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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 24.05.2005
Aktenzeichen: 8 U 116/04
Rechtsgebiete: HOAI, ZPO, BGB


Vorschriften:

HOAI § 15
ZPO § 139
ZPO § 263
ZPO § 533
BGB § 242
BGB § 649
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 8 U 116/04

Verkündet am: 24. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Architektenhonorar

hat der 8. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Schunck, die Richterin am Oberlandesgericht Jahn-Kakuk und den Richter am Landgericht Dr. Steitz auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. Juli 2004 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3 143,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 9. November 2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9/11, der Beklagte 2/11 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Klägers gegen das die Architektenhonorarklage insgesamt als derzeit unbegründet abweisende Urteil führt in der Sache (lediglich) zu einem Teilerfolg.

Unter Berücksichtigung einer auf die Abschlagsrechnung vom 10. Oktober 1999 (Bl. 9 d. A.) bereits erbrachten Scheckzahlung in Höhe von 2 500,00 DM (1 278,23 €) schuldet der Beklagte dem Kläger für tatsächlich erbrachte Teilleistungen aus den Leistungsphasen 6 - 8 des § 15 HOAI noch weitere 6 147,39 DM = 3 143,11 € nebst gesetzlicher Zinsen (§§ 632 BGB a.F., 286, 288 BGB).

Soweit das Landgericht die Klage als derzeit unbegründet insgesamt abgewiesen hat, kann das Urteil keinen Bestand haben, weil der Erstrichter insoweit die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Architektenschlussrechnung überspannt hat. Jedenfalls hätte das Landgericht nach Eingang des schriftlichen Gutachtens des Dipl.-Ing. D,,, J. S,,, vom 23. April 2004 (Bl. 360 ff. d. A.) den Kläger spätestens im Termin vom 6. Juli 2004 vor Schließung der mündlichen Verhandlung konkret darauf hinweisen müssen, welche Umstände der Prüffähigkeit der in erster Instanz der Klageforderung zugrunde gelegten Rechnungen vom 2. Dezember 2000 (Bl. 60 ff. und 65 ff. d. A.) noch entgegenstehen und den Kläger zu ergänzendem Vorbringen auffordern müssen, § 139 ZPO. Sowohl im Werkunternehmer- wie auch im Architektenrecht geht die höchstrichterliche Rechtsprechung in den letzten Jahren wieder eindeutig dahin, dass der Richter die Anforderungen an die Überprüfbarkeit und die Aufschlüsselung von Rechnungen nicht überspannen darf, weil die Prüffähigkeit kein Selbstzweck ist.

Jedenfalls entspricht die in 2. Instanz erstmals vorgelegte Schlussrechnung vom 25. Oktober 2004 über 16 752,05 € (Bl. 444 d. A.) den Anforderungen an die Prüffähigkeit. Stützt - wie hier - der klagende Architekt seinen Honoraranspruch in der Rechtsmittelinstanz in erster Linie auf eine in der Berufungsinstanz vorgelegte neue Schlussrechnung, fehlt damit nicht die Beschwer aufgrund des Urteils in erster Instanz, mit der die Klage mangels prüffähiger Schlussrechnung als derzeit nicht begründet abgewiesen wurde (OLG Koblenz BauR 2001, 1776 - 1778). Hier kommt hinzu, dass der Kläger hilfsweise seine Forderung weiterhin auf die früheren Rechnungen stützt, die Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren.

Der Kläger ist auch nicht an die erste oder zweite erteilte Architektenschlussrechnung gebunden, was von Amts wegen zu prüfen ist. Insoweit hat der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsauffassung immer weiter zurückgedrängt (vgl. BGHZ 62, 208; NJW 78, 319; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 8 Rdnr. 27 m.w.N.). Inzwischen ist die Bindung des Architekten an eine einmal erteilte Schlussrechnung weitgehend aufgehoben. Anhaltspunkte dafür, dass im konkreten Fall Änderungen der Schlussrechnung gegen Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB verstoßen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich; ebenso wenig stellt die Änderung der Rechnung eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil auf Seiten des Auftraggebers durch die erste oder zweite Schlussrechnung kein schutzwürdiges Vertrauen auf deren Endgültigkeit begründet wurde. Wenn - wie hier - der Auftraggeber von Anfang an jegliche weitere Honorarforderung schon dem Grunde nach zurückweist und sich - als Architekt - zudem auf fehlende Prüffähigkeit beruft, gibt er zu erkennen, dass er auf die Endgültigkeit dieser früheren Honorarschlussrechnung gerade nicht vertraut hat.

Die Einführung einer neuen Schlussrechnung stellt auch keine Klageänderung im Sinne von §§ 263, 533 ZPO dar, weil der der Klageforderung zugrunde liegende Sachverhalt nicht ausgewechselt wurde, sondern für den tatsächlich entstandenen einzigen Vergütungsanspruch nur eine andere Berechnung angestellt wird.

Der Auftragnehmer hat seine Honorarschlussrechnung so aufzustellen, dass der Auftraggeber in der Lage ist, zu prüfen, ob sie "sachlich und rechnerisch richtig" ist. Ihr muss also grundsätzlich entnommen werden können, welche Leistungen im Einzelnen berechnet worden sind, und auf welchem Wege und unter Zugrundelegung welcher - gegebenenfalls überprüfbaren - Parameter die Berechnung vorgenommen worden ist. Hierzu gehört, dass die Leistungen - soweit dies möglich ist - aufgegliedert werden. War dabei - so auch hier - der Auftragnehmer nicht mit sämtlichen Grundleistungen einer Leistungsphase befasst worden und wurde zudem das Vertragsverhältnis vor Ausführung einer Leistungsphase vorzeitig beendet, muss der Rechnung, soweit möglich, zu entnehmen sein, wie hoch der Honoraranteil für die einzelnen Grundleistungen ist und auf welchen Erwägungen diese Aufteilung und die anteilige Honorarabrechnung beruht. Wie weit diese Aufgliederung im Einzelnen zu gehen hat, lässt sich nicht allgemein, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalles entscheiden, wobei auch zu differenzieren ist zwischen der Frage der Prüffähigkeit der Rechnung einerseits und der Begründetheit der angesetzten Bruchteile andererseits. Dabei ist im Einzelfall auch die jeweilige Sachkunde des Auftraggebers maßgebend. Ist dieser - wie hier - ein mit der Vollarchitektur des Bauwerks beauftragter Architekt, der die Leistungsphasen 1 - 5 unstreitig allein und in eigener Verantwortung bewältigt hat und der auch nach dem Ausscheiden des Auftragnehmers das Projekt allein weiter bis zu dessen Fertigstellung und Abnahme verantwortlich betreut hat, dürfen nur geringere Anforderungen an das Erfordernis der Prüffähigkeit bezüglich der drei von dem Kläger teilweise mit bearbeiteten Leistungsphasen gestellt werden. Die Schlussrechnung und deren Prüffähigkeit erfüllen keinen Selbstzweck.

Auf dieser Grundlage ist die zuletzt gestellte Schlussrechnung in jeder Hinsicht überprüfbar. Der Kläger hat dabei im Einzelnen dargelegt, von welchen anrechenbaren Kosten jeweils auszugehen ist. Er hat dazu einen Kostenanschlag nach DIN 276 vorgelegt, der jedenfalls deshalb zum Ausgangspunkt seiner Honorarberechnung gemacht werden kann, weil ihm vorzeitig gekündigt wurde und er deshalb zu konkreten Kostenberechnungen nicht imstande war. Nachdem der Beklagte seinerseits über die entsprechenden Kostenermittlungen für das geplante Gesamtprojekt verfügt, er trotz entsprechender Aufforderung jedoch nicht bereit war, seine Kostenabrechnung gegenüber der Bauherrin offen zu legen, reicht das einfache Bestreiten des Beklagten insoweit nicht aus, zumal der Kostenanschlag auch nach einzelnen Positionen übersichtlich aufgegliedert ist, so dass von dem Beklagten erwartet werden kann, sich mit diesem Rechenwerk auseinander zu setzen und konkret darzulegen, welche Positionen vom Kläger zu hoch veranschlagt wurden. Auch soweit der Beklagte lediglich pauschal den Anteil der vom Kläger in den Leistungsphasen 6 - 8 erbrachten Leistungen bestreitet, reicht dies unter den gegebenen Umständen hier nicht aus, so dass der Senat von dem in der Schlussrechnung aufgestellten Rechenwerk auch insoweit ausgehen kann.

Nach der übersichtlichen Abrechnung des Klägers hat dieser danach hinsichtlich der Leistungsphasen 6 - 8 einschließlich belegter Nebenkosten laut Aufstellung und Mehrwertsteuer ein Honorar 8 647,39 DM verdient. Nach Abzug der Scheckzahlung errechnet sich daraus der Urteilsbetrag.

Zinsen kann der Kläger erst nach Zugang der letzten Schlussrechnung zuzüglich einer kurzen Prüfungsfrist von etwa 2 Wochen verlangen, weil die früheren Schlussrechnungen von einer davon abweichenden Rechnungsgrundlage ausgegangen sind.

Soweit der Kläger darüber hinaus in (entsprechender) Anwendung des § 649 BGB Vergütung auch für nicht erbrachte Leistungen fordert, ist die Klage indes unbegründet. Insoweit kann offen bleiben, ob das Vertragsverhältnis ordnungsgemäß durch Kündigung beendet wurde, vor allem ob es sich dabei um eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung gehandelt hat. Eine schriftliche Kündigung seitens des Beklagten als Vertragspartner des Klägers liegt jedenfalls nicht vor. Die näheren Umstände dazu, wie es zur unstreitigen Vertragsbeendigung kam, ließen sich auch im Termin vom 3. Mai 2005 nicht aufklären. Ein weiterer Vergütungsanspruch besteht jedenfalls schon deshalb nicht, weil der Kläger nicht nachzuweisen vermochte, dass ihm hinsichtlich der Leistungsphase 6 - 8 mündlich ein Auftrag dahin erteilt wurde, dass er diese Phasen alleine und komplett in eigener Verantwortung erbringen sollte. Nach den nicht widerlegten Darlegungen des Beklagten war es vielmehr so, dass dieser im konkreten Fall entscheiden wollte, in welchem Umfange sich der Beklagte insoweit beteiligen sollte. Es stand demnach im eigenen Ermessen des Beklagten, kurzfristig darüber zu entscheiden, ob und in welchem konkreten Umfang der Kläger den Beklagten zu unterstützen hatte. Steht damit auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht fest, dass insoweit der Kläger verbindlich mit weiteren Leistungen beauftragt wurde, als er tatsächlich ausgeführt hat, kann er für nicht erbrachte Leistungen weder nach § 649 BGB noch nach anderen Grundsätzen eine zusätzliche Vergütung fordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO vorliegen.

Ende der Entscheidung

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