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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 6 U 25/06
Rechtsgebiete: BGB, VOB/A


Vorschriften:

BGB § 141
BGB § 180
BGB § 311
VOB/A § 21
VOB/A § 25
Zu den Anforderungen an die Ausschreibung im öffentlichen Vergabeverfahren auch unterhalb des Schwellenwertes, wenn Nebenangebote nach der VOB zulässig sein sollen.

Ist eine geplante Baumaßnahme in Einzellosen nach fachlichen Gesichtspunkten getrennt ausgeschrieben, ist für die Bieter ein Vertrauenstatbestand dahin geschaffen, dass die Arbeiten auch getrennt nach der gewählten fachlichen Aufteilung vergeben werden (vgl. dazu auch den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 11. Februar 2005, Az. 320.VK - 3194 - 55/04, zitiert nach juris). Will der Auftraggeber davon abweichen, ist er verpflichtet, in die Ausschreibung den Hinweis aufzunehmen, dass er auch ein Nebenangebot über eine Pauschalsumme, in der alle Einzellose zusammengefasst sind, entgegennehmen und in die Prüfung für den Zuschlag aufnehmen werde.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 6 U 25/06

Verkündet am: 24. Januar 2008

In dem Rechtstreit

wegen Schadenersatzes aus Amtspflichtverletzung u.a.

hat der 6. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth, die Richterin am Oberlandesgericht Euskirchen und den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Spannowsky auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 17. Mai 2006 geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.153,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basis ab 12. Mai 2005 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtstreits haben die Klägerin 4/9, die Beklagte 5/9 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die beklagte Verbandsgemeinde schrieb im Jahr 2004 die Arbeiten für den Neubau einer Sporthalle in 28 Teil-Losen zuzüglich Abbrucharbeiten aus. Nebenangebote waren nicht ausgeschlossen. Das Gesamtvolumen des Vorhabens lag unter 5 Millionen Euro.

Die Klägerin, ein belgisches Stahlbauunternehmen, reichte Angebote für die Teillose Nr. 3, 4 und 5 ein. Bei der Submissionseröffnung am 20. Januar 2005 wurde festgestellt, dass das Angebot der Klägerin zum Los Nr. 4 (Metallbauarbeiten) das niedrigste war. Ihr Angebot zum Los Nr. 3 (Stahlbauarbeiten) war das drittniedrigste. Hier hatten die Firmen H........sowie T.......gleichlautende niedrigere Angebote abgegeben, wobei die Firma T......die Arbeiten als von der Firma H........ als Subunternehmerin auszuführen anbot, während die Firma H......... auf ihren Angebotspreis bei einer Direktauftragserteilung einen Nachlass von 6% Skonto gewährte. Bei Los Nr. 5 (Oberlichtband) war das Angebot der Klägerin das höchste.

Die Firma T....... gab zugleich ein Nebenangebot ab, wonach sie die Arbeiten für alle 28 Gewerke einschließlich der Abbrucharbeiten für einen Pauschalpreis anbot. Dieses Nebenangebot erhielt den Zuschlag.

Die Klägerin kalkulierte mit Gewinnen in Höhe von 7.834,82 € für Los Nr. 3, 14.153,22 € für Los Nr. 4 und 3.285,57 € für Los Nr. 5, insgesamt 25.273,61 €. Dieser Betrag ist Gegenstand der Klage.

Sie hat vorgetragen:

Die Firmen H........ und T....... hätten ihre Einzelangebote wettbewerbswidrig untereinander abgesprochen. Die Firma T...... habe zudem bei anderen Mitbietern Preise erfragt und diese ohne Gewinnaufschlag in ihr Nebenangebot aufgenommen. Beide Unternehmen hätten deshalb von der Ausschreibung mit allen Angeboten ausgeschlossen werden müssen. Dann wäre sie, die Klägerin, sowohl bei den Losen Nr. 3 und 4 jeweils für sich allein als auch in der Summe der Angebotspreise für die addierten Lose Nr. 3 bis 5 die günstigste Anbieterin gewesen und hätte den Zuschlag erhalten müssen. Für diesen Schaden hafte die Beklagte aus Amtshaftung und aus vorvertraglicher Pflichtverletzung.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen:

Das pauschalierte Nebenangebot der Firma T....... für die gesamte Bauerstellung sei um etwa 100.000,00 € niedriger gewesen als die Summe der preisgünstigsten Angebote für die einzelnen Lose. Es habe sich somit um das wirtschaftlichste Angebot gehandelt.

Der Einzelrichter des Landgerichts hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein Amtshaftungsanspruch bestehe nicht. Den Bediensteten der Beklagten könne ein Verschulden bei der Vergabe nicht vorgeworfen werden, weil sie sich auf die Stellungnahme des zur Prüfung der Rechtslage herangezogenen Sachverständigen, der das Nebenangebot für zulässig gehalten habe, verlassen hätten. Auch habe die Klägerin selbst erklärt, dass für sie die Abgabe eines pauschalen Nebenangebotes nicht möglich gewesen sei.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin, welche ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.

Sie rügt, dass das Erstgericht sich nur auf die Prüfung des Amtshaftungsanspruchs beschränkt und diesen verneint habe. Ihr Anspruch ergebe sich jedoch aus den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB aus culpa in contrahendo auf Ersatz des entgangenen Gewinns. In der Sache trägt sie ergänzend vor:

Die Firma T........ habe keine der ausgeschriebenen Arbeiten selbst erbracht, sondern sei für alle Arbeiten lediglich als Generalunternehmerin tätig geworden. Ihr Nebenangebot sei schon deshalb unzulässig gewesen. Die Beklagte habe die Stellungnahme des Sachverständigen erst nach der Vergabe eingeholt. Das Erstgericht habe gegen seine Hinweispflicht verstoßen, indem es darauf abstellte, die Klägerin habe für sich selbst ein Gebot als Generalunternehmerin auf Grund der räumlichen Entfernung ausgeschlossen. Selbstverständlich sei sie imstande gewesen, ein solches Gebot abzugeben, sofern ihr der Umstand bekannt gewesen wäre, dass Nebenangebote über eine Pauschalsumme und bei Durchführung als Generalunternehmer abgegeben werden konnten.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.273,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ergänzt ihr Vorbringen dahin, dass sie vor Erteilung des Zuschlags eine telefonische Auskunft des Sachverständigen eingeholt habe, die erst später schriftlich niedergelegt worden sei. Auch habe der Anteil der eigenen Leistungen der Firma T....... im Rahmen des Pauschalangebotes als Generalunternehmerin bei mindestens 30% der gesamten Baumaßnahme gelegen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt in der Sache zu einem Teilerfolg. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten jedenfalls in Höhe eines Teilbetrages von 14.153,22 € zu.

Zwar hat die Zivilkammer einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin im Ergebnis zu Recht verneint. Ein solcher besteht schon deshalb nicht, weil die Beklagte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht hoheitlich handelt. Die staatliche Beschaffungstätigkeit beurteilt sich hingegen nach dem Privatrecht (Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B Kommentar, 16.Auflage, Einl. Rn. 7).

Die Klage führt jedoch aus einem anderen Rechtsgrund teilweise zum Erfolg.

Anspruchsgrundlage für die Klageforderung ist der auf die §§ 180 Abs. 1, 311 Abs. 2, 141 Abs. 2 n.F. BGB gestützte Anspruch aus culpa in contrahendo wegen Verletzung eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses (BGH, Urteil vom 3. April 2007, - X ZR 19/06 -, zitiert nach juris).

Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe kommt durch eine Ausschreibung und die Beteiligung des Bieters am Ausschreibungsverfahren ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zustande. Eine rechtswidrige Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Ausschreibende unter Überschreitung des ihm gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A eingeräumten Wertungsspielraums einen anderen Bewerber aus unsachlichen Gründen bevorzugt oder die Vorschriften der VOB/A nicht einhält und dadurch das berechtigte Vertrauen des Bieters enttäuscht (Ingenstau/Korbion, a.a.O., Rn. 65). Der grundsätzlich ersatzberechtigte übergangene Bieter kann Ersatz des entgangenen Gewinns jedoch nur dann verlangen, wenn er ohne die Pflichtverletzung und auch bei ansonsten ordnungsgemäßer Vergabe den Zuschlag hätte erhalten müssen (BGH a.a.O.). Alle diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, soweit es um das von der Klägerin abgegebene Angebot zu Los Nr. 4 der Ausschreibung geht.

1. Die Beklagte hat dadurch, dass sie den Auftrag an die Firma T........ auf der Grundlage von deren Nebenangebot zu einem Pauschalpreis vergeben hat, gegen die §§ 25 Nr. 5, 21 Nr. 3 VOB/A verstoßen, weil dieses Nebenangebot nicht zulässig war.

Nebenangebote sind in der VOB/A vorgesehen. Sie stellen eine Abweichung vom Hauptangebot, welches der Auftraggeber selbst vorformuliert hat, dar. Es handelt sich bei den Nebenangeboten um eine eigenständige Ausarbeitung des Bieters, mit der er sich einen Vorteil im Wettbewerb erhofft (Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 2. Aufl., § 21 VOB/A Rn. 33). Die Änderung kann technischer Art sein oder die Bauzeit oder Zahlungsmodalitäten betreffen. Die grundsätzliche Öffnung der VOB für Nebenangebote dient in erster Linie dazu, dem Bieter die Möglichkeit einzuräumen, die vom Auftraggeber detailliert vorgeplante Bauausführung durch die Einführung von Innovationen oder anderen technischen Lösungsmöglichkeiten zu optimieren, um das bestmögliche Bauergebnis zu erreichen. Jedoch sind grundsätzlich auch Pauschalpreisnebenangebote zulässig (Heiermann/Riedel/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 a Rn. 99; Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 5 Rn. 21 a.E.). Nebenangebote sind grundsätzlich immer zulässig, es sei denn, sie sind vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen ausgeschlossen (§ 25 Nr. 5 S. 1 VOB/A).

Allerdings erfordert das im Bauvergaberecht geltende Transparenzgebot auch bei Aufträgen unterhalb des so genannten Schwellenwertes, dass die Nebenangebote bestimmte Mindestanforderungen erfüllen (vgl. LG Cottbus, Urteil vom 24. Oktober 2007, Az. 5 O 99/07). Insoweit enthält z.B. das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegebene Vergabehandbuch 2002 für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (VHB) in Teil II Nr. 212 EVM (B) BwB/E Nr. 5 (vgl. http://www.bmvbs.de/Anlage/original_986862/VHB-2002-Stand-11-06.pdf) Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen, die auch die näheren Einzelheiten zum Inhalt und der Abgabe von Nebenangeboten regeln. Danach sind Nebenangebote, soweit sie Positionen des Leistungsverzeichnisses betreffen, nach Mengenansätzen und Einzelpreisen entsprechend dem Leistungsverzeichnis aufzugliedern, auch wenn sie diese im Ergebnis in einer Pauschalsumme anbieten. Nebenangebote, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, sind von der Wertung auszuschließen, somit unzulässig. Die Regelungen des Vergabehandbuchs sind zwar nur im Bereich von Baumaßnahmen des Bundes verbindliche Arbeitsgrundlage. Sie entsprechen aber den allgemeinen Grundsätzen, welche nach Ansicht des Senats an die inhaltlichen Anforderungen einer Ausschreibung und deren Durchführung zu stellen sind. Nebenangebote dürfen nämlich gemäß § 25 Nr. 3 VOB/A nur dann berücksichtigt werden, wenn sie den in der Ausschreibung geforderten Kriterien technisch und wirtschaftlich gleichwertig sind. Dies ist im Vergabetermin zu prüfen und für alle beteiligten Bieter transparent zu machen. Nur so kann eine Benachteiligung von Mitbietern im Wettbewerb vermieden werden. Dem entspricht auf Seiten des Auftraggebers das Erfordernis, bereits in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die von Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten erfüllt werden müssen, und anzugeben, in welcher Art und Weise solche eingereicht werden können, vgl. Art. 19 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (http://eur-lex.europa.eu/Notice.do?val=294509:cs&lang=de&list=294509:cs,415358:cs,188237:cs,188189:cs,&pos=1&page=1&nbl=4&pgs=10&hwords=Bauaufträge~&checktexte=checkbox&visu=#texte). Auch diese Vorschrift macht deutlich, dass im Hinblick auf das durch die öffentliche Ausschreibung entstehende vorvertragliche Vertrauensverhältnis Aufklärungs- und Hinweispflichten bestehen. Diese dürfen sich nicht nur auf Aufträge oberhalb des Schwellenwertes beschränken, sondern sind entsprechend auf alle öffentlichen Vergabeverfahren anzuwenden.

Vorliegend erfolgte die Ausschreibung unter Aufteilung in Einzellose. Erwartet wurde von den Bietern die Abgabe von Angeboten jeweils für die ausgeschriebenen Einzellose auf der Grundlage von Einheitspreisen. Zwar schließt dies, wie schon ausgeführt, grundsätzlich die Zulässigkeit eines Nebenangebotes auf Errichtung des Gewerkes zu einem Pauschalpreis nicht aus. Dabei ist aber in erster Linie daran zu denken, dass für jedes einzelne Los ein gesondertes Nebenangebot abgegeben wird. Abgesehen davon können Nebenangebote nur berücksichtigt werden, wenn in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen die Mindestanforderungen an Nebenangebote formuliert sind. Die Zusammenfassung aller 28 einzelnen Lose in ein Gesamtpauschalangebot als Nebenangebot war nicht vorgesehen und deshalb ist die Zuschlagserteilung für ein Gesamtpauschalangebot überraschend. Durch die Annahme dieses Nebenangebotes hat die Beklagte den Ausschreibungsmodus in seinen wesentlichen Grundlagen geändert. Es stand ihr zwar frei, die geplante Baumaßnahme in Einzellosen nach fachlichen Gesichtspunkten getrennt oder als Gesamtmaßnahme oder sogar alternativ (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 22. Oktober 2001, - Verg 2/01 -, zitiert nach juris) auszuschreiben. Nachdem sie aber die Entscheidung für eine Ausschreibung nach einzelnen Fachlosen getroffen hatte, war für die Bieter ein Vertrauenstatbestand dahin geschaffen worden, dass die Arbeiten auch getrennt nach der gewählten fachlichen Aufteilung vergeben würden (vgl. dazu auch den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 11. Februar 2005, Az. 320.VK - 3194 - 55/04, zitiert nach juris). Wollte die Beklagte davon abweichen, war sie nach Ansicht des Senats deshalb verpflichtet, in ihre Ausschreibung den Hinweis aufzunehmen, dass sie auch ein Nebenangebot über eine Pauschalsumme, in der alle 28 Einzellose zusammengefasst sind, entgegennehmen und in die Prüfung für den Zuschlag aufnehmen werde. Nur so konnte sie sich ohne Verletzung schutzwürdiger Interessen der Bieter die Möglichkeit erhalten, den Auftrag an einen einzigen Bieter zum Gesamtpauschalpreis zu vergeben. Einen solchen Hinweis enthielten vorliegend die Ausschreibungsunterlagen unstreitig nicht.

2. Der Beklagten ist dies auch als Verschulden anzulasten. Insoweit kann sie sich nicht mit Erfolg auf die von ihr eingeholte Stellungnahme des Prof. M..... berufen. Allein der Umstand, dass die Beklagte sich vor der Vergabe des Bauauftrages an die Firma T...... um eine Rechtsauskunft über die Zulässigkeit des Nebenangebots bemühte, zeigt, dass ihr die Problematik bewusst war und sie insoweit Zweifel hegte, ob sie das Nebenangebot als zulässig werten dürfe. Die Ausführungen des Prof. M...... sind nicht überzeugend, was auch für die Beklagte erkennbar war. Sie berücksichtigen nicht den konkreten Sachverhalt, sondern zitieren Gerichtsentscheidungen, die sich auf andere, vom vorliegenden Fall abweichende Fallgestaltungen beziehen, in denen jedoch jeweils schon die Ausschreibung den Bietern ausdrücklich die Möglichkeit eröffnete, sich sowohl um den Auftrag für Einzellose als auch um einen Gesamtauftrag oder als Bietergemeinschaft zu bewerben. Das zentrale Problem, ob der Vertrauensschutz der übrigen Bieter in den aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgehenden Vergabemodus allein nach Einzellosen die Zulassung des von der Ausschreibung hinsichtlich der grundlegenden Preisgestaltung völlig abweichenden Nebenangebotes verbietet, wird in der Stellungnahme nicht angesprochen.

3. Bei rechtmäßigem Verhalten hätte die Beklagte somit Aufträge jeweils getrennt für die ausgeschriebenen Einzellose unter Berücksichtigung des § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A erteilen müssen. Danach ist, sofern sich unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte keine Besonderheiten ergeben, das wirtschaftlichste Angebot anzunehmen. Das wirtschaftlichste Angebot ist in der Regel, wenn keine besonderen Gründe entgegenstehen, dasjenige mit dem niedrigsten Angebotspreis.

a) Vorliegend hatte die Klägerin zu Los Nr. 4 den niedrigsten Preis angeboten. Es sind keine Gründe ersichtlich, welche der Annahme entgegenstehen, dass es sich damit bei dem Angebot der Klägerin für das Los Nr. 4 um das wirtschaftlichste gehandelt hat, so dass zur Überzeugung des Senats fest steht, dass die Klägerin bei Nichtzulassung des Nebenangebotes der Firma T....... zwingend den Zuschlag für die Arbeiten gemäß Einzellos Nr. 4 hätte erhalten müssen.

b) Das Angebot der Klägerin für Los Nr. 3 war nur das drittniedrigste. Hier hatten die Firmen H...... sowie T...... die Arbeiten zu einem niedrigeren Preis angeboten. Diese Angebote waren entgegen der Ansicht der Klägerin nicht - wie das Nebenangebot - von der Vergabe gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen.

Die Klägerin stellt darauf ab, dass den Firmen H..... und T...... insoweit ein Wettbewerbsverstoß anzulasten sei. Dem Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A unterliegen Angebote, die nicht rechtzeitig vorgelegen haben, den formellen Anforderungen nicht entsprechen und die auf einer Abrede zwischen Bietern beruhen, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Eine solche besteht in dem Verhalten der genannten Firmen nicht, selbst wenn man die Darstellung der Klägerin zugrunde legt. Die Firma T...... hat hinsichtlich einzelner Gewerke (Lose), die sie nicht selbst ausführen konnte oder wollte, Angebote bei Subunternehmern eingeholt und diese Angebote der Subunternehmer eins zu eins bei der Ausschreibung eingereicht. Im Falle des Loses Nr. 3 hat die Subunternehmerin Firma H..... das der Firma T...... erstellte Angebot auch selbst unverändert bei der Beklagten eingereicht mit der Folge, dass zwei identische Angebote bei der Ausschreibung vorlagen, die sich nur hinsichtlich der Gewährung eines Rabattes unterschieden. Der Gewinn der Fa. T...... lag in diesem Fall in dem Erhalt des Rabatts, den die Firma H...... der Beklagten bei direkter Auftragserteilung angeboten hat. Darin ist eine wettbewerbswidrige Absprache nicht zu sehen, und zwar unabhängig davon, ob die Firma T....... ihr Angebot ausdrücklich als das eines Subunternehmers kenntlich gemacht hat oder nicht. Denn die Identität war offensichtlich und für keine der beiden beteiligten Firmen dadurch ein irgendwie gearteter Vorteil zu erwarten (vgl. hierzu auch OLG Celle, Beschluss vom 23. März 2000, - 13 Verg 1/00 - , zitiert nach juris). Wenn aber keine wettbewerbswidrige Absprache vorgelegen hat, ist allenfalls an eine Nichtberücksichtigung der einzelnen Angebote zu denken, nicht jedoch an einen Ausschluss der betreffenden Bieter vom gesamten Vergabeverfahren.

Das Angebot eines Bieters, welches ersichtlich nicht von ihm selbst zur Ausführung gelangen, sondern zu 100% an einen Subunternehmer weiter übertragen werden soll, kann schon deshalb in der Regel nicht den Anforderungen an das wirtschaftlichste Angebot entsprechen, weil es immer Schwierigkeiten z.B. bei der Haftung für Mängelansprüche in sich birgt. Es hat deshalb im Regelfall gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB A unberücksichtigt zu bleiben. Damit scheidet zwar möglicherweise beim Los Nr. 3 das Angebot der Firma T....... aus, nicht jedoch dasjenige der Firma H.......

c) Beim Los Nr. 5 war das Angebot der Klägerin mit großem Abstand das höchste.

Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass ihre (höheren) Angebote aus besonderen Gründen als die wirtschaftlichsten anzusehen waren. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus ihrer - ohnehin bestrittenen - Behauptung, die Beklagte habe Wert darauf gelegt, dass die Lose Nr. 3 bis 5 vom selben Auftragnehmer übernommen würden. Bei Beachtung der oben aufgestellten Grundsätze durfte sich nämlich die Beklagte auch insoweit nicht festlegen, ohne dies bereits in der Ausschreibung mitzuteilen.

Es steht damit nicht fest, dass der Klägerin für die Einzellose Nr. 3 und 5 der Zuschlag erteilt worden wäre oder aus Rechtsgründen hätte erteilt werden müssen, so dass ihr insoweit ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns nicht zusteht und die Klage in diesem Umfang abzuweisen ist.

3. Infolge der rechtswidrigen Nichtberücksichtigung bei Los Nr. 3 ist der Klägerin ein Schaden in Höhe des durch die nicht erfolgte Auftragserteilung entgangenen Gewinns entstanden (Erfüllungsinteresse). Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift unwidersprochen ihren entgangenen Gewinn aus den Teillosen Nr. 3 bis 5 auf einen Gesamtbetrag von 25.273,61 € beziffert. Sie hat nach Hinweis des Senats im nachgelassenen Schriftsatz vom 13. November 2007 diesen Betrag auf die einzelnen Lose aufgeschlüsselt, wobei auf Los Nr. 4 ein Betrag von 14.153,22 € entfällt. Diesen Schaden hat die Beklagte der Klägerin zu ersetzen.

Im Übrigen ist die Klage abzuweisen und die Berufung unbegründet.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Der Senat lässt gemäß § 243 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zu der Frage zu, ob im Falle der Ausschreibung allein nach Einzellosen ein auf einen Pauschalpreis für sämtliche Gewerke beruhendes Nebenangebot ohne weiteres zuzulassen ist.

Ende der Entscheidung

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