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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: OVG 2 S 42.06
Rechtsgebiete: BGB, OBG, BbgWG


Vorschriften:

BGB § 903
OBG § 13 Abs. 1
BbgWG § 43 Abs. 3 Satz 1
BbgWG § 43 Abs. 3 Satz 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 42.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Korbmacher, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Jobs am 14. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren über das den Antragstellern mit Bescheid vom 31. Juli 2006 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagte Befahren des Wa_____sees mit ihrem Motorboot, amtliches Kennzeichnen M_____. Die Antragstellerin zu 1) ist Eigentümerin des Wa_____sees und der Antragsteller zu 2) Vorstand der Antragstellerin zu 1) sowie zugleich Führer des vorgenannten Motorboots. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die aufgrund ihrer Rechtsstellung als Gewässereigentümer aus § 903 BGB folgenden Befugnisse sie dazu berechtigten, den See in beliebiger Art und Weise zu nutzen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter dem ausdrücklich entgegenstehen. Hierzu gehöre auch das Befahren nicht schiffbarer Gewässer mit einem motorgetriebenen Boot, ohne dass es einer behördlichen Gestattung bedarf, weil sich insoweit weder aus den Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes noch aus denen des Brandenburgischen Wassergesetzes eine Beschränkung der Eigentümerrechte herleiten lasse.

Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid vom 31. Juli 2006 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 19. September 2006 zurückgewiesen. Der stattgebende, auf die Zwangsmittelandrohung bezogene Teil der Entscheidung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

Das insoweit maßgebende Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) gibt im Ergebnis keinen Anlass zu einer von dem Verwaltungsgericht abweichenden Entscheidung. Die streitgegenständliche Nutzung des Wa_____sees durch Befahren mit einem motorgetriebenen Wasserfahrzeug ist nicht vom Eigentumsrecht an dem See gestattungsfrei gedeckt.

Rechtsgrundlage für die Untersagungsanordnung vom 31. Juli 2006 durch den Antragsgegner als untere Wasserbehörde (§ 124 Abs. 2 BbgWG) und zugleich Ordnungsbehörde (§ 103 Abs. 2 Satz 2 BbgWG) ist § 13 Abs. 1 OBG. Danach ist der Antragsgegner in dieser Funktion dazu ermächtigt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung - wie einen Verstoß gegen etwaige Genehmigungserfordernisse nach den Vorschriften des Wasserrechts (§ 103 Abs. 1 BbgWG) - abzuwehren. Ein solcher Verstoß liegt hier vor, denn eine Gewässernutzung durch das Befahren mit einem Motorboot zählt weder zum Anliegergebrauch, der sich auf die hier nicht einschlägigen wasserhaushaltsrechtlichen Benutzungstatbestände (§ 45 Abs. 1 BbgWG, § 24 WHG) bezieht, noch zum Gemeingebrauch (§ 43 Abs. 1 BbgWG). Das Befahren von Gewässern mit Wasserfahrzeugen ist vielmehr "Schifffahrt". Diese darf nur auf schiffbaren Gewässern von jedermann unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeübt werden (§ 46 Abs. 1 BbgWG). Nicht schiffbare Gewässer, wie der in der Anlage zum Brandenburgischen Wassergesetz nicht aufgeführte Wa_____see, dürfen dagegen mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen nur aufgrund einer Gestattung durch Einzelfallbescheidung (§ 43 Abs. 3 Satz 1 BbgWG) befahren werden. Dass die streitgegenständliche Nutzung des Wa_____sees im Rahmen der Gewässerüberwachung im Sinne des § 43 Abs. 3 Satz 5 BbgWG erfolgt und deshalb keine Gestattung erforderlich ist, behaupten die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr. Soweit sie mit ihrer Beschwerde vortragen, dass sich aus dem Brandenburgischen Wassergesetz nicht entnehmen lasse, dass das Befahren eines nicht schiffbaren Gewässers mit einem motorgetriebenen Wasserfahrzeug durch den Gewässereigentümer der Gestattungspflicht unterliege, trifft dies nicht zu. Eine Ausnahme von dem Gestattungserfordernis des § 43 Abs. 3 Satz 1 BbgWG ist für Gewässereigentümer gesetzlich nicht vorgesehen. Dies ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten.

Auf das im Beschwerdeverfahren zitierte Urteil des Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig Holstein vom 20. August 1991, NVwZ 1992, 690 können sich die Antragsteller nicht berufen, weil die dortige Rechtslage nicht vergleichbar ist, da der Genehmigungsvorbehalt für das Befahren nicht schiffbarer Gewässer mit motorgetriebenen Fahrzeugen nach dem Landeswassergesetz ausdrücklich nicht für den Eigenbedarf des Gewässereigentümers gilt (jetzt: § 15 Abs. 1 Satz 2 LWG).

Soweit die Antragsteller ihre Rechtsauffassung auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 1995 (- 1 A 12853/94 - zitiert nach juris -) stützen, überzeugt dies nicht. Diese Entscheidung will den Gewässereigentümern nicht schiffbarer Gewässer aufgrund ihrer Rechtsstellung und den daraus folgenden Eigentümerbefugnissen (§ 903 BGB) das Recht gewähren, diese ohne behördliche Genehmigung mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen befahren zu dürfen, solange sich weder aus dem Wasserhaushaltsgesetz noch aus dem Landeswassergesetz eine ausdrückliche Genehmigungspflicht auch für diesen Nutzerkreis entnehmen lasse. Das Gericht geht hier ersichtlich von einem Vorrang der bürgerlich-rechtlichen Eigentumsordnung (hier: § 903 BGB) gegenüber den öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Eigentumsinhaltsbestimmung aus, so dass die öffentlich-rechtlichen Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Landeswassergesetzes nur als Beschränkung eines "an sich" umfassenden und verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsrechts an dem Gewässer erscheinen. Der Umfang der Gewährleistung des konkreten Eigentums kann jedoch nicht allein aus der privatrechtlichen Rechtsstellung bestimmt werden, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 15. August 1981 (BVerfGE 58, 300, 334 - 336) zum Verhältnis von Grundeigentum und Wasserrecht ausgeführt hat. Vielmehr wirken bei der Bestimmung der verfassungsrechtlichen Rechtsstellung des Eigentümers bürgerliches Recht und öffentlich-rechtliche Gesetze gleichrangig zusammen, so dass sich Inhalt und Schranken des Eigentums aus einer Zusammenschau aller zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Vorschriften ergeben. Folgt daraus, dass (auch) der Eigentümer bestimmte Befugnisse nicht hat, so gehören diese nicht zum Inhalt seines Eigentumsrechts, d.h. ihm ist von vornherein nur eine in dieser Weise eingeschränkte Rechtsposition eingeräumt worden (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Mit den Regelungen des Brandenburgischen Wassergesetzes hat der Gesetzgeber neben den wasserhaushaltsrechtlich erlaubnis- oder bewilligungsbedürftigen Benutzungstatbeständen das Erfordernis einer spezifisch hoheitsrechtlichen Zuteilung von Nutzungsbefugnissen für alle wesentlichen wasserwirtschaftlichen Nutzungen normiert. Nur der Gemeingebrauch (§ 43 BbgWG) und der Anliegergebrauch (§ 45 BbgWG) sowie auch die Schifffahrt auf schiffbaren Gewässern (§ 46 BbgWG) sind vom Gesetzgeber insoweit für erlaubnisfrei erklärt worden. Diese Normen stecken zugleich den Rahmen des Eigentümergebrauchs ab (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand: Juni 2006, Art. 14 RNr. 430). Aus der Erlaubnisfreiheit des Befahrens schiffbarer Gewässer mit Wasserfahrzeugen folgt im Umkehrschluss, dass nicht schiffbare Gewässer grundsätzlich nicht der Schifffahrt dienen, wie der Wortsinn ergibt, und erst recht nicht erlaubnisfrei. Dementsprechend bedarf das Befahren nicht schiffbarer Gewässer mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 BbgWG einer Gestattung im Einzelfall. Anhaltspunkte dafür, dass das Gesetz insoweit Sonderechte für Eigentümer einräumt, sind nicht ersichtlich. Aus § 903 BGB folgen sie nach dem oben Gesagten jedenfalls nicht. Eine solche Gestattungsfreiheit drängt sich auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht auf. Vielmehr würde es zu einem Wertungswiderspruch führen, wenn die nicht schiffbaren Gewässer vom Eigentümer einschränkungslos mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen jeder Art und Größe befahren werden dürften, obwohl gerade diese Gewässer keinen schifffahrtsbezogenen Unterhaltungs- und Pflegemaßnahmen unterliegen (siehe hierzu: Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Auflage 2003, § 28 RNr. 33 ff), die dieser Beanspruchung ausgleichend Rechnung tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung. Der Umstand, dass die Zwangsmittelandrohung nicht Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, führt in Anlehnung an 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 7/2004 zu keiner Minderung der Streitwerthöhe.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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