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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: 5 WF 23/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 8 Abs. 1
RVG § 23 Abs. 1 Satz 1
RVG § 33 Abs. 3
GKG § 44
GKG § 63 Abs. 1 Satz 2
1. Gegen die nur vorläufige Festsetzung des Streitwertes ist die Beschwerde des Rechtsanwalts aus eigenem Recht jedenfalls dann zulässig, wenn sein Gebührenanspruch - z.B. wegen Kündigung des Mandats - fällig ist und er die Festsetzung eines höheren Wertes begehrt.

2. Bei einer Stufenklage ist nach § 44 GKG für die gerichtliche Verfahrensgebühr und die (frühere) anwaltliche Prozessgebühr der höhere Wert des Zahlungsanspruchs maßgebend. Der Streitwert der (früheren) Verhandlungs- und der Beweisgebühr richtet sich dagegen nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen. Wird nur in einer Vorstufe verhandelt oder Beweis erhoben, dann sind die diesbezüglichen Gebühren nur nach dem Streitwert des vorbereitenden Auskunftsanspruchs zu bemessen. Deshalb darf bei der Stufenklage der Streitwert grundsätzlich nicht einheitlich festgesetzt werden, sondern ist entsprechend den einzelnen Stufen zu staffeln.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 5 WF 23/07

In der Familiensache

wegen Zugewinnausgleichs (Stufenklage), hier: vorläufige Streitwertfestsetzung,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Kratz als Einzelrichter auf die Beschwerde der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22. Dezember 2006, eingegangen am 23. Dezember 2006, gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz, Zweigstelle Bad Bergzabern, vom 20. Dezember 2006 ohne mündliche Verhandlung am 12. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz, Zweigstelle Bad Bergzabern, vom 20. Dezember 2006 abgeändert und der Streitwert für die Stufenklage vorläufig auf 300.000 € festgesetzt. Der Streitwert der Auskunftsstufe wird vorläufig auf 60.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, bis einschließlich der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 22. Juni 2005 vertreten durch ihre früheren Prozessbevollmächtigten, die Beschwerdeführer, macht mit der vorliegenden, isolierten Stufenklage Zugewinnausgleichsansprüche geltend.

Das Amtsgericht hat den Streitwert hierfür auf Antrag der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorläufig auf 30.000 € festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die die Festsetzung eines höheren Streitwertes beantragen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht vorliegend nicht § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG entgegen (vgl. OLG Köln, AGS 2005, 80 zu der entsprechenden Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG). Nach dieser Bestimmung ist die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung nur zulässig, soweit hiervon die Höhe eines von der Partei zu zahlenden Gerichtskostenvorschusses abhängig ist. Diese Bestimmung gilt indes nur für das Verhältnis der Staatskasse zur Partei. Grund dieser Regelung ist, dass die Partei in jedem anderen Fall durch eine vorläufige (überhöhte) Streitwertfestsetzung nicht beschwert ist (Schneider, AGS 2005, 80). Für die Anwaltsvergütung gilt sie hingegen jedenfalls dann nicht, wenn der Anspruch des Rechtsanwalts - wie hier infolge der Mandatskündigung (§ 8 Abs. 1 RVG) - auf Zahlung seiner Gebühren fällig ist, weil der Rechtsanwalt in diesem Fall durch eine zu niedrige (vorläufige) Streitwertfestsetzung beschwert ist. Der Gegenstandswert, aus dem sich die Anwaltsgebühren errechnen, bestimmt sich nämlich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG in aller Regel - so auch vorliegend - nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Streitwert und damit nach der Streitwertfestsetzung durch das Gericht. Ob dasselbe auch im Hinblick auf einen Vorschussanspruch des Anwalts (§ 9 RVG) gilt oder ob der Anwalt hier überhaupt keine Wertfestsetzung (und deshalb möglicherweise mit der Beschwerde auch keine höhere als die erfolgte) verlangen kann (so LAG Schleswig-Holstein, NZA-RR 2006, 320 mit nach Auffassung des Senats zweifelhafter Begründung), kann vorliegend dahinstehen, weil der Vergütungsanspruch der Beschwerdeführer hier infolge der Kündigung des Mandats fällig ist.

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Das Amtsgericht hat bei seiner Streitwertfestsetzung ersichtlich nur die Auskunftsstufe bewertet. Dies ist nicht zutreffend.

Nach § 44 GKG ist bei einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche maßgebend, und zwar der werthöhere. Da der Anspruch auf Auskunftserteilung nur der Vorbereitung des Zahlungsanspruchs dient, ist sein Wert niedriger als der des Zahlungsanspruchs. Dessen höherer Wert ist immer maßgebend für die gerichtliche Verfahrens- und die anwaltliche Prozessgebühr, weil bereits mit der Erhebung der Stufenklage sämtliche Ansprüche rechtshängig werden und diese Gebühren deshalb sofort anfallen. Der Streitwert der Verhandlungs- und der Beweisgebühr richtet sich dagegen nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen. Wird nur in einer Vorstufe verhandelt oder Beweis erhoben, dann sind die diesbezüglichen Gebühren nur nach dem Streitwert des vorbereitenden Auskunftsanspruchs zu bemessen. Deshalb darf bei der Stufenklage der Streitwert grundsätzlich nicht einheitlich festgesetzt werden, sondern muss entsprechend den einzelnen Stufen gestaffelt werden.

Solange ein bezifferter Zahlungsanspruch noch nicht geltend gemacht worden ist, muss er nach § 3 ZPO geschätzt werden. Bei der Bewertung ist regelmäßig auf die Erwartungen des Klägers zu Beginn der Instanz abzustellen, begrenzt allerdings darauf, welche Leistungen er aufgrund der Sach- und Rechtslage, die er zur Klagebegründung vorgetragen hat, nach Auskunftserteilung objektiv zu erwarten hatte.

Der Streitwert der Auskunftsstufe ist ebenfalls nach § 3 ZPO zu beurteilen. In der Regel kann der Streitwert auf Auskunftserteilung mit 1/5 des Leistungsanspruches angesetzt werden (vgl. OLG Bamberg JurBüro 1989, 1307).

Demnach gilt hier folgendes: Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch bislang noch nicht beziffert. Sie hat inzwischen jedoch mitgeteilt, davon auszugehen, dass ihr Zugewinnausgleichanspruch bei wenigstens 500.000 € liege. Diese Annahme der Klägerin erscheint bei vorläufiger und isolierter Betrachtung des Inhalts der vom Beklagten erteilten Auskunft und bei einer Ehezeit von 1963 bis 2005 möglich. Allerdings hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren außer der nicht näher ausgeführten und bestrittenen Behauptung, dem Beklagten vorprozessual Auskunft über ihren Zugewinn erteilt zu haben, nichts zu ihrem eigenen Zugewinn vorgetragen (weshalb ihre Stufenklage von Anfang an unschlüssig war und immer noch ist, weil die Klägerin sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen hat, hinsichtlich derer sie nicht auf die Auskunft des Gegners angewiesen ist). Die daraus folgende Unsicherheit ist bei der nach § 3 ZPO vorzunehmenden Schätzung des Streitwertes zu berücksichtigen und führt zur Festlegung eines Streitwertes in Höhe von 300.000 €. Der Wert (nur der) der Auskunftsstufe beträgt somit 60.000 €.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 33 Abs. 9 RVG).

Ende der Entscheidung

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