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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: 5 WF 99/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 5 WF 99/06

In der Familiensache

wegen Scheidung und Folgesachen (Verbundverfahren),

hier: Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz,

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Kratz und die Richterinnen am Oberlandesgericht Geib-Doll und Schlachter auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 21. Februar 2006, eingegangen am 22. Februar 2006, gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kusel vom 8. Februar 2006

ohne mündliche Verhandlung am 10. August 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird die dem Antragsgegner für das Scheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 8. Februar 2006 abgeschlossenen Prozessvergleich insgesamt erstreckt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss des Familiengerichts vom 10. Oktober 2005 wurde dem Antragsgegner ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten für das mittlerweile rechtskräftig abgeschlossene Scheidungsverfahren bewilligt. Außer der Regelung des Versorgungsausgleichs waren zu diesem Zeitpunkt keine Folgesachen anhängig. Solche wurden auch später von keinem der Ehegatten anhängig gemacht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 8. Februar 2006 schlossen die Parteien einen als "Vereinbarung" bezeichneten Prozessvergleich, in dem sie sich über die Hausratsteilung, einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und über den vom Antragsgegner zu zahlenden Kindesunterhalt einigten. Mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss erstreckte das Amtsgericht die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe auf diese Vereinbarungen.

Im Weiteren trafen die Parteien in dem Vergleich eine Vereinbarung, derzufolge der Antragsgegner "zur Auseinandersetzung unter Ausschluss der Gewährleistung seinen Hälfteanteil" an einem beiden Ehegatten gemeinsam gehörenden Grundstück auf die Antragstellerin übertrug. Die Antragstellerin übernahm die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten. Auf diese Vereinbarung erstreckte das Amtsgericht die bewilligte Prozesskostenhilfe nicht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 ZPO statthaft und in zulässiger Weise eingelegt.

In der Sache führt sie zu dem angestrebten Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO ist einer bedürftigen Partei auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

1. Ein - vor dem Abschluss des Verfahrens gestellter - ausdrücklicher Antrag des Antragsgegners auf Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf den Prozessvergleich betreffend verschiedene, nicht anhängige Folgesachen ist dem Akteninhalt allerdings nicht zu entnehmen. Auch aus dem Verhandlungsprotokoll ergibt sich die Stellung eines solchen Antrages nicht. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass ein Antrag jedenfalls den Umständen nach gestellt worden ist. Eine solche Annahme ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn ein Prozessvergleich geschlossen wird, der über den bisherigen Streitgegenstand, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, hinausgeht (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rnr. 14 m.w.N.). Offenbar ist auch das Amtsgericht von einem solchen Antrag ausgegangen. Es ist nicht anzunehmen, dass das Amtsgericht Prozesskostenhilfe ohne die Stellung eines entsprechenden Antrages bewilligt hat.

2. Seine Bedürftigkeit hat der Antragsgegner ausreichend glaubhaft gemacht.

3. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist im vorliegenden Fall aufgrund der Vergleichsbereitschaft der Parteien ohne weitere Prüfung zu vermuten (OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 946, 947; OLG Nürnberg, FamRZ 1998, 293, m. w. N.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 550).

4. Die Rechtsverfolgung, hier die Einbeziehung einer vermögensrechtlichen "Abfindung" zwischen den Ehegatten in den Vergleich, ist auch nicht mutwillig.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kann es im Ausgangspunkt nicht zweifelhaft sein, dass die Parteien mit dieser Vereinbarung die Folgesache Zugewinnausgleich geregelt haben. Unter Nr. 7 des Prozessvergleichs ist vereinbart, dass "mit der vorgenannten Übertragung und dem Verbleib der Lebensversicherung ... alle gegenseitigen Zugewinnausgleichsansprüche abgegolten sind".

Entgegen der Ansicht des OLG Karlsruhe (FamRZ 2004, 550) hält der Senat die Einbeziehung einer solchen Vereinbarung in einen Scheidungsfolgenvergleich auch nicht deshalb für mutwillig im Sinne des § 114 ZPO, weil sie durch notarielle Beurkundung günstiger hätte abgeschlossen werden können. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine notarielle Beurkundung nur dann maßgeblich weniger Kosten verursacht, wenn die Parteien insoweit auf eine anwaltliche Beratung verzichten. Dass die Parteien eines Scheidungsverfahrens hierauf nicht verzichten, ist jedenfalls nicht mutwillig.

Bei der Frage, ob eine Prozessführung mutwillig ist, weil sie besondere Kosten verursacht, geht es im Übrigen nicht darum, ob diese Kosten zu vermeiden oder zu vermindern wären, wenn sich die Parteien nicht streiten und ihre Rechtsbeziehungen einvernehmlich regeln würden. Es steht außer Frage, dass der vor Gericht ausgetragene und dort wie auch immer entschiedene oder beigelegte Streit Kosten verursacht, die nicht oder nicht in dieser Höhe entstanden wären, wenn denn die Parteien ihren Streit ohne Einschaltung des Gerichts einvernehmlich beigelegt hätten. Es kann auch nicht zweifelhaft sein, dass beiden Parteien vorliegend für die Folgesache Zugewinnausgleich, etwa in Form einer Stufenklage, Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre. Dann aber verbietet sich ein Kostenvergleich für den Fall, dass die Parteien sich nicht gestritten hätten.

Im Weiteren lässt sich auch nicht feststellen, dass sämtliche in dem Vergleich geschlossenen Vereinbarungen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis standen, der Vergleich über die sonstigen Folgesachen also auch ohne die Vereinbarung über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung (zumindest unwiderruflich) geschlossen worden wäre. Das Gesetz (vgl. § 139 BGB) vermutet ein solches Abhängigkeitsverhältnis, weil bei mehreren in einer Urkunde aufgenommenen Vereinbarungen eine tatsächliche Vermutung für einen Einheitlichkeitswillen der Vertragsschließenden besteht (BGHZ 54,72). Anhaltspunkte dafür, dass beide Parteien vorliegend den Prozessvergleich auch abgeschlossen hätten, ohne zugleich eine Regelung über den Zugewinnausgleich zu treffen, fehlen. Der von den Parteien erklärte Unterhaltsverzicht legt umgekehrt eher den positiven Nachweis eines Abhängigkeitsverhältnisses nahe.

Ende der Entscheidung

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