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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: OVG 5 S 2.09
Rechtsgebiete: VwGO, BerlHG, BerlHZG, VergabeVO


Vorschriften:

VwGO § 122 Abs. 2 Satz 3
BerlHG § 10 Abs. 6 Nr. 1
BerlHG § 14 Abs. 3 Nr. 2
BerlHG § 14 Abs. 3 Nr. 3
BerlHG § 14 Abs. 3 Nr. 4
BerlHG § 14 Abs. 3
BerlHG § 14 Abs. 3 Nr. 1
BerlHZG § 9
BerlHZG § 9 Abs. 1
VergabeVO § 14 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 5 S 2.09

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wahle, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 22. April 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen wird, ohne Erfolg. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung. Sie geht von falschen Ansätzen aus.

Wird ein Studienunterbrecher durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen - ZVS - erneut zum 1. Fachsemester zugelassen, so hat die Hochschule ihn als Studienanfänger einzuschreiben, soweit die weiteren Einschreibevoraussetzungen vorliegen (Art. 14 Abs. 4 des StV 2006). Er hat sodann Anspruch auf Teilnahme an den Ausbildungsveranstaltungen des Eingangssemesters, selbst wenn sie für ihn in gewissem Umfang eine Wiederholung darstellen; denn die Durchstufung in ein höheres Semester muss er nicht beantragen. So liegt es hier. Die Antragstellerin verfügt über einen Zulassungsbescheid der ZVS für das erste Fachsemester im Studiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin. Einschreibehindernisse im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 BerlHG bestehen offenbar nicht; im Übrigen enthält der Ausspruch des Verwaltungsgerichts einen entsprechenden Vorbehalt. Die Frage, ob § 14 Abs. 3 BerlHG in Bezug auf die Versagung der Immatrikulation eine abschließende Regelung enthält oder ob das Satzungsrecht der Hochschulen nach § 10 Abs. 6 Nr. 1 BerlHG eine Erweiterung des Kataloges der Versagungsgründe erlaubt, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Erörterung. Denn die Gründe, auf die sich die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 5 ihrer Satzung für Studienangelegenheiten in der Fassung vom 10. Juli 2006 (Amtl. MBl. Nr. 4 vom 14. Juli 2006, S. 33) beruft, betreffen nicht die Immatrikulation als Akt der Begründung der Mitgliedschaft zur Hochschule, sondern bedeuten der Sache nach ein Zulassungshindernis im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 1 BerlHG, indem das Fehlen der erforderlichen Qualifikation für ein höheres Fachsemester des fachgleichen Studiengangs zum Anlass für die Versagung der Immatrikulation genommen wird. Eine erneute Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen bei Erteilung der Immatrikulation verbietet sich jedoch, wenn wie hier die Vergabe der Studienplätze nicht der Hochschule, sondern der Zentralstelle vorbehalten ist (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 BerlHG, § 4 BerlHZG) und der Bewerber bereits über einen Zulassungsbescheid der Zentralstelle verfügt. Solange diese Zulassung wirksam ist, äußert sie - von Fällen des Missbrauchs abgesehen (vgl. hierzu etwa BayVGH, Beschluss vom 1. September 2008 - 7 CE 08.1857 -, juris) - gleichsam Tatbestandswirkung in dem Sinne, dass die Immatrikulation nicht wegen des Fehlens bestimmter Qualifikationen versagt werden darf.

Die Bemühungen der Beschwerde, über § 9 BerlHZG ein Immatrikulationshindernis in sämtlichen Fällen zu konstruieren, in denen ein Studienbewerber bereits Lehrleistungen einer Hochschule in Anspruch genommen hat, sind zum Scheitern verurteilt. Diese Vorschrift gilt ausschließlich für die Vergabe von in höheren Fachsemestern zur Verfügung stehenden Studienplätzen durch die Hochschule, setzt also voraus, dass sich der Studienbewerber tatsächlich bei der Hochschule um einen Platz in einem höheren Semester beworben hat. Sie betrifft namentlich Ortswechsler (so auch § 5 Abs. 5 der Satzung) und Quereinsteiger, die über vom Prüfungsamt anerkannte Studienleistungen verfügen und ihren unmittelbaren Einstieg in ein höheres Fachsemester anstreben. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Aus diesem Grund ist auch der Verweis der Beschwerde auf den Beschluss des Senats vom 29. Juni 2007 - OVG 5 NC 21.07 - verfehlt, denn in jenem Fall handelte es sich um eine Studienbewerberin, die sich um einen Platz im 7. Fachsemester bei der Antragsgegnerin beworben hatte. Unzutreffend ist auch die Annahme der Beschwerde, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Hochschule Studierende mit einer ZVS-Zulassung für das 1. Fachsemester, die bereits an einer anderen deutschen Hochschule in dem fachgleichen Studiengang studiert haben, in ein entsprechend höheres Fachsemester zu immatrikulieren habe. § 9 Abs. 1 BerlHZG gibt für das Zulassungsverfahren der Hochschulen (lediglich) eine Rangfolge für die Studienplatzvergabe vor, wie sie für das 1. Fachsemester in Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der Vergabeverordnung geregelt ist. Deshalb kommt der vorrangigen Berücksichtigung von Bewerbern, die über anrechenbare Studienleistungen verfügen, jedoch eine Zulassung der ZVS für das 1. Fachsemester vorweisen können, letztlich nur die Bedeutung eines Anreizes zu, sich zugunsten von Studienanfängern für ein höheres Fachsemester zu bewerben und nicht auf die Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen zu verzichten. Eben das und nicht etwa die Missbilligung eines Anrechnungsverzichts kommt in der von der Beschwerde angeführten Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck.

Davon, dass das Grundrecht der "Erstbewerber" die Antragsgegnerin dazu zwingt, die Immatrikulation in ein bereits durchlaufenes Fachsemester in dem gewählten Studiengang zu versagen, kann keine Rede sein. Es ist zwar richtig, dass der Studienunterbrecher, wenn er von der ZVS erneut zum 1. Fachsemester zugelassen wird und die Hochschule ihn als Studienanfänger zulassen muss, zwangsläufig einen anderen Studienbewerber infolge der beschränkten Aufnahmekapazität verdrängt. Diese Konsequenz ist jedoch im System des Studienplatzvergaberechts angelegt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 VergabeVO) und erlaubt keine einschränkende Interpretation durch die Hochschule. Die Beschwerde übersieht zudem, dass der nach vergaberechtlichen Kriterien zulässigen doppelten Inanspruchnahme von Hochschulkapazitäten und dem hierdurch ausgelösten Verdrängungseffekt durch die auch für Studienunterbrecher geltende Wartezeitregelung des § 14 Abs. 6 VergabeVO entgegen gewirkt wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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