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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: OVG 10 S 29.07
Rechtsgebiete: VwGO, BOBbg


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4
BOBbg § 58 Abs. 1
BOBbg § 73 Abs. 1
BOBbg § 73 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 10 S 29.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 10. Senat durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Krüger, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube und den Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler am 23. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. November 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3 750 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, der auf dem Flurstück 1002 der Flur 1 der Gemarkung Neuzelle mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine Hähnchenmastanlage betreibt, wendet sich gegen eine an seinen Betrieb "heranrückende" Bebauung in dem Wohngebiet "Am Mühlenweg" in Neuzelle. Gegen den dieses Gebiet als Allgemeines Wohngebiet ausweisenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 2 der Gemeinde Neuzelle hat er bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einen Antrag auf Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gestellt, der zur Zeit bei dem 2. Senat unter dem Aktenzeichen - OVG 2 A 8.06 - anhängig ist. Im vorliegenden Verfahren begehrt er den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die dem Antragsgegner aufgegeben werden soll, die Bauarbeiten zur Ausführung des Wohnbauvorhabens der Beigeladenen auf dem - von seinem Betriebsgrundstück etwa 270 m entfernt liegenden - Flurstück 1234 der Flur 1 der Gemarkung Neuzelle durch eine für sofort vollziehbar erklärte Ordnungsverfügung vorläufig zu unterbinden. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) durch Beschluss vom 13. November 2007 mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe, weil bei dem gegebenen Sachverhalt nicht erkennbar sei, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen einen baurechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Nachbarkonflikt auslösen werden, der zu einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers führen könnte. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde (vgl. § 146 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VwGO) ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Denn dem Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Bauarbeiten zur Ausführung des Wohnbauvorhabens der Beigeladenen durch eine für sofort vollziehbar erklärte Ordnungsverfügung vorläufig zu unterbinden, kann jedenfalls deshalb nicht entsprochen werden, weil es an dem für den Erlass der beantragten Baueinstellungsverfügung erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse setzt voraus, dass das mit der einstweiligen Anordnung angestrebte Ziel noch erreicht werden kann. Das Bauvorhaben, gegen das sich der Antragsteller wendet, war jedenfalls schon kurz nach Einlegung und Begründung der Beschwerde nahezu bezugsfertig, wie die Beigeladenen - vom Antragsteller unwidersprochen - in ihrem Schriftsatz vom 23. Dezember 2007 ausgeführt haben. Der Antragsgegner hat auf Nachfrage des Berichterstatters mit Schriftsatz vom 17. Januar 2008 mitgeteilt, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen "bereits über das Maß des Rohbaus" fertig gestellt worden sei; die Dacheindeckung sei erfolgt, die Fenster seien eingebaut und der Innenputz vorhanden. Dies hat der Antragsgegner zudem durch Vorlage der Kopien von Lichtbildern dokumentiert. Im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung vom 16. Januar 2008 sei die Heizungs- und Sanitärinstallation erfolgt. Danach ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen ihr Vorhaben schon kurz darauf sogar vollendet und das Zweifamilienhaus bezogen haben.

Der Antrag des Antragstellers kann auch nicht dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass der Antragsgegner durch eine gerichtliche Anordnung verpflichtet werden soll, statt einer Baueinstellung nach § 73 Abs. 1 BauOBbg die vorläufige Untersagung der Nutzung nach § 73 Abs. 3 Satz 1 BauOBbg anzuordnen. Zwar hat der Antragsteller ausgeführt, dass nach seiner Auffassung gerade die Nutzung des betroffenen Gebäudes gegen nachbarschützende Vorschriften verstoße, so dass auch noch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren sei. Der Antragsteller hat jedoch trotz der gerichtlichen Anfrage, ob der Antrag aufrecht erhalten bleiben solle, und trotz des Hinweises, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Einstellung der Bauarbeiten begehrt wird, grundsätzlich nicht mehr in Betracht komme, wenn das Bauvorhaben weitgehend fertig gestellt ist, keinen Antrag auf Verpflichtung zur vorläufigen Nutzungsuntersagung gestellt, sondern ausdrücklich an dem gestellten Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer vorläufigen Baueinstellungsverfügung festgehalten. Schon aus diesem Grunde verbietet sich eine Umdeutung des vom Antragsteller gestellten Antrages (vgl. § 88 VwGO). Der Antrag auf Verpflichtung zur Nutzungsuntersagung ist auch nicht in dem Antrag auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung als Minus enthalten; die beiden Anträge sind vielmehr auf unterschiedliche Ziele gerichtet, haben eine unterschiedliche Rechtsgrundlage und unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen (VGH Mannheim, Beschluss vom 4. Oktober 2007 - 8 S 1447/07 -, VBlBW 2008, 272 [273]; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 5 S 983/94 -, VBlBW 1994, 495 [496]; OVG Schleswig, Beschluss vom 26. Juli 2002 - 1 M 23/02 -, juris, Rdnr. 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil die Beigeladenen nicht durch Stellung eines Sachantrages ein eigenes Kostenrisiko eingegangen sind.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs.1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt der Wertbemessung des Verwaltungsgerichts, das in Anlehnung an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) von einem Betrag von 7 500 € ausgegangen ist, der nach Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Hälfte anzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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