Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: OVG 2 B 13.04
Rechtsgebiete: BauGB, DSchG Bln, BauO Bln


Vorschriften:

BauGB § 172 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 172 Abs. 3 Satz 2
DSchG Bln § 2 Abs. 2
DSchG Bln § 2 Abs. 3
DSchG Bln § 11 Abs. 1 Satz 3
DSchG Bln § 11 Abs. 5
BauO Bln § 62 Abs. 1
BauO Bln § 51 Abs. 1
BauO Bln § 39 Abs. 4

Entscheidung wurde am 03.05.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Bei einem Denkmalbereich in Form eines Ensembles von städtebaulicher Bedeutung ist es für die Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit unerlässlich, die Frage einer etwaigen Minderung der Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte Veränderungen nicht nur "kategorienadäquat", sondern auch beschränkt auf die durch die beabsichtigten baulichen Maßnahmen betroffenen Bauteile zu beantworten. Schutzmindernde Vorbelastungen durch andere Bestandteile des Bauwerks sind dabei nicht zu berücksichtigen, solange sie sich nicht auf die von den beabsichtigten Änderungen betroffenen Bauteile auswirken.
OVG 2 B 13.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Hahn sowie die ehrenamtlichen Richter Malcharzyk und Noack

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2003 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren eine Baugenehmigung für den Anbau einer 20 m hohen Außenaufzugsanlage im Hof des fünfgeschossigen Mietwohnhauses K_____straße 1_____ im Bezirk Mitte von Berlin. Das im Jahre 1863 errichtete Gebäude ist konstituierender Bestandteil des Denkmalbereichs (Ensembles) "Spandauer Vorstadt" (Denkmalliste Berlin vom 15. Mai 2001, ABl. S. 2261, 2372) - Denkmalbereich - und liegt zugleich im Bereich der Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart des Gebiets "Spandauer Vorstadt" im Bezirk Mitte von Berlin vom 27. Mai 1993 (GVBl. S. 260) - Erhaltungsverordnung - . Zu dem Denkmalbereich gehören allein in der K_____straße sechzehn Mietwohnhäuser, die nach der 1860 erfolgten Anlegung der Straße während der ersten Bauphase zwischen 1861 bis 1863 im zeittypischen Baustil errichtet worden sind. Kennzeichnend für die Baustruktur auf den Grundstücken an der Südseite der K_____straße ist eine vier- bis fünfgeschossige dreiflügelige Bebauung, bestehend aus einem Vorderhaus und zwei Seitenflügeln ohne Quergebäude, deren "offene" Hofanlagen auf den parkartig angelegten Blockinnenbereich ausgerichtet sind. Die Erschließung des Gebäudes K_____straße 1_____ erfolgt über das im Vorderhaus hofseitig angeordnete Haupttreppenhaus. Die vormals in den Seitenflügeln vorhandenen Kleinwohnungen wurden bis zum Umbau des Hauses durch die Kläger über zwei Seitentreppenhäuser an der Südseite der Seitenflügel erschlossen. Diese haben die Kläger mit Baugenehmigung vom 19. April 1999 mit den jeweils anschließenden Wohnungen zusammengelegt, die dadurch entbehrlich gewordenen Treppenanlagen in den Seitentreppenhäusern ausgebaut und den gewonnenen Raum ab dem ersten Obergeschoss in Loggien für die zugehörigen Wohnungen mit Außenwanddurchbrüchen zu dem Blockinnenbereich umgebaut. Außerdem haben die Kläger das Dachgeschoss ausgebaut und die Straßenfassade sowie das Haupttreppenhaus restauriert. Der schmale Hof, der durch die rückwärtigen glatt geputzten Wände des Vorderhauses und der Seitenflügel eingerahmt wird, weist Fenster im bauzeitlichen Erscheinungsbild sowie noch einige bauzeitliche Details auf, wozu neben dem Gesimsband über der Erdgeschosszone auch die zweiflügelige, im oberen Bereich sprossengeteilte Hoftür und der zeittypische hofseitige Kellerabgang gehören.

Im März 2000 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung für den hofseitigen Anbau eines Außenaufzugs, der mit ungefähr einem halben Meter Abstand zur rückwärtigen Fassade parallel zum axialen Haupttreppenhaus errichtet werden sollte. Vorgesehen war eine aufgeständerte Stahlkonstruktion für den Aufzugsschacht mit einer Plattform über der Hoftür, von der ab der Aufzug über zwei Haltepunkte mit Anschlussbrücken zum Treppenhaus bis zum Dachgeschoss führen sollte. Die im Baugenehmigungsverfahren beteiligte Untere Denkmalschutzbehörde versagte hierzu ihr Einvernehmen aus denkmalschutzrechtlichen Gründen, ebenso das Stadtplanungsamt, das das Vorhaben aus erhaltungsrechtlichen Gründen ablehnte. Mit Bescheid vom 7. Februar 2001 und Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2001 versagte der Beklagte daraufhin die Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Außenaufzugsanlage aus denkmalschutzrechtlichen und erhaltungsrechtlichen Gründen. Die geplante Aufzugsanlage beeinträchtige die Baustruktur, denn sie wirke dominant auf den Hofbereich des Grundstücks K_____straße 1_____ ein und verdecke die von außen erkennbare Erschließungsstruktur des Hauses durch das Haupttreppenhaus. Das Verhältnis von Grundriss und Freiräumen auf dem Grundstück würde sich durch die Aufzugsanlage verändern und damit das gesamte hofseitige Erscheinungsbild. Der Schutz des denkmalrechtlichen Ensembles erfordere deshalb die Erhaltung der bauzeitlichen dreiflügeligen Baustruktur mit der Hofbildung, durch die das Gebäude maßgeblich geprägt werde. Die durch den Einbau der Loggien erfolgten baulichen Veränderungen der Seitenflügel und der Dachgeschossausbau sowie der Umstand, dass der geplante Außenaufzug (nur) vom Blockinnenbereich aus einsehbar sei, würden die Schutzbedürftigkeit des Gebäudes nicht herabsetzen. Eine Notwendigkeit der Aufzugsanlage für mobilitätsbehinderte Personen sei nicht gegeben, weil die geplante Aufzugsanlage erst im Hochparterre beginne und damit gar nicht für diesen Personenkreis geeignet sei. Gegenüber dem privaten Interesse der Kläger an der Außenaufzugsanlage würde deshalb das öffentliche Interesse an der ensembleadäquaten Erhaltung des Gebäudes überwiegen.

Das Vorhaben sei darüber hinaus nicht mit der Erhaltungsverordnung vereinbar, denn das Gebäude habe zusammen mit den übrigen Altbauten für diesen städte-baulichen Zusammenhang eine ortsbildprägende Funktion. Ein Außenaufzug stelle in dem fraglichen Bereich ein für Wohnhäuser untypisches Gestaltungselement dar, da im Bereich der Spandauer Vorstadt allenfalls bei Gewerbebauten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bauzeitliche Lastenaufzüge vorhanden gewesen seien. Mit 20 m Höhe erreiche er auch eine städtebaulich relevante Dimension, so dass zur Verhinderung einer fortschreitenden Beeinträchtigung der städtebaulichen Gestalt des Erhaltungsgebiets die Abwehr der von der Außenaufzugsanlage ausgehenden negativen Vorbildwirkung erforderlich sei.

Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 10. Dezember 2003 im Wege eines Bescheidungsurteils stattgegeben. Dem streitgegenständlichen Vorhaben stehe weder der Denkmalschutz noch das Erhaltungsrecht entgegen. Das private Interesse an dem Anbau der Außenaufzugsanlage überwiege das öffentliche Interesse an der Erhaltung des bestehenden Zustands. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung der derzeitigen Hofsituation sei nicht mehr gegeben. Das Gebäude erreiche nicht die Qualität eines Einzeldenkmals, sondern sei lediglich Bestandteil eines Denkmalensembles, wobei die eingeschränkte Wahrnehmbarkeit nur vom Blockinnenbereich aus die Schutzwürdigkeit der Hofsituation zusätzlich relativiere. Der Einbau der Loggien und der Dachausbau hätten das Gebäude so verändert, dass dadurch optisch der Eindruck eines Neubaus entstanden sei, in dessen Erscheinungsbild sich die Aufzugsanlage als ein zeitgemäßes Additiv einfüge. Zudem seien bei der denkmalschutzrechtlichen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit die Belange mobilitätsbehinderter Personen zu berücksichtigen und bauordnungsrechtlich in Gebäuden mit mehr als vier Vollgeschossen Aufzüge in ausreichender Zahl vorgeschrieben.

Durch Beschluss vom 17. Mai 2004 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin die Berufung zugelassen. Der Beklagte trägt vertiefend vor, dass das gemeinsame Grundprinzip der zu dem Ensemble zusammengefassten Gebäude durch ein Nebeneinander baulicher Anlagen einer bestimmten Entstehungszeit geprägt sei, zu denen auch die Hofbildungen gehörten, die in ihrer Bezugnahme aufeinander die Denkmalqualität des Ensembles mit bestimmten. Dieser Zusammenhang sei durch die Modernisierung des Gebäudes K_____straße 1_____ und die Umbauten weder aufgehoben noch nachhaltig gestört worden, während eine für Wohngebäude aus der Zeit um 1860 völlig fremdartige Außenaufzugsanlage die historisch überlieferte intakte Hofstruktur zerstören würde. Maßgeblich hierfür sei die Wirkung und Wahrnehmung des Hofes aus dem Hof sowie im Vergleich mit anderen Höfen im Bereich des Ensembles.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen

Die Kläger weisen ergänzend darauf hin, dass inzwischen beinahe an jeder rückwärtigen Fassade der Gebäude in der K_____straße moderne Balkonkonstruktionen und großformatige Fensteröffnungen zur Steigerung der Wohnqualität vorhanden seien, die als wohnwerterhöhende Modernisierungen mit der aufwendig sanierten historischen Bausubstanz eine attraktive Einheit bildeten. In dieses Erscheinungsbild des Blockinnenbereichs würde sich die Hofsituation des Gebäudes K_____straße 1_____ mit einem verglasten Außenaufzug ohne weiteres einfügen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsvorgänge (ein Leitzordner betr. Baugenehmigungsverfahren und 3 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 7. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, so dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen ist.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erteilung der von ihnen begehrten Baugenehmigung für die Errichtung einer Außenaufzugsanlage im Hof des Grundstücks K_____straße 1_____ im Bezirk Mitte von Berlin, weil ihr Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht (§ 62 Abs. 1 BauO Bln a.F.).

1. Dem Vorhaben stehen denkmalschutzrechtliche Gründe im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln entgegen, weil das Gebäude K_____straße 1_____ konstituierender Bestandteil des Denkmalbereichs (Ensembles) "Spandauer Vorstadt" (Denkmalliste Berlin vom 15. Mai 2001, ABl. S. 2261, 2372) ist und durch die Errichtung der Außenaufzugsanlage im Hof schützenswerte Teile des Denkmalbereichs in ihrem Erscheinungsbild verändert würden (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Bln), ohne dass private Interessen an der Errichtung der Aufzugsanlage überwiegen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse diese Maßnahme verlangt.

a) Ein Denkmalbereich ist gemäß § 2 Abs. 3 DSchG Bln unter anderem eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG Bln im Interesse der Allgemeinheit liegt, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist. Ein Denkmalbereich in Form eines Ensembles liegt vor, wenn es sich bei den baulichen Anlagen um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort, wie etwa bei einem Stadtviertel, handelt (vgl. OVG Bln, Urteil vom 8. Juli 1999 - Opel Werkhalle - BRS 62 Nr. 216 = OVGE 23, 153, 154). Solche baulichen Anlagen können unabhängig voneinander entstanden sein, müssen aber verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen und insoweit als historisch überlieferter Bestand in städtebaulicher Hinsicht Lebensformen vergangener Zeitschnitte widerspiegeln (vgl. OVG Bln, Urteil vom 25. Juli 1997 - Fidicin-Wohnhaus - OVGE 22, 180, 182). Hierbei müssen die einheitsstiftenden Elemente einen "übersummativen" Aussagewert für die städtebauliche Entwicklung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufweisen (vgl. OVG Bln, Urteil vom 11. Juli 1997 - Fleischfabrik Cuvrystraße -, LKV 1998, 158).

Danach liegt hier ein Ensemble von städtebaulicher Bedeutung vor, denn das Gebäude K_____straße 1_____ bildet zusammen mit den übrigen auf der Südseite der K_____straße errichteten Mietwohnhäusern einen Ausschnitt aus dem Denkmalbereich "Spandauer Vorstadt", in dem sich auf engem Raum Mietwohnhäuser erhalten haben, die für die Errichtungszeit exemplarisch die orts- und baugeschichtliche Entwicklung der "Spandauer Vorstadt" im Verlaufe von nur wenigen Jahren nach der Anlegung der K_____straße im Jahre 1860 anschaulich vermitteln. Die städtebauliche Bedeutung des Ensembles liegt in den ablesbaren Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen den Häusern mit ihren zeittypischen Merkmalen, die den gesteigerten Zeugniswert des Ganzen ausmachen. Die städtebauliche Bedeutung erfasst die baulichen Anlagen regelmäßig als räumlich-kubische Einheit einschließlich der Baustruktur, die das Verhältnis von Überbauung und Freifläche bestimmt, so dass hierzu auch die Hofbildungen gehören. Die Besonderheit der Mietwohnhäuser auf der Südseite der K_____straße ist die "offene" Hofsituation durch Verzicht auf das bauzeitlich verbreitete Quergebäude, um durch die Südausrichtung auf den parkähnlichen Blockinnenbereich die Wohnqualität der straßenabgewandten Wohnbereiche zu heben. Diese dreiflügelige Grundrissgliederung der Mietwohnhäuser und die dadurch bestimmte Form der Hofanlagen sind, wie der Senat bei der Ortsbesichtigung am 8. November 2006 hat nachvollziehen können, an allen Mietwohnhausanlagen südlich der K_____straße aus der Zeit um 1860 ablesbar, soweit nicht der Straßenverlauf im "Knick" der Straße dieser Bauweise entgegenstand. Diese Hofbildungen sind ein einheitsstiftendes prägendes Element, das am Ensembleschutz teilnimmt, weil sie zusammen mit der charakteristischen Reihung von "offenen" Seitenflügeln mit und ohne Balkonen oder Seitentreppenhäusern sowie teilweise auch mit dem südlichen Flair von Laubengängen und zahlreichen anderen bauzeitlichen Details unterschiedliche Typen von Hofanlagen hervorgebracht haben, die den besonderen Erlebnis- und Aussagewert des Erscheinungsbildes dieses Ensembles ausmachen. Hierzu gehören auch die überkommenen Erschließungsstrukturen der Gebäude, deren Treppenhäuser schon durch die versetzte Anordnung der zugehörigen Fenster als äußeres Bauelement erkennbar sind und teilweise - wie hier - als hofseitiges Haupttreppenhaus oder auch als Seitentreppenhaus in Erscheinung treten.

Das Mietwohnhaus K_____straße 1_____ weist noch zahlreiche tradierte, städtebaulich bedeutsame Wesensmerkmale (Hoftür, Treppenhausfenster u.a.) auf, die durch die Errichtung der 20 m hohen Außenaufzugsanlage teilweise beseitigt oder optisch verschlossen und dadurch verändert würden. Dem Hof als gedachtem Außenraum würde aufgrund seiner geringen Ausmaße mit der teilweisen Überbauung durch den Außenaufzug ein Teil seines Außencharakters und seiner Freiraumfunktion genommen; er würde als weiterer "Innenraum" wahrgenommen (vgl. hierzu OVG Bln-Bbg, Urteil vom 9. Dezember 2005 - Arkaden Friedrichstraße -, BauR 2006, 665 = LKV 2006, 515 m.w.N., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 4 B 15.05 - sowie SächsOVG, Urteil vom 16. Januar 2006 - Mädler-Passage -, BauR 2006, 1108, 1109). Das Haupttreppenhaus würde durch die parallele Beifügung einer zweiten technischen Erschließungsanlage - sei sie auch gläsern ausgeführt - verdeckt und ihm optisch die Funktion genommen.

b) Die erfolgten Umbauten in den beiden Seitenflügeln durch die Entfernung der Seitentreppenanlagen und den Einbau der Loggien sowie durch den Dachausbau sind zwar durch die dadurch bewirkten Veränderungen des Erscheinungsbildes für die städtebauliche Bedeutung des Ensembles nachteilig gewesen, haben aber nicht zu einem Bedeutungsverlust auch der übrigen schützenswerten Bestandteile des Mietwohnhauses geführt. Der Hof und das Haupttreppenhaus wurden hiervon nicht tangiert, weil die Erlebbarkeit der durch die Rückwand des Vorderhauses und die hofzugewandten Fassaden der Seitenflügel gebildeten Hofanlage mit ihren bauzeitlichen Details vom Standort im Hof - wie der Senat im Ortstermin feststellen konnte - in keiner Weise gemindert wird, da das auskragende Gesims unterhalb des Dachgeschosses keine Blickverbindung zu diesem erlaubt und die Rückwände der Seitenflügel vom Standort im Hof aus nicht sichtbar sind. Erst bei einer Standortverlagerung in den Park werden die Seitenflügel mit den Loggiaeinschnitten und der Dachausbau sichtbar, so dass es möglich wird, diese zusammen mit dem Hof in den Blick zu nehmen. In diesem Fall setzen sich die Loggiaeinschnitte und der Dachausbau als unverkennbare Zugeständnisse an moderne Wohnformen und die dadurch bewirkten Veränderungen jedoch so deutlich von der "dazwischen" liegenden alten Hofanlage mit der bauzeitlichen Treppenhausanlage ab, dass nicht von einer optischen Überformung gesprochen werden kann, die zu einem Bedeutungsverlust des Erscheinungsbilds des Hofs mit der Treppenhausanlage als Strukturmerkmal geführt hat. Zudem verbietet es sich, innerhalb der denkmalschutzrechtlichen Kategorie der städtebaulichen Bedeutung den Wert unverändert erhaltener baustruktureller Elemente, wie der Grundrissgliederung, der Freiräume und der Hofbildung, mit optischen Aspekten anderer Bauteile, wie der nachteiligen Veränderung der Rückwand der Seitenflügel gleichsam zu "verrechnen". Eine solche Betrachtungsweise würde der bei einem Denkmalbereich gebotenen Gesamtbetrachtung nicht gerecht, bei der signifikante Teile des Ganzen auch dann noch ihren Wert haben, wenn andere Teile einen Bedeutungsverlust erlitten haben sollten (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 22. August 2006 - OVG 2 N 193.05 - Paretz). Dies unterstreicht § 2 Abs. 3 2. HS DSchG Bln, der im Rahmen des Ensembleschutzes ausdrücklich betont, dass nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal sein muss, d.h. eine solche Gemengelage ensembleimmanent ist und nicht grundsätzlich schutzmindernd wirkt. Gerade bei einem Denkmalbereich in Form eines Ensembles von städtebaulicher Bedeutung mit der entsprechenden Vielzahl baulicher Strukturmerkmale aus unterschiedlichen Zeiten ist es für die Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit baulicher Änderungen unerlässlich, die Frage einer etwaigen Minderung der Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte Veränderungen nicht nur "kategorienadäquat" (vgl. hierzu OVG Bln, Urteil vom 6. März 1997 - Zentrum am Zoo -, OVGE 22, 121, 130 = NVwZ-RR 1997, 591), sondern auch auf die durch die beabsichtigten baulichen Maßnahmen betroffenen Bauteile beschränkt zu beantworten, ohne schutzmindernde Vorbelastungen anderer Bestandteile auf diese zu erstrecken, solange sie sich nicht auf sie auswirken. Eine Bewertung der verbliebenen Originalsubstanz danach, ob aufgrund umfangreicher verändernder Eingriffe "ohnehin nichts mehr zu retten" ist, kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu BayVGH, Urteil vom 9. Juni 2004, BauR 2005, 89 = GewArch 2004, 437).

Es ist auch nicht von einem Bedeutungsverlust der Hofanlage als Bestandteil des Denkmalbereichs aufgrund einer abgeschirmten Binnenlage (vgl. hierzu OVG Bln, Urteil vom 25. Juli 1997 - Fidicin-Wohnhaus -, OVGE 22, 180,183; Urteil vom 11. Juli 1997 - Fleischfabrik Cuvrystraße -, LKV 1998, 158) auszugehen, weil diese aufgrund der dreiteiligen Baustruktur mit der Öffnung zu dem parkähnlich angelegten Blockinnenbereich "offen" gestaltet worden ist und deshalb schon immer für die Bewohner der angrenzenden Grundstücke zugänglich war. Seit der Nutzungsvereinbarung vom 30. Juli/30. August 2006 zwischen dem Bezirksamt Mitte und dem Anwohnerverein "B_____ K_____ e_____." steht der Blockinnenbereich sogar tagsüber uneingeschränkt der Öffentlichkeit als Parkanlage zur Verfügung.

c) Soweit das Denkmalschutzrecht gemäß § 11 Abs. 5 DSchG Bln bei der Genehmigung von baulichen Veränderungen des Erscheinungsbildes von denkmalgeschützten Anlagen die Berücksichtigung der Belange mobilitätsbehinderter Personen fordert, kann hieraus kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln an der Errichtung der Aufzugsanlage abgeleitet werden. Die geplante Anlage eignet sich schon nicht für mobilitätsbehinderte Personen, weil behindertengerechtes Bauen eine barrierefreie Zugangslösung voraussetzt (§ 51 Abs. 1 BauO Bln), die hier - unabhängig von der Frage ausreichender Innenmaße des Aufzugs - schon deshalb nicht gegeben ist, weil die geplante Anlage erst im Hochparterre beginnen und zudem nicht alle Geschosse anfahren soll.

Soweit die Kläger mit Blick auf sich möglicherweise zukünftig abzeichnende gesundheitliche Einschränkungen zumindest teilweise eine Aufstiegserleichterung mit Hilfe der Außenaufzugsanlage anstreben, ist dies kein überwiegendes privates Interesse, das dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Hof- und Treppenhausanlage in ihrem Erscheinungsbild entgegenstehen könnte (§ 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln), denn der Gesetzgeber hat in § 11 Abs. 5 DSchG Bln die Wertung zum Ausdruck gebracht, dass nur der Ausschluss von Behinderten aufgrund mangelnder Zugänglichkeit von Gebäuden auch denkmalschutzrechtlich von Gewicht sein soll, nicht aber das allgemeine Interesse von Hausbewohnern, die diesen Personenkreis nicht zuzurechnen sind, an einer wahlweisen Erleichterung des Treppenaufstiegs. Die § 39 Abs. 4 Satz 1 BauO Bln zu entnehmende Erforderlichkeit von Aufzugsanlagen bei mehr als viergeschossigen Gebäuden gilt nur für neu zu errichtende Bauten. Hieraus können die Kläger keine Ansprüche herleiten.

2) Dem Vorhaben stehen überdies die erhaltungsrechtlichen Vorschriften des § 172 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BauGB in Verbindung mit § 1 Satz 3 der Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart des Gebiets "Spandauer Vorstadt" im Bezirk Mitte von Berlin vom 27. Mai 1993 (GVBl. S. 260) - Erhaltungsverordnung - entgegen, weil die Errichtung der Außenaufzugsanlage im Hof des im Bereich der Erhaltungsverordnung liegenden Mietwohnhauses K_____straße 1_____ die städtebauliche Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt beeinträchtigen würde, deren Bewahrung § 172 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als Schutzziel nennt. Die weiteren Konkretisierungen hinsichtlich der Besonderheiten des Erhaltungsgebiets sind zulässigerweise in den angefochtenen Bescheiden erfolgt (vgl. hierzu OVG Bln-Bbg, Urteil vom 9. Dezember 2005, a.a.O., m.w.N.), auf die Bezug genommen wird. Danach strebt der Beklagte auch in erhaltungsrechtlicher Hinsicht die Bewahrung der Baustruktur des Gebäudes sowie der Hof- und Treppenhausanlage aus städtebaulichen Gründen an, wobei für das Erhaltungsrecht deren städtebauliche Funktion im Vordergrund steht (vgl. Hönes, Zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im Baugesetzbuch, BauR 2006, 465, 477). Die Beeinträchtigung der städtebaulichen Gestalt im Sinne des § 172 Abs. 3 Satz 2 BauGB durch die Errichtung der 20 m hohen Aufzugsanlage ist hier zum einen aufgrund der Ausstrahlungswirkung der Anlage auf das Erhaltungsgebiet durch ihre Größe und Dominanz sowie zum anderen auch durch ihre Vorbildwirkung für eine Vielzahl gleichartiger Mietwohnhäuser in diesem Bereich gegeben, denn das Erhaltungsrecht ist über die Bewahrung der städtebaulichen Funktion von Gebäuden hinaus durch eine aktiv zukunftsbezogene Ausrichtung gekennzeichnet (vgl. hierzu OVG Bln-Bbg, Urteil vom 9. Dezember 2005, a.a.O), die die Steuerung auch möglicher zeitgemäßer Veränderungen umfasst, die hier in dieser Form jedoch vermieden werden soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

Zurück