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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 4 U 74/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 463 a.F.
Ein fachunkundiger Bauherr, der in seinem Haus ohne baurechtliche Genehmigung Kellerräume in eine "Einliegerwohnung" umgewandelt hat, handelt beim Verkauf des Hauses nur arglistig, wenn er greifbare Anhaltspunkte dafür hatte, dass die "Einliegerwohnung" baurechtlich nicht zulässig war.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 74/07

Verkündet am: 8. Mai 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes,

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Bastian-Holler

auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24. April 2007 wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 27. Juli 2001 von dem Zeugen S... das Hausanwesen A... in H... für 600 000,00 DM. In dem notariellen Vertrag war bestimmt, dass eine in dem Haus befindliche Einliegerwohnung vermietet sei. Der Zeuge S... hatte das Haus am 15. Mai 1992 von den Beklagten erworben. Auch in dem damaligen Kaufvertrag war bestimmt, dass die "Einliegerwohnung" vermietet sei. Die Beklagten hatten ihrerseits das Haus im Jahre 1986 von einer Frau N... gekauft. Nach dem Erwerb hatten die Beklagten die Kellerräume zu einer Einliegerwohnung umgebaut, die sie vermieteten. Eine baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kellergeschosses hatten sie nicht eingeholt. Im Jahre 2006 stellte die Klägerin in anlässlich eines durchgeführten Beweissicherungsverfahrens fest, dass eine baurechtliche Genehmigung für die Einliegerwohnung nicht vorlag und dass die Räume ohne verschiedene Umbaumaßnahmen nicht genehmigungsfähig waren. Die Klägerin beauftragte daraufhin den Zeugen und Architekten R..., die Räume entsprechend umzuplanen. Die zuständige Kreisverwaltung B... genehmigte im November 2006 die Pläne des Architekten.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht des Zeugen S... von den Beklagten Schadensersatz wegen der ihr entstehenden Umbaukosten. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagten den Zeugen S... arglistig getäuscht hätten, als sie dem Zeugen mit notariellem Vertrag vom 15. Mai 1992 das Haus mit einer Einliegerwohnung verkauft hatten.

Sie begehrt von den Beklagten Bezahlung von 30 359,90 € nebst Zinsen, sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 649,02 € und Feststellung, dass die Beklagten ihr auch ihren Zukunftsschaden zu ersetzen haben.

Durch das angefochtene Urteil, auf das zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, hat der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Klägerin das Urteil in vollem Umfang.

Sie rügt die Rechtsauffassung des Einzelrichters, wobei sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner

1. an sie 30 359,90 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 15. Mai 1992, hilfsweise seit 14. April 2006;

2. ihr sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, soweit er in Zukunft durch die streitgegenständlichen erforderlichen und notwendigen Umbaumaßnahmen entsteht und über den im Hauptantrag zu 1. geltend gemachten Vorschussbetrag hinausgeht;

3. an sie nicht erstattungsfähige außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1 274,84 Euro nebst 5 %-Punkten p. a. über dem Basiszinssatz zu bezahlen

hilfsweise

sie freizustellen in Höhe dieser Kosten von 1 274,84 Euro nebst 5 %-Punkten gegenüber der Kanzlei RAe S... pp. in N...

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung ihres dortigen Vortrags.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen. Die Klägerin hat am 8. April 2008 einen weiteren Schriftsatz (vom 3. April 2008) zu den Akten gereicht.

II.

Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ihres Verkäufers S... kein Schadensersatzanspruch nach § 463 Satz 2 BGB a. F. gegen die Beklagten zu, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagten ihren damaligen Käufer S... arglistig darüber getäuscht haben, dass sich in dem Haus eine genehmigte Einliegerwohnung befinde.

Zutreffend hat der Einzelrichter angenommen, dass die Klägerin einen etwaigen Anspruch allein auf eine arglistige Täuschung stützen kann. Denn der in Nr. V. 4. des notariellen Kaufvertrages vom 15. Mai 1992 vereinbarte Gewährleistungsausschluss wäre nichtig (§ 476 BGB a. F.), wenn die Beklagten dem Zeugen S... arglistig verschwiegen hätten, dass die im Kellergeschoss befindliche Einliegerwohnung bauordnungsrechtlich nicht genehmigt war. Denkbare Ansprüche wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§ 463 Satz 1 BGB) sind hingegen nach § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. verjährt, weil für diesen Anspruch nur eine einjährige Verjährungsfrist galt.

Der Einzelrichter hat angenommen, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagten gewusst hätten, dass die Umnutzung der Kellerräume in einer Einliegerwohnung genehmigungsbedürftig waren; ein Laie wisse nicht ohne Weiteres, dass Ausbaumaßnahmen in einem Keller, in dem bereits ein Badezimmer eingerichtet gewesen sei, genehmigungspflichtig sei; auch ihr Steuerberater habe die Beklagten nicht auf etwaige bauordnungsrechtliche Probleme hingewiesen.

Der Senat tritt dieser Auffassung des Einzelrichters bei, so dass dahinstehen kann, ob auch die auf eine arglistige Täuschung gestützten Ansprüche der Klägerin verjährt sind.

Ein Verkäufer muss zwar nicht von sich aus ungefragt alle ungünstigen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes offenlegen. Eine baurechtliche Unzulässigkeit der ausgeübten Nutzung eines verkauften Gebäudes ist allerdings nach herrschender Meinung ein aufklärungspflichtiger Mangel (vgl. BGH NJW-RR 1988, 1290; NJW 1991, 2138; Kramer in MünchKomm. BGB 5. Aufl., § 123 Rdnrn. 17, 21). Die fehlende Genehmigung kann zu einer Nutzungsuntersagung und ggfs. zur Anordnung der Rückgängigmachung der ohne Genehmigung durchgeführten Maßnahmen führen. Darauf, ob zu erwarten ist, dass solche Maßnahmen von der zuständigen Baubehörde getroffen werden, kommt es nicht an (BGH NJW 1979, 2243).

Arglistiges Verhalten erfordert aber einen zumindest bedingten Vorsatz des Verkäufers bezüglich der Täuschung des Käufers über den Mangel, wenn auch nicht unbedingt ein besonderes Maß an subjektiver Verwerflichkeit. Der Verkäufer muss um das Vorhandensein des Fehlers wissen und damit rechnen, dass der Käufer diese Kenntnis möglicherweise nicht habe (BGH WM 1983, 990).

Die Beklagten haben vorgetragen, sie hätten nicht gewusst, dass für den von ihnen veranlassten Ausbau des Kellergeschosses eine baubehördliche Genehmigung erforderlich gewesen sei. Traf diese Vorstellung zu, so hatten die Beklagten den Zeugen S... weder mit direktem noch mit indirektem Vorsatz über die Bauordnungswidrigkeit des Kellergeschoßausbaus getäuscht. Denn es gibt keinen Grundsatz, dass ein nicht fachkundiger Bauherr ohne Weiteres um die Notwendigkeit einer behördlichen Genehmigung für die Umgestaltung von Räumen zu Wohnzwecken weiß (BGH NJW 1991, aaO). Wie der Einzelrichter zutreffend festgestellt hat, bestanden für die Beklagten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Umbau der Kellerräume gegen Bauordnungsrecht verstoßen würde. Die Beklagten waren nicht fachkundig. Zu dem Umbau hatte sie - wie der Beklagte zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht angegeben hat - ihr Steuerberater bewogen, um in den Genuss steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten zu gelangen. Auch der Steuerberater hatte die Beklagten nicht auf das Erfordernis einer bauordnungsrechtlichen Genehmigung hingewiesen.

Etwas anderes könnte zwar in Betracht kommen, wenn die Beklagten bei dem Umbau von genehmigten Bauplänen abgewichen wären (vgl. BGH WM 1983, 990). Die Beklagten haben aber bestritten, dass ihre Verkäuferin N... ihnen beim Erwerb des Hauses entsprechende Pläne übergeben habe. Die Klägerin ist dem konkret nicht entgegengetreten, sondern hat lediglich behauptet, sie gehe davon aus, dass die Beklagten die Pläne erhalten hätten. Dieser Vortrag beruht ersichtlich auf einer bloßen Vermutung und ist durch nichts belegt. Eine Vernehmung der Verkäuferin N... ist nicht mehr möglich, weil diese - wie in dem angefochtenen Urteil festgestellt ist - verstorben ist.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 8. April 2008 eingereichte Schriftsatz der Klägerin vom 3. April 2008 wurde nach § 296 a ZPO für die Entscheidung nicht mehr berücksichtigt, soweit er neues Vorbringen enthält. Eine Entscheidung über die darin enthaltene unzulässige (297 ZPO, allg.M. vgl. BGH NJW 2000, 2513; NJW-RR 1992, 1085; Hans OLG Hamburg MDR 1995, 526 - zur Widerklage -; Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 296 a Rdn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 66. Aufl. § 156 Rdn. 8) und nicht mehr zugestellte Klageänderung war nicht veranlasst. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) kam nicht in Betracht.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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