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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 02.04.2009
Aktenzeichen: OVG 11 B 6.08
Rechtsgebiete: BbgNatSchG, BauGB, BNatSchG, VwGO, 2. DVO/LKG, LKG, BbgStrG, NatSchG Baden-Württemberg


Vorschriften:

BbgNatSchG § 44
BbgNatSchG § 44 Abs. 1
BbgNatSchG § 44 Abs. 1 Satz 1
BbgNatSchG § 44 Abs. 1 Satz 3
BbgNatSchG § 44 Abs. 1 Satz 4
BbgNatSchG § 46
BbgNatSchG § 46 Abs. 1 Satz 2
BbgNatSchG § 47
BbgNatSchG § 54 Abs. 1
BbgNatSchG § 54 Abs. 2 Satz 1
BbgNatSchG § 76 Abs. 1 Nr. 2
BbgNatSchG § 76 Abs. 2
BauGB § 30
BauGB § 34
BauGB § 34 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 35
BNatSchG § 56
BNatSchG § 56 Satz 1
VwGO § 43 Abs. 1
2. DVO/LKG § 5 Abs. 1
2. DVO/LKG § 8 Abs. 1
2. DVO/LKG § 8 Abs. 2
LKG § 14 Abs. 4
LKG § 14 Abs. 5
LKG § 10
LKG § 11
LKG § 12
LKG § 13
LKG § 14
BbgStrG § 48 Abs. 7
NatSchG Baden-Württemberg § 39 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

OVG 11 B 6.08

Verkündet am 2. April 2009

hat der 11. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 02. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel und die ehrenamtlichen Richterinnen Niedermeyer und Schnürer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 12. Dezember 2007 - 4 K 1006/06 - geändert und festgestellt, dass das Grundstück V_____ Potsdam, in dem Bereich 50 cm südlich des im Bebauungsplan Nr. 8 "Griebnitzsee" gekennzeichneten "Weges im Bestand" bis zur seeseitigen Grundstücksgrenze nicht dem Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG unterliegt.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des in erster Reihe am Südufer des Griebnitzsees liegenden Grundstücks V_____ in Potsdam. Das Grundstück ist Teil der im 19. Jahrhundert entstandenen Villenkolonie Neubabelsberg. Deren ufernahe Teile wurden ab 1961 für die Grenzsicherungsanlagen der DDR verwendet. Auf ihnen wurde unter anderem ein Kolonnenweg angelegt, der durch die Grenztruppen genutzt wurde.

Der südliche, an die Straße angrenzende und mit einem Wohngebäude bebaute Grundstücksteil liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 45 "Karl-Marx-Straße" (im Folgenden: Bebauungsplan Nr. 45), der insoweit allgemeines Wohngebiet ausweist. Der dem See zugewandte Teil des Grundstücks befindet sich im Geltungsbereich des am 30. November 2007 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 8 "Griebnitzsee" (im Folgenden: Bebauungsplan Nr. 8). Dieser Bebauungsplan ist auf die Schaffung eines Uferparks mit einem durchgehenden Uferweg ausgerichtet, der teilweise auf dem früheren Kolonnenweg und teilweise näher am Seeufer verläuft. Er enthält die sich in Richtung Seeufer aneinander anschließenden Festsetzungen "Private Grünfläche, Zweckbestimmung Garten", "Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung: Öffentlicher Fußweg mit eingeschränktem Radverkehr" sowie "Öffentliche Grünfläche". Der Bebauungsplan Nr. 8, zu dessen Sicherung seit dem 4. Februar 2005 eine Veränderungssperre gegolten hatte, ist Gegenstand mehrerer bei dem Oberverwaltungsgericht anhängiger Normenkontrollverfahren.

Mit seiner bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger, nachdem die Beteiligten vorsorglich einen Teil des Rechtsstreits übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, begehrt,

festzustellen, dass für das Grundstück V_____ in 14482 Potsdam, Gemarkung Potsdam, Flur 23, Flurstück 315, soweit noch streitgegenständlich, ein Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes nicht besteht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach vorangegangener Ortsbesichtigung durch Urteil vom 12. Dezember 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Feststellungsantrag sei zwar zulässig. Insbesondere habe sich das Begehren mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 8 nicht erledigt. Auch eine Fläche, die im Bereich eines Bebauungsplanes liege, könne freie Landschaft sein. Der Bebauungsplan selbst vermittle kein Betretungsrecht. Vielmehr bedürften dessen Festsetzungen der Umsetzung, so z.B. der Widmung des Uferweges als öffentliche Straße. Entsprechendes gelte in Bezug auf die öffentlich nutzbaren Uferbereiche. Der Feststellungsantrag sei aber unbegründet, denn die in ihm bezeichnete Fläche sei freie Landschaft i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG und das Betretungsrecht entfalle auch nicht nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG. Zur freien Landschaft zählten ausweislich der Gesetzesbegründung die Gebiete außerhalb des Waldes und außerhalb der bebauten Ortslagen. Ferner seien nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG Flächen vom Betretungsrecht ausgenommen, die einem Garten, einem Hofraum oder einer sonstigen zum privaten Wohnbereich gehörenden Fläche zuzuordnen seien. Der streitgegenständliche Grundstücksteil sei vorliegend so zu behandeln, wie er sich vor unerlaubten Veränderungen dargestellt habe. In diesem Zustand habe er nicht am Bebauungszusammenhang teilgenommen. Insbesondere sei er auch nicht dem privaten Wohnbereich zuzuordnen gewesen. Nach der zum "Außenbereich" entwickelten Rechtsprechung liege ein Bebauungszusammenhang vor, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittle. Danach könnte der in Rede stehende Uferbereich nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung zwar möglicherweise an dem durch die Gebäudebebauung vermittelten Bebauungszusammenhang teilnehmen und sich insgesamt als dem Gebäude zuzurechnender Hausgarten darstellen. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, weil der aktuelle Grundstückszustand in rechtswidriger Weise geschaffen worden und die Beklagte dagegen vorgegangen sei. Insoweit folge die Kammer der zu § 34 BauGB entwickelten Rechtsprechung, wonach es für die Frage, ob ein Bebauungszusammenhang vorliege, grundsätzlich nicht darauf ankomme, ob die bestehende Bebauung genehmigt oder illegal errichtet worden sei. Allerdings hätten illegale Bauten dann außer Betracht zu bleiben, wenn das Verhalten der Behörde hinreichend klar erkennen lasse, dass sie den rechtswidrigen Zustand nicht dulden werde. Der Gedanke, dass begünstigende Umstände, die durch rechtswidriges Tun entstanden seien, außer Betracht bleiben müssen, komme hier ebenfalls zum Tragen. Die im Uferbereich vorgenommenen Veränderungen seien rechtswidrig gewesen. Zwar folge dies nicht, wie die Beklagte meine, bereits aus § 44 Abs. 1 i.V.m. § 46 BbgNatSchG. Diese Normen sicherten zwar ein Betretungsrecht, vermittelten aber keinen Bestandsschutz hinsichtlich des Weges und der sonstigen in § 44 Abs. 1 BbgNatSchG genannten Flächen. Allerdings hätten die das Grundstück verändernden Maßnahmen gegen die Veränderungssperre vom 2. Februar 2005 verstoßen, weil sie teilweise als unzulässige bauliche Maßnahmen und im Übrigen in ihrer Gesamtheit sowohl als wesentlich wertsteigernde Veränderungen als auch als erhebliche Veränderungen des Grundstücks einzustufen seien. Folglich sei darauf abzustellen, in welchem Zustand sich die Flächen vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre befunden hätten. Nach in den Akten befindlichen Fotos vom Februar 2005 habe sich die in Rede stehende Uferfläche in einem weitgehend noch naturbelassenen Zustand befunden und sei optisch und funktional dem Villengrundstück entzogen gewesen. Sie sei noch nicht Teil des unterhalb des Wohngebäudes gelegenen Hausgartens geworden. Auch die Tatsache, dass der ursprüngliche Weg durch einen Unrechtsstaat gegen den Willen der Eigentümer errichtet worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Schließlich sei das Betretungsrecht nicht unverhältnismäßig.

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung u.a. geltend: Der Begriff der freien Landschaft sei nicht mit dem Fehlen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichzusetzen. Aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 BbgNatSchG sowie den bundesrechtlichen Vorgaben ergebe sich, dass die freie Landschaft nur Grundstücke erfasse, die Bestandteil eines großräumigen Freiflächenverbundes seien. Allein ein solches Begriffsverständnis werde dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung gerecht. Das Betretungsrechte finde im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung darin, dass sowohl die Interessen des Eigentümers als auch die Interessen der erholungssuchenden Bevölkerung miteinander in Einklang gebracht werden könnten. Es sei zwar kein Grund ersichtlich, warum beispielsweise ein Landwirt die Mitbenutzung der ohnehin vorhandenen Wege nicht dulden sollte. Eine vergleichbare Situation liege bei innerstädtischen Wohnlagen aber nicht vor, weil die private Grundstücksnutzung aufgehoben bzw. konterkariert werde, da der betroffene Grundstückseigentümer die Grundstücksfläche nicht mehr selber zur Erholung nutzen könne. Das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die streitgegenständliche Uferfläche erkennbar nicht in einem weiträumigen Blickzusammenhang stehe. Denn es handele sich trotz der Uferlage um den Teil einer innerstädtischen Wohnlage. Überdies gehöre die Uferfläche zum privaten Wohnbereich i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG. Auch dieser Begriff sei primär im Hinblick auf die Vorgaben der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und die zu wahrende Zumutbarkeit auszulegen. Durchgreifenden rechtlichen wie tatsächlichen Bedenken unterliege auch die These des Verwaltungsgerichts, bei der Beurteilung des Be-griffs der freien Landschaft hätten die illegalen Veränderungen, die der Kläger in Gestalt von Gartenarbeiten (Beseitigung des Wildwuchses, Verlegung von Rollrasen, Pflanzen von Sträuchern) vorgenommen habe und gegen die die Behörde vorgegangen sei, außer Betracht zu bleiben. Bereits aus prozessualen Gründen komme es für das Bestehen eines Rechtsverhältnisses auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Auch die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf die bauplanungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überzeuge nicht. Das ergebe sich bereits daraus, dass der Begriff der freien Landschaft nicht mit bauplanungsrechtlichen Kategorien gleichgesetzt werden könne. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht gegen die Veränderungssperre vom 2. Februar 2005 verstoßen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 12. Dezember 2007 - 4 K 1006/06 - festzustellen, dass das Grundstück V_____, 14482 Potsdam, in dem Bereich 50 cm südlich des im Bebauungsplan Nr. 8 "Griebnitzsee" gekennzeichneten "Weges im Bestand" bis zur seeseitigen Grundstücksgrenze nicht dem Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Vertiefend macht sie u.a. geltend: Eine zulässige Umwandlung von Teilflächen des Uferstreifens in einen Hausgarten habe weder vor dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Stichtag noch danach stattgefunden. Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 8 habe sich die streitgegenständliche Fläche im Außenbereich befunden. Seit Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 8 komme es auf die Abgrenzung zwischen § 34 BauGB und § 35 BauGB nicht mehr an. Unabhängig davon könne sich freie Landschaft auch in einem Gebiet befinden, das nach § 34 BauGB zu beurteilen sei oder in einem Gebiet, das sich nach § 30 BauGB beurteile. Nach dem gesamten historischen Sachverhalt seit 1990 bestehe eine rechtliche Schicksalsgemeinschaft zwischen dem 2,8 km langen vormaligen Mauergrundstücksbereich und den Uferflächen, nicht jedoch in Bezug auf die sich südlich anschließenden Wohngrundstücke. Schließlich sei die Belastung des Grundstücks mit dem Betretungsrecht nicht unverhältnismäßig.

Der Senat hat die Örtlichkeiten im Termin zur mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Für das Ergebnis der Augenscheinnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie die zum vorliegenden Verfahren und zu den gleichzeitig verhandelten Berufungsverfahren OVG 11 B 7.08 und OVG 11 B 10.08 geführten Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist begründet. Für den in der Urteilsformel bezeichneten Teil des klägerischen Grundstücks besteht kein Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG.

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Sie zielt auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Darunter sind die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm ergebenden rechtlichen Beziehungen für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder zu einer Sache zu verstehen. Dabei kommen als Bezugspersonen u.a. der Normadressat sowie die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht. Rechtliche Beziehungen eines Beteiligten zu einem anderen haben sich dann zu einem bestimmten Rechtsverhältnis verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt streitig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2007 - 7 C 13/06 -, NVwZ 2007, 1311, sowie bei Juris, dort Rn. 21, Rn. 27, 28, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage des Bestehens eines naturschutzrechtlichen Betretungsrechts gemäß § 44 Abs. 1 BbgNatSchG betrifft einen konkret bezeichneten Teil des klägerischen Grundstücks. Sie konkretisiert sich fortwährend neu, weil die Öffentlichkeit von dem nach Auffassung der Beklagten bestehenden Betretungsrecht regelmäßig Gebrauch macht und die Beklagte ihre Aufgabe nach § 54 Abs. 1, 2 Satz 1 BbgNatSchG wahrnimmt, als zuständige untere Naturschutzbehörde die Einhaltung der Rechtsvorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu überwachen und gegebenenfalls die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Schon hieraus folgt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, das auch die Beklagte, wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, nicht in Abrede stellt. Das Feststellungsinteresse ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil offensichtlich bereits aus anderen Rechtsgründen ein gleichwertiges Betretungsrecht der Allgemeinheit bestünde.

Ein solches Betretungsrecht folgt nicht aus dem auf § 14 Abs. 2 des Gesetzes über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der DDR vom 14. Mai 1970 (GBl. I, S. 67) in der Fassung des Wassergesetzes vom 2. Juli 1982 (GBl. I, S. 467) - Landeskulturgesetz - LKG - gestützten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Potsdam vom 28. Februar 1990, mit dem u.a. der südliche Uferbereich des Griebnitzsees zu einem Erholungsgebiet zur ausschließlichen Nutzung für Fußgänger und Radfahrer erklärt wurde. Dieser von der Beklagten angeführte Beschluss war der Sache nach eine Planungsentscheidung, die der Umsetzung bedurft hätte, aber nicht mehr umgesetzt wurde. Er enthält den Auftrag an den Rat der Stadt Potsdam, gemäß § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Landeskulturgesetz vom 14. Mai 1970 (GBl. II, S. 336) - 2. DVO/LKG - eine Ordnung für die bezeichneten Erholungsgebiete zu erlassen und die entsprechenden Maßnahmen unter Beachtung bestehender Eigentums- und Nutzungsverhältnisse an den betreffenden Grundstücken auf der Grundlage des § 14 Abs. 5 LKG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und 2 2. DVO/LKG einzuleiten sowie die Erarbeitung einer Gestaltungskonzeption zu veranlassen. Gemäß § 8 Abs. 1 2. DVO/LKG wäre der Rat des Kreises, auf dessen Territorium sich das betreffende Grundstück befand, zuständig gewesen für die Entscheidung über die Beschränkung oder den Entzug von Nutzungs- und Eigentumsrechten an Grundstücken oder Grundstücksteilen gemäß § 14 Abs. 5 Landeskulturgesetz. Zu derartigen Maßnahmen ist es nicht mehr gekommen. Soweit die Beklagte unmittelbar aus § 14 Abs. 4 LKG ein Betretungsrecht herleiten will, scheitert dies schon daran, dass §§ 10 bis 14 LKG gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 BbgNatSchG mit Inkrafttreten des BbgNatSchG 1992 am 30. Juni 1992 außer Kraft getreten sind und für den vorliegenden Fall auch aus § 76 Abs. 2 BbgNatSchG nichts anderes folgt.

Nachdem das Verwaltungsgericht Potsdam mit (der Beklagten bekanntem) Urteil vom 5. Februar 2009 - 10 K 3724/04 - eine gemäß § 48 Abs. 7 BbgStrG übergeleitete straßenrechtlichen Widmung des ehemaligen Kolonnenweges verneint hat, kann das Feststellungsinteresse auch insoweit nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, es bestünde offensichtlich ein (straßenrechtliches) Betretungsrecht der Öffentlichkeit. Ebenso wenig kann angenommen werden, aus der am 5. November 1996 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Stadtverwaltung Potsdam geschlossenen Nutzungsvereinbarung bezüglich Uferflächen am Griebnitzsee sei unstreitig ein Betretungsrecht der Allgemeinheit herzuleiten, das für die vorliegende Klage das Feststellungsinteresse beseitige.

Schließlich ist das Feststellungsinteresse nicht durch den Erlass des Bebauungsplans Nr. 8 "Griebnitzsee" entfallen. Dabei ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass das in § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG enthaltene Merkmal "frei" nicht i.S.v. "unbeplant" zu verstehen ist. Vielmehr kann auch eine Fläche, die im Bereich eines Bebauungsplans liegt, freie Landschaft sein und einem naturschutzrechtlichen Betretungsrecht der Allgemeinheit unterliegen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Dezember 1990 - 20 A 2218/89 -, NuR 1993, 240; OVG Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 3a B 255/03 -, NuR 2005, 110, sowie bei Juris, dort Rn. 12). Ferner begründet der Bebauungsplan Nr. 8 hinsichtlich der streitbefangenen Fläche unmittelbar keine Betretungsrechte für die Allgemeinheit. Er enthält sowohl für die darin vorgesehene Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung (öffentlicher Fußweg mit eingeschränktem Radverkehr) als auch für die vorgesehene öffentliche Grünfläche lediglich planerische Festsetzungen, deren Realisierung weitere Akte erfordert. So hat die Verwirklichung der Festsetzung einer Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung grundsätzlich durch eine entsprechende straßenrechtliche Widmung zu erfolgen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 9, Rn. 47). Hinsichtlich der öffentlichen Grünflächen sieht die Begründung des Bebauungsplans vor, deren Nutzung in einer gesonderten Parkordnung zu regeln. Im Übrigen wird in der Begründung des Bebauungsplans unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 22. Februar 1999 - 1 BvR 565/91 -, NVwZ 1999, 979) ausdrücklich zugrunde gelegt, dass der Bebauungsplan keine enteignungsrechtlichen Vorwirkungen entfalte. Überdies ist die Wirksamkeit des Bebauungsplan Nr. 8 bislang nicht abschließend geklärt, sondern Gegenstand mehrerer anhängiger Normenkontrollverfahren.

B. Der Feststellungsantrag ist auch begründet, weil für den streitbefangenen Grundstücksteil ein - hier allein streitgegenständliches - naturschutzrechtliches Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG nicht besteht.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG darf jedermann in der freien Landschaft private Wege und Pfade, Feldraine, Heide-, Öd- und Brachflächen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen außerhalb der Nutzzeit zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr betreten oder mit Krankenfahrstühlen befahren, auf Wegen Rad fahren sowie auf Wegen, die von zwei- oder mehrspurigen Fahrzeugen befahren werden können, reiten oder mit bespannten Fahrzeugen fahren, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben. Von dem Betretungsrecht ausgenommen sind gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG Gärten, Hofräume und sonstige zum privaten Wohnbereich gehörende oder einem gewerblichen oder öffentlichen Betrieb dienende Flächen. Das Betretungsrecht darf nach § 44 Abs. 1 Satz 4 BbgNatSchG nur so ausgeübt werden, dass die Belange der anderen Erholungssuchenden und die Rechte der Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Betretungsrechts nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG sind nicht erfüllt, weil der streitbefangene Grundstücksteil nicht Teil der freien Landschaft im Sinne von Satz 1 der Vorschrift ist und zum privaten Wohnbereich nach Satz 3 gehört.

I. Dabei geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus:

1. Ausgangspunkt der Auslegung des § 44 Abs. 1 BbgNatSchG ist der verfassungsrechtliche Kontext der Norm. Die Betretungsbefugnis ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zu § 44 BbgNatSchG in der Ursprungsfassung von 1992 (LT-Drucks. 1/830, S. 117) eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG), die angesichts der "geringen Belastung für die Eigentümer" nicht unverhältnismäßig ist. Sie habe sich in dieser Form bewährt und sei von der Rechtsprechung gebilligt, Konfliktfälle seien selten.

Sieht der Gesetzgeber das Betretungsrecht als eine ausgleichslos hinzunehmende Ausformung der Sozialbindung des Eigentums an, die zudem nicht einmal eine behördliche Abwägung im Einzelfall erfordert, sondern unmittelbar kraft Gesetzes besteht, so ist die Betretungsbefugnis auf die Fälle zu beschränken, in denen der Grundstückseigentümer dem Betreten seines Grundstücks durch die Öffentlichkeit ersichtlich keinerlei anzuerkennende eigene Nutzungsinteressen entgegensetzen kann und ihm deshalb die Möglichkeit genommen werden soll, allein aufgrund seiner formalen Eigentümerstellung Dritte von dem Grundstück fernzuhalten. Dies findet seine Bestätigung in der rahmenrechtlichen Regelung des § 56 Satz 1 BNatSchG, wonach die Länder das Betreten der Flur auf Straßen und Wegen sowie auf "ungenutzten Grundflächen" zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr gestatten, sowie in der in § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG enthaltenen Einschränkung, dass landwirtschaftliche Nutzflächen nur "außerhalb der Nutzzeit" betreten werden dürfen. Maßgebend ist jeweils, dass die betreffenden Flächen nicht in einer Weise genutzt werden, der das Betretungsrecht entgegenstünde.

2. Seiner Wortbedeutung nach steht der Begriff der freien Landschaft für ein tendenziell weitläufiges Areal. Das gilt bereits für den Begriff "Landschaft", die als ein hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes in bestimmter Weise geprägter Bereich der Erdoberfläche (Duden, Bedeutungswörterbuch), ein charakteristischer, individueller Teil der Erdoberfläche, bestimmt durch das Wirkungsgefüge der hier vorhandenen Geofaktoren (Brockhaus) oder ein geographisches Gebiet, das sich durch unterschiedliche Merkmale von anderen Gebieten abgrenzt (Wikipedia), definiert wird. Dieses Verständnis wird gestützt durch die in § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG enthaltene Beschreibung der einzelnen dem Betretungsrecht unterliegenden Flächen, nämlich Wege und Pfade, Feldraine, Heide-, Öd- und Brachflächen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen (außerhalb der Nutzzeit). All dies spricht dafür, dass das Gesetz mit dem Begriff freie Landschaft größere Flächenverbünde außerhalb geschlossener Siedlungsgebiete meint, die klassischer Weise "auf dem Land" liegen. In die gleiche Richtung weist der in § 56 BNatSchG verwandte Begriff "Flur", den der Bundesgesetzgeber als Synonym zur "freien Landschaft" versteht (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats zu § 28 BNatSchG a.F., BT-Drucks. 7/3879, S. 28). Die "Flur" wird als offenes, unbebautes Kulturland (Duden, Bedeutungswörterbuch), als die zu einem Ort gehörige landwirtschaftliche Nutzfläche (Äcker, Dauerwiesen, Weiden, Rebanlagen) auch Feldgemarkung genannt (Brockhaus) oder als nicht bebautes und nicht waldbestandenes, offenes Gelände (Wikipedia) definiert. Damit impliziert der Begriff "Flur" als typischen Anwendungsfall des Betretungsrechts die Mitbenutzung von Wegen zwischen landwirtschaftlichen Flächen, z.B. Äckern und Wiesen.

3. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zu § 44 BbgNatSchG in der Ursprungsfassung von 1992 (LT-Drs. 1/830) erfasst die "freie Landschaft" die Gebiete außerhalb des Waldes und der bebauten Ortslagen. Dahinter steht zum einen die Überlegung, dass das Betretungsrecht für den Wald im LWaldG geregelt ist. Zum anderen bestimmte § 47 BbgNatSchG 1992 für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile, dass die Gemeinden durch Satzung das Betreten von privaten Wegen sowie Grünflächen und anderen nicht bebauten Grundstücken in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen regeln können. Zwar ist § 47 BbgNatSchG mit dem BbgNatSchG 2004 "aus Gründen der Reduzierung von Normen und Standards" entfallen, da die Gemeinden von ihrer Satzungskompetenz kaum Gebrauch gemacht hätten. Jedoch kann daraus nicht gefolgert werden, dass sich das Betretungsrecht, nachdem die Satzungsautonomie der Gemeinden insoweit nicht mehr zum Tragen kommt, nunmehr auch auf Freiflächen innerhalb bebauter Ortsteile erstreckt. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber eine nach den oben genannten Ausführungen schon mit der Wortbedeutung des Begriffs der freien Landschaft nicht ohne weiteres vereinbare Erstreckung des Betretungsrechts auf die zusammenhängend bebauten Ortsteile entweder im Gesetzestext oder zumindest in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht hätte. Ferner spricht auch der Gesetzeszweck, Natur und Landschaft der Öffentlichkeit zum Zwecke der Erholung zu öffnen, dafür, als Gegenstand des Betretungsrechts größere Areale außerhalb bebauter Ortslagen anzusehen, weil vorwiegend derartige Flächen zu den genannten Erholungszwecken geeignet sein dürften.

4. Schließlich muss die Beurteilung für den begünstigten Normadressaten handhabbar sein. § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG räumt das Betretungsrecht unmittelbar "Jedermann" zum Zwecke der Erholung ein. Es muss daher für den Erholungssuchenden ohne weiteres erkennbar sein, dass er sich in der freien Landschaft befindet und dass die betretenen Flächen nicht dem privaten Wohnbereich oder einem anderen vom Betretungsrecht nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG ausgenommenen Bereich zugehören, um das Risiko einer unbeabsichtigten Eigentums- oder Besitzstörung nach Möglichkeit auszuschließen.

II. Daraus ergibt sich:

1. Eine Zugehörigkeit des streitbefangenen Grundstücksteils zur freien Landschaft scheitert nicht schon deshalb, weil der diesen Grundstücksteil umfassende Uferstreifen insgesamt nur eine geringe Tiefe hat und trotz seiner gesamten Breite von ca. 2,8 km für sich allein noch nicht die für eine "Landschaft" erforderliche Großräumigkeit aufweisen würde. Denn der Uferstreifen ist nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den angrenzenden Flächenverbünden zu betrachten. Dabei scheidet eine Einbeziehung des Griebnitzsees und der sich auf Berliner Seite anschließenden Waldflächen auch nicht etwa von vornherein aus, weil der Gemeingebrauch an diesen Flächen ohnehin anderen Regimen, nämlich dem Wasserrecht und dem Waldrecht (des Landes Berlin) unterliegt. Dies zeigt beispielsweise der Vergleich mit einem fernab jeder Bebauung liegenden Bereich, in dem eine große Waldfläche durch einen ebenfalls nur wenige Meter breiten und lediglich mit Gras bewachsenen Streifen von einem größeren See getrennt wird. Dort wäre ohne weiteres von einer zusammenhängenden - aus dem Wald, dem Uferstreifen und dem angrenzenden See bestehenden - Landschaft auszugehen. Dementsprechend ist auch der hier in Rede stehende Uferstreifen des Griebnitzsees einem der angrenzenden Flächenverbünde, nämlich entweder der sich nach Norden erstreckenden freien Landschaft oder der sich südlich anschließenden, unstreitig bebauten Ortslage zuzuordnen. Ob insoweit die geringe Tiefe des Uferstreifens dafür spricht, ihn insgesamt als Ufersaum eines durch den See begrenzten bebauten Ortsteils anzusehen, der durch das Seeufer als unverrückbaren, natürlichen topographischen Einschnitt begrenzt wird, kann dahinstehen. Denn nach den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie sich dem Senat aufgrund der Ortsbesichtigung im Termin zur mündlichen Verhandlung dargestellt haben, ist jedenfalls die streitbefangene Fläche der bebauten Ortslage zuzurechnen.

2. Hierbei kommt es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob diese Fläche in einem zusammenhängend bebauten Ortsteil i.S.v. § 34 BauGB liegt, denn diese bauplanungsrechtliche Abgrenzung ist im vorliegenden naturschutzrechtlichen Kontext nicht maßgebend.

Zum einen hat der Gesetzgeber selbst keine einheitliche Terminologie verwendet. So ist zwar in § 47 BbgNatSchG 1992 von "den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen" die Rede. Nach ihrer Überschrift regelt die Vorschrift die Betretungsbefugnis "in geschlossenen Ortschaften". In der Begründung zu § 44 BbgNatSchG 1992 ist ausgeführt, dass der Begriff der freien Landschaft für Gebiete außerhalb des Waldes und "der bebauten Ortslagen" steht. In der Begründung zu § 47 BbgNatSchG 1992 heißt es wiederum, dass die Betretungsbefugnis nur für die freie Landschaft außerhalb der "geschlossenen Ortslagen" und des Waldes gelte. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Regelung des § 34 BauGB ist hingegen nicht erfolgt. Darüber hinaus wird dem Normadressaten des § 44 Abs. 1 BbgNatSchG die oftmals schwierige Beurteilung, ob eine Fläche noch zum bauplanungsrechtlichen Innenbereich gehört, nicht möglich sein.

Vor allem jedoch findet die Regelungsintention von § 34 BauGB, außerhalb beplanter Gebiete die Bebauung auf ihre gewachsenen Strukturen zu konzentrieren und der Entstehung von Splittersiedlungen entgegen zu wirken, in dem Regelungszweck des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts keine Entsprechung. Ein Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434; BVerwGE 31, 22; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB; § 34, Rn. 14). Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 BauGB ist maßgebend, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich geht es darum, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt (vgl. BVerwG; Beschluss vom 18. Juni 1997 - 4 B 238/96 - , NVwZ-RR 1998, 157; Urteil vom 6. November 1968 - IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20). Demgegenüber ist für das naturschutzrechtliche Betretungsrecht nicht entscheidend, ob und in welcher Weise eine am Ortsrand gelegene Fläche bebaut werden darf, sondern vielmehr, ob diese Fläche einem (baulich) genutzten Bereich zuzurechnen ist. So sind gerade Flächen, die sich unmittelbar an den letzten im Bebauungszusammenhang stehenden Baukörper anschließen, auch dann, wenn sie nicht mehr zum Innenbereich i.S.v. § 34 BauGB gehören, oftmals dem privaten Wohnbereich zuzuordnen und damit dem Betretungsrecht der Allgemeinheit entzogen. Da das Betretungsrecht Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist und dieses nur geringfügig beeinträchtigen soll, ist die Grenze zwischen den bebauten Ortslagen und der freien Landschaft im naturschutzrechtlichen Sinne erst dort zu ziehen, wo eine Beeinträchtigung des privaten Wohnbereichs in einer für den Normadressaten eindeutig erkennbaren Weise ausgeschlossen ist. Folglich ist davon auszugehen, dass jedenfalls eine sich an die bebaute Ortslage unmittelbar anschließende erkennbare gärtnerische oder sonstige private Wohnnutzung eines Grundstücksteils die Grenze zwischen Ortslage und freier Landschaft zu Gunsten der Ersteren verschiebt. Das führt dazu, dass die private Wohnnutzung eines Grundstücksteils im Ortsrandbereich ein naturschutzrechtliches Betretungsrecht sowohl nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG als auch nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BbgNatSchG ausschließt.

3. Für die Frage, ob die streitbefangene Fläche Teil eines Gartens oder jedenfalls in sonstiger Weise zum privaten Wohnbereich zu rechnen ist, ist allein auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen, wie sie sich in dem (auch prozessual) maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung darstellen.

a) Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass § 44 Abs. 1 i.V.m. § 46 BbgNatSchG hinsichtlich des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts keinen Bestandsschutz garantieren. Zwar bedarf der Grundstückseigentümer oder Nutzungsberechtigte gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG einer vorherigen Genehmigung, um das dem Betretungsrecht unterliegende Grundstück zu sperren, d.h., die Ausübung des Betretungsrechts gemäß § 44 BbgNatSchG zu untersagen oder tatsächlich auszuschließen, wobei eine Sperre nicht zwingend in der Einzäunung eines Grundstücks oder Grundstücksteils bestehen muss (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. April 1994 - 5 S 2157/93 -, NVwZ-RR 1994, 576). Der Grundstückseigentümer ist jedoch durch die §§ 44 ff. BbgNatSchG nicht gehindert, die dem Betretungsrecht unterliegenden Flächen umzugestalten und sie in seinen privaten Wohnbereich einzubeziehen oder etwa auf Brachflächen und anderen landwirtschaftlich nicht genutzten Flächen erstmals oder erneut eine landwirtschaftliche Nutzung aufzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Dezember 1990 - 20 A 2218/89 -, NuR 1993, 240; Hessischer VGH, Urteil vom 18. März 1975 - II OE 1/75 -, DVBl 1975, 901). Um im Einzelfall abgrenzen zu können, ob ein Grundstückseigentümer Teile seines Grundstücks zulässigerweise zu seinem privaten Wohnbereich erklärt und dies entsprechend nach außen hin deutlich macht, oder ob er sein Grundstück oder Teile davon in genehmigungsbedürftiger Weise für die Öffentlichkeit sperrt, ist wiederum zu berücksichtigen, dass das - unmittelbar aus dem Gesetz folgende - Betretungsrecht der Öffentlichkeit Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums ist. Daher sind zwar Maßnahmen, die nur dazu dienen, das Betretungsrecht der Allgemeinheit durch faktischen Ausschluss des Zugangs zu unterlaufen, von der nach Art. 14 GG geschützten Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht gedeckt. Jedoch enthalten weder §§ 44 ff. BbgNatSchG noch Art. 40 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg eine unmittelbar geltende Regelung, wonach bei Wassergrundstücken ein Uferstreifen von der privaten Wohnnutzung ausgenommen wäre. Ebenso wenig lässt sich dem Brandenburger Landesrecht entnehmen, dass der für private Wohnzwecke nutzbare Grundstücksbereich auf einen bestimmten - anhand der Flächen eines Wohngebäudes zu berechnenden - Umgriff beschränkt wäre. Die vom Bayerischen VGH vertretene Rechtsauffassung, in der Regel werde für einen vom allgemeinen Betretungsrecht auszunehmenden geschützten Wohnbereich ein Umgriff für ausreichend zu halten sein, der das Zehnfache der überbauten Fläche nicht überschreite, bei einer Bebauung mit mehr als zwei Vollgeschossen könne dieser Umgriff auf das Fünffache der bauplanungsrechtlich zulässigen Geschossfläche mit einer Obergrenze von 1 ha ausgedehnt werden (vgl. Urteil vom 3. August 1988 - Nr. 9 B 87.01107 -, BayVBl 1989, 47; Urteil vom 14. April 1981, BayVBl 1981, 433), beruht auf Art. 29 Nr. 2 BayNatSchG. Danach ist bei Wohngrundstücken eine Beschränkung nur für den Wohnbereich zulässig, der sich nach den berechtigten Wohnbedürfnissen und nach den örtlichen Gegebenheiten bestimmt. Ein gesetzlicher Anhaltspunkt für den so genannten zehnfachen Umgriff ergab sich aus § 39 Abs. 2 Nr. 1 NatSchG Baden-Württemberg in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung, wonach der Eigentümer oder sonstige Berechtigte unbeschadet sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften der Allgemeinheit das Betreten von Grundstücken in der freien Landschaft durch Sperren nur verwehren durfte, soweit die nicht überbaute Fläche eines Grundstücks, das mit einem Gebäude zulässig überbaut war, die überbaute Fläche um nicht mehr als das Zehnfache überschritt. Diese Vorschrift wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2006 mit der Begründung, dass die bisherige Formulierung zu eng und zu wenig flexibel gewesen sei (vgl. Baden-Württembergische LT-Drucks. 13/4768, Seite 146,147 zu § 53 NatSchG BW) dahin geändert, dass nunmehr auf die "berechtigten Wohnbedürfnisse" abgestellt wird. §§ 44 ff. BbgNatSchG enthalten keine hiermit vergleichbaren Einschränkungen.

b) Der Senat folgt hingegen nicht der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung, dass der tatsächliche Zustand nur dann maßgeblich sei, wenn er (baurechtlich) rechtmäßig hergestellt worden sei. Das vom Verwaltungsgericht hierzu zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 1968 (- VI C 31.66 -, BVerwGE 31,22, sowie bei Juris, dort Rn. 22) betrifft die Frage eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 BauGB, der, wie dargelegt, im vorliegenden naturschutzrechtlichen Kontext nicht maßgebend ist. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der in Rede stehende Grundstücksteil seine gegenwärtige Gestalt unter Verstoß gegen die Veränderungssperre vom 2. Februar 2005 oder etwa gegen Nr. 17 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 8 erhalten hat.

Darüber hinaus lässt sich auch nicht ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts aufstellen, dass sich ein Grundstückseigentümer im Rahmen von § 44 Abs. 1 BbgNatSchG auf eine Gestaltung seines Grundstücks dann nicht berufen könnte, wenn er diese rechtswidrig, etwa durch einen unzulässigen Eingriff in Natur und Landschaft, herbeigeführt hat. Denn sollte dies geschehen sein, bliebe der zuständigen Behörde die Möglichkeit, ihm mit ordnungsrechtlichen Mitteln aufzugeben, dies rückgängig zu machen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Erst danach stellte sich die Frage, ob eine erfolgte "Renaturierung" dem betreffenden Grundstücksteil nunmehr zugleich die Zugehörigkeit zur freien Landschaft vermittelt.

Vor allem jedoch ist auch hier zu berücksichtigen, dass es dem Adressaten des § 44 Abs. 1 BbgNatSchG ohne weiteres möglich sein muss, zu beurteilen, ob ein Grundstück dem Betretungsrecht unterliegt oder nicht. Es ist einem erholungssuchenden Passanten schlechterdings nicht möglich zu beurteilen, ob beispielsweise die gärtnerische Gestaltung eines Grundstücks vor Inkrafttreten oder während der Geltungsdauer einer baurechtlichen Veränderungssperre vorgenommen wurde oder sich als naturschutzrechtlich unzulässiger Eingriff darstellt.

III. In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat aufgrund der Augenscheinnahme der Örtlichkeiten zu der Überzeugung gelangt, dass der streitbefangene Grundstücksteil dem privaten Wohnbereich zuzuordnen und nicht Teil der freien Landschaft ist.

Dieser war im maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats erkennbar in die private Wohnnutzung einbezogen. Der südlich des Uferweges gelegene bebaute Teil des Grundstücks und der zum Seeufer hin gelegene Teil des Grundstücks machten nach ihrer konkreten Gestaltung den visuellen Eindruck der Zusammengehörigkeit. Es drängte sich hier für einen unvoreingenommenen Betrachter auf, dass das Wohngrundstück nicht vor dem Uferweg endet, sondern über diesen hinaus bis an das Ufer des Griebnitzsees heranreicht. Insoweit führte der Uferweg dem optischen Eindruck nach nicht zwischen zwei voneinander unabhängigen Flächen hindurch, sondern vielmehr über ein zusammenhängendes, einheitlich Wohnzwecken dienendes Grundstück. Beide Grundstücksteile wiesen gepflegte Rasenflächen auf. Auf dem südlichen, eine Hanglage aufweisenden Grundstücksteil stellte eine durch eine Gartentür passierbare Treppe die Verbindung zwischen Wohnhaus und Uferweg und dem sich anschließenden nördlichen (seeseitigen) Grundstücksteil her. Ferner war der seeseitige Grundstücksteil quasi in Fortsetzung des bebauten Grundstücksteils zu den Nachbargrundstücken links und rechts mit Pflanzenbewuchs, zur westlichen Seite zusätzlich durch in eine Reihe gelegte Findlinge optisch abgesetzt..

Soweit der Kläger den seeseitigen Teil des Grundstücks durch eine rot-weiße Plastikkette, die erwähnten Findlinge und Anpflanzungen eingefriedet bzw. abgegrenzt hat, führt das allein zwar noch nicht zur Einbeziehung des betreffenden Grundstücksteils in den privaten Wohnbereich. Ist die Einbeziehung in die Wohnnutzung jedoch, wie hier, bereits in anderer Weise durch die konkrete Gestaltung des Grundstücks erkennbar begründet worden, hat dies zur Folge, dass das Betretungsrecht entfällt und die Einfriedung keine ungenehmigte Sperrung i.S.d. § 46 BbgNatSchG ist, sondern dazu dient, den privat genutzten Grundstücksteil gegen das Betreten durch Unbefugte zu schützen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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