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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 02.07.2007
Aktenzeichen: 7 U 113/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 717 Abs. 2
Zur Frage, wann der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO entsteht.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

7 U 113/06

Verkündet am: 02.07.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohn und Aufrechnung mit Schadensersatzforderung aus § 717 Abs. 2 ZPO

hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Burger und den Richter am Landgericht Minig

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil der Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24.7.2006 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 18.513.39 € nebst 5 % Zinsen aus 43.954.40 € vom 29.09.1997 bis zum 2.3.1999, weitere 5% Zinsen aus 13.393,96 € vom 3.3.1999 bis zum 29.10.2002 sowie weitere 5% Zinsen aus 18.513,39 € seit dem 30.10.2002 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner 4/5.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 1/3 und den Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/3 zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung der anderen Seite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 v. H. leistet.

V. Die Revision wird zu Gunsten der Beklagten zugelassen.

Gründe:

I.

1. Die Beklagte zu 1 betreibt in der Rechtsform der GmbH und Co. KG ein Bauunternehmen, die Beklagte zu 2 ist ihre Komplementär-GmbH. Die Beklagte zu 1 errichtete in der ... Straße in ... das Büro- und Informationsgebäude "Parkstadt am Rhein". Die Klägerin ihrerseits betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Stahl- und Metallbauunternehmen.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Werklohnansprüche der Klägerin für die Durchführung von Schlosserarbeiten, die die Beklagte zu 1 zum Teil unstreitig beauftragt hat, zum Teil haben die Beklagten die Auftragserteilung in erster Instanz bestritten. Der Auftragserteilung lagen Angebote der Klägerin 16. und 24. Juli und 10. Oktober 1996 (Bl. 7 - 37 d.A.) zu Grunde. Am 10. Oktober 1996 fand eine Verhandlung statt, deren Inhalt in einem Protokoll (Bl. 38 - 42 d.A.) festgehalten wurde. Der Auftragsumfang unter Einbeziehung der VOB Teile B und C wurde mit einem Preis von ca. 195.000,-DM festgelegt und eine Abrechnung nach Aufmaß und Einheitspreisen.

Die Klägerin führte die ihr übertragenen Schlosserarbeiten aus, die die Beklagte zu 1 auch abgenommen hat.

Daneben hat die Klägerin für die Beklagte zu 1 die schon früher beauftragten Gewerke Metallbau, Verglasung, Photovoltaik, Sonnenschutz und Alarmüberwachung ausgeführt. Die Werklohnansprüche aus diesen Gewerken waren Gegenstand des Verfahrens 1 HKO 199/97 Landgericht Frankenthal (Pfalz) bzw. 8 U 113/06 Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (dazu sogleich).

Mit ihrer im März 1999 erhobenen Klage verlangte die Klägerin zunächst restliche Werklohnzahlung gemäß ihrer Schlussrechnung vom 28. Juli 1997 (Bl. 46 - 54 d.A.), welche sich unter Berücksichtigung von Akontozahlungen auf einen Betrag von 90.189,51 DM belief. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin ihre Klage in Höhe von 4.136,30 DM zurückgenommen und damit letztlich eine Schlussrechnungsforderung in Höhe von 86.053,21 DM (€ 43.998,31) geltend gemacht. Die Beklagten haben in erster Instanz gegenüber den Positionen 050, 080, 200 und 241 aus dieser Schlussrechnung Einwendungen erhoben.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage ferner die Vergütung von Zusatzarbeiten verlangt, die nach ihrem Vortrag auf besonderen Aufträgen der Beklagten zu 1 beruhten. Auf die insgesamt elf Rechnungen über einen Gesamtbetrag von 26.347,72 DM (€ 13.471,37; in Kopie Bl.55 - 106 der Akten) wird Bezug genommen. Hiervon haben die Beklagten die Rechnung Nr. 79/481 vom 27. August 1997 über 265,48 DM von den Beklagten als geschuldet anerkannt und im Übrigen die Auftragserteilung in erster Instanz bestritten. Die Richtigkeit der Rechnungen Nr. 79/307 vom 02.06.1997 über 3.450,- DM und Nr. 79/361 vom 07.07.1997 über 307,05 DM wurde von den Beklagten allerdings zuletzt nicht mehr bestritten.

Die Beklagten haben sich in erster Instanz ferner auf das Vorliegen von Mängeln berufen.

In dem Verfahren Az: 1 HK.0 199/97 des Landgerichts Frankenthal hat die Klägerin restliche Werklohnansprüche in Höhe von 240.000,- DM gegen dieselben Beklagten aus den oben genannten neben den Schlosserarbeiten beauftragten Gewerken geltend gemacht. Das Landgericht Frankenthal hat die Beklagten mit Urteil vom 2. Februar 1999 in Höhe von 200.000,- DM uneingeschränkt und in Höhe von weiteren 40.000,-DM Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung verurteilt. Nachdem die Klägerin aus diesem Urteil wegen eines Betrages in Höhe von 110.172,90 € (einschließlich Zinsen, vgl. die Aufstellung Bl. 398 der Akten) die Zwangsvollstreckung betrieben hat, zahlten die Beklagten am 2.3.1999 an sie insgesamt 111.114,85 € (wovon 941,95 € auf Vollstreckungskosten entfielen).

In der Berufungsinstanz vor dem Pfälzischen Oberlandesgericht (Aktenzeichen Az: 8 U 18/99) wurde das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 2.2.1999 auf die Berufung der Beklagten allerdings mit Urteil vom 17. Januar 2006 (im vorliegenden Verfahren in Fotokopie Bl. 326 - 365 der Akten; Bl. 993 ff der Akten in dem Rechtsstreit Az: 8 U 18/99) dahingehend abgeändert, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt wurden, an die Klägerin 79.491,22 € zu zahlen.

Wegen der erfolgten Überzahlung durch die Beklagten hat die Klägerin vorliegend mit Schriftsatz vom 11.4.2006 den Rechtsstreit in Höhe von 30.681,68 € (das ist die Differenz zwischen dem aufgrund des landgerichtlichen Urteils im Vollstreckungsverfahren gezahlten und dem vom 8. Zivilsenat des OLG für gerechtfertigt gehaltenen Betrag, jedoch ohne die Vollstreckungskosten in Höhe von 941,95 €) für erledigt erklärt. Die Beklagten haben dieser Erledigungserklärung widersprochen und ihrerseits hilfsweise gegenüber der weiterhin von der Klägerin geltend gemachten Forderung mit einem Schadensersatzanspruch über 20.659,33 € aus § 717 Abs. 2 ZPO die Aufrechnung erklärt, den sie damit begründen, dass sie aus dem Betrag in Höhe von 31.623,63 € (30.681,68 € Überzahlung zzgl. Vollstreckungskosten in Höhe von 941,95 €) im Zeitraum vom 3.3.1999 (Zahlung) bis zum 17.1.2006 (Abänderung des erstinstanzlichen Urteils durch das OLG) Kontokorrentzinsen in Höhe von 9,5% hätten bezahlen müssen. Die Beklagten haben ferner die Aufrechnung mit Gegenforderungen wegen behaupteter Mängel der Werkleistungen der Klägerin erklärt.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, ihre Schlussrechnung sei nicht zu beanstanden und den zusätzlichen Leistungen hätten auch zusätzliche Aufträge zu Grunde gelegen. Mängel bestünden nicht. Über den für erledigt erklärten Betrag hinaus stünden den Beklagten auch keine Gegenansprüche zu.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 30.681,68 € erledigt ist;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 26.788,00 € zu zahlen nebst nachfolgenden Zinsen:

5 % Zinsen aus 57.469,68 € vom 29.09.1997 bis zum 30.04.2000

8 %-Punkte über dem Basiszinssatz aus 57.469,68 € vom 01.05.2000 bis 17.01.2006

8 %-Punkte über dem Basiszinssatz aus 26.788,00 € seit dem 18.01.2006.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und in erster Instanz bestimmte Schlussrechnungspositionen (050, 080, 200, 241) beanstandet und im Hinblick auf die zusätzlich berechneten Leistung die Erteilung von Zusatzaufträgen bestritten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Wegen mangelhafter Leistungen der Klägerin bestünden zur Aufrechnung berechtigende Gegenforderungen, schließlich stehe ihnen einen Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO wegen der erfolgten Überzahlung (siehe oben) zu.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

2. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 24.7.2006 festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 30.681,68 € erledigt ist, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 5 % Zinsen aus 49.189,06 € vom 29.09.1997 bis zum 17.01.2006 abzüglich eines Betrages von 1.293,16 € (an Stelle von ursprünglich 1.433,78 €, vergleiche Berichtigungsbeschluss vom 12.9.2006, Bl. 524 der Akten) verurteilt und die Klage im Übrigen - also wegen der Hauptforderung - abgewiesen.

Dabei ist das Landgericht von folgender Berechnung ausgegangen:

- Schlussrechnungsforderung von zuletzt (S. 7) 42.998,31 €

- abzüglich (ungerechtfertigte Teilforderung aus der Schlussrechnung) 121,23 €

- ergibt Zwischensumme 43.877,08 €

- zzgl. Vergütung für zusätzliche Aufträge 8.371,37 € nicht anerkannt wurden (Seite 10):

- Rechnungen 79/291 und 79/292 über insgesamt 5.100,01 €

- ergibt Zwischensumme 52.248,45 €

- abzüglich Minderungsansprüche wegen Mängeln (Seiten 12, 13) 3.053,39 €

- ergibt nach Berechnung des Landgerichts 49.189,06 €

- abzüglich "Überzahlung" aus Parallelprozess 30.681,68 €

- ergibt Zwischensumme 18.507,39 €

- abzüglich Schadensersatzforderung der Beklagten nach § 717 Abs. 2 ZPO (Zinsen aus Überzahlung) 19.800,55 €

- ergibt Restforderung 1.293,16 € S (das ist der vom Landgericht im Tenor zu 1. als bereits erfolgte Zahlung angesetzte Betrag)

Wegen der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

3. Die Klägerin greift das Urteil mit ihrer Berufung in mehrfacher Hinsicht an. Die Beklagten seien auch verpflichtet, die Rechnungen 79/291 und 79/292 über insgesamt 5.100,01 € zu begleichen, da die Beweisaufnahme eine entsprechende Auftragserteilung durch die Beklagte zu 1 ergeben habe. Den Beklagten stünden schon deshalb keine Minderungsansprüche zu, weil sie diese erstmals im vorliegenden Prozess geltend gemacht hätten und die Klägerin entgegen § 13 VOB nicht zur Mängelbeseitigung aufgefordert hätten. Vor allem beanstandet die Berufung der Klägerin, dass das Landgericht die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung nach § 717 Abs. 2 ZPO für begründet erachtet hat. Nachdem die Zahlung der Beklagten im Parallelverfahren am 2.3.1999 lediglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt sei, hätten sich die Werklohnansprüche der Klägerin aus dem vorliegenden Verfahren und die Rückforderungsansprüche der Beklagten aus dem Parallelverfahren bereits zu diesem Zeitpunkt aufrechenbar gegenübergestanden, weswegen ihr angesichts der Rückwirkungsfiktion des § 389 BGB auch nach diesem Zeitpunkt noch Ansprüche gegenüber den Beklagten zugestanden hätten und nicht umgekehrt.

Die Beklagten rügen mit ihrer selbstständig eingelegten Berufung, dass das Landgericht bei der Titulierung des Zinsanspruchs der Klägerin übersehen habe, dass von der ursprünglichen Klageforderung in Höhe von 49.189,06 € für die Dauer der Gewährleistungsfrist (fünf Jahre und ein Monat) ein fünfprozentiger Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5.119,43 € abzuziehen sei, so dass die Klägerin letztlich nur Zinsen aus 43.954,40 € verlangen könne.

Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil von weiteren vergütungspflichtigen Zusatzaufträgen zu Gunsten der Klägerin ausgegangen ist und im Übrigen weitergehende Minderungsansprüche der Beklagten verneint hat, greifen die Beklagten das Urteil nicht an.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Berufung der Klägerin führt zu einem nicht unerheblichen Teilerfolg.

Im Einzelnen gilt folgendes:

A. Berufung der Klägerin

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin haben sich nicht ergeben. Sie ist allerdings unbegründet, soweit sie beanstandet, dass das Landgericht eine Vergütung für bestimmte Zusatzaufträge nicht zugesprochen hat (unten 1.) beziehungsweise Minderungsansprüche der Beklagten anerkannt hat (unten 2.). Soweit das Landgericht wegen des verbleibenden Betrages allerdings die Klage abgewiesen hat, ist ihre Berufung begründet (unten 3.).

1. Zusatzaufträge Hier beanstandet die Klägerin, dass das Landgericht die mit den Rechnungen Nrn. 79/291 und 79/292 über insgesamt 5.100,01 € abgerechneten Zusatzleistungen nicht anerkannt hat.

Das Urteil des Landgerichts ist insoweit aber nicht zu beanstanden.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu 1 der Klägerin diesbezüglich zusätzliche Aufträge erteilt hat. Da die Klägerin hierfür Vergütung begehrt, ist sie für die Auftragserteilung beweisbelastet. Die Rechnungen betreffen Ersatzlieferungen für zwei gestohlene Fassadenfenster sowie Aluminiumsprossen. Die genannten Materialien waren - unstreitig - noch nicht von der Klägerin verbaut worden, so dass sie weiterhin in ihrem Eigentum standen. Unstreitig ist weiter, dass sich ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1 - Herr F... - bereit erklärt hat, den Diebstahl der Bauwesenversicherung zu melden, die den Schaden aber nicht reguliert hat. Auch aus der Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen C... (Protokoll des Landgerichts vom 26.6.2006, Bl. 480 ff der Akten, dort Seite 5, Bl. 484 der Akten) ergibt sich nicht zwingend die Erteilung eines Auftrages. Der Zeuge hat lediglich angegeben, Herr F... habe ihm gesagt, er solle die entwendeten Teile ersetzen. Die Klägerin war aufgrund ihres Vertrages mit der Beklagten zu 1 verpflichtet, die genannten Teile zu liefern und einzubauen. Diese Verpflichtung hatte sie noch nicht erfüllt, folglich kann - worauf die Beklagten in ihrer Berufungserwiderung vom 23.11.2006 (Bl. 577 ff der Akten, dort Seite 6, Bl. 582 der Akten) zu Recht hinweisen - in dem Erfüllungsverlangen der Beklagten zu 1 noch kein Zusatzauftrag gesehen werden.

2. Minderungsansprüche der Beklagten Die Klägerin beanstandet insoweit nicht, dass das Landgericht vom Vorliegen der Mängel ausgegangen ist, sondern weist darauf hin, dass die Beklagten die Minderungsansprüche erstmals im Prozess geltend gemacht hätten und entgegen § 13 VOB/B keine qualifizierte Aufforderung zur Beseitigung der Mängel erfolgt sei. Da die Klägerin eben aber das Vorliegen dieser Mängel im Prozess bestritten hat, kann sie sich auf das Fehlen einer qualifizierten Aufforderung nicht berufen (BGH NJW 1003,580; BGH NJW-RR 2003,13).

3. Keine Schadensersatzansprüche der Beklagten nach § 717 Abs. 2 ZPO wegen des Zinsschadens, weil Aufrechnungslage bereits 3.3.1999

Dieser Einwand der Klägerin führt zu einem nicht unerheblichen Erfolg ihrer Berufung.

Der Beklagten zu 1) ist aus der "Überzahlung" im Parallelprozess in Höhe von 30.681,68 € kein Zinsschaden zu ersetzen.

Das Landgericht hat letztlich eine Forderung in Höhe von 49.189,06 € für berechtigt erachtet. Zieht man davon die Überzahlung in Höhe von 30.681,68 € ab, so verbleibt nach der Berechnung des Landgerichts eine Restforderung zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 18.507,39 €. Diesen Betrag hat das Landgericht infolge der von den Beklagten erklärten Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus § 717 Abs. 2 ZPO, die das Landgericht mit 19.800,55 € angenommen hat, für erloschen gehalten, weil die Klägerin für den Zeitraum vom 3.3.1999 bis 17.1.2006 (Verkündung des abändernden Urteils des OLG im Parallelverfahren) in Höhe von 30.681,68 € überzahlt gewesen sei.

Nach Auffassung des Senats steht dem Beklagten allerdings wegen des Zinsschadens kein Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO (mehr) zu.

Die Beklagten haben am 2.3.1999 an die Klägerin im Parallelverfahren einen Betrag in Höhe von 110.172,90 € netto (also ohne Vollstreckungskosten) bezahlt, während sie nach dem Urteil des OLG im Parallelverfahren vom 17.1.2006 lediglich zu einer Zahlung in Höhe von 79.491,22 € verpflichtet waren.

In Höhe der Differenz war die Klägerin also überzahlt. Nachdem die Beklagten insoweit die Aufrechnung erklärt hatten, hat die Klägerin den Rechtsstreit in dieser Höhe für erledigt erklärt.

Weitergehender Schadensersatz in Höhe des von den Beklagten geltend gemachten Zinsschadens steht ihnen jedoch nach § 717 Abs. 2 ZPO nicht zu, da die von ihnen mit Schriftsatz vom 28.3.2006 erklärte Aufrechnung auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem sich die Forderung und die Gegenforderung erstmalig zur Aufrechnung geeignet gegenüberstanden (§ 389 BGB). Dieser Zeitpunkt war nach Auffassung des Senats aber nicht der Tag der Entscheidung des 8. Zivilsenats im Parallelverfahren (17.1.2006), sondern der Tag der Zahlung der Beklagten auf den Vollstreckungsversuch der Klägerin hin (2.3.1999), da sich an diesem Tag der Werklohnanspruch der Klägerin in Höhe von 49.195,06 € und der Anspruch der Beklagten in Höhe von 30.681,68 € bereits aufrechenbar gegenüberstanden.

Die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Rückforderungsanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO als entstanden anzusehen ist, wird unterschiedlich beantwortet.

Zum Teil wird - insbesondere unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihrer Vorgängernorm in der CPO - vertreten, dass die Schadensersatzpflicht aus § 717 Abs. 2 ZPO rein prozessrechtlicher Natur ist, weswegen der Schuldner des Schadensersatzes, also der Gläubiger der Vollstreckung aus dem auf Rechtsmittel des Schuldners aufgehobenen oder abgeänderten Titel ihr gegenüber keinerlei materiellrechtliche Einwendungen vorbringen könne (in diesem Sinne Pecher ZZP 1981, 446 ff). Nach dieser Auffassung dient die Vorschrift - ähnlich der Besitzschutzvorschrift des § 861 BGB - allein der Wiederherstellung des status quo ante, also des Zustandes vor der Vollstreckung aus dem nachträglich aufgehobenen Titel. Aus diesem Grunde scheidet auch die Aufrechnung eines materiellrechtlichen Anspruchs gegenüber diesem prozessualen Schadensersatzanspruch aus (Pecher a.a.O. S. 475 f).

Demgegenüber hat der BGH im Jahr 1980 (NJW 1980, 2527 ff = ZZP 1981, 444 ff) entschieden, dass eine Aufrechnung mit einer Gegenforderung später sogar im Sinne des § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sei, weil die Schadensersatzforderung aus § 717 Abs. 2 ZPO bereits im Zeitpunkt der erfolgreichen Vollstreckung aus dem erstinstanzlich erstrittenen Urteil entstehe und nicht erst im Zeitpunkt der Aufhebung eben dieser Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz. Der BGH hat diesen Ansatz damit begründet, dass dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil erster Instanz im Hinblick auf die materielle Rechtslage keine rechtsgestaltende Wirkung zukomme, vielmehr ermögliche es dem obsiegenden Kläger lediglich prozessual die vorläufige Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Titel. Soweit für den Senat erkennbar, hält der BGH an dieser Rechtsprechung auch fest. In einer neueren Entscheidung (NJW 1997, 2601) differenziert der BGH bei der Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO zwar insoweit, als er der Norm im Hinblick auf den Hauptsacheanspruch - also den Anspruch auf Rückzahlung der Überzahlung - lediglich ein rein prozessuales Instrument der Waffengleichheit entnimmt, im Hinblick auf den weitergehenden Schadensersatzanspruch - also den Anspruch auf Ausgleich des Zinsschadens - schließt sich der BGH jedoch ausdrücklich der älteren Entscheidung aus dem Jahre 1980 an.

Der Senat schließt sich der Auffassung des BGH an. Sie vermeidet einen Wertungswiderspruch zu dem gleichzeitig bestehenden Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alternative BGB. In Höhe der Überzahlung war die Klägerin nämlich auch ungerechtfertigt bereichert (Wieczorek/Schütze, 1999, § 717 ZPO Rdz. 43) und zwar bereits zum Zeitpunkt des Erhalts der Zahlung am 2.3.1999, weil die Überzahlung von Anfang an (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alternative BGB) rechtsgrundlos erfolgte (a.a.O.). Für den Zeitraum zwischen der Verkündung des landgerichtlichen Urteils und der abändernden Entscheidung des OLG im Parallelverfahren bewirkte der landgerichtliche Titel, dass die Beklagten den überzahlten Betrag - vorläufig - nicht zurückfordern konnten. Das bedeutet aber nicht, dass der Rechtsgrund für die Überzahlung erst mit der Verkündung der abändernden Entscheidung des OLG am 17.1.2006 im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 1.Alternative nachträglich wieder weggefallen und damit der Kondiktionsanspruch der Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. Denn das Abänderungsurteil des Berufungsgerichts hat selbst keine rechtsgestaltende Wirkung in dem Sinne, dass zunächst der landgerichtliche ausgeurteilte Betrag geschuldet wäre, dann aber lediglich ein geringerer; vielmehr stellt das Berufungsurteil lediglich fest, dass die weitergehende Verurteilung zu Unrecht erfolgt ist (so für den Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO BGH ZZP 1981, 444 a.a.O. S. 445 unten).

Auch die beiden von den Beklagten mit Schriftsatz vom 17.6.2007 (Bl. 605 ff der Akten) zitierten Entscheidungen stehen letztlich nicht in Widerspruch zur Auffassung des Senats. Beide Entscheidungen verhalten sich ausschließlich zu der Frage der Verjährung eines Schadensersatzanspruches aus § 717 Abs. 2 ZPO, nicht jedoch zu der Problematik, wann ein derartiger Anspruch überhaupt entsteht. Dass jedoch der Zeitpunkt der Entstehung eines Anspruches dem Beginn der Verjährungsfrist vorgelagert sein kann, ist weder im alten noch im neuen Verjährungsrecht nach der Schuldrechtsreform außergewöhnlich. Im neuen Verjährungsrecht beginnt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren sogar regelmäßig erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, was zu einem Auseinanderfallen von Anspruchsentstehung und Verjährungsbeginn von bis zu 365 Tagen führen kann. Auf diese Divergenz hat auch der BGH in der zitierten Entscheidung (ZZP 1981, 444) hingewiesen, indem er ausführt, dass die Frage nach dem Beginn der Verjährungsfrist (im dort zu entscheidenden Fall: § 198 BGB a.F.) nicht notwendigerweise in gleicher Weise zu beantworten ist, wie die Frage nach dem frühestmöglichen Zeitpunkt der Aufrechnung (a.a.O. S. 445). Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, der Gläubiger des Anspruchs aus § 717 Abs. 2 ZPO und Schuldner des Vollstreckungsverfahrens könne zwar den Schadensersatz erst ab der Existenz des aufhebenden Urteils verlangen, umgekehrt stehe aber für den Vollstreckungsgläubiger und Schuldner des Schadensersatzanspruchs aus § 717 Abs. 2 ZPO nichts im Wege, eben diesen Schadensersatzanspruch bereits vorher - also vor Verkündung des aufhebenden Urteils - zu erfüllen.

Die im vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständliche Werklohnforderung und der Rückforderungsanspruch der Beklagten aus § 717 Abs. 2 ZPO standen sich nach den gemachten Ausführungen im Sinne des § 389 BGB damit erstmalig am Tag der Vornahme der Zahlung durch die Beklagten (2.3.1999) aufrechenbar gegenüber. Die Erlöschenswirkung der Aufrechnung wirkt nach § 389 BGB auf diesen Zeitpunkt zurück. Das hat zur Folge, dass die Beklagten der Klägerin ab diesem Tage zwar weniger, aber immerhin noch 18.513,39 € schuldeten. Da ihre eigene Forderung über 30.681,68 € aber ab diesem Zeitpunkt als erloschen gilt, kann den Beklagten wegen dieses Betrages auch kein Zinsschaden entstanden sein, den sie über § 717 Abs. 2 ZPO von der Klägerin ersetzt verlangen könnten.

Da damit letztlich die von den Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung wegen des behaupteten Schadensersatzanspruchs nach § 717 Abs. 2 ZPO nicht durchgreift, schulden sie der Klägerin weiterhin restlichen Werklohn in Höhe von 18.513,39 €, so dass das den Hauptsacheanspruch insgesamt abweisende Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern war.

B. Berufung der Beklagten 1.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Klägerin übersteigt der Wert der Beschwer der Beklagten die Wertgrenze von 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beklagten begehren, bei der Zinsberechnung einen Betrag in Höhe von 5.119,43 € (dazu sogleich) außer Betracht zu lassen. Bei Zugrundelegung eines Zinssatzes in Höhe von 5% macht dies für fünf Jahre und einen Monat (siehe unten) einen Betrag in Höhe von 1.301,21 € aus. Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass es sich bei den Zinsen lediglich um Nebenforderungen handelt, da das Rechtsmittel nur wegen der Zinsen eingelegt wurde und es dann auf den Betrag der Zinsen ankommt (vergleiche Zöller/Gummer/Heßler, 26. Auflage, § 511 ZPO Rdz. 32).

2.

Auch die Berufung der Beklagten ist begründet.

Richtig ist zunächst, dass die Klägerin bereits in erster Instanz einen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 10.012,73 DM (entspricht 5.119,43 €) zugestanden hat und entgegen der Ankündigung im Schriftsatz vom 23.6.1999 (Bl. 145 der Akten) eine entsprechende Bankbürgschaft nicht überreicht hat.

Die Klägerin verweist in ihrer Berufungserwiderung vom 23.11.2006 (Bl. 573 ff der Akten) allerdings zu Recht darauf, dass sich die Höhe des Sicherheitseinbehalts nach dem Ausgang des Berufungsverfahrens richte und dass die Gewährleistungsfrist nach fünf Jahren und einem Monat am 29.10.2002 abgelaufen ist.

Zu berechnen ist der Sicherheitseinbehalt grundsätzlich aus einem Betrag in Höhe von 106.971,04 € (57.775,98 € bereits geleistete Zahlungen, vergleiche Bl. 125 der Akten zzgl. 49.195,06 €; das ist der letztlich vor Erklärung der Aufrechnung in Höhe von 30.681,68 € noch offene Betrag, siehe oben), daraus 5% entsprechen 5.348,55 €. Dieser Betrag wäre von den von den Beklagten geschuldeten 49.195,06 € abzuziehen, was 43.846,51 € für den Zeitraum bis zum 2.3.1999 beziehungsweise 13.164,84 € (18.513,39 € - 5.148,55 €) für den Zeitraum vom 3.3.1999 bis zum 29.10.2002 entspräche. Allerdings haben die Beklagten mit ihrem Berufungsantrag (Bl. 56 der Akten) beantragt, die Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 43.954,40 € zu berechnen (weil sie von dem Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5.119,43 € ausgegangen sind, den die Klägerin in erster Instanz zugestanden hatte, s.o.), weswegen nach § 308 Abs. 1 ZPO von diesem Betrag in Höhe von 5.119,43 € auszugehen ist.

C. Nebenentscheidungen

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist nach Maßgabe von §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

2.

Die Revision wird zugelassen, weil die im vorliegenden Falle streitentscheidende Frage, ob die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung aus § 717 Abs. 2 ZPO auf den Zeitpunkt der Erfüllung des vorläufig vollstreckbaren Urteils zurückwirkt oder ob hierfür der Zeitpunkt des aufhebenden Urteils maßgeblich ist, in der hier vorliegenden Konstellation in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - soweit ersichtlich - nicht restlos geklärt ist.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27 967,99 € festgesetzt (Berufung der Klägerin: 26 666,78 €; Berufung der Beklagten: 1 301,21 €).

Ende der Entscheidung

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