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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 08.01.2007
Aktenzeichen: OVG 10 S 9.06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123

Entscheidung wurde am 03.05.2007 korrigiert: die Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Örtliche Gestaltungsvorschriften sind grundsätzlich nicht nachbarschützend, sondern dienen nur dem öffentlichen Interesse.
OVG 10 S 9.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 10. Senat durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Krüger, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Bumke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler am 8. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 25. April 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller, der nach Durchführung des Vorverfahrens am 7. April 2006 Klage gegen die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 27. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2006 erhoben hat, wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 25. April 2006, mit dem sein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt worden ist. Zugleich beantragt er - wie bereits vor dem Verwaltungsgericht - den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Antragsgegner aufzugeben, dem Beigeladenen die Fortführung der Bauarbeiten zu untersagen und die Baustelle unverzüglich stillzulegen. Da das Verwaltungsgericht den Antrag nach Sinn und Gesamtzusammenhang offensichtlich dahin gehend ausgelegt hat, dass der vom Antragsteller mit den Anträgen umschriebene vorläufige Rechtsschutz "nur" auf die Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung gerichtet ist, und der Antragsteller mit der Begründung der Beschwerde auch nur auf die Ablehnung des so verstandenen Antrags abhebt, geht auch der Senat davon aus, dass sich das Rechtsschutzbegehren und damit die Beschwerde allein auf das Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beschränkt.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde rügt, dass die "beantragte Bauform nicht ... der Gestaltungssatzung entspricht" und die "der Gestaltungssatzung nicht entsprechende Form der Ausführung der Dachgauben sowohl im Abstandsflächenbereich als auch im Bereich des Mittelhauses" unter Hinweis auf eine Wertminderung seines Grundstücks angreift, verkennt er - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (BA S. 4) -, dass der Gestaltungssatzung der Stadt Mittenwalde keine nachbarschützende Funktion zukommt. Derartige örtliche Gestaltungsvorschriften sind grundsätzlich nicht nachbarschützend, sondern dienen nur dem öffentlichen Interesse (OVG Münster, Beschluss vom 3. September 1993 - 11 B 1789/93 -, juris-Ausdruck S. 2; Decker, in: Simon/Busse, BayBO, Stand August 2006, Art. 91 Rn. 366, 369 zur entsprechenden Regelung in der Bayerischen Bauordnung). Zwar ist der Satzungsgeber befugt, Festsetzungen in einer örtlichen Gestaltungssatzung (auch) im Interesse Dritter zu treffen (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. März 2002 - 1 KN 1310.01 -, juris-Ausdruck S. 5; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1971 - IV C 2.68 -, juris-Ausdruck S. 8). Nachbarschutz vermag eine örtliche Gestaltungsvorschriften aber nur dann zu vermitteln, wenn die Gemeinde der Festsetzung erkennbar eine entsprechende Wirkung geben wollte. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, zielt (auch) § 4 Abs. 9 Satz 4 der Gestaltungssatzung, wonach bei Nebengebäuden nur Dachflächenfenster zu verwenden sind, nur - wie es allgemein in der Begründung zu § 4 heißt - auf "die Bewahrung der homogenen ortstypischen Dachlandschaft" im historischen Stadtkern. Auch die Vorschriften zu Gauben (an Hauptgebäuden) orientieren sich ausschließlich an dem "(o)berste(n) Gestaltungsziel", dass "die im Zuge des Dachausbaus entstehenden Dachaufbauten .... sich der Hauptform des Daches unterordnen" und die Dachfläche "weiterhin als vorherrschendes Gestaltungselement erkennbar" bleibt. Die Regelungen der Gestaltungssatzung sind - wie die Begründung zu § 1 deutlich macht - allein darauf ausgerichtet, das Erscheinungsbild des historischen Stadtkerns weitgehend zu erhalten und für eine verträgliche Einfügung von Neubauvorhaben zu sorgen, weil "ein öffentliches Interesse an der Erhaltung und Pflege des überlieferten Erscheinungsbildes" besteht (Unterstreichung durch den Senat). Anhaltspunkte dafür, dass die in der Satzung aufgeführten "Gestaltungselemente" für Dächer auch dem Schutz des Nachbargrundstücks etwa unter dem Gesichtspunkt der Einsicht bzw. Aussicht dienen, sind angesichts der eindeutigen Ausrichtung des Satzung auf die "Schönheit" des Ortsbildes nicht zu erkennen. Insofern fehlt es für die Behauptung des Antragstellers, dass durch die Verwendung von Dachflächenfenstern "eine kanzelartige Einsicht in Nachbargrundstücke vermieden werden" soll, an einer aus der Gestaltungssatzung abgeleiteten, nachvollziehbaren Begründung.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus, "um unnötige Wiederholungen zu vermeiden", zur Beschwerdebegründung auf den "gesamte(n) erstinstanzliche(n) Vortrag" verweist, genügt der Vortrag nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn die Beschwerde muss sich danach mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinander setzen. Das bedeutet, dass der Antragsteller von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgehen und der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung folgend aufzeigen muss, weshalb diese aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist. Er kann nicht einfach pauschal auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug nehmen oder dieses unverändert wiederholen (vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 12. April 2002 - 7 S 653.02 -, juris-Ausdruck S. 3).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Festsetzung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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