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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 13.03.2007
Aktenzeichen: OVG 5 S 26.07
Rechtsgebiete: VwGO, StVG, FeV


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
FeV § 46 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 S 26.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Raabe am 13. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. August 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein Anlass.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 12. Juli 2006 verfügte, auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und Zwangsgeldandrohung) bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Der Antragsgegner habe die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zutreffend aus den für ihn im Verkehrszentralregister eingetragenen Verkehrsverstößen - drei Überschreitungen der Geschwindigkeit um 28, 30 bzw. 32 km/h - sowie daraus hergeleitet, dass im Zeitraum von August 2004 bis Februar 2006 etwa 95 Ordnungswidrigkeiten (53 Parkverstöße sowie eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 14 km/h seien durch die Bußgeldbescheide im Verwaltungsvorgang zwischen Bl. 10 f. belegt) mit dem auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug (B-PS 4760) begangen worden seien. Nach Auskunft des Antragsgegners kämen noch sieben weitere Ordnungswidrigkeiten seit dem 1. Februar 2006 hinzu. Die hiergegen sowie gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.

Soweit der Antragsteller einleitend zunächst geltend macht, aus seiner Sicht seien die Feststellungen des Verwaltungsgerichts "schlicht realitäts- und weltfremd", vermag dies Fehler an der angegriffenen Entscheidung nicht zu belegen. Soweit der Antragsteller weiter vorträgt, mit dem "Verwarnungsgeldangebot" werde dem Betroffenen suggeriert, dass weitere Konsequenzen (zu seinem Nachteil) daraus nicht erwachsen würden, übersieht er, dass der Antragsgegner nicht auf vereinzelte Verstöße, sondern gerade auf die Massivität bzw. Häufigkeit der Verkehrsverstöße abgestellt hat. Darauf, dass er bei Bekanntwerden weiterer Verkehrsverstöße mit weiteren Maßnahmen oder sogar mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen müsse, ist der Antragsteller im Übrigen ausdrücklich mit der Verwarnung vom 11. Januar 2006 hingewiesen worden, ohne dass dies etwa dazu geführt hätte, dass er sich in der Folgezeit verkehrsordnungsgerecht verhalten hätte. Soweit der Antragsteller weiter geltend macht, die Fahrerlaubnisentziehung sei unverhältnismäßig, greift auch das nicht durch. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -, BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht - übrigens schon 1976, so dass von einem "Umschwung" in der Rechtsprechung nicht die Rede sein kann - angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1976 - VII B 121.76 -, DÖV 1977, 602, 603; s. ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris). So liegt es im Falle des Antragstellers. Ca. 95 bußgeldpflichtige Verkehrsverstöße innerhalb von etwa eineinhalb Jahren machen deutlich, dass er die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen, so dass von Unverhältnismäßigkeit nicht die Rede sein kann (s. etwa OVG Berlin, Beschluss vom 28. April 2005, a.a.O.: 60 Verstöße innerhalb von zehn Monaten; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27 Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Soweit der Antragsteller weiter geltend macht, es müsse für den juristischen Laien auch nachvollziehbar sein, dass aus der Tatsache von Parkverstößen heraus eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werde, so ist dies der Fall; denn die Hartnäckigkeit, mit der ein Verkehrsteilnehmer - hier der Antragsteller - gegen Parkvorschriften verstößt, ist auch im Hinblick auf sein Verhalten im fließenden Verkehr aussagekräftig (vgl. entspr. auch OVG Münster, a.a.O), und zwar auch für den Laien; die von dem Antragsteller im fließenden Verkehr begangenen Verfehlungen, vor allem die Geschwindigkeitsüberschreitungen, unterstreichen dies gerade in seinem Falle noch. Soweit er in der Beschwerde im Übrigen geltend macht, dass die "Mehrzahl der Verstöße von anderen Personen" begangen worden seien, ist dies unsubstantiiert. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss sich die Beschwerdebegründung u.a. mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen, was es hier erfordert, Angaben darüber zu machen, wer das Fahrzeug wann bei welchen Verstößen genutzt haben soll; hierauf sowie auf den Umstand, dass dieser Einwand auch in der Sache unerheblich ist, hatte entsprechend bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen. Was das fernerhin geltend gemachte Anerbieten einer gutachterlichen Untersuchung des Antragstellers betrifft sowie den Umstand, dass er zum Ausschluss künftiger Verstöße u.a. eine Parkvignette angeschafft habe, hat auch dies bereits das Verwaltungsgericht für unerheblich gehalten, ohne dass der Antragsteller sich damit in der Beschwerde auseinandergesetzt hätte (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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