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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.09.2009
Aktenzeichen: OVG 1 L 65.09
Rechtsgebiete: GVG, VwGO, EAEG


Vorschriften:

GVG § 17 a
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
VwGO § 75
EAEG § 3 Abs. 4
Auch bei vermeintlicher Untätigkeit der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Abwicklung eines Entschädigungsfalls ist für Streitigkeiten über Grund und Höhe der Entschädigung der Zivilrechtsweg kraft besonderer gesetzlicher Zuweisung gegeben. Das Motiv für die Klageerhebung ändert den mit der Klage geltend gemachten Anspruch nicht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 1 L 65.09

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hoock am 25. September 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht an das zuständige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen.

Für Streitigkeiten über Grund und Höhe des Entschädigungsanspruchs nach §§ 3 und 4 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz vom 16. Juli 1998 - EAEG - (BGBl. I S. 1842) in der Fassung vom 21. Juni 2002 (BGBl. I 2010) ist gemäß § 3 Abs. 4 EAEG der Zivilrechtsweg gegeben. Die beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die Anträge der Klägerin auf Auszahlung der Entschädigungsleistung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes zu bescheiden, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Anträge der Klägerin auf Auszahlung der Entschädigungsleistung zu bescheiden und ihr eine Entschädigung in Höhe von 10.211,83 Euro zu gewähren, erhobene, als "Untätigkeitsklage" bezeichnete Klage hat eine Streitigkeit über Grund und Höhe des Entschädigungsanspruchs zum Gegenstand. Denn das Begehren der Klägerin zielt nach Antrag und Begründung der Klage auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Entschädigungsleistung. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin die aus ihrer Sicht vorliegende Untätigkeit der Beklagten rügt. Denn der Entschädigungsanspruch, den sie geltend macht, ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet hat - eine Leistung, deren Umfang durch Gesetz bestimmt ist, so dass der Anspruch nach Klärung aller für seine Höhe maßgeblichen Tatsachen genau bestimmt ist; der Beklagten ist kein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Gewährung der Entschädigung oder hinsichtlich ihrer Höhe eingeräumt, so dass eine "Verpflichtung zur Bescheidung des Antrages auf Auszahlung in der gesetzlichen Höhe" immer auf die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe der Klägerin eine Entschädigung nach dem Gesetz zusteht, hinausläuft. Wenn die Klägerin meint, die Beklagte enthalte ihr eine gesetzlich in bestimmter Höhe zustehende Leistung vor, indem sie trotz Entscheidungsreife über den Entschädigungsanspruch nicht entscheide, so kennzeichnet dies nur den Beweggrund für das Beschreiten des Rechtsweges, wie er typischer Weise der Erhebung von Leistungsklagen zugrunde liegt, wenn nämlich der Schuldner die Leistung, auf die der klagende Gläubiger Anspruch erhebt, nicht erfüllt. Der Beweggrund für das Beschreiten des Klageweges führt jedoch auf keinen von dem Entschädigungsanspruch nach Grund und Höhe zu unterscheidenden Streitgegenstand, der von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 3 Abs. 4 EAEG nicht erfasst wird und im Verwaltungsrechtsweg verfolgbar wäre. Fehlt es an einem im Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 1. Halbsatz VwGO zu verfolgenden Streitgegenstand, können auch sonstige Bestimmungen der Verwaltungsprozessordnung keine Anwendung finden, insbesondere nicht die Vorschrift über die Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO). Dass die bloße Bezeichnung der Klage als Untätigkeitsklage ungeeignet ist, die Rechtsnatur des streitigen Rechtsverhältnisses zu beeinflussen, bedarf nach den vorstehenden Ausführungen keiner näheren Erläuterung. Die Beschwerde übersieht insofern, dass mit der Vorschrift keine zusätzliche oder besondere Klageart geschaffen, sondern lediglich unter den in § 75 VwGO genannten Voraussetzungen das Vorverfahrenserfordernis nach § 68 VwGO für Klagen, für die es gilt, überwunden wird, sich am Gegenstand und dem materiell-rechtlichen Prüfprogramm für die jeweilige Klage dadurch aber nichts ändert.

Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen. Die Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG), da der Klagegegenstand eindeutig zu bestimmen und für Streitigkeiten der vorliegenden Art kraft besonderer gesetzlicher Zuweisung der Zivilrechtsweg gegeben ist. Grundsätzlicher Klärungsbedarf kann auch nicht dadurch hervorgerufen werden, dass die Bevollmächtigten eine Vielzahl von - hinsichtlich der Rechtswegzuweisung vergleichbar eindeutig zu beurteilenden - Streitsachen bei dem Verwaltungsgericht anhängig gemacht haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr bestimmt ist (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 173 Abs. 1 VwGO i.V.m § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG).

Ende der Entscheidung

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