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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 18.11.2003
Aktenzeichen: 5 UF 196/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361 Abs. 1
Ein inhaftierter Ehegatte hat während der Strafverbüßung keine bedarfsprägende Teilhabe an den Einkommensverhältnissen der Eheleute.

Während der Strafvollstreckung ist der Unterhaltsbedarf des inhaftierten Ehegatten zumindest weitgehend (mit Ausnahme z.B. von Taschengeld, welches in der JVA ausgegeben werden kann, weiterlaufenden Konten, Ausgaben beim Ausgang etc.) gedeckt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 5 UF 196/02

Verkündet am: 18. November 2003

In der Familiensache

wegen Trennungsunterhalts,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Hoffmann und die Richter am Oberlandesgericht Geisert und Kratz

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Speyer vom 24. Oktober 2002 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 3557,40.- € zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen,

II. Die weitergehende Berufung sowie die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 80 % und der Beklagte 20 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 63 % und der Beklagte 37 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn und soweit nicht zuvor die andere Partei Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil wird zugelassen, soweit Gegenstand der Klage Unterhaltsansprüche für die Zeit ihrer Inhaftierung (Februar 2001 bis August 2002) sind.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zählung von Trennungsunterhalt in Form von Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit vom 1. April 2000 bis zum 6. Dezember 2002. Dem liegt - zusammengefasst - folgendes zugrunde:

Die Parteien haben am 23. Dezember 1996 geheiratet und leben seit einem nicht genau bekannten Zeitpunkt zwischen Mitte und Ende 1999 getrennt. Seit dem 7. Dezember 2002 sind sie durch Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 24.10.2002 rechtskräftig geschieden.

Die Klägerin ist gelernte Verkäuferin. Sie hat diesen Beruf allerdings seit über 20 Jahren nicht mehr ausgeübt. Von Februar 2001 an bis einschließlich August 2002 verbüßte sie eine Freiheitsstrafe wegen Vollrauschs. Sie hat behauptet, infolge diverser Krankheiten (Alkoholabhängigkeiten, Leberschaden, Bandscheibenprobleme, Depressionen) nicht arbeitsfähig zu sein, weshalb sie weder in der JVA noch in der Zeit danach einer Arbeit habe nachgehen können.

Der Antragsgegner war zunächst im IT-Bereich tätig. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sein monatliches Nettoeinkommen im Jahr 2000 rund 3.000.- DM betrug. Von Januar bis einschließlich März 2001 war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von 465,57.- DM wöchentlich = 2017,47.- DM monatlich. Von April 2001 bis Januar 2002 verdiente er auf einer neuen Arbeitsstelle netto rund 3089.-DM monatlich. Danach bezog er Krankengeld und schließlich bis einschließlich Dezember 2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 1029,81 € monatlich. Im Jahr 2000 zahlte er an die Klägerin Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 2068.- DM.

Die Parteien bewohnten vor der Trennung ein der Klägerin gehörendes Hausanwesen in ... mit einer Wohnfläche von ca. 150 qm, in dem die Klägerin bis heute wohnt. Außerdem lebt in dem Haus die Mutter der Klägerin, der auf einer Fläche von ca. 50 qm ein dingliches Wohnrecht zusteht. Die Mutter der Klägerin ist pflegebedürftig und wird von dieser versorgt. Von dem von ihrer Mutter bezogenen Pflegegeld erhält die Klägerin monatlich 133.- DM. Im Jahr 1995 hat sie zusammen mit ihrer Mutter ein Darlehen aufgenommen, auf welches sie seither monatlich 178.- DM zurückzahlt.

Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat in erster Instanz Trennungsunterhalt in Höhe von 982,86.- DM monatlich ab April 2000, mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2000 weitergehend ab Rechtshängigkeit der Scheidung Elementarunterhalt in Höhe von 828.- DM monatlich und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 203.- DM monatlich und schließlich ab Februar 2001 Elementarunterhalt in Höhe von 466,10.- DM monatlich und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 157,40.- DM monatlich geltend gemacht.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von April 2000 bis Dezember 2000 monatlich 722.- DM Unterhalt abzüglich der Zahlung von 2068.- DM, für Januar 2001 658.- DM und von Februar 2001 bis Oktober 2001 monatlich 466,10.- DM Elementarunterhalt und 157,40.- DM Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Unterhaltsansprüche ab November 2001 hat es mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt für ihren Unterhalt selbst aufkommen könne und müsse.

Hiergegen richten sich die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin.

Der Beklagte begehrt weiterhin vollständige Klageabweisung. Zur Begründung trägt er vor, das Amtsgericht habe zu Unrecht die Kosten eines von ihm besuchten Programmierkurses nicht auf seiner Seite einkommensmindernd und das Pflegegeld sowie - vermutliche - Zinseinkünfte auf Seiten der Klägerin nicht bedarfsdeckend berücksichtigt. Falsch sei auch die Rechtsansicht des Amtsgerichts, der Bedarf der Klägerin sei während der Strafhaft nicht gedeckt. In erster Linie sei aber jeder Unterhaltsanspruch verwirkt, und zwar - neben den in erster Instanz aufgeführten Gründen - auch deshalb, weil die Ehezeit bis zur Trennung nur sehr kurz gewesen sei. Schließlich habe das Amtsgericht einen unzutreffenden Trennungszeitpunkt festgestellt.

Mit ihrer Anschlussberufung wendet sich die Klägerin nur insoweit gegen das Urteil, als ihr ab November 2001 keine Unterhaltsansprüche zugesprochen wurden. Sie begehrt ab diesem Zeitpunkt nunmehr die Zahlung von monatlichem Elementarunterhalt in Höhe von 238,31 € und von Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 80,48 €. Zur Begründung trägt sie vor, sie treffe keine Erwerbsobliegenheit, weil sie zu keinem Zeitpunkt während der Ehe und zudem insgesamt 20 Jahre lang nicht erwerbstätig gewesen sei, weil sie im November 2001 noch inhaftiert gewesen sei und schließlich weil sie krankheitsbedingt erwerbsunfähig sei. Im Übrigen könne sie, das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit einmal unterstellt, auch keine Einkünfte erzielen, die in vollem Umfang bedarfsdeckend seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die beiden zulässigen Rechtsmittel führen beide hinsichtlich unterschiedlicher Zeiträume jeweils zu Teilerfolgen. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt aus § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Die Parteien leben seit Juni 1999 getrennt. Diesen Trennungszeitpunkt hat der Beklagte - erstmals - im Berufungsverfahren vorgetragen. Die Klägerin, die in erster Instanz in ihrer Klageschrift selbst den Oktober 1999 als Trennungszeitpunkt angegeben hat, hat den neuen Vortrag des Klägers in der Berufungserwiderung nicht bestritten. Der Vortrag des Beklagten entspricht im Übrigen den eigenen Angaben der Klägerin im Scheidungstermin am 30.1.2001 vor dem Amtsgericht Speyer (Bl. 41 der Scheidungsakte 42 F 118/00 AG Speyer = 5 UF 198/02).

b) Die Klägerin hat Anspruch auf einen nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessenen Unterhalt. Soweit deshalb für die Bemessung des Unterhalts die prägenden, ehelichen Lebensverhältnisse zu berücksichtigen sind, gilt - hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Punkte -folgendes:

aa) Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit sie die Nichtberücksichtigung der Kosten des Programmierkurses beim Einkommen des Beklagten rügt. Das Amtsgericht hat diese Kosten zu Recht nicht bedarfsmindernd berücksichtigt, weil nicht feststeht, dass es sich hierbei um eine berufsfördernde Maßnahme handelt. Der Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Umstand, mit dem er die unterhaltsrechtliche Erheblichkeit einer von ihm eingegangenen Verbindlichkeit begründen will (Klinkhammer in Eschenbach, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rnr. 5101). Das einzige Beweisangebot des Beklagten insoweit besteht in der "Einholung einer Auskunft seines Arbeitgebers, Fa. K in Frankenthal, gerichtlicherseits einzuholen". Das ist indes kein nach den Vorschriften der ZPO zulässiges Beweismittel.

bb) Die Berufung des Beklagten hat weiter keinen Erfolg, soweit sie den Erhalt (eines Teiles) des für die Mutter der Klägerin ausgezahlten Pflegegeldes auf Seiten der Klägerin bedarfsdeckend angerechnet sehen will. Nach § 13 Abs. 6 S. 1 SGB XI (vgl. SüdL Nr. 2 g) ist Pflegegeld, das an die Pflegeperson weitergeleitet wird, grundsätzlich bei der Ermittlung von deren Unterhaltsansprüchen nicht zu berücksichtigen. Für eine Abweichung von diesem Grundsatz besteht vorliegend keine Veranlassung.

cc) Die Berufung rügt schließlich zu Unrecht, dass das Amtsgericht keine Zinseinkünfte der Klägerin bedarfsdeckend berücksichtigt hat. Die Klägerin hat hierzu in erster Instanz vorgetragen, dass von dem Erlös aus dem Verkauf eines Grundstücks Schulden der Eheleute getilgt und der bei einem von ihr verursachten Verkehrsunfall zerstörte PKW gekauft wurde. Jedenfalls diese Verwendungen hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt bestritten, so dass feststeht, dass die Klägerin tatsächlich keine Zinseinkünfte hat.

dd) Erfolg hat die Berufung hingegen, soweit das Amtsgericht der Klägerin Unterhaltsansprüche auch für die Zeit ihrer Inhaftierung ab Februar 2001 bis August 2002 zugesprochen hat.

Die Frage, welche Auswirkungen die Inhaftierung des Unterhaltsgläubigers auf seinen Unterhaltsanspruch hat, ist umstritten.

S (in Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 8, Aufl., Rnr. 487) meint ohne weitere Begründung, in einem solchen Fall könne "der Bedarf häufig als deckt angesehen werden". In einem DIV-Gutachten (DAVorm 1988, 389) wird - im Hinblick auf Kindesunterhalt - die Auffassung vertreten, die Inhaftierung ändere nichts am Unterhaltsanspruch, weil der Zweck der Inhaftierung alleine darin bestehe, dem staatlichen Richterspruch Geltung zu verschaffen. Soweit damit bedarfsdeckende Leistungen notwendigerweise einhergingen, sei dies - ausgehend vom Zweck der Haft - unterhaltsfremd und deshalb unbeachtlich.

Der Senat hält die Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs, während der Inhaftierung vorliegend für nicht gegeben:

Nach § 1361 BGB bestimmt sich der Unterhaltsbedarf eines Ehegatten grundsätzlich nach den ehelichen Lebens-, Erwerbs und Vermögensverhältnissen, wobei letztere während der Zeit der Inhaftierung der Klägerin keine Rolle spielen. In einem solchen Fall kommt es nach Auffassung des Senats für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des inhaftierten Ehegatten im Weiteren nur auf die eben durch die Inhaftierung geprägten Lebensverhältnisse und nicht auf die Erwerbsverhältnisse an. Dies ergibt sich aus folgendem:

Der inhaftierte Ehegatte kann während der Strafverbüßung nicht oder nur in geringem Rahmen, etwa bei der Verwendung eines Taschengeldes, an den Einkommensverhältnissen der Eheleute teilhaben. Es ist ihm unmöglich, sich einen an den tatsächlich vorhandenen, wirtschaftlichen Verhältnissen ausgerichteten Lebensstandard einzurichten; diese prägen mithin auch nicht die ehelichen Lebensverhältnisse während der Inhaftierung. Zwar erfolgt die Bedarfsbestimmung unabhängig davon, wie die Ehegatten die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel tatsächlich verbrauchen. Der Halbteilungsgrundsatz gilt insbesondere auch da, wo die ehelichen Lebensverhältnisse dadurch geprägt waren, dass das Einkommen der Ehegatten weit überwiegend für einen und von einem von ihnen ausgegeben wurde. Das mag der (stillschweigenden) Übereinkunft der Ehegatten, vielleicht auch nur der mehr oder weniger freiwilligen Duldung des dabei schlechter wegkommenden Ehegatten entsprochen haben. Jeder Ehegatte kann aber zu jeden Zeitpunkt eine gerechte Verteilung der vorhandenen Mittel verlangen und er wird es spätestens nach der Trennung der Eheleute auch regelmäßig tun. Davon unterscheidet sich der Fall der Inhaftierung eines Ehegatten aber dadurch, dass eine Verwendung der Einkünfte für ihn zur Bestreitung seines Unterhalts objektiv unmöglich ist. Das Verlangen des Inhaftierten, die vorhandenen Mittel im Sinne der Halbteilung für beide Ehegatten gleichmäßig zu verwenden, lässt sich während der Inhaftierung nicht verwirklichen. Solche Unterhaltsbeträge könnten alleine zur Vermögensbildung eingesetzt werden, die aber nicht Zweck eines Unterhaltsanspruchs ist.

Im Weiteren ist der Senat auch der Auffassung, dass ein Unterhaltsbedarf des inhaftierten Unterhaltsgläubigers - jedenfalls weitgehend (mit Ausnahme z.B. von Taschengeld, welches in der JVA ausgegeben werden kann, weiterlaufenden Kosten, Ausgaben beim Ausgang etc., wozu indes nichts vorgetragen ist) - gedeckt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, mit welcher "Willensrichtung" (vgl. DIV-Gutachten a.a.O.) der Staat die Strafvollstreckung betreibt, wobei außer Frage steht, dass er dies nicht zur Entlastung des Unterhaltsschuldners tut. Die vorliegende Fallkonstellation ist nicht mit der unterhaltsrechtlich im Regelfall nicht bedarfsdeckend zu berücksichtigenden "freiwilligen Leistung eines Dritten" vergleichbar. Entscheidend ist deshalb nicht die "Zweckrichtung" der Strafvollstreckung, sondern alleine, dass der Bedarf des Häftlings während seiner Inhaftierung tatsächlich gedeckt ist.

ee) Trennungsunterhaltsansprüche der Klägerin bestehen somit erst wieder ab September 2002 bis zur Rechtskraft der Scheidung im Dezember 2002. Diesen steht nicht das - ggf. auch schon frühere - Einsetzen einer Erwerbsobliegenheit der Klägerin (§ 1361 Abs. 2 BGB) entgegen. Der Senat ist aufgrund der von der Klägerin nunmehr vorgelegten ärztlichen Atteste, Bescheinigungen und Befundberichte (vgl. Bl. 315, 316, 321, 322, 325, 327, 328 d.A.) davon überzeugt, dass sie krankheitsbedingt erwerbsunfähig, jedenfalls aber auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar war.

ff) Unterhaltsansprüche der Klägerin sind schließlich auch nicht verwirkt. Da § 1361 Abs. 3 BGB nicht auf § 1579 Nr. 1 BGB verweist, kann die kurze Dauer der Ehezeit keine Verwirkung der Ansprüche auf Trennungsunterhalt begründen. Seinen Vortrag, die Klägerin habe ihn mit einem Brotmesser angegriffen, um ihn zu verletzen oder gar zu töten, hat der Beklagte nicht zu beweisen vermocht. Die Klägerin hat einen solchen Vorfall bei ihrer Parteivernehmung in Abrede gestellt. Auch der Anfang eines Beweises mit der hieraus folgenden Möglichkeit einer Vernehmung des Beklagten als Partei (§ 448 ZPO) lag damit nicht vor. Das gilt auch, soweit die Klägerin auf weitere Nachfrage erklärt hat, sich an ein wie vom Beklagten behauptetes Geschehen "nicht erinnern zu können". Kann sich die Klägerin an ein solches Geschehen nicht erinnern, so erbringt auch dieser Umstand nicht den Anfang eines Beweises dafür, dass sich der behauptete Vorfall tatsächlich ereignet hat. Im Übrigen läge für den Fall, dass sich die Klägerin an einen solchen, wie vom Beklagten vorgetragenen, tatsächlich stattgefundenen Vorfall infolge ihrer Alkoholisierung sowie eines Tablettenmissbrauchs herbeigeführten Zustandes nicht mehr erinnern kann, die Annahme ihrer Schuldunfähigkeit nahe. Auch dies stünde einer Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche entgegen.

Ebenfalls nicht bewiesen ist der Vortrag des Beklagten, die Klägerin habe noch während intakter Ehe eine ehewidrige Beziehung zu einem "H..." aufgenommen oder ernst gemeinte Kontaktanzeigen aufgegeben. Für seinen dahingehenden, von der Klägerin bestrittenen Sachvortrag, ist der Beklagte beweisfällig geblieben.

2. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen und der nicht angegriffenen Feststellungen des Familiengerichts errechnen sich folgende Unterhaltsansprüche der Klägerin:

a) Zeitraum April bis Dezember 2000

Einkommen Beklagter: 3000,00,- DM - 5% 150,00,- DM 2.850,00,- DM 6/7 hiervon: 2.442,00,- DM Einkommen Klägerin: Wohnvorteil (geschätzt) 500,00,- DM - Darlehensrate der Kl. 178.00,- DM 322,00,- DM Differenz: 2.120,00,- DM ./. 2 = 1.060,00,- DM

Da das Amtsgericht der Klägerin lediglich 722.- DM (Elementar-)Unterhalt zugesprochen und sie das Urteil insoweit nicht angefochten hat, verbleibt es bei dem in erster Instanz ausgeurteilten Betrag. Insgesamt besteht für das Jahr 2000 damit ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 9 * 722.- DM = 6.498.- DM abzüglich der geleisteten Zahlung des Beklagten in Höhe von 2.068.- DM = 4.430.- DM = 2265,02 €.

b) Januar 2001

Einkommen Beklagter: 2.017,47,- DM Arbeitslosengeld Einkommen Klägerin 322,00,- DM Differenz: 1.695,47,- DM ./. 2 = 847,73,- DM

Da das Amtsgericht der Klägerin lediglich 658.- DM (Elementar-)Unterhalt (= 336,43 €) zugesprochen hat und sie das Urteil auch insoweit nicht angefochten hat, verbleibt es bei dem in erster Instanz ausgeurteilten Betrag 336,43 €.

c) Zeitraum September bis 7. Dezember 2002

Einkommen Beklagter: 1029,81 € Arbeitslosengeld Einkommen Klägerin 164,64 € (322,00.- DM) Differenz: 865,17,- € ./. 2 = 432,59,- €

Der Beklagte ist im Hinblick auf den notwendigen Selbstbehalt (730 €) indes lediglich in Höhe eines Betrages von 299,81 € monatlich und damit in geringerem Umfang leistungsfähig, als die Klägerin bereits Elementarunterhalt begehrt (432,59 €). Der rückständige Unterhaltsanspruch beträgt daher 3 * 299,81 € + 6/31 * 299,81 € = 955,95.- €

Insgesamt beträgt der Unterhaltsrückstand somit 3557,40.- €.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil - soweit ersichtlich - eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage, wie sich die Inhaftierung des Unterhaltsgläubigers auf seinen Unterhaltsanspruch auswirkt, noch nicht ergangen ist, diese Rechtsfrage aber für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sein kann.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9296,05 € (= 18181,50.- DM; Berufung: 10.699,50.- DM; Anschlussberufung: 12 * 623,50.- DM = 7482.- DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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