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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 26.11.2007
Aktenzeichen: OVG 5 N 75.05
Rechtsgebiete: VwGO, PassG


Vorschriften:

VwGO § 87 b
VwGO § 87 b Abs. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
PassG § 7 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 N 75.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 26. November 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. November 2005 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die Darlegung ernstlicher Zweifel erfordert, dass der die Zulassung begehrende Verfahrensbeteiligte sich substantiiert inhaltlich mit den Gründen des angegriffenen Urteils auseinandersetzt und dabei aufzeigt, warum ihm nicht gefolgt werden kann (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 9. Juli 1997 - 12 A 2047/97 -, DVBl 1997, 1342; Meyer-Ladewig/Rudisile, a.a.O., § 124 a Rn. 93 und Rn. 100 je m.w. Nachw.).

Dem wird die Antragsschrift bereits nicht gerecht, soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe auf den Steuerfluchtwillen entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. Oktober 1989 - 1 A 110.89 -, Juris Rn. 4) lediglich aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Prüfungen des Finanzamtes und der Übersiedlung in die Schweiz geschlossen. Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit unter ausdrücklicher Einbeziehung der vom Kläger zitierten Rechtsprechung auf die erhebliche Höhe seiner Steuerschulden von mehr als 500.000 Euro und den Umstand gestützt, dass er auf den von ihm selbst für vollziehbar gehaltenen Betrag offenkundig keine Zahlung leistet. Als zusätzliches Argument hat es auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen den Prüfungen des Finanzamtes und der Übersiedlung in die Schweiz hingewiesen. Auch soweit der Kläger sich sinngemäß gegen die Annahme eines zeitlichen Zusammenhangs mit dem Hinweis wendet, er halte sich bereits seit dem 28. Februar 1996 ununterbrochen in der Schweiz auf, fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Urteil erster Instanz. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass er sich vor Beendigung, aber nach Beginn der Steuerprüfung am 1. Oktober 1996 in Meerbusch abgemeldet und in seinem Passantrag in dem Feld "in der Schweiz seit" den 13. Januar 1997 eingetragen habe. Die erste Instanz hat sich insoweit auf den Zeitpunkt der Begründung des Wohnsitzes in der Schweiz und nicht auf den Beginn des Aufenthalts in der Schweiz gestützt.

Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass auf der Grundlage der Zulassungsbegründung auch keine Zweifel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, dass der Kläger sich entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen will. Sein Hinweis, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Behörde ihm den Steuerfluchtwillen nachweisen müsse, ist vor dem Hintergrund der in der angefochtenen Entscheidung insoweit überzeugend berücksichtigten Anhaltspunkte für einen entsprechenden Fluchtwillen (s.o.) nicht tragfähig.

Soweit der Kläger meint, die Passversagung sei unverhältnismäßig, da er als Pensionär seine Steuerschulden nicht begleichen könne, setzt er sich ebenfalls nicht hinreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Das Verwaltungsgericht hat die Verhältnismäßigkeit i.S.v. § 7 Abs. 2 PassG auch deshalb bejaht, weil durch die mit der Passversagung bezweckte Rückkehr des Klägers in die Bundesrepublik die Möglichkeit eröffnet werde, ihn mit zwangsvollstreckungsrechtlichen Mitteln zu veranlassen, seine Vermögens- und Einkommenslage rückhaltlos offen zu legen. Darauf geht der Kläger nicht ein. Seine Behauptung, er könne seine Steuerschulden nicht ausgleichen, ist bereits vor diesem Hintergrund nicht erheblich. Unabhängig davon wäre die Passversagung auch dann verhältnismäßig, wenn der Kläger mit Blick auf seine Pension und seine sonstigen Vermögensverhältnisse nur Teilzahlungen auf seine Steuerschuld leisten könnte. Anhaltspunkte dafür, dass ihm auch dies nicht möglich ist, hat er nicht substantiiert dargelegt. Insoweit hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, "Zahlungsunfähigkeit trägt der Kläger nicht vor". Aus dem Umstand, dass er Pensionär ist, über ein Depot (Nr. 0527-406104-85-2) mit einem Wert von 231.147,00 CFH verfügt bzw. per 1. Juni 2005 verfügt hat, ein verpfändetes Depot (Nr. 0527-737166-85) mit einem Wert von 263.736,00 CFH hält und angeblich in der Bundesrepublik Deutschland kein Vermögen mehr besitzt, lässt sich diese auch nicht schließen.

Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Behörde ihrer Nachforschungspflicht, ob Passversagungsgründe vorliegen, nicht nachgekommen sei, vermag bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil der Sachverhalt im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten von Amts wegen erforscht wird (§ 86 Abs. 1 VwGO).

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf § 87 b VwGO müsse ins Leere gehen, werden damit keine Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat keine Erklärungen oder Beweismittel gem. § 87 b Abs. 3 VwGO zurückgewiesen. Sondern es hat § 87 b VwGO zutreffend als zusätzliches Argument dafür herangezogen, dass es entscheiden durfte, ohne weitere Erklärungen des Klägers abzuwarten. Denn dieser hatte sowohl die mit der Anordnung vom 30. August 2005 gesetzte Frist als auch die noch nach Fristablauf gewährte erneute Frist bis zum 3. November 2005 - u.a. zur Darstellung seines Krankheitsverlaufs - ungenutzt verstreichen lassen und sodann mit Schriftsatz vom 15. November 2005 um Terminsaufhebung gebeten und Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht vorsorglich - selbständig tragend - darauf hingewiesen, dass auch die von dem Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erklären würden, warum er ausgerechnet zurzeit der laufenden steuerrechtlichen Ermittlungen dauerhaft in die Schweiz umziehen musste, nachdem er doch einige Zeit zuvor zweimal in Hamburg Hilfe für sein Leiden suchte und fand. Damit setzt sich der Kläger nicht auseinander.

2. Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insoweit genügt die Antragsschrift erneut nicht den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung eines Zulassungsgrundes. Eine solche Darlegung setzt im Hinblick auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zumindest die Formulierung einer bestimmten höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Berufungsentscheidung erheblichen Rechtsfrage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328;16. Juli 1982 - BVerwG 7 B 190.81 -, NVwZ 1984, 102, 103; 2. Oktober 1961 - BVerwG VIII B 78.61 -, E 13, 90, 91). Schon die konkludente Annahme des Klägers, im Berufungsverfahren stelle sich die Frage, ob die Höhe bestehender Steuerschulden allein als Passversagungsgrund angesehen werden könne, trägt nicht, da vorliegend neben der Höhe der Steuerschulden weitere bereits vom Verwaltungsgericht überzeugend berücksichtigte Anhaltspunkte für den Steuerfluchtwillen bestehen (s.o). Es fehlt damit schon an der Erheblichkeit der von dem Kläger in den Raum gestellten Frage. Im Übrigen ist durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen den steuerlichen Verpflichtungen im Inland und dem angestrebten oder weiteren Aufenthalt im Ausland in dem Sinne bestehen muss, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Steuerpflichtige wolle sich diesen Verpflichtungen entziehen (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. Oktober 1989 - BVerwG 1 A 110.89 -, Juris Rn. 4).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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