Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 05.02.2007
Aktenzeichen: 7 U 22/06
Rechtsgebiete: InsO, HGB


Vorschriften:

InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5
InsO § 39 Abs. 3
HGB § 167 Abs. 2
HGB § 245 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 7 U 22/06

Verkündet am: 5. Februar 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle

hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Neumüller, den Richter am Oberlandesgericht Burger und den Richter am Landgericht Born auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29. Dezember 2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien waren Gesellschafter der J. W... Söhne GmbH & Co KG mit Sitz in D.... Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 1. Oktober 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Ihren Beginn nahm die Gesellschaft in der J. W... Söhne OHG. Diese wurde nach dem Tod der beiden alleinigen Gesellschafter mit Gesellschaftsvertrag vom 12. August 1955 von den Erben unter Einbringung ihrer aus der Erbteilung stammenden Kapitalguthaben in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. In § 14 des Gesellschaftsvertrages war geregelt: "Nach Abzug der sich aus §§ 6 und 7 ergebenden Vergütungen wird der verbleibende Reingewinn bezw. Verlust nach dem Verhältnis der Kapitalanteile zu Beginn jeden Geschäftsjahres den Gesellschaftern gutgeschrieben bezw. belastet. Die Gutschrift der Gewinnanteile bezw. die Lastschrift für Verlustanteile erfolgt bei den Kommanditisten, soweit die in § 1 genannten Haftsummen überschritten werden, auf besonderen Darlehenskonten. Bei Berechnung des Verhältnisses der Kapitalanteile zu Beginn jedes Geschäftsjahres sind die Darlehenskonten der Kommanditisten den Haftsummen zuzurechnen. Sind die Darlehenskonten aufgebraucht, so mindern evtl. Verlustanteile die Kapitalkonten der Kommanditisten für die Berechnung der Gewinnbeteiligung."

In der Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 1977 sollten die mit der ständigen Veränderung der Beteiligungsquoten einhergehenden Probleme beseitigt und zudem Kontenparität zwischen zwei Gesellschaftergruppen hergestellt werden. Deshalb wurden in Ziffer 1. des dort gefassten Gesellschafterbeschlusses feste Kapitalanteile als Grundlage für die Gewinnverteilung rückwirkend zum 1. Januar 1973 derart gebildet, dass zwei Gruppen mit einer Kapitalbeteiligung von je 480.000 DM entstanden. Ziffer 2. lautete auszugsweise: "Die Darlehenskonten werden mit 8 % nach dem Stand zu Beginn eines Jahres verzinst und zwar im Soll und im Haben."

Erstmals im Jahre 1995 machte die Gesellschaft Verluste. In der Gesellschafterversammlung vom 22. November 1996, an der auch die Beklagte teilnahm, billigten die Gesellschafter einstimmig eine Bilanz, in der diese Verluste auf Verlustsonderkonten gebucht wurden. Allerdings wurde diese Vorgehensweise in der Versammlung, in der mehrere Jahresabschlüsse (1991 - 1995) im Paket genehmigt wurden, nicht näher thematisiert. In den Folgejahren entbrannte heftiger Streit über die Verlustsonderkonten (s. hierzu u.a. das Schreiben GA 206 ff.) und es gab keine Gesellschafterversammlung mehr, auf der eine Bilanz zur Abstimmung gestellt wurde.

Die Parteien waren noch bis 2000 Komplementäre der Gesellschaft. Im Jahre 2000 wurde die Gesellschaft in eine GmbH & Co KG umgewandelt. Die Komplementärstellung wurde von der neu gegründeten J. W... Söhne Verwaltungs- GmbH übernommen, während der Kläger und die Beklagte Kommanditisten wurden. Ansonsten haben sich die für den Streitfall maßgeblichen Gesellschaftsverhältnisse nicht verändert. Die Gesellschaft hatte zuletzt ein festes Kommanditkapital von 960.000 DM, an dem der Kläger, der auch Geschäftsführer der Gesellschaft war, mit 50 % und die Beklagte mit 10,417 % beteiligt waren. Sämtliche Gesellschafter habe ihre Mitgliedschaft zum 31. Dezember 2001 gekündigt.

Zu diesem Datum betrugen die Guthaben aller Gesellschafter auf den Darlehenskonten 8.950.133,09 DM. Nach Aufforderung durch den Insolvenzverwalter meldeten die Gesellschafter diese Guthaben, die vom Insolvenzverwalter als eigenkapitalersetzend eingestuft worden waren, jeweils als nachrangige Insolvenzforderungen an. Die Beklagte meldete eine Forderung in Höhe von 1.875.366,40 € und der Kläger eine in Höhe von 1.741.068,29 € an. Die Forderungen, die voraussichtlich zu 20 % bedient werden können, wurden vom Insolvenzverwalter anerkannt und mit Ausnahme der streitgegenständlichen zur Tabelle festgestellt.

Die Beklagte hat der Forderung des Klägers mit der Begründung widersprochen, diese sei wegen der erforderlichen Verrechnung mit dem auf dem Verlustsonderkonto des Klägers gebuchten Betrag in Höhe von 1.887.094,56 € erloschen.

Der Kläger betreibt deshalb die Feststellung der Forderung. Er ist der Ansicht, die im Gesellschaftsvertrag von 1955 vorgesehene Verrechnung von Verlustanteilen mit Gutschriften von Gewinnanteilen sei mit Beschlussfassung vom 15. Oktober 1977 einvernehmlich aufgehoben worden.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat der Klage der Argumentation des Klägers folgend antragsgemäß stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Rechtsauffassung weiterhin das Ziel der Klageabweisung.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 29. 12. 2005 - Az: 2 HK O 88/05 - unter Aufhebung im Kostenpunkt abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, Protokolle und anderen Unterlagen verwiesen.

II.

Die Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle nach § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 InsO. Der auf seinem Darlehenskonto verbuchte Betrag ist durch die nach der Satzung vorgeschriebene Verrechnung mit Verlusten in Höhe von 1.887.094,56 € erloschen, weshalb auch die durch die Teilnahme am Verfahren entstandenen Kosten nicht berücksichtigt werden können. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts haben die Gesellschafter mit ihrem Beschluss vom 15. Oktober 1977 die im Gesellschaftsvertrag vom 12. August 1955 vorgesehene Verlustverrechnung nicht aufgehoben.

I. Die vom Erstgericht vorgenommene Auslegung überzeugt nicht.

1. Nach der ursprünglichen Regelung in § 14 des Gesellschaftsvertrages war für alle Gesellschafter eine variable Kapitalbeteiligung mit einer Verbuchung auf einem Konto vereinbart. Die Begrenzung der Gewinnzuschreibung auf die Höhe des Kapitalanteils mit der Folge eines weiteren, als Darlehenskonto bezeichneten Kontos für die Kommanditisten folgte aus § 167 Abs. 2 HGB. Da diese Konten nicht nur durch Gewinngutschriften erhöht, sondern auch durch Abzug von Verlustanteilen vermindert wurden, handelte es sich bei den darauf gebuchten Beträgen entgegen der Kontobezeichnung nicht um Fremd-, sondern um Eigenkapital der Gesellschaft, was sich allein danach bestimmt, ob das Konto der Verlustverrechnung ausgesetzt ist oder nicht (vgl. MünchKommHGB/Priester, 2004, § 120 Rdn. 29 m.w.N.; Oppenheimer, DStR 1999, 939, 942, 943; Rodewald, GmbHR 1998, 521, 524, 526). Wenn der Kläger in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2007 die Auffassung vertritt, aus § 14 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass Verluste mit auf den Darlehenskonten gebuchten Gewinnen zu verrechnen sind, so ist dies angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts in Abs. 1 und Abs. 2 nicht nachvollziehbar. Die Regelung in Abs. 3 der Vorschrift soll offensichtlich verhindern, dass die Komplementäre durch Stehenlassen von Gewinn ihre Stellung in der KG zum Nachteil der Kommanditisten ausbauen können (hierzu etwa MünchKomm HGB/Grunewald, 2. Aufl., § 167 Rdnr. 14).

2. Für die Frage, ob hinsichtlich dieser Verlustverrechnung durch den Gesellschafterbeschluss vom 15. Oktober 1977 etwas geändert werden sollte, ist zunächst vom Wortlaut des Beschlusses auszugehen. In Ziffer 1. des in der Gesellschafterversammlung angenommenen Beschlussvorschlags wurden rückwirkend zum 1. Januar 1973 feste Kapitalanteile für Kommanditisten und Komplementäre gebildet. In Ziffer 2. wurde eine Verzinsung des aufgrund der festen Kapitalanteile nunmehr für alle Gesellschafter notwendigen weiteren "Darlehenskontos" im Soll und im Haben geregelt. Eine Abkehr von der Verlustverrechnung ist dem Wortlaut des Änderungsbeschlusses nicht zu entnehmen. Angesichts der erheblichen Tragweite für die Gesellschaftsfinanzen wäre aber zu erwarten gewesen, dass eine Änderung der Satzung insoweit im Wortlaut Niederschlag gefunden hätte. Da dies nicht der Fall ist, spricht unter diesem Aspekt alles gegen einen Abänderungswillen der Gesellschafter.

3. Aus dem mit der Änderung durch die Gesellschafter verfolgten Zweck und der Entstehungsgeschichte des Gesellschafterbeschlusses lassen sich Anhaltspunkte für eine Abschaffung der Verlustverrechnung nicht gewinnen.

a) Anlass für die Regelung in der Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 1977 waren unstreitig die aus der variablen Kapitalbeteiligung resultierenden Probleme für Stimmrecht und Gewinnverteilung (§§ 12 und 14 des Gesellschaftsvertrages). Zur Problembewältigung war es notwendig - wie geschehen - feste durch Zu- oder Abschreibungen unbeeinflusste Kapitalkonten zu bilden. Weiteres unternehmenspolitisches Ziel war die Verwirklichung von Kontenparität zwischen zwei Gesellschaftergruppen. Deshalb wurden die festen Kapitalbeteiligungen so vereinbart, dass jede Gruppe auf eine Kapitalbeteiligung von 480.000 DM kam.

b) Um diese Ziele zu erreichen war es also gerade nicht nötig, die Verlustverrechnung außerhalb der festen Kapitalbeteiligung abzuschaffen. Mittelbare zwingende systematische Folge war insoweit nur, dass neben dem unveränderlichen Kapitalkonto I mindestens ein weiteres Konto bestehen musste, auf dem Gewinne, Entnahmen und etwaige Verluste verbucht werden konnten. Die Gesellschafter sind dem insoweit nachgekommen, dass sie das für die Kommanditisten vorhandene "Darlehenskonto" für diese beibehalten und das Zweikonten-System - zumindest aus dem Zusammenhang der Regelung heraus - auf die Komplementäre erstreckt haben. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde das Thema Verlustverrechnung in der Gesellschafterversammlung nicht beraten und war auch nicht Gegenstand der Einladung gewesen.

4. In den sonstigen Begleitumständen finden sich zwar Indizien für das vom Kläger angestrebte Auslegungsergebnis. Die Gesamtwürdigung aller, insbesondere der gewichtigen vorstehenden Umstände, spricht indes nach Auffassung des erkennenden Senats deutlich gegen eine Abschaffung der Verlustverrechnung im Jahre 1977.

a) Die einmalige einvernehmlich gebilligte Buchung der Verluste auf Verlustsonderkonten im Jahre 1996 reicht nicht aus, auf einen Abänderungswillen im Jahre 1977 zu schließen. Insoweit handelt es sich allerdings um ein - schwaches - Indiz für eine Auslegung im Sinne des Klägers.

aa) Durch die einstimmige Billigung der Buchung der erstmals im Jahre 1995 aufgetretenen Gesellschaftsverluste auf Verlustsonderkonten durch die Gesellschafterversammlung vom 22. November 1996 wurden die Darlehenskonten zu Forderungskonten (Fremdkapital), was sich - wie bereits ausgeführt - allein danach bestimmt, ob sie der Verlustverrechnung ausgesetzt sind oder nicht. Für die Bewertung dieses Umstands im Rahmen der Auslegung ist es unerheblich, ob die Beklagte die Bilanz des Jahres 1995 unterzeichnet hat. Nach § 245 S. 2 HGB ist der Jahresabschluss zwar von sämtlichen persönlich haftenden Gesellschaftern zu unterzeichnen. Unmittelbare rechtsgeschäftliche Bedeutung kommt der Unterzeichnung aber nicht zu. Maßgeblich für die Billigung und Verbindlicherklärung des Jahresabschlusses ist vielmehr der Beschluss sämtlicher Gesellschafter (MünchKommHGB/Priester, aaO Rdn. 18, 54 f.; MünchKommHGB/Grunewald, 2002, § 167 Rdn. 2).

bb) In dieser erstmaligen Handhabung liegt ein Indiz für den mutmaßlichen Parteiwillen, auch wenn es sich dabei nicht um eine längere Übung handelt. Das Indiz ist aber für eine Auslegung im Sinne des Klägervortrages nicht ausreichend. Denn die Bilanz wurde - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Beklagten bekräftigt und vom Kläger nicht in Abrede gestellt - "im Paket" zusammen mit den Bilanzen 1991 - 1994 gebilligt. Die Folgen der Verbuchung auf Verlustsonderkonten für die Einordnung der Beträge auf den "Darlehenskonten" waren weder vor der Gesellschafterversammlung noch während dieser von den Gesellschaftern thematisiert worden. Bereits ab 1997 herrschte dann Streit über diese Verfahrensweise. Es kam danach nicht mehr zu einer durch Gesellschafterbeschluss bestätigten Bilanz.

b) Die Bezeichnung als Darlehenskonto hat im Streitfall nicht einmal indizielle Bedeutung. Denn die bereits im Gesellschaftsvertrag von 1956 für die Kommanditisten vorgesehenen "Darlehenskonten" waren ausdrücklich zur Verlustbuchung vorgesehen.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers spricht die Verzinsung des Kontos nicht für ein echtes Forderungskonto. Der Umstand der Verzinsung ist insoweit grundsätzlich ambivalent (vgl. etwa MünchKommHGB/Priester, aaO, § 120 Rdn. 29; § 121 Rdn. 44 f.). Unter den besonderen Umständen des Streitfalls spricht die Verzinsung im Soll nach Auffassung des Senats sogar für eine beabsichtigte Verlustanrechnung auf den "Darlehenskonten". Denn gemäß § 15 der Satzung waren die Gesellschafter verpflichtet, einen bestimmten Teil des Gewinns in der Gesellschaft zu belassen. Diese Zwangsthesaurierung bedingt, dass regelmäßig nur durch eine Verlustanrechnung überhaupt ein negatives Konto erreicht werden kann, so dass nur für diesen Fall eine Verzinsung im Soll in Betracht kommt.

d) Die Abschreibung von Verlusten führt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zwangsläufig zu einer gegen § 167 Abs. 3 HGB verstoßenden Nachschusspflicht der Kommanditisten, so dass es deshalb einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung bedurft hätte. Die Verlustanrechnung führt selbst bei Erreichen eines Solls nicht zu einer Nachschusspflicht, sondern lediglich zu einem negativen Konto, das mit zukünftigen Gewinnen vorrangig auszugleichen ist (vgl. MünchKommHGB/Grunewald, aaO Rdn. 15; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 167 Rdn. 5), wie es im Übrigen § 15 der Satzung von 1956 bereits vorsah. Der Kläger übersieht davon abgesehen bereits im Ausgangspunkt, dass, folgt man seiner Auffassung nicht, eine Satzungsregelung unverändert bestand.

e) Von schwacher Bedeutung ist, worauf die Berufung zu Recht hinweist, das im Jahre 1997 offenbarte Verständnis von RA Dr. S.... Dieser ist im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 15. Oktober 1977 als Vertreter der Gesellschaftergruppe aufgeführt, der die Beklagte angehörte. Dessen Äußerungen als Teilnehmer der Gesellschafterversammlung können zwar durchaus Rückschlüsse auf die Umstände des Zusammenkommens des Beschlusses zulassen. Die Äußerungen enthalten aber keine Tatsachenbehauptungen, die den Schluss zulassen, dass eine Abschaffung der Verlustverrechnung im Jahre 1977 in einer Weise thematisiert worden war, dass sie Grundlage der Willensbildung der Gesellschafter hätte werden können. Die Äußerung von RA R... als Vertreter einer Mitgesellschafterin im Schreiben vom 2. Dezember 1997 hat noch geringere Aussagekraft, da dieser bei der Gesellschafterversammlung im Jahre 1977 nicht anwesend war. Die Einordnung der "Darlehenskonten" zum Fremdkapitalbereich durch den Insolvenzverwalter ist gleichfalls nicht maßgeblich, da dieser sich an der - satzungswidrigen - tatsächlichen Übung orientierte. Auch die übrigen, teils von steuerlichen Gesichtspunkten geprägten nachträglichen Erwägungen von Wirtschaftsprüfern und anderen Beratern lassen einen Schluss auf den Gesellschafterwillen im Jahre 1977 nicht zu.

f) Die vom Kläger favorisierte Auslegung widerspräche auch einem am Gesellschaftswohl orientierten Gesellschafterinteresse. Die Verzinsung von 8 % im Haben bei gleichzeitiger Einstellung von Verlusten auf Verlustsonderkonten ist in erheblichem Maße dazu geeignet, die Gesellschaft im Verlustfall zugrunde zu richten. Dies wird im Streitfall augenfällig, wenn man berücksichtigt, dass die Gesellschafter im Jahre 2001 aufgrund der Guthaben auf den "Darlehenskonten" einen Anspruch auf ca. 716.000 DM Zinsen gehabt hätten.

II. Eine grundsätzlich auch bei Gesellschaftsverträgen mögliche ergänzende Auslegung scheitert im Streitfall daran, dass es an der hierfür erforderlichen planwidrigen Unvollständigkeit der Regelung fehlt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 157 Rdn. 3). Da, wie oben ausgeführt, eine Aufhebung der Verlustverrechnung mit der beabsichtigten Änderung im Jahre 1977 nicht zwingend einherging, blieb § 14 des Gesellschaftsvertrages als Grundlage der Verlustanrechnung insoweit im Wesentlichen unangetastet.

III. In dem einmaligen einvernehmlichen Gesellschafterbeschluss aus dem Jahre 1996 kann keine konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages gesehen werden. Die Abänderung der satzungsgemäßen Verlustanrechnung war - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand der Willensbildung. Eine langjährige vom Vertragswortlaut abweichenden Handhabung des Gesellschaftsverhältnisses, um prima facie auf eine konkludente Vertragsänderung zu schließen (MünchKommHGB/Schmidt, 2004, § 105 Rdn. 163 m.w.N.; vgl. auch MünchKommHGB/Priester, aaO, § 121 Rdn. 31; BGH NJW 1996, 1678, 1680 m.w.N.), liegt nicht vor, da die Einrichtung von Verlustsonderkonten seit 1997 heftig umstritten war.

IV. Die Beklagte verhält sich auch nicht treuwidrig. Sie hat zwar - genau wie der Kläger - ihre gesamte auf dem Darlehenskonto gebuchte Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, dabei jedoch ausdrücklich betont, dass nach ihrer Auffassung Gewinne und Verluste zu verrechnen sind (GA 37 f.). In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat sie außerdem erklärt, sie sei bereit, ihr Darlehenskonto mit dem Verlustsonderkonto zu verrechnen (GA 113).

Auch die Tatsache, dass die Beklagte nur der Forderungsanmeldung des Klägers widersprochen hat und nicht auch den entsprechenden Anmeldungen der übrigen Mitgesellschafter, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Zwingende Gründe rechtlicher Art, die insoweit ein gleiches Vorgehen der Beklagten gegen alle Mitgesellschafter erfordern, sind nicht ersichtlich. Zwar gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung auch im Recht der Personengesellschaften (siehe hierzu etwa Ebenroth/Boujong/Joost/ Mayen HGB § 109 Rdnr. 27 ff.). Der vorliegende Rechtsstreit ist jedoch nicht der gesellschaftsvertraglichen Ebene zuzuordnen. Er berührt nicht unmittelbar das Verhältnis der Gesellschafter untereinander, die Parteien stehen sich vielmehr als - konkurrierende - Gläubiger im Insolvenzverfahren ihrer Gesellschaft gegenüber. Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift daher im vorliegenden Fall nicht. Der Beklagten muss es vielmehr unbenommen bleiben, etwa aus Gründen des Prozessrisikos oder auch aus rein persönlichen Motiven gegenüber einzelnen Mitgesellschaftern auf eventuelle Vorteile aus der Verlustverrechnung zu verzichten.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist nach Maßgabe der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO); es handelt sich vielmehr um die Entscheidung eines besonders gelagerten Einzelfalles.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 340.000 € (§ 182 InsO).

Ende der Entscheidung

Zurück