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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 26.03.2002
Aktenzeichen: 5 U 13/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
Zur Verkehrsicherungspflicht zum Schutz des Patienten vor (Selbst-)Schädigung auf einer offenen Station eines psychiatrischen Krankenhauses (Verschließen von Fenstern und Türen wegen Selbstmordgefahr);

Abwägung des Sicherheitsgebots gegen Gesichtspunkte der Therapiegefährdung durch allzu strikte Verwahrung der Patienten


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 5 U 13/00

Verkündet am: 26. März 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes aus Krankenhaushaftung

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Amtsgericht Heise

auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 21. Januar 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 9 000,00 EUR abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht Schmerzensgeld wegen Verletzungen, die sie bei einem Suizidversuch in dem von der Beklagten betriebenen Psychiatrischen Krankenhaus erlitt.

Die Klägerin war bereits ab Ende Dezember 1992 für die Dauer von zwölf Wochen stationär in der Landesnervenklinik A... wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose behandelt worden.

Am 22. November 1994 erschien die Klägerin mit der vom Hausarzt erstellten Einweisungsdiagnose "Psychose" in Begleitung zweier Verwandter im Krankenhaus der Beklagten. Die Frage der diensthabenden Krankenschwester nach einer Suizidgefährdung ließen die Verwandten offen. Die diensthabende Ärztin erhob die Anamnese und befasste sich ebenfalls mit einer Selbstmordgefahr für die Klägerin. Diese erklärte, früher Gedanken an Selbstmord gehabt zu haben, ihre Kinder stünden jedoch im Vordergrund. Einen Selbstmordversuch hatte die Klägerin bisher nicht unternommen. Die Klägerin wurde sodann in der offenen Station im dritten Stock aufgenommen. Dort waren in den Zimmern die Fenstergriffe entfernt, um ein Öffnen der Fenster durch die Patienten zu verhindern.

Die Klägerin wurde medikamentös versorgt. In der Nacht gegen 1.00 Uhr erschien die Klägerin bei der Nachtschwester und bat diese - wie schon um 20.30 Uhr - um Tee. Sie bejahte die Frage, ob sie ein Schlafmittel wolle. Die Nachtschwester holte zunächst das Teeglas aus dem Zimmer der Klägerin. Während dieser Zeit begab sich die Klägerin in den Aufenthaltsraum, der einen unverschlossenen Zugang zum Balkon hatte. Als die Schwester mit dem Teeglas in den Dienstraum zurückkehrte, um die Medikamente zu holen, sah sie durch die geöffnete Tür des Aufenthaltsraumes, dass die Klägerin die Balkontüre geöffnet hatte, sich kurz zu ihr umdrehte und über die Brüstung kletterte. Die Nachtschwester konnte einen Sturz der Klägerin aus 11 bis 12 Metern Höhe nicht mehr verhindern.

Wegen der erlittenen schweren Verletzungen hat die Klägerin die Beklagte im Wege der Teilklage auf Schmerzensgeld in Anspruch genommen.

Sie hat geltend gemacht, die Beklagte hafte ihr aus Organisationsverschulden, da der Aufenthaltsraum ohne großen Aufwand habe gesichert werden können. Nach dem Aufnahmestatus wäre auch ihre Unterbringung auf einer geschlossenen Station indiziert gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld von mindestens 40 000,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 5. August 1995 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Vorhersehbarkeit einer selbstschädigenden Handlung der Klägerin die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe keine Verpflichtung bestanden, die Klägerin auf einer geschlossenen Station unterzubringen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne bei Aufnahme in eine offene Station nicht zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, dass eine Selbstschädigung nicht vorkomme.

Auf die Berufung der Klägerin hat der Senat durch Urteil vom 2. November 1999, das Urteil des Landgerichts geändert, die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Durchführung des Betragsverfahrens in die erste Instanz zurückverwiesen.

Auf die Revision der Beklagten hat der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 20. Juni 2000 das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könne aus Rechtsgründen in einer offenen Station eines Psychiatrischen Krankenhauses ohne besondere Umstände nicht verlangt werden, alle Türen und Fenster verschlossen zu halten. Dem Träger eines Psychiatrischen Krankenhauses obliege deliktsrechtlich auch eine Verkehrssicherungspflicht zum Schütze des Patienten vor einer Schädigung, die diesem wegen der Krankheit durch ihn selbst oder durch die Einrichtung und bauliche Gestaltung des Krankenhauses drohe. Diese Pflicht sei allerdings beschränkt auf das Erforderliche und das für das Krankenhauspersonal und die Patienten Zumutbare. Das Sicherheitsgebot sei abzuwägen gegen Gesichtspunkte der Therapiegefährdung durch allzu strikte Verwahrung. Allerdings dürfe eine Psychiatrische Klinik nicht Gefahrenquellen für die Patienten schaffen oder verstärken, ohne die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Patienten zu treffen, soweit diese therapeutisch vertretbar seien. Eine Sicherung des Balkons zur Nachtzeit könne nicht schon deshalb verlangt werden, weil der Zutritt aus einem therapeutischen Konzept nicht abzuleiten sei. Es komme daher auf die von der Klägerin unter Beweis gestellte Behauptung an, die Gefahren für die Patienten seien nachts wesentlich erhöht. Zu prüfen sei weiter, ob im Hinblick auf das in der Person der Klägerin bestehende Gefährdungspotential besondere Maßnahmen zu treffen gewesen seien.

Der Senat hat nach Zurückverweisung der Sache ein schriftliches psychiatrisches Gutachten sowie ein schriftliches Ergänzungsgutachten des Universitätsprofessors Dr. med. K. W... eingeholt und diese auf Antrag der Klägerin mündlich erläutern lassen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Sachverständigengutachten 2. März und 10. Juni 2001 (Bl. 247 ff, 316 ff d.A.) sowie das Terminsprotokoll des Senats vom 26. Februar 2002 (Bl. 354 ff d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz, die von den Parteien gewechselten Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Dem Rechtsmittel der Klägerin bleibt ein Erfolg versagt. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

Die Beklagte haftet nicht wegen Organisationsmängel für die Folgen des Suizidversuchs der Klägerin auf ein Schmerzensgeld nach den §§ 823, 847 BGB. Die Verkehrssicherungspflichten zum Schutz der Patienten vor (Selbst-)Schädigung in einer offenen Station eines Psychiatrischen Krankenhauses wurden weder nach allgemeinem Maßstab noch im Hinblick auf ein erkennbares besonderes Gefährdungspotential bei der Klägerin verletzt.

Die Zugangstür zu einem Balkon auf einer offenen psychiatrischen Station im dritten Stockwerk ist zum Schutz der Patienten nicht grundsätzlich verschlossen zu halten. Dies gilt auch für die Nachtzeit. Eine Sicherung ist nur erforderlich, wenn sich besonders schutzbedürftige Patienten auf der Station aufhalten.

Nach der Revisionsentscheidung des 6. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes im vorliegenden Verfahren darf der Träger einer Psychiatrischen Klinik für die Patienten keine Gefahrenquellen schaffen oder verstärken, ohne die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Patienten zu treffen. Die Schutzmaßnahmen müssen aber therapeutisch vertretbar sein und dürfen die Therapie des Patienten nur dann beeinträchtigen, wenn dies zum Wohl des Patienten erforderlich ist.

Nach dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten des Universitätsprofessors Dr. med. K. W... vom 2. März 2001 lassen sich der wissenschaftlichen Literatur keine Standards für die baulichen Gegebenheiten Psychiatrischer Krankenhäuser - insbesondere mit Blick auf Suizidprävention - entnehmen. Dem Konzept der stationären psychiatrischen Therapie mit "offenen Türen" entspreche eine Sicherung von Patienten in erster Linie durch therapeutisch-pflegerisches Personal, nicht durch geschlossene Türen. Die Frage, ob eine Zugangstür zu einem Balkon einer offenen psychiatrischen Station unverschlossen gehalten werden könne, sei daher davon abhängig zu machen, ob besonders gefährdete Patienten auf der Station behandelt würden. Eine solche Balkontür sollte daher verschlossen sein, wenn sich auf der Station Patienten befinden, die stark erregt sind und bei denen jeden Moment mit Impulsdurchbrüchen zu rechnen sei, bei Verwirrten und desorientierten Patienten, solchen mit starker Sehbehinderung bzw. Erblindung und Patienten mit Wahrnehmungsstörungen wie z.B. optischen Halluzinationen im Rahmen eines Delirs.

Liege hingegen bei einem Patienten eine akute suizidale Gefährdung vor, sei das Verschließen der Balkontür nicht die ausreichende Maßnahme. Es sei dann eine besondere Überwachung des Patienten, etwa in einem besonders geschützten Bereich, erforderlich.

Auch für die Nachtzeit sind nach dem Ergebnis der sachverständigen Beratung des Senats keine grundsätzlich anderen Sicherungsanforderungen zu stellen.

Der Sachverständige Prof. W... hat dazu ausgeführt, die nächtliche Dunkelheit könne zwar eine bestehende Desorientiertheit verstärken oder zum Auftreten von Halluzinationen führen. Auch seien Impulse zu selbstverletzenden Handlungen womöglich weniger gehemmt als tagsüber durch die Anwesenheit anderer Personen.

Andererseits seien Patienten zur Nachtzeit in der Regel stärker sediert, um Schlafstörungen entgegenzuwirken. Dies sei dann auch als Schutzfaktor bezüglich selbst- und fremdaggresivem Verhalten zu werten. Des Weiteren könne eine Anwesenheits- und Zustandskontrolle zeitlich engmaschiger erfolgen. Mangels Publikumsverkehr falle - wie auch im vorliegenden Fall - eine Patientin oder ein Patient, der nachts den Flur betrete, unmittelbar auf und könne angesprochen werden.

Diese Ausführungen des Sachverständigen sind für den Senat nachvollziehbar und insgesamt überzeugend. Demnach kann insbesondere von einer generell höheren Gefährdung der Patienten zur Nachtzeit nicht ausgegangen werden.

Dies gilt entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung, die Ausführungen des Sachverständigen seien widersprüchlich, weil eine generelle Verpflichtung zur Sicherung der Balkontür verneint werde, obgleich die Zimmerfenster der offenen Station nicht zu öffnen waren und auch in der Universitätsklinik, der der Sachverständige angehört, gesichert sind. Es liegt jedoch auf der Hand, dass für Verkehrssicherungspflichten betreffend einen Zugang zu einem Balkon von einem Aufenthaltsraum aus ohne weiteres andere Maßstäbe gelten können als für die Fenster von Patientenzimmern. Sowohl die Auswirkungen auf die Bewegungsfreiheit der Patienten als auch die Möglichkeiten zur Überwachung und Kontrolle sind hierbei jeweils deutlich verschieden.

Der Sachverständige hat bei seinen Ausführungen auch berücksichtigt, dass akute Suizidalität oft schwer oder gar nicht zu erkennen ist (nach einer vom Sachverständigen zitierten klinischen Studie von M. W waren ca. 40 % der Patienten vor einem Suizid unauffällig). Ohne erkennbaren Anlass für eine bestehende akute Suizidalität eines Patienten sind gleichwohl besondere Schutzmaßnahmen, hier insbesondere ein Verschließen der Balkontür, nicht zu verlangen, wobei diese Maßnahme allein ohnehin nicht ausreichen würde, (einer anderen Untersuchung von W zufolge geschah der Suizid in der überwiegenden Zahl der Fälle außerhalb der Behandlungsstation, vgl. B. G in MedR 1994, 127, 128, Fn. 11). Auf der Grundlage der Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer Begutachtung durch den in erster Instanz beauftragten Sachverständigen Medizinaldirektor i. K. Dr. F... ist Prof. Dr. W... vorliegend nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die Balkontür nicht zufällig unverschlossen war. Sie wurde der Klägerin nach Aufnahme auf der Station mit dem Hinweis gezeigt, man könne auf dem Balkon rauchen.

Im Hinblick auf ein erkennbares besonderes Gefährdungspotential bei der Klägerin war auch nach ihrer Aufnahme auf der offenen Station weder das Verschließen der Balkontür noch eine weitergehende Sicherungsmaßnahme geboten.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 2. November 1999 - ebenso wie das Landgericht - auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens des Ltd. Med.Dir. i. K. Dr. med. F... vom 29. Oktober 1998 einen Behandlungsfehler bei Aufnahme der Klägerin auf die offene Station verneint. Danach hat die aufnehmende Ärztin nach sorgfältiger Untersuchung ein akutes Suizidrisiko nachvollziehbar ausgeschlossen. Der Sachverständige Univ.Prof. Dr. W... ist dieser Beurteilung beigetreten. Danach handelte es sich bei dem Suizidversuch der Klägerin, die an einer paranoiden Schizophrenie litt, um einen Raptus, das heißt eine plötzliche, aus einem Zustand der Ruhe heraus auftretende gewaltsame Handlung bei psychischen Störungen. Den Angaben der Klägerin gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. F... zufolge bestand bis unmittelbar vor dem Sprung vom Balkon keine Suizidabsicht. Auch für eine psychiatrisch erfahrene Krankenschwester waren bis unmittelbar vor dem Sprung der Klägerin keine Anhaltspunkte, für ein deutlich erhöhtes suizidales Risiko gegeben.

Der Umstand, dass die Verwandten der Klägerin bei dem Aufnahmegespräch mit der Krankenschwester eine Selbstmordgefahr nicht ausschließen konnten, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Dafür kann dahingestellt bleiben, ob - wie von Beklagtenseite geltend gemacht - diese Mitteilung der aufnehmenden Ärztin weitergeleitet worden war. Denn auch nach Darstellung der Klägerin konnten die Angehörigen einer Selbstmordgefährdung der Klägerin lediglich ganz allgemein - im Sinne von "man kann ja nie wissen" - nicht ausschließen. Konkrete Beobachtungen, die für eine Beurteilung der Suizidalität von Bedeutung hätten sein können, wurden von den Angehörigen auch nach Darstellung der Klägerin der Krankenschwester nicht mitgeteilt.

Demnach waren zu keinem Zeitpunkt besondere Sicherungsmaßnahmen für die Klägerin geboten, deren Nichteinhaltung eine Haftung der Beklagten begründen könnte.

Für den Senat besteht keine Veranlassung, gemäß dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin ein weiteres Gutachten eines anderen Sachverständigen zu den Beweisfragen gemäß Beweisbeschluss vom 4. Oktober 2000 einzuholen. Vorliegend ist weder die Sachkunde des Univ.Prof. Dr. W... zweifelhaft noch ist ersichtlich, dass ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel verfügen würde (vgl. insoweit BGH NJW 1959, 1778, 1779 m. w. N.). Im Vorstehenden ist auch bereits ausgeführt, dass der Senat eine Widersprüchlichkeit in den Ausführungen des Sachverständigen, wie sie die Klägerin rügt, nicht zu erkennen vermag. Der Senat sieht die Beweisfragen durch den Sachverständigen als eindeutig geklärt an, so dass auch insoweit kein Grund für die Einholung eines weiteren Gutachtens gegeben ist.

Der Sachverständige hat zwar im Rahmen der mündlichen Erläuterung der schriftlichen Gutachten im Termin vom 26. Februar 2002 eingeräumt, er könne sich durchaus vorstellen, dass ein anderer Klinikchef oder Träger der Klinik darauf besteht, dass nachts auf einer solchen Station eine Balkontür abzuschließen sei. Hieraus folgt aber keineswegs, wie die Klägerin meint, das Ergebnis des Rechtsstreits hänge davon ab, welche Auffassung zu dieser Frage zufälligerweise vom beauftragten gerichtlichen Gutachter vertreten werde. Der gerichtliche Sachverständige hat damit allerdings eingeräumt, dass er im Zielkonflikt zwischen einer möglichst ungezwungenen, therapiefreundlichen Atmosphäre und dem notwendigen Sicherungsbedürfnis auch einer offenen Station einen Entscheidungsspielraum von Klinikchef oder Krankenhausträger sieht. Hieraus folgt lediglich, dass es auch nach Auffassung des Sachverständigen denkbar ist, in Einklang mit einem bestimmten Therapiekonzept anzuordnen, eine solche Balkontür - etwa des Nachts - verschlossen zu halten. Der Senat sieht hierin keinen Widerspruch zur Auffassung des Sachverständigen, ohne konkreten Anlass für ein Sicherungsbedürfnis bestimmter Patienten sei eine entsprechende Vorkehrung jedoch nicht generell geboten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO (Kostenentscheidung) und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).

Für eine erneute Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n. F. bestand keine Veranlassung. Der Bundesgerichtshof hat die Grundsatzfragen in seinem Urteil vom 20. Juni 2000 bereits geklärt. Der vorliegenden Entscheidung kommt somit Bedeutung in erster Linie nur für den Einzelfall zu. Auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40 000,00 DM (= 20 451,68 EUR) festgesetzt, §§ 12 Abs. 1, 15, 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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