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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: 4 W 52/05
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 3
GKG § 48 Abs. 1
Der Streitwert einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage, welche das unerwünschte Zusenden von E-Mail Werbung im Geschäftsverkehr zum Gegenstand hat, beträgt ohne Hinzutreten besonderer Umstände 6000 €.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 4 W 52/05

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung,

hier: Streitwertfestsetzung,

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und den Richter am Landgericht Dr. Steitz auf die am 22. Juli 2005 eingegangene, aus eigenem Recht eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 18. Juli 2005 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern vom 28. Juni 2005 ohne mündliche Verhandlung am 20. September 2005

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Vermittlung von Versicherungsdienstleistungen. Am 31. Mai 2005 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ohne dessen Einwilligung ein Werbeschreiben per E-Mail. Hierauf forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 10. Juni 2005 auf, eine Kontaktaufnahme zu Werbezwecken ohne ausdrückliche Einwilligung künftig zu unterlassen und sich für den Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 5.100.- € zu verpflichten. Den Gegenstandswert gab der Antragsteller in diesem Schreiben mit 7.500.- € an. Nachdem die Antragsgegnerin die gewünschte Erklärung nicht abgab, beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Juni 2005 den Erlass einer einstweiligen Verfügung und bezifferte den Streitwert auf 15.000.- €. Mit Erlass der begehrten Verfügung wurde der Streitwert auf 6.000.- € festgesetzt.

Hiergegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit ihrem ausdrücklich eigenen Namens eingelegten Rechtsmittel, mit dem sie eine Festsetzung des Streitwerts "auf 15.000.- €, besser noch 25.000.- €" begehren und insbesondere geltend machen, dass dem Antragsteller durch die beanstandete, massenhafte E-Mail-Werbung ganz erhebliche Umsatzverluste drohten.

Der Erstrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich auch unter Berücksichtigung des Vorliegens einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung um einen äußerst einfach gelagerten Fall handle und die von der zu unterbindenden Handlung der Antragsgegnerin ausgehende Gefahr für den Antragsteller gering sei.

II.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist gemäß §§ 32 Abs. 2, Satz 1 RVG, 68 Abs. 1 GKG zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zu dem mit ihr erstrebten Erfolg.

1. Der Unterlassungsanspruch des durch unerwünschte Zusendung von E-Mails Beworbenen ist nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur mit einem Betrag in einer Größenordnung von 2.000 - 3.000.- € regelmäßig angemessen bewertet (vgl. BGH, B. v. 30. November 2004 - VI ZR 65/04, veröffentlicht in juris; LG Hamburg, Urt. v. 9. Juli 2004 - 327 O 155/04, veröffentlicht in juris [Rdnr. 19]; Schmittmann, JurBüro 2003, 398, 400). Danach wurde der Streitwert in der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht zu niedrig veranschlagt.

2. Allerdings kann die Festsetzung eines höheren Streitwertes in solchen Fällen angezeigt sein, in denen es sich beim Beworbenen gleichzeitig um einen Mitbewerber des Werbenden handelt und der Unterlassungsanspruch demnach außer auf §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auch auf § 8 UWG gestützt werden kann (vgl. Schmittmann aaO).

Der Streitwert eines solchen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs bemisst sich allein nach dem gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzenden Interesse des Antragstellers. Dass das Erstgericht, das den wettbewerbsrechtlichen Charakter der Streitigkeit erkannt und in seine Überlegungen mit einbezogen hat, den Streitwert unter diesem Aspekt ermessensfehlerhaft zu niedrig angesetzt hat, ist jedoch nicht ersichtlich und wird auch von den Beschwerdeführern nicht aufgezeigt. Das maßgebliche Interesse des Antragstellers richtet sich wesentlich nach dem bereits entstandenen Schaden und den Vorteilen, die er ohne die Rechtsverletzung des Antragsgegners erlangt hätte, wobei die auf Grund des Verstoßes zu befürchtende Umsatzeinbuße einen möglichen Anhaltspunkt darstellt (vgl. Hillach/Rohs, Hdb. d. Streitwerts in Zivilsachen 9. Aufl. § 90 A.II.1.; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 3 Rdnr. 16 "Gewerblicher Rechtsschutz"). Weitere wertbestimmende Umstände sind u.a. die Intensität, Aggressivität, Gefährlichkeit, Dauer und Art der Verletzungshandlung sowie deren räumliche Auswirkungen (vgl. etwa Pastor/Ahrens-Ulrich, Der Wettbewerbsprozess 4. Aufl. Kap. 44 Rdnr. 32 m.w.N.). Danach ist hier nicht von einer zu niedrigen Wertfestsetzung auszugehen. Zu einem bereits entstandenen Schaden bzw. zu erwartenden Umsatzeinbußen beim Antragsteller haben weder dieser noch die Beschwerdeführer etwas Konkretes vorgetragen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Gegenstand des Verfahrens lediglich eine, am 31. Mai 2005 einmalig übermittelte E-Mail-Werbung war. Von einer "massenhaften" Werbung seitens der Antragsgegnerin oder einem besonders aggressiven und gefährlichen Wettbewerbsverstoß kann daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht ausgegangen werden. Schließlich hat der Antragsteller selbst in seinem ersten Schreiben an die Antragsgegnerin den Gegenstandswert noch mit lediglich 7.500.- € beziffert und eine Vertragsstrafe von rund 5.000.- € für den Fall eines künftigen Verstoßes für ausreichend erachtet. All dies spricht, ebenso wie der in der Nichtabhilfeentscheidung hervorgehobene Umstand, dass es sich um einen rechtlich und tatsächlich einfach gelagerten Sachverhalt handelt, gegen die begehrte Heraufsetzung des mit 6.000,-- € im Rahmen des freien Ermessens nach § 3 ZPO vertretbar geschätzten Streitwerts für die Klage.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 68 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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