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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 4 U 48/08
Rechtsgebiete: LMG Rheinland-Pfalz


Vorschriften:

LMG Rheinland-Pfalz § 11
Die in einem Presseartikel aufgestellte Behauptung, ein in einer anderen Zeitschrift wieder gegebenes Interview mit einer namentlich nicht benannten Person sei ein "Phantominterview" beinhaltet eine Tatsachenbehauptung, welche einem Gegendarstellungsverlangen zugänglich ist, wenn das so bezeichnete Interview tatsächlich stattgefunden hat.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 48/08

Verkündet am: 6. November 2008

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

wegen Gegendarstellung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Petry und die Richter am Oberlandesgericht Friemel und Süs auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 4. März 2008 geändert: Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, in dem gleichen Teil von "W...", in dem der Artikel "S...-C...-S...-P..." (W..., 25/07 vom 7. Dezember 2007, Seite 5) erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

Gegendarstellung

In "W..." vom 7. Dezember 2007 wurde im Editorial auf Seite 5 berichtet:

"Über die willfährige Herausgeberin der Doppelmoppelzeitschrift "V..." und "A... ü... W..." brachte A... S... per Phantom-Interview die gute Botschaft samt exklusiv- und hochbewerteten Weinangeboten unters Volk".

Die Behauptung eines Phantom-Interviews ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, dass die Herausgeberin von "V.../A... ü... W..." ein Interview mit einem autorisierten Ansprechpartner des Unternehmens A... S... am 30. Juli 2007 geführt hat und dieses Interview in "V.../A... ü... W..." vom Dezember 2007 veröffentlicht ist.

M..., 6. Februar 2008

V...V... GmbH.

II. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Verfügungsbeklagte vertreibt in ihrem Verlag die 14-tägig erscheinende Zeitschrift "W...". In der Ausgabe vom 7. Dezember 2007 veröffentlichte sie auf Seite 5 unter der Überschrift "S...-C....-S....-P..." einen Artikel, der sich u. a. mit einem Bericht beschäftigte, welcher in der Dezemberausgabe der von der Verfügungsklägerin herausgegebenen Zeitschrift "V..." erschien. Dieser befasste sich unter der Überschrift "W... bei A... S... ... Die Machtmaschine" mit Weinangeboten des Discounters im Bereich höherwertiger Weine. Der Bericht enthielt u.a. ein im Wechsel von Frage und Antwort gehaltenes Interview der Fragestellerin H... mit einem Interviewpartner, welcher als "A... S..." bezeichnet war. Die Verfügungsbeklagte schrieb dazu u.a. in ihrem Artikel:

"...Trommeln gehört zum Handwerk und entsprechend kräftig rührt mancher die Werbetrommel. A... S... hat zum 13. Dezember zur Großoffensive geblasen und sein Weihnachtsangebot in Stellung gebracht. Über die willfährige Herausgeberin der Doppelmoppelzeitschrift "V..." und "A... ü... W..." brachte A... S... per Phantominterview die gute Botschaft samt exklusiv und hoch bewerteten Weinangeboten unters Volk. Soll man A... S... dafür schelten ? Mitnichten ..."

Die Verfügungsklägerin beanstandet, der in dem Artikel verwendete Begriff "Phantom-Interview" suggeriere, dass das abgedruckte Interview in Wahrheit nicht stattgefunden habe. Sie hat - erstmals am 12. Dezember 2007 und letztmals am 6. Februar 2008 - mehrfach von der Verfügungsbeklagten den Abdruck von Gegendarstellungen (teilweise) unterschiedlichen Inhalts begehrt. Da die Verfügungsbeklagte der Aufforderung nicht nachgekommen ist, hat die Verfügungsklägerin beantragt, die Verfügungsbeklagte zum Abdruck einer Gegendarstellung in Form des Entwurfs der Verfügungsklägerin vom 11. Januar 2008, hilfsweise in der Form ihres Entwurfs vom 6. Februar 2008 zu verurteilen.

Durch das angefochtene Urteil, auf welches zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Ihre Entscheidung hat sie im Wesentlichen damit begründet, dass der Begriff des Phantom-Interviews nicht dahin verstanden werde, dass überhaupt kein Interview stattgefunden habe, sondern dass die interviewte Person anonym habe im Hintergrund bleiben wollen.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Verfügungsklägerin das Urteil in vollem Umfang. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Zuletzt beantragt sie,

die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, in dem gleichen Teil von "W...", in dem der Artikel "S...-C...-S...-P..." (W..., 25/07 vom 7. Dezember 2007, Seite 5) erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch entsprechende drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

Gegendarstellung

In "W..." vom 7. Dezember 2007 wurde im Editorial auf Seite 5 berichtet:

"Über die willfährige Herausgeberin der Doppelmoppelzeitschrift "V..." und "A.... ü... W..." brachte A... S... per Phantom-Interview die gute Botschaft samt exklusiv- und hochbewerteten Weinangeboten unters Volk".

Die Behauptung eines Phantom-Interviews ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, dass die Herausgeberin von "V.../A... ü... W..." ein Interview mit einem autorisierten Ansprechpartner des Unternehmens A... S... am 30. Juli 2007 geführt hat und dieses Interview in "V.../A... ü... W..." vom Dezember 2007 veröffentlicht ist.

M..., 6. Februar 2008

V... V... GmbH.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Unschädlich ist, dass die Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Aufgabe ihres Hauptantrages ihren ursprünglichen Hilfsantrag zum Hauptantrag erhoben hat. Darin lag eine zulässige Klageänderung im Sinne von §§ 533, 263 ZPO. Grundsätzlich bildet jede Fassung einer Gegendarstellung einen eigenen Streitgegenstand und ein "aliud" im Verhältnis zu einer geänderten Gegendarstellung (Löffler/Sedelmeier, Presserecht 5. Aufl., § 11 LPG Rdnr. 158). Das ursprünglich hilfsweise gestellte Begehren der Verfügungsklägerin, die Verfügungsbeklagte entsprechend ihrem Entwurf einer Gegendarstellung vom 6. Februar 2008 zu verurteilen, beinhaltete deshalb im Verhältnis zu dem damals gestellten Hauptantrag - Verurteilung zum Abdruck einer Gegendarstellung entsprechend dem Entwurf vom 11. Januar 2008 - einen echten Hilfsantrag (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 326; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl., § 940 Rdnr. 8 "Presse- und Medienrecht" m.w.N). Die Umstellung der Klageanträge beurteilt sich somit nach §§ 533, 263 ZPO (BGH MDR 1981, 1012; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 260 Rdn. 18). Die Klageänderung ist sachdienlich und kann auf dieselben Tatsachen gestützt werden, welche der Senat seiner Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat (§ 533 ZPO).

2. In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte nach § 11 Abs. 1 LMG Rheinland-Pfalz (im Weiteren nur: LMG) einen Anspruch auf Abdruck der Gegendarstellung in der Fassung vom 6. Februar 2008.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten hat die Verfügungsklägerin den Gegendarstellungsanspruch unverzüglich geltend gemacht, wobei das Erfordernis der Unverzüglichkeit (§ 11 Abs. 3 Nr. 4 LMG) nicht für das gerichtliche Verfahren, sondern nur für die außergerichtliche Geltendmachung gilt (vgl. Seitz/Schmidt/Schöner, Der Gegendarstellungsanspruch Rdnrn. 129, 130 m.w.N.; Löffler/Sedelmeier aaO, § 11 Rdnr. 159). Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB), weil dem Betroffenen eine angemessene Überlegungsfrist zugebilligt werden muss, da er ausreichende Zeit zur Ermittlung des Sachverhalts, zur Formulierung seiner Gegendarstellung und Einholung fachkundigen Rates haben muss (Löffler/Sedelmeier aaO m.w.N.).

Zwar erfolgte das Gegendarstellungsverlangen vom 6. Februar 2008 unzweifelhaft außerhalb der Aktualitätsgrenze, die üblicherweise die Einhaltung einer Frist von etwa zwei Wochen erfordert (vgl. Löffler/Sedelmeier aaO m.w.N. zur Rechtsprechung). Die Aktualitätsfrist ist hier aber gleichwohl deshalb gewahrt, weil die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten bereits unmittelbar nach Erscheinen des beanstandeten Artikels (am 7. Dezember 2007) am 12. Dezember 2007 ein erstes Gegendarstellungsverlangen übermittelt hat, das sie durch Zusenden weiterer Gegendarstellungsentwürfe am 18. Dezember 2007 sowie am 7. und am 11. Januar 2008 lediglich modifiziert hat. Zwar gilt im Recht der Gegendarstellung der Grundsatz "Alles oder Nichts", aus welchem folgt, dass jede Fassung einer Gegendarstellung - wie ausgeführt - ein "aliud" und kein "minus" bildet (Löffler/Sedelmeier aaO Rdnr. 158), was zur Folge hat, dass eine geänderte Gegendarstellung erneut den Anforderungen des § 11 Abs. 3 Nr. 4 LMG entsprechen muss, wenn sie neue Behauptungen, Formulierungen etc. enthält (Löffler/Sedelmeier aaO; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., Kapitel 28 Rdnr. 12 m.w.N.). Das gilt aber dann nicht, wenn der neue Antrag nur eine Änderung enthält, die nicht in die Substanz des Gegendarstellungsanspruchs eingreift, sondern lediglich eine Klarstellung (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1986, 606) oder eine Berichtigung - ähnlich § 319 ZPO - beinhaltet, welche den Inhalt der Gegendarstellung nicht verändert (Löffler/Sedelmeier aaO und Rdnr. 220; Löffler/Ricker aaO; Seitz/Schmidt/Schöner aaO, Rdnr. 738 m.w.N.). Denn es wäre sinnlose Förmelei und mit dem gesetzgeberischen Ziel einer schnellen Veröffentlichung des Gegendarstellungsanspruchs nicht zu vereinbaren, auch in solchen Fällen eine nochmalige Übersendung der geänderten Fassung zu verlangen (vgl. Löffler/Ricker aaO, Rdnr. 12). Deshalb ist in Fällen der bloßen Klarstellung oder Berichtigung die geänderte Gegendarstellung in der ursprünglich innerhalb der Aktualitätsgrenze zugeleiteten Gegendarstellung sachlich enthalten und wird die Unverzüglichkeit durch die Zuleitung der ursprünglichen Gegendarstellung gewahrt (Löffler/Sedelmeier aaO, Rdnr. 158).

So liegt der Fall hier.

Das Gegendarstellungsverlangen vom 12. Dezember 2007 enthielt bereits im Wesentlichen den Wortlaut der Gegendarstellung vom 6. Februar 2008. Die weiteren Gegendarstellungsentwürfe vom 18. Dezember 2007 und vom 7. Januar 2008, die identischen Wortlauts sind, beinhalten lediglich sprachliche Glättungen der Fassung vom 12. Dezember 2007. Der Unterschied dieser Fassungen zum Entwurf vom 6. Februar 2008 besteht im Wesentlichen darin, dass erstmals das letzte Verlangen das (zutreffende) Interviewdatum "30. Juli 2007" enthielt, wohingegen die vorangegangenen Fassungen davon ausgegangen waren, dass das Interview "im Dezember" geführt worden sei. Die sprachlichen Glättungen und die Klarstellung des Interviewdatums berührten nicht den Inhalt des zuerst geltend gemachten Gegendarstellungsanspruchs, der bereits am 12. und (modifiziert) 18. Dezember 2007 unverzüglich erhoben worden war.

3. Auch die übrigen Voraussetzungen für einen Gegendarstellungsanspruch sind erfüllt. Wie zwischen den Parteien nicht im Streit ist, ist die Verfügungsklägerin Betroffene und die Verfügungsbeklagte als Verlegerin passiv legitimiert (§ 11 Abs. 1 Satz 1 LMG); die Verfügungsklägerin hat die von ihr geforderte Gegendarstellung schriftlich fixiert (§ 11 Abs. 3 Nr. 4 LMG); der Umfang der begehrten Gegendarstellung ist nicht unangemessen (§ 11 Abs. 3 Nr. 2 LMG). All das ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

4. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten entfällt das Gegendarstellungsinteresse nicht deshalb, weil die Gegendarstellungsforderung keine von der Erstmitteilung abweichende Darstellung enthält (vgl. dazu Löffler/Sedelmeier, aaO, Rdnr. 65). Der Gegendarstellungsanspruch der Verfügungsbeklagten beinhaltet außer der Wiedergabe der beanstandeten Passage des Artikels der Verfügungsbeklagten, der nur aus Verständnisgründen "vorgeschaltet" wird, das Verlangen einer Richtigstellung dahin, dass das als Phantom-Interview bezeichnete Interview tatsächlich geführt wurde.

5. Die Bezeichnung "Phantom-Interview" ist der Gegendarstellung zugänglich. Sie beinhaltet eine Tatsachenbehauptung und nicht eine Meinungsäußerung. Tatsachen sind bestehende oder vergangene Sachverhalte, Gegebenheiten, Vorgänge, Verhältnisse oder Zustände, zu denen auch innere Tatsachen wie Motive oder Absichten gehören können; wichtigster Maßstab für eine Tatsache ist die Beweiszugänglichkeit der Darstellung (BGH GRUR 1989, 222; Löffler/Ricker, Kapitel 28 Rdnr. 11). Werturteile und Meinungsäußerungen, die durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt sind, werden indes durch Elemente der Stellungnahme des Dafürhaltens gekennzeichnet; sie lassen sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen (BGH NJW 2006, 830; BVerfGE 90, 241). Anders als beim Unterlassungsanspruch ist beim Gegendarstellungsanspruch nicht erforderlich, dass sich der Eindruck einer Tatsachenbehauptung als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt; es genügt, wenn durch die Aussage der Eindruck einer Tatsachenbehauptung erweckt wird (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 26. Dezember 2000 - 7 U 73/00 - bei juris; Seitz/Schmidt/Schöner aaO, Rdnrn. 313 ff; Löffler/Sedelmeier aaO, Rdnr. 98 m.w.N.).

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die beanstandete Äußerung, dass die Firma A... S... über die Zeitschrift der Verfügungsklägerin "per Phantom-Interview die gute Botschaft ... unters Volk" gebracht habe, im Kern eine Tatsachenbehauptung beinhaltet, weil es dem Beweis zugänglich ist, ob das in der Zeitschrift der Verfügungsklägerin abgedruckte Interview tatsächlich von der Fragestellerin mit einem realen Gesprächspartner geführt wurde. Dieser Annahme steht ferner nicht entgegen, dass der Artikel - wie die Verfügungsbeklagte meint - (auch) satirische Äußerungen beinhalte. Auch Satire oder Karikaturen können einen von der (durch Wort oder Bild) gewählten Verzerrung gelösten Tatsachenkern enthalten (BVerfGE 86, 1; 75, 369, 377) gegen den mit dem Gegendarstellungsrecht vorgegangen werden kann (Löffler/Ricker aaO, Kapitel 42 Rdnr. 35).

6. Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts nicht, dass der Begriff des "Phantominterviews" zwar durchaus mehrdeutig sei, im konkreten Zusammenhang des Streitfalls aber nur dahin verstanden werden könne, "dass er ein Interview mit einem unerkannt bleiben wollenden und gebliebenen Interviewpartner [beschreibe]" (LGU 10,11).

Der Begriff "Phantom" wird im deutschen Sprachgebrauch zur Bezeichnung eines Trugbildes, einer gespenstischen, unwirklichen Erscheinung, einer Nachbildung, Halluzination, Sinnestäuschung o.ä. verwendet (Duden, Deutsche Rechtsprechung 23. Aufl.; Duden, Das Synonymwörterbuch; Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Bei einer Zusammenfügung mit anderen Begriffen bedeutet er, dass etwas nur scheinbar existiert. So wird z.B. als "Phantombild" ein von staatlichen Ermittlungsbehörden nach Angaben von Zeugen gefertigtes Bildnis einer gesuchten Person bezeichnet, welches kein tatsächliches Abbild, sondern nur eine möglichst ähnliche Darstellung der gesuchten Person sein soll. Der Begriff "Phantom-Schmerz" bezeichnet ein Schmerzgefühl an einem amputierten Gliedmaß (Duden, Die deutsche Rechtschreibung). Der Begriff "Phantom" kennzeichnet nach seiner allgemeinen Verwendung mithin (auch) etwas, das tatsächlich nicht oder nicht so existiert. Demgegenüber bedeutet der Begriff "anonym", dass eine Person, die tatsächlich existiert, lediglich "namenlos, ungenannt oder ohne Namensangabe" ist oder handelt (Duden, Deutsches Wörterbuch). Die Verwendung des Begriffs "Phantom-Interview" in dem inkriminierten Artikel ist deshalb sehr wohl geeignet, bei durchschnittlichen Lesern, auf deren Verständnis es insoweit ankommt (OLG Hamburg aaO; Seitz/Schöner aaO, Rdnr. 314) und zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, den Eindruck zu erwecken, dass nicht bloß der Interview-Partner ungenannt blieb, sondern dass das wiedergegebene Interview tatsächlich überhaupt nicht geführt wurde. Das wirkt sich zum Nachteil der Verfügungsbeklagten aus. Denn im Rahmen eines Gegendarstellungsverlangens muss sich der Behauptende, wenn eine Behauptung in unterschiedlichem Sinn aufgefasst werden kann, jede nicht fernliegende Interpretationsmöglichkeit entgegenhalten lassen (Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. Kap. 11 Rdnr. 41).

Wie im Tatbestand des angefochtenen Urteils, an welchen der Senat gebunden ist (§ 314 ZPO) wiedergegeben und zwischen den Parteien auch nicht im Streit ist, fand das in der Zeitschrift der Verfügungsklägerin wiedergegebene Interview am 30. Juli 2007 statt, so dass die im Artikel der Verfügungsbeklagten gemachte Äußerung unrichtig und das Gegendarstellungsverlangen der Verfügungsklägerin begründet ist.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 29. Oktober 2008 ist für die Entscheidung nicht mehr berücksichtigt worden (§ 296 a ZPO). Der darin enthaltene Vortrag und das vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B... vom 26. Oktober 2008 bieten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Wie bereits ausgeführt, kommt es für die Entscheidung, wie der Begriff "Phantom-Interview" aufzufassen ist, auf den Eindruck eines durchschnittlichen Leserkreises und nicht auf die sprachwissenschaftliche Einschätzung eines Sachverständigen an.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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