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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 27.11.2009
Aktenzeichen: OVG 11 S 49.09
Rechtsgebiete: BBauG, BImSchG, UVPG, UmwRG, VwGO


Vorschriften:

BBauG § 35 Abs. 3 Satz 1, Nr. 5
BImSchG § 4
BbgDSchG § 9
UVPG § 3a Satz 4
UVPG § 3c
UmwRG § 4 Abs. 1
UmwRG § 4 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80a Abs. 3
VwGO § 146
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 11 S 49.09

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Laudemann, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Apel und den Richter am Oberverwaltungsgericht Schmialek am 27. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Das Beschwerdeverfahren des Antragstellers zu 1. wird eingestellt.

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde, zu denen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gehören, tragen der Antragsteller zu 1. zu 1/3, die Antragstellerin zu 2. zu 2/3.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird sowohl für die Zeit bis zur Beschwerderücknahme durch den Antragsteller zu 1. als auch für die Zeit danach auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin zu 2. wendet sich gegen die der Beigeladenen am 7. Mai 2008 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von acht Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 179,38 m (WEA 1-3, 5-8) bzw. 149,30 m (WEA 4).

Sie hat das in der Gemeinde G_____ gelegene, in der Denkmalliste des Landes Brandenburg verzeichnete und ca. 1.200 m vom Standort der nächstgelegenen Windenergieanlagen entfernte Gutshaus käuflich erworben. Zu ihren Gunsten ist eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen und der Besitz sowie Nutzungen und Lasten sind auf sie übergegangen. Am 17. Juli 2008 hat sie Widerspruch gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung eingelegt, über den bisher nicht entschieden wurde.

Zur Begründung ihres gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Antragsteller zu 1., am 29. September 2008 gestellten Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung machte sie insbesondere geltend, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme verstoße, da von den Anlagen eine optisch bedrängende Wirkung auf ihr Grundstück ausgehe. Das Vorhaben sei zudem wegen entgegenstehender Belange des Denkmalschutzes auch gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB unzulässig und die Voraussetzungen für die Erteilung der in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschlossenen denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 9 BbgDSchG hätten nicht vorgelegen. Es seien im Rahmen des den Anlagen zu Grunde liegenden Genehmigungsverfahrens die Vorgaben des § 3c UVPG in entscheidungserheblicher Weise nicht beachtet worden, da die denkmalrechtlichen Belange keinen Eingang gefunden hätten, und bei ordnungsgemäßer Berücksichtung hätte die Möglichkeit einer anderen Entscheidung sowohl hinsichtlich des Ergebnisses der Vorprüfung als auch hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens bestanden. Unter dem 22. Oktober 2008 wurde gebeten, die Antragstellerin zu 2. im Wege der Rubrumsberichtigung als alleinige Antragstellerin zu führen.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2009 hat das Verwaltungsgericht sowohl die beantragte Rubrumsberichtigung, durch die der Antragsteller zu 1. aus dem Rubrum gestrichen werden sollte, als auch den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Soweit die Antragstellerin zu 2. sich auf eine Beeinträchtigung von Belangen des Denkmalschutzes berufe, erscheine die Erfolgsaussicht ihres Rechtsbehelfs in der Hauptsache als offen, insoweit gehe die zu treffende Interessenabwägung zu ihren Lasten aus. Im Übrigen verletze der angefochtene Genehmigungsbescheid nach summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Rechte der Antragsteller. Verstöße gegen die nachbarschützende Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG seien weder substantiiert gerügt noch nach der im hiesigen Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung ersichtlich. Eine Verletzung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerten Gebots der Rücksichtnahme durch eine von den Drehbewegungen der Rotoren ausgehende optisch bedrängende Wirkung sei nach summarischer Prüfung wenig wahrscheinlich. Angesichts des Abstands der drei nächstgelegenen Anlagen vom Gutshaus, der im Ergebnis einer vom Antragsgegner durchgeführten Nachmessung auf der Flurkarte deutlich mehr als das sechsfache der Gesamthöhe dieser Anlagen betrage, sowie weiterer für die Annahme einer optisch bedrängenden Wirkung relevanten Umstände erscheine eine Überschreitung des Maßes des Zumutbaren durch das von den Rotoren der Anlagen geschaffene Unruheelement bei vorläufiger Würdigung unwahrscheinlich. Soweit die Antragsteller Drittschutz wegen der behaupteten Beeinträchtigung des Denkmalwertes des Gutshauses aus Denkmalschutz- und bauplanungsrechtlichen Bestimmungen beanspruchten, stellten sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als offen dar. Denn eine Beantwortung der Frage, ob das Erscheinungsbild oder die städtebauliche Bedeutung des Gutshauses durch die optischen Wirkungen der Windenergieanlagen der Beigeladenen tatsächlich erheblich beeinträchtigt und damit Belange des Denkmalschutzes mehr als nur geringfügig berührt würden, sei im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht möglich, weil keine hinreichend aussagekräftigen fachlichen bzw. sachverständigen Äußerungen, namentlich des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, vorlägen und für die Einholung eines derartigen Sachverständigengutachtens im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder grundsätzlich noch - wegen der damit verbundenen erheblichen Verzögerung - im konkreten Fall Raum sei. Entsprechendes gelte für die Frage, ob dem gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben öffentliche Belange in Gestalt der Belange des Denkmalschutzes, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, entgegenstünden. Soweit die Antragsteller ferner geltend machten, dass bei der durchgeführten Vorprüfung der UVP-Pflicht gem. § 3c UVPG eine Entscheidungsrelevanz auf Fehler unterlaufen sei, weil das Denkmal entgegen Nr. 2.3.9 der Anlage 2 UVPG nicht als vorhanden bemerkt und demgemäß nicht berücksichtigt worden sei, begründe dies keine hinreichenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Hauptsache, weil die insoweit maßgeblichen Voraussetzungen des im konkreten Fall anwendbaren § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht vorlägen. Zudem könne die UVP-Vorprüfung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Unter Berücksichtigung der Würdigung der Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe der Antragsteller in der Hauptsache überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Genehmigung das Suspensivinteresse der Antragsteller.

Mit ihrer hiergegen am 6. August 2009 eingelegten Beschwerde haben zunächst beide Antragsteller ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Der Antragsteller zu 1. hat seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 24. August 2009 zurückgenommen.

II.

1. Nachdem der Antragsteller zu 1. seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 24. August 2009 zurückgenommen hat, ist das Beschwerdeverfahren insoweit einzustellen.

2. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Juli 2009 hat keinen Erfolg, denn deren gemäß § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO vom Oberverwaltungsgericht allein zu prüfende Begründung rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin im Rahmen seiner gemäß § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO vorgenommenen Abwägung als "jedenfalls unbegründet" abgelehnt, da die Erfolgsaussichten ihres Rechtsbehelfs auf der Grundlage der durchgeführten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage in der Hauptsache (nur) hinsichtlich der geltend gemachten Beeinträchtigung von Belangen des Denkmalschutzes als offen erscheinen, die sodann zu treffende Interessenabwägung jedoch zu ihren Lasten ausgehe. Dies ist auch auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin Verstöße gegen die nachbarschützenden Bestimmungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BImSchG durch die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht substantiiert gerügt habe, wird mit der Beschwerde nicht angegriffen. Die Einwände der Antragstellerin gegen die weitere Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass - mit Ausnahme der gesondert behandelten Belange des Denkmalschutzes - auch keine Verletzung nachbarschützender Bestimmungen des Bauplanungsrechts, insbesondere kein Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB als "unbenannter" öffentlicher Belang verankerte Gebot der Rücksichtnahme durch eine von den Drehbewegungen der Rotoren ausgehende optisch bedrängende Wirkung vorliege, sind nicht begründet.

Dies gilt zunächst, soweit die Antragstellerin sich gegen die Verlässlichkeit der vom Verwaltungsgericht verwendeten Abstände der drei nächstgelegenen Windenergieanlagen zum von der Antragstellerin genutzten Gutshaus wendet. Die von der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren vorgelegten Ergebnisse einer Feststellung der Entfernungen der am dichtesten gelegenen vier Windenergieanlagen durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure hat die zu Grunde gelegten Abstände im wesentlichen bestätigt. Einwände hiergegen hat die Antragstellerin nachfolgend nicht mehr erhoben. Der Abstand der nächstgelegenen Anlage zum Gutshaus beträgt danach mit 1.201 m mehr als das sechsfache der Gesamthöhe der Windenergieanlagen (179,38 m).

Das Verwaltungsgericht hat auch keineswegs allein auf die Entfernung der Windenergieanlagen vom Gutshaus abgestellt, sondern ergänzend weitere nach der obergerichtlichen Rechtsprechung maßgebliche Kriterien des Einzelfalles berücksichtigt. Dies waren hier neben dem Abstand im konkreten Fall insbesondere die erhebliche Höhe und der 82 m betragende Rotordurchmesser der genehmigten Anlagen, deren versetzt zweireihige Anordnung, die gegenüber dem Gemeindeteil G_____ fehlende, gegenüber dem inmitten des Ortsteils gelegenen Gutshaus aber durch die davor stehende Bebauung und höhere Bäume vorhandene (gewisse) Abschirmung sowie die nur teilweise Nutzung der auf die Windenergieanlagen ausgerichteten, einen zweigeschossigen Risalit mit dem weniger schutzbedürftigen Eingangs- und Treppenhausbereich aufweisenden Ostseite des Gebäudes für Aufenthaltsräume. Es hat diese Umstände vorbehaltlich einer abschließenden Aufklärung und Würdigung im Hauptsacheverfahren ausdrücklich beachtet und auf dieser Grundlage eine optisch bedrängende Wirkung der Anlagen als wenig wahrscheinlich bezeichnet. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde setzt die Antragstellerin im Wesentlichen ihre eigene - abweichende - Würdigung der auch vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Umstände an die Stelle der Würdigung des Verwaltungsgerichts. Eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ergibt sich daraus indes auch nach Auffassung des Senats nicht.

b) Soweit die Antragstellerin meint, dass das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten ihres Rechtsbehelfs unter Denkmalschutz- und bauplanungsrechtlichen Bestimmungen wegen der möglichen Beeinträchtigung des Denkmalwertes ihres Gutshauses zu Unrecht nicht als überwiegend wahrscheinlich angesehen habe, vermag der Senat dem auf der Grundlage des insoweit allein maßgeblichen Beschwerdevorbringens ebenfalls nicht zu folgen.

Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts werden mit der Beschwerdebegründung nicht beanstandet. Der bloße Hinweis der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf "unsere entsprechenden Ausführungen in der Antragsbegründung" zu einer "Beeinträchtigung der Sichtachsen auf und von dem Gutshaus" stellt bereits keine den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügende Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung dar. Sie lässt nicht ansatzweise erkennen, inwiefern diese Ausführungen geeignet sein könnten, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als fehlerhaft zu erweisen, das für die Unmöglichkeit einer verlässlichen Beurteilung der denkmalrechtlichen Belange in tatsächlicher Hinsicht maßgeblich auf das Fehlen hinreichend aussagekräftiger fachlicher bzw. sachverständiger Äußerungen, insbesondere des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (i.F.: Landesamt für Denkmalpflege), abgestellt hat. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die erforderlichen denkmalfachlichen Informationen nur durch ein Gutachten des Landesamtes für Denkmalpflege oder eines anderen Sachverständigen vermittelt werden könnten, wird auch nicht durch die von der Antragstellerin selbst (nur) als wichtiges Indiz bezeichnete Stellungnahme des brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege zum Entwurf des Regionalplans "Windkraftnutzung" vom 9. September 2002 in Zweifel gezogen, in der das geplante Windeignungsgebiet 66 "Groß Schacksdorf" mit Blick auf den "Denkmalbestand Groß Schacksdorf" als eines derjenigen Gebiete aufgeführt wurde, hinsichtlich derer "es aus denkmalfachlicher Sicht Bedenken gibt und die im Rahmen von Ballonversuchen beurteilt werden müssen". Zu den Gebieten gegen, die ''erhebliche Bedenken'' bestanden, wurde es jedoch gerade nicht gezählt. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung subjektiver Rechte der Antragstellerin durch die genehmigten Windkraftanlagen vermag diese Einschätzung ersichtlich nicht zu begründen. Denn zum einen verweist die Stellungnahme auf einen nicht näher konkretisierten "Denkmalbestand" der Gemeinde, zu dem nach der Denkmalliste auch die (nach Mitteilung der Unteren Denkmalschutzbehörde vom 29. September 2008 mit einem Abstand von ca. 820 m erheblich näher am geplanten Standort gelegene) Dorfkirche, ein Wohnhaus, Rittertrophäen vom Torbogen Klinge, ein Grabmal auf dem Anger und ein Gedenkstein gehören. Deshalb ist schon nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, dass die denkmalfachlichen Bedenken gerade mit Blick auf das Gutshaus bestehen. Zum anderen handelte es sich bei der damaligen Stellungnahme schon dem eindeutigen Wortlaut nach gerade nicht um eine abschließende Beurteilung, sondern um eine erste, zunächst nur auf die Begründung der Notwendigkeit einer näheren Überprüfung durch Ballonversuche gerichtete Einschätzung.

Die von der Antragstellerin beantragte Einholung einer Stellungnahme des Landesamtes zu der Frage, ob das Denkmal "Gutshaus" der Antragstellerin bzw. dessen Erscheinungsbild in seiner Umgebung durch die Errichtung der Windenergieanlagen wesentlich beeinträchtigt wird, ist im Rahmen des hiesigen Beschwerdeverfahrens weder möglich, da sie angesichts des weit fortgeschritten Stadiums der Errichtung der genehmigten Anlagen (Fertigstellung und Inbetriebnahme aller Anlagen bereits Anfang Dezember 2009) nicht mehr rechtzeitig vor deren Abschluss, der mit der begehrten Anordnung gerade verhindert werden soll, vorläge, noch ist sie in einem solchen Verfahren rechtlich geboten. Insbesondere droht entgegen der Befürchtung der Antragstellerin durch Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlagen keine Schaffung vollendeter Tatsachen oder auch nur eine "Verschiebung von Gewichten zu Ungunsten der Antragstellerin". Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine etwaige Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes bzw. der Wirkung des Denkmals durch den Abbau der Anlagen nach einem für die Antragstellerin erfolgreichen Abschluss des Hauptsacheverfahrens wieder rückgängig gemacht werden könnte, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass es durch die "Schaffung vollendeter Tatsachen" zu einer die abschließende Entscheidung beeinflussenden "Verschiebung von Gewichtungen zu Ungunsten der Antragstellerin" käme. Es liegt fern anzunehmen, dass das in der Hauptsache entscheidende Gericht sich bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von derartigen - unzweifelhaft sachwidrigen - Erwägungen leiten lassen würde, zumal es sich bei der zur Überprüfung stehenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine rechtlich gebundene Entscheidung handelt.

c) Schließlich ist ein Erfolg des Widerspruchs bzw. einer ggf. nachfolgenden Klage der Antragstellerin nicht allein deswegen überwiegend wahrscheinlich, weil die Vorprüfung bezüglich des Bestehens einer UVP-Pflicht fehlerhaft gewesen wäre.

Insoweit weist das Verwaltungsgericht zunächst zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin als Drittbetroffene die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung allein wegen eines die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bzw. -vorprüfungen betreffenden Fehlers nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) und bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen verlangen könnte. Denn die Sonderregelungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG über die Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern gelten gem. § 4 Abs. 3 UmwRG zwar auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten gem. § 61 Nr. 1 und 2 VwGO. Die spezialgesetzliche Regelung des § 4 UmwRG geht der generellen Regelung des § 46 VwVfG ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/2495 S. 14) allerdings nur vor, "soweit ihr Regelungsgehalt reicht. Im Übrigen und vor allem für leichtere Verfahrensfehler wird keine Sonderregelung getroffen. Für solche leichteren Verfahrensfehler ... bleibt es weiterhin wie bisher bei der Anwendung von § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes bzw. der spezielleren Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens maßgebend sind.".

Dass im konkreten Fall eine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 UmwRG vorliegt, macht die Antragstellerin selbst nicht geltend. Sie stellt vielmehr in Anknüpfung an eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss v. 21. Januar 2008 - 4 B 35.07 -, ZfBR 1008, 278 ff., hier zit. nach juris, Rn 10) darauf ab, dass dem Antragsgegner im Rahmen der durchgeführten UVP-Vorprüfung ein entscheidungserheblicher Fehler unterlaufen sei, der die konkrete Möglichkeit begründe, dass die Planungsbehörde ohne diesen Fehler im Ergebnis anders entschieden hätte. Auch das Vorliegen der dafür maßgeblichen Voraussetzungen ist auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens indes nicht überwiegend wahrscheinlich.

Dies gilt zunächst bereits für das behauptete Vorliegen eines Fehlers bei der Durchführung der UVP-Vorprüfung. Gem. § 3a Satz 4 UVPG ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks. 551/06 S. 43 f.) soll damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass § 3c UVPG der zuständigen Behörde mit der Formulierung "nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung" einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Nachvollziehbarkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 13 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (BR-Drucks. 551/06 S. 43 f., Dienes, in: Hoppe, UVPG, § 3a Rn 30 f.). Hierbei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das nicht etwa besonders exponiert, sondern innerhalb des Ortes hinter höheren Bäumen gelegene Gutshaus der Antragstellerin mehr als einen Kilometer vom Standort der nächstgelegenen Anlage entfernt liegt, dass das Landesamt für Denkmalpflege in seiner Stellungnahme vom 19. April 2004 zu der seinerzeit verfolgten Planung für den Bebauungsplan Windpark (betreffend die Errichtung von 149 m hohen Anlagen) erklärt hatte, dass dagegen "keine denkmalpflegerischen Bedenken" bestünden, und dass die zuständige untere Denkmalbehörde während des Genehmigungsverfahrens jedenfalls zunächst - mit interner Stellungnahme auf eine entsprechende Anfrage vom 30. Januar 2007 - ebenfalls angegeben hatte, dass "Baudenkmale bzw. deren Umgebung" nicht betroffen seien. Danach erscheint es eher zweifelhaft, ob die insoweit allein beanstandete Einschätzung des Antragsgegners, wonach Denkmale, Denkmalensemble oder Bodendenkmale "im Vorhabensgebiet nicht vorhanden" seien, überhaupt als "nicht nachvollziehbar" beanstandet werden könnte. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, weshalb sich angesichts derartiger Einschätzungen selbst der zuständigen Fachbehörden gerade dem Antragsgegner eine Betroffenheit der in der Ortslage von G_____ vorhandenen Denkmale oder sogar die Möglichkeit einer erheblichen denkmalrechtlichen Beeinträchtigung durch die Errichtung der Windenergieanlagen hätte aufdrängen müssen.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht aber auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die UVP-Vorprüfung bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden könnte. Auch insoweit muss zumindest als offen angesehen werden, ob eine solche Nachholung - wie die Antragstellerin meint - zu dem Ergebnis führen müsste, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und dass deshalb eine - nach Genehmigungserteilung (vgl. BVerwG, Urteil v. 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 ff., hier zit. nach juris Rn 26, 28) und damit wohl auch im Widerspruchsverfahren nicht mehr mit heilender Wirkung nachholbare - Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen. Denn selbst wenn die Situation des denkmalgeschützten Gutshauses der Antragstellerin einen hinreichenden Anhaltspunkt für das Vorliegen einer erheblichen nachteiligen Umweltauswirkung gäbe, so wäre jedenfalls nicht ohne weiteres auszuschließen, dass dieser noch im Vorprüfungsverfahren durch Einholung einer sachverständigen Stellungnahme einer anderen öffentlichen Stelle ausgeräumt werden könnte. Denn die Vorprüfung darf eine eventuell erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung zwar nicht vorwegnehmen. Bei der Frage, ob die vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen und die eigenen Informationen eine geeignete Grundlage bilden, um unverzüglich aufgrund überschlägiger Prüfung über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens zu entscheiden, kommt der Behörde jedoch ein Einschätzungsspielraum zu, der jedenfalls dann nicht überschritten ist, wenn eine ergänzende Stellungnahme ohne größeren Aufwand zu einem eindeutigen Ergebnis führen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 ff., hier zit. nach juris Rn 33, 35).

d) Auch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Das Gericht hat weder öffentliche Interessen unberücksichtigt gelassen, die der sofortigen Vollziehung nach Auffassung der Antragstellerin entgegenstehen, noch hat es die der Vollziehung entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin unvollständig oder fehlerhaft gewürdigt.

Soweit die Antragstellerin meint, aus dem Erlass der Ministerien für Infrastruktur und Raumordnung und für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz vom 16. Juli 2009 ergebe sich "als Ausfluss des Gebots der Rücksichtnahme ein öffentliches Interesse an einem Einklang zwischen erneuerbaren Energien und vorhandener Wohnbebauung", der die Einhaltung des im Erlass vorgesehenen Mindestabstandes zur Wohnbebauung von 1000 m erfordere, vermag der Senat dem schon grundsätzlich nicht zu folgen. Denn der Erlass enthält - worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist - keine rechtlich maßgeblichen Genehmigungsvoraussetzungen, sondern lediglich Hinweise an die regionalen Planungsgemeinschaften zur Festsetzung von Eignungsgebieten für Windenergie, von denen schon nach der von der Antragstellerin selbst zitierten Passage je nach Lage des Einzelfalles abgewichen werden kann. Ein öffentliches Interesse daran, vor Bekanntgabe des Erlasses bereits genehmigte Anlagen, die diesen pauschalen Vorschlägen nicht Rechnung tragen, nicht zu errichten, ist daraus nicht ansatzweise ableitbar. Da nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich zu Lasten des Bauherrn auswirken, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur Urteil v. 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, zit. nach juris Rn 21), können sie ersichtlich auch kein öffentliches Interesse an der Nichtvollziehung einer erteilten Baugenehmigung begründen. Soweit immissionsschutzrechtliche Genehmigungen über die baurechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens entscheiden, kann nichts anderes gelten. Auch der Umstand, dass der Regionalplan, in dem die Anlagenstandorte als Windeignungsgebiet ausgewiesen waren, mit Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 21. September 2007 und damit bereits vor Erteilung der Anlagengenehmigung wegen fehlerhafter Ausfertigung für unwirksam erklärt wurde, vermag als solcher weder eine Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung noch ein Interesse an deren Nichtvollziehung zu begründen. Ferner ist nicht ersichtlich, inwiefern die Möglichkeit der Errichtung von (weiteren) Windkraftanlagen in den im - für unwirksam erklärten - Regionalplan ausgewiesenen weiteren Windeignungsgebieten das vom Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die vom Gesetzgeber angestrebte alsbaldige Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromversorgung festgestellte erhebliche öffentliche Interesse an einer möglichst zügigen Errichtung derartiger - und damit jedenfalls auch der hier genehmigten - Anlagen entfallen lassen könnte.

Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung ist auch sonst nicht zu beanstanden. Wie bereits ausgeführt, ist die zugrunde liegende Einschätzung der Erfolgsaussichten als "offen" auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden. Der - unsubstantiiert bleibende - Hinweis, dass die Antragstellerin das Gutshaus "in sehr naher Zukunft" dauerhaft zu Wohnzwecken nutzen werde, ist schon deshalb nicht geeignet, die vorläufige Hinnahme der Errichtung und Inbetriebnahme der Anlagen als unzumutbar zu erweisen, weil Einwirkungen, die die Wohnnutzung beeinträchtigen könnten, nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung nicht zu befürchten sind. Die daneben allein in Rede stehende und als offen angesehene Verletzung denkmalrechtlicher Belange durch eine optische Beeinträchtigung des Denkmals lässt eine Beeinträchtigung der Wohnnutzung ersichtlich nicht besorgen. Schließlich kann auch die von der Antragstellerin - soweit ersichtlich, erstmals mit der Beschwerdebegründung - gerügte Dauer des bisher nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens kein Überwiegen ihres Interesses an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs begründen. Es kann dahinstehen, ob die bisher nicht erfolgte Bescheidung des Widerspruchs angesichts des von der Antragstellerin anhängig gemachten Eilverfahrens, der damit verbundenen Übersendung der Verwaltungsvorgänge an das Gericht und einer wohl von allen Beteiligten geteilten Erwartung gerichtlicher Hinweise zur Klärung zumindest einiger der streitigen Punkte durch die gerichtliche Entscheidung ein vorläufiges Zurückstellen des Widerspruchsbescheides, dessen schnelle Bescheidung die Antragstellerin - anders als die gerichtliche Eilentscheidung - auch nicht erkennbar angemahnt hat, im konkreten Fall überhaupt als pflichtwidrig anzusehen wäre. Denn dann wäre jedenfalls noch das private Interesse der Beigeladenen an der Vermeidung erheblicher, im Fall eines Obsiegens in der Hauptsache nicht ohne weiteres entfallender wirtschaftlicher Nachteile zu berücksichtigen (ebenso bereits Beschluss des Senats v. 19. November 2008 - 11 S 10.08 -, zit. nach juris Rn 19). Diese resultieren insbesondere daraus, dass die Errichtung bzw. Inbetriebnahme der Anlagen sich im Fall des Abwartens einer derzeit nicht konkret absehbaren rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache erheblich verzögern würde. So würden sich die Einnahmen bei einer Inbetriebnahme der Anlagen nach dem 31. Dezember 2009 wegen der gesetzlich vorgesehenen Degression der Einspeisegebühren (vgl. nur § 20 Abs. 1 EEG 2009) längerfristig verringern. Auch dieses Interesse würde bereits das Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Verhinderung der bei Ausnutzung der Genehmigung durch die Beigeladene drohenden Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes ihres denkmalgeschützten Gutshauses überwiegen, da diese Beeinträchtigung im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin in der Hauptsache durch den ohne weiteres möglichen und durch die mit Ziffer 2.1 der Nebenbestimmungen zur Genehmigung festgesetzte Sicherheitsleistung auch finanziell gesicherten Rückbau der Anlagen ohne weitere Nachteile für die Antragstellerin wieder beseitigt werden könnte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostenverteilung trägt dem im Verhältnis zur Antragstellerin geringeren Anteil des Antragstellers an der Entstehung der Gesamtkosten Rechnung. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit auch selbst ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Eine Reduzierung des Streitwertes nach Rücknahme der Beschwerde des Antragstellers zu 1. kam nicht in Betracht, da der Wert der von den Antragstellern zunächst als vermeintliche Miteigentümer des Gutshauses gemeinsam geltend gemachten, vom Verwaltungsgericht in Anlehnung an Ziff. 19.2 i.V.m. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vom Juli 2004, z.B. DVBl. 2004, 1525 ff.) und mit Blick auf die Vorläufigkeit der angestrebten Regelung pauschalierend mit 7.500 EUR bewerteten Beeinträchtigungen sich nicht dadurch geändert hat, dass die Antragstellerin zu 2. deren Abwehr nunmehr allein weiterverfolgt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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