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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: OVG 11 M 47.07
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, KG, BeurkG, BGB


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 114
KG § 10
KG § 10 Abs. 1 Nr. 1
KG § 10 Abs. 3
BeurkG § 4
EGBGB Art. 224 § 1 Abs. 1
BGB § 1600 b Abs. 3 a.F.
BGB § 1600 c a.F.
BGB § 1600 d a.F.
BGB § 1600 d Abs. 2 a.F.
BGB § 1600 e a.F.
BGB § 1600 e Abs. 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 11 M 47.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel am 25. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO unter anderem voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese hat das Verwaltungsgericht unter Wahrung des in Artikel 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 GG verbürgten Gebots der Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfGE 81, 347) zu Recht verneint.

Die in Peru lebenden Antragstellerinnen erstreben mit der von ihnen angekündigten Klage die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vornahme einer Beurkundung. Nachdem ihr Bevollmächtigter unter dem 18. Februar 2003 die Vaterschaft gegenüber der in Peru geborenen Antragstellerin zu 1., der Tochter der aus Kolumbien stammenden Antragstellerin zu 2., anerkannt hat, sind sie an die Deutsche Botschaft in Lima mit dem Begehren herangetreten, durch den Konsularbeamten ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung beurkunden zu lassen. Dies hat die Deutsche Botschaft in Lima nach Vorsprache der Antragstellerinnen abgelehnt und mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 wie folgt begründet: Die Antragstellerin zu 1. habe gegenüber dem Konsularbeamten eine peruanische Geburtsurkunde vorgelegt, in der nicht ihr die Vaterschaft anerkennender Bevollmächtigter, sondern ein belgischer Staatsangehöriger als ihr Vater eingetragen gewesen sei. Dies habe die Antragstellerin zu 2. gegenüber dem Konsularbeamten damit erläutert, dass der betreffende Mann seinerzeit mit ihr zusammengearbeitet habe, aber nicht der Vater der Antragstellerin zu 1. sei. Er sei nur deshalb in die Geburtsurkunde eingetragen worden, damit die Antragstellerin zu 1., wie im spanischsprachigen Raum üblich, sowohl den Nachnamen eines Vaters als auch den Nachnamen der Mutter erhalte. Sie könne die Eintragung auf der Geburtsurkunde bei ihrer zuständigen Heimatbehörde löschen lassen, was nach ihrer Aussage 500 peruanische Soles (etwa 150 US-Dollar) kosten würde.

Die Entscheidung der Deutschen Botschaft ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 Konsulargesetz - KG - sind die Konsularbeamten befugt, über Tatsachen und Vorgänge, die sie in Ausübung ihres Amtes wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke aufzunehmen, insbesondere, vor ihnen abgegebene Willenserklärungen und eidesstattliche Versicherungen zu beurkunden. Die Vorschrift räumt den Konsularbeamten ein weites Ermessen ein (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, § 1 KG, Rdnr. 2.4.2, § 10 KG, Rdnr. 1.5). Soweit sie den Antragstellerinnen subjektive Rechte verleiht, erschöpfen sich diese in einem Anspruch auf fehlerfreie, insbesondere willkürfreie Ausübung dieses Ermessens. Dem wird die Entscheidung der Deutschen Botschaft in Lima gerecht.

Die sich aus der Geburtsurkunde ergebende inhaltliche Unstimmigkeit zur Vaterschaftsanerkennung sowie die nicht überzeugenden Erklärungsversuche der Antragstellerin zu 2. rechtfertigen die Ablehnung der Beurkundung unter mehreren Gesichtspunkten. Zwar wird bei der öffentlichen Beurkundung grundsätzlich nicht die Richtigkeit der Vaterschaftsanerkennung nachgeprüft (vgl. Palandt, 65. Auflage, § 1597 BGB, Rdnr. 2; vgl. auch KG, Beschluss vom 11. Dezember 2001 - 1 W 193/01 -, FamRZ 2002, 1725, sowie bei Juris). Gemäß § 10 Abs. 3 KG i.V.m. § 4 BeurkG soll die Beurkundung jedoch abgelehnt werden, wenn sie mit den Amtspflichten der Beurkundungsperson nicht vereinbar wäre, insbesondere wenn deren Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Die genannten Umstände begründen zumindest erhebliche Zweifel daran, ob mit der Vaterschaftsanerkennung redliche Zwecke verfolgt werden. Auch wenn diese Zweifel noch nicht den Regelablehnungsgrund nach § 10 Abs. 3 KG i.V.m. § 4 BeurkG erfüllen sollten, rechtfertigten sie es jedenfalls, von dem durch § 10 KG eingeräumten weiten Ermessen des Konsularbeamten abschlägig Gebrauch zu machen.

Darüber hinaus ist die Ablehnung auch deshalb nicht zu beanstanden, weil sich aus der genannten Eintragung in der Geburtsurkunde schwierige und von dem Konsularbeamten nicht ohne Weiteres zu beantwortende Fragen des internationalen Privatrechts ergaben (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, § 10 KG, Rdnr. 1.5). Gemäß Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Vaterschaft hinsichtlich der 1977 geborenen Antragstellerin zu 1. nach den bis zum 30. Juni 1998 geltenden Vorschriften. Nach Art. 20 Abs. 1 Satz 1 EGBGB a.F. unterliegt die Abstammung eines nichtehelichen Kindes grundsätzlich dem Recht des Staates, dem die Mutter bei der Geburt des Kindes angehört. Die Vaterschaft kann gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 3 EGBGB a.F. auch nach dem Recht des Staates, dem der Vater im Zeitpunkt der Geburt des Kindes angehört, oder nach dem Recht des Staates festgestellt werden, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wäre danach von deutschem Abstammungsrecht auszugehen, hätte die Anerkennung der Vaterschaft nach Maßgabe der §§ 1600 c) bis e) BGB a.F. die Zustimmung des Kindes erforderlich gemacht. Gemäß Art. 23 EGBGB a.F. unterliegen die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes und einer Person, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, zu einer Abstammungserklärung zusätzlich dem Recht des Staates, dem das Kind angehört (Satz 1). Soweit es zum Wohl des Kindes erforderlich ist, ist stattdessen das deutsche Recht anzuwenden (Satz 2). Letzteres konnte zumindest nicht mehr zweifelsfrei angenommen werden, nachdem sich gezeigt hatte, dass in der Geburtsurkunde der Antragstellerin zu 1. ein anderer Mann als ihr Vater eingetragen war. Im Übrigen wäre die Vaterschaftsanerkennung des Bevollmächtigten der Antragstellerinnen gemäß § 1600 b Abs. 3 BGB a.F. unwirksam, falls der Eintragung in der Geburtsurkunde der Antragstellerin zu 1. bereits eine wirksame Vaterschaftsanerkennung zugrunde gelegen haben sollte. Auch hätte es ggf. der näheren Klärung bedurft, ob sich aus der von der Antragstellerin zu 2. in der Prozesskostenhilfeerklärung vom 2. Januar 2002 für die Antragstellerin zu 1. angegebenen geistigen Behinderung ein zusätzliches Vertretungserfordernis nach § 1600 d) Abs. 2 BGB a.F. ergeben hätte und wer diese Vertretung ggf. wahrzunehmen gehabt hätte. Schließlich mag nach alledem dahinstehen, ob die Zustimmungserklärung nach § 1600 e) Abs. 3 BGB a.F. verspätet erfolgt wäre, nachdem die Beurkundung der Anerkennungserklärung bereits mehr als sechs Monate zurückgelegen hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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