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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 26.02.2001
Aktenzeichen: 5 WF 15/01
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 624 Abs. 2
BRAGO § 122 Abs. 1
BRAGO § 122 Abs. 3
BRAGO § 128 Abs. 4
Leitsatz:

In einem Ehescheidungsverbundverfahren muss für sonstige Folgesachen (außer Versorgungsausgleich) - wie elterliche Sorge - Prozesskostenhilfe grundsätzlich gesondert beantragt und bewilligt werden. Die uneingeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe erstreckt sich nicht ohne weiteres auf alle zu diesem Zeitpunkt anhängigen sonstigen Folgesachen.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 5 WF 15/01 2 F 77/99 Amtsgericht Zweibrücken

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen,

hier: Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann und die Richter am Oberlandesgericht Goldstein und Geisert auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Zweibrücken vom 26. Januar 2001

ohne mündliche Verhandlung am 26. Februar 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Zwischen den Parteien war ein Scheidungsverfahren anhängig. Der Antragsgegnerin wurde hierfür auf ihren Antrag vom 18. Juni 1999 durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Zweibrücken vom 2. November 1999 Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung der Beschwerdeführerin bewilligt.

Der Antragsteller hat am 30. August 1999 einen Antrag zur Regelung der elterlichen Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder gestellt.

Die Erinnerung der beigeordneten Rechtsanwältin gegen die Nichtberücksichtigung der Folgesache "elterliche Sorge" im Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. Oktober 2000 betreffend die aus der Landeskasse zu gewährende Anwaltsvergütung blieb erfolglos.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde nach § 128 Abs. 4 BRAGO ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von mehr als 100,-- DM erreicht.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Vergütung aus der Staatskasse bestimmt sich grundsätzlich gemäß § 122 Abs. 1 BRAGO nach dem Beschluss, durch welchen Prozesskostenhilfe bewilligt und sie als Rechtsanwältin beigeordnet worden ist. Aus dem dahingehenden Beschluss des Familiengerichts ergibt sich vorliegend indes keine Prozesskostenhilfebewilligung für die Folgesache "elterliche Sorge".

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache erstreckt sich zwar gemäß § 122 Abs. 3 BRAGO auf einen Vergleichsabschluss für bestimmte Folgesachen; die Bewilligung der Prozesskostenhilfe in einer Scheidungssache gilt auch gemäß § 624 Abs. 2 ZPO für den von Amts wegen zu regelnden Versorgungsausgleich, soweit er nicht ausdrücklich ausgenommen wird. Beide Vorschriften sind für die vorliegend zu entscheidende Streitfrage aber nicht einschlägig.

Für die sonstigen Folgesachen - wie vorliegend "elterliche Sorge" - muss Prozesskostenhilfe jeweils gesondert beantragt und bewilligt werden (vgl. etwa Musielak/Borth, ZPO, 2. Aufl., § 624 Rdnr. 4; Zöller/Philippi, ZPO 22. Aufl., § 624 Rdnr. 7; FamRefK, § 624 ZPO, Rdnr. 2; Gerold/Schmidt/ von Eicken, BRAGO 14. Aufl., § 122 Rdnr. 13).

Eine Ausdehnung der Bewilligung kann auch nicht durch Auslegung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses angenommen werden.

Das Oberlandesgericht München (FamRZ 1995, 822) hat zwar entschieden, dass es der Vertrauensschutz einer bedürftigen Partei erfordere, eine uneingeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf alle zu diesem Zeitpunkt anhängigen Folgesachen zu erstrecken (ebenso Bezirksgericht Neubrandenburg, JurBüro 1992, 754; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rdnr. 484; Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl., Rdnr. 383; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Kap. 1, Rdnr. 163).

Dem kann allerdings in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

Eine solche Auslegung widerspräche der Regelung des § 624 Abs. 2 ZPO, dessen gesetzgeberischer Zweck gerade darin liegt, eine automatische Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf andere als die von Amts wegen einzuleitenden Folgesachen zu verhindern (vgl. Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht 3. Aufl., ZPO, § 119 Rdnr. 2; Mümmler in JurBüro 1992, 756). Es dient deshalb der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, wenn in Scheidungsverfahren nicht undifferenziert Prozesskostenhilfe bewilligt wird, sondern jeweils ausdrücklich (insbesondere auch bei der Gestaltung von Formblättern) hinsichtlich der Ehesache und der jeweiligen Folgesachen unterschieden wird. Wenn dies - wie im vorliegenden Fall - nicht geschehen ist, hängt eine Ausdehnung der Prozesskostenhilfe auf Folgesachen aus Gründen des Vertrauensschutzes von den Umständen des Einzelfalles ab. Allein die Anhängigkeit der Folgesache kann hierfür nicht als ausreichen angesehen werden.

Im Gegensatz zu dem von dem Oberlandesgericht München entschiedenen Fall hat die Antragsgegnerin vorliegend für die betreffende Folgesache einen Prozesskostenhilfeantrag nicht gestellt. Sie hat sich zu dem Antrag des Antragstellers zur Regelung der elterlichen Sorge bis zum ProzesskostenhilfeBewilligungsbeschluss auch nicht geäußert. Unter diesen Umständen ist eine ausdehnende Auslegung der Prozesskostenhilfeentscheidung aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht angezeigt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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