Stammeinlage. Auch die Zahlungsaufforderung im Sinne von § 22 Abs. 2 GmbHG ist grundsätzlich die aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung ergangene Aufforderung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die Stammeinlage zu bezahlen (Scholz aaO, § 22 Rdnr. 15; Lutter/Hommelhoff/Bayer aaO, § 22 Rdnr. 8; § 19 Rdnr. 8). Eine solche Entschlussfassung oder eine Aufforderung des Alleingesellschafters K... gegen sich selbst ist zwar- wie ausgeführt - nicht ergangen. Die Fälligkeit ergibt sich aber auch hier aus § 19 Abs. 4 GmbHG, weil im Rahmen von § 22 Abs. 2 GmbHG dasselbe wie bei § 21 GmbHG gilt (vgl. Lutter/Hommelhoff/Speyer aaO, Rdnr. 8). Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 GmbHG sind deshalb seit der Vereinigung der Gesellschaftsanteile in der Hand des Gesellschafters K... im Jahre 1997 erfüllt. Die geltend gemachten Zinsen sind nicht bestritten. Der Schriftsatz des Beklagten vom 15. Februar 2006 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf 92 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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