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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: OVG 5 S 64.05
Rechtsgebiete: ApoG, AMG, OBG, HeimG, VwGO, ApBetrO


Vorschriften:

ApoG § 1 Abs. 1
ApoG § 11 a
ApoG § 12 a
ApoG § 12 a Abs. 1
ApoG § 12 a Abs. 1 Satz 1
ApoG § 12 a Abs. 1 Satz 3
ApoG § 12 a Abs. 3
AMG § 69 Abs. 1 Satz 1
OBG § 13 Abs. 1
HeimG § 11 Abs. 1 Nr. 10
HeimG § 13 Abs. 1
HeimG § 19 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
ApBetrO § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 S 64.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dahm und Dr. Raabe am 9. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7 500 ( festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, Inhaber von Erlaubnissen zum Betrieb einer öffentlichen und einer Versandapotheke in N_____, begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegen die Anordnung des Antragsgegners, die Versorgung von Heimen ohne Versorgungsvertrag zu unterlassen.

Im Frühjahr 2004 ordnete die in H_____, S_____ 1, gelegene Hauptverwaltung der M_____ AG, der mehrere Senioren-Wohnheime in den neuen Bundesländern gehören, gegenüber den Heimleitungen an, die Belieferung der Heimbewohner mit Medikamenten auf die Apotheke des Antragstellers zu übertragen. Das Anschreiben an die Heimleitungen (s. Beiakte I Bl. 27-29, 43, 47-49) hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:

"In Zukunft möchten wir unseren Bewohnerinnen und Bewohnern ein zentrales System zur Lieferung von Medikamenten und anderen Produkten aus der Apotheke anbieten. Dieses System ist für die Bewohner kostenlos und soll Ihren Mitarbeitern ein wenig Arbeit und Wege abnehmen. Außerdem ist langfristig geplant, weiteren Service für die Bewohner und einen genaueren Überblick für Sie über die EDV zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang haben wir eine geeignete Versandapotheke und ein Transportunternehmen (...) ausgewählt, die uns als Partner anforderungsgerecht zuarbeiten. (...)

Praktischer Ablauf:

Rezepte und Bestellungen werden von Bewohnern, Ärzten und Mitarbeitern am Empfang abgegeben und dort gesammelt. Ein- bis zweimal am Tag werden die gesammelten Rezepte an die Apotheke unter kostenfreier Fax-Nr. 0800-4_____ durchgefaxt. Die Originalrezepte, in einer Mappe sortiert nach Wohnbereichen, nimmt später der Bote (...) mit.

Die Apotheke ist auf diesen Wege frühzeitig in der Lage die Bestellungen zusammenzustellen und vorzusortieren. Sie erhalten vom Boten die Lieferung Ihrer Medikamente für die Einrichtung. Diese ist exakt nach Wohnbereichen und nach Patient vorsortiert und ermöglicht so eine einfachere Verteilung.

(...) Insgesamt sind Lieferungen drei- bis fünfmal die Woche geplant. Dies wird sich auch nach dem Bedarf der einzelnen Häuser richten. Die gesetzliche Frist von 48 Std. nach Auftragsabgabe an die Apotheke (Ihr Fax!) wird in jedem Fall eingehalten.

Selbstverständlich steht auch unsere zentrale Apotheke als auskunftspflichtiger Partner und Ratgeber zur Verfügung. Über die 24 Std. Verbindung der Apotheke unter kostenfreier Ruf-Nr. 0800-4_____ erhalten Mitarbeiter und Angehörige von der Einrichtung aus schnelle und ausführliche Information. Bitte nutzen Sie dieses Angebot!

Vorbereitende und begleitende Arbeiten

Bitte sprechen Sie die Ärzte in Ihrem Haus an, diesen Service zu unterstützen. Es kann natürlich nicht sein, dass Ihre Mitarbeiter parallel zu unserem Service weitere Einzellieferungen holen und/oder besorgen müssen! Bitte unterstützen Sie die Bewohner, die an diesem Angebot teilnehmen, beim Ausfüllen einer Einverständniserklärung (...). Bitte informieren Sie Angehörige ausführlich, damit hier keine Missverständnisse bezüglich Kosten und Ablauf entstehen. Natürlich können Angehörige der Bewohner weiterhin in Eigenregie Medikamente besorgen."

In Vollzug dieser Anordnung richtete die jeweilige Heimleitung ein Anschreiben an die Heimbewohner und bat sie, die beigefügten Formularerklärungen kurzfristig unterschrieben zurückzugeben. Das Anschreiben an die Heimbewohner und deren Angehörige bzw. Betreuer hat beispielsweise (s. Beiakte I Bl. 18, 27, 29, 38f) folgenden Wortlaut:

"Im Rahmen eines konzernübergreifenden Qualitätssicherungsprogramms wurde die Arzneimittelversorgung unserer Bewohner standardisiert und wird zukünftig über eine Zentralapotheke sichergestellt. Die freie Apothekenwahl des Patienten bleibt hiervon selbstverständlich unberührt.

(...) unterstützen wir Sie gerne beim Ausfüllen der Formulare."

Zugleich erhielten die Heimbewohner Formulare mit dem Titel "Erklärung und Vollmacht des Bewohners hinsichtlich der Arzneimittelbesorgung" (s. Beiakte I Bl. 5, 15, 45), mit denen die Heimbewohner erklären:

"Ich bitte darum, dass das Rezept meines Arztes an die Apotheke weitergeleitet wird und diese die Medikamente an die Einrichtung liefert. Ich bin damit einverstanden, dass die Einrichtung die Medikamente für mich entgegennimmt und auf Richtigkeit und Vollständigkeit prüft und die Entgegennahme quittiert. Kosten für den Botendienst entstehen für mich nicht. Ich kann auch jederzeit den Apotheker anrufen, wenn ich zu den Medikamenten Erläuterungen möchte. Die Einrichtung gibt mir dazu die Telefonnummer des Apothekers bekannt."

Ferner wandten sich die Heimleitungen an die behandelnden Ärzte der Heimbewohner mit folgendem Schreiben (s. Beiakte I Bl. 36, Beiakte II Bl. 74):

"Rezepte für Heimbewohner

Sehr geehrte Damen und Herren,

einige unserer Heimbewohner und damit Ihrer Patienten haben die Apotheke gewechselt. Um die Rezepte der jeweiligen Apotheke richtig zuzuordnen bitten wir, mit Hilfe der beiliegenden Freiumschläge alle Rezepte ab sofort an uns zu schicken.

Es ist uns nicht möglich, die Rezepte von allen Arztpraxen abzuholen. Bitten teilen Sie uns mit, wenn Sie weitere Freiumschläge benötigen.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung und verbleiben mit freundlichen Grüßen

(...)

Einrichtungsleiterin

Anlage... Stück Freiumschläge".

Der Antragsteller übermittelte den Heimleitungen ein Merkblatt "Rezeptabholung und Tourenplanung" (s. Beiakte I Bl. 8, 28), in der die Liefertage benannt sind. Zusätzlich heißt es: "In dringenden Fällen kann bis 16.00 Uhr (!) am Vortag der Lieferung per Fax ein Rezept unter der kostenlosen Fax-Nr. (...) bestellt werden! Für jegliche Rückfragen und hochakute Bestellungen verwenden Sie bitte die kostenlose Service-Rufnummer (...)"

Für die Heimbewohner wurde ein Formular für eine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen durch Lastschriften geschaffen (s. Beiakte I Bl. 17, 40). Auf dem Formular ist der Antragsteller als Zahlungsempfänger angegeben. Er erhält nach dem auf dem Formular angegebenen Verteiler das Original der Ermächtigungserklärung. Die Erklärung lautet:

"Hiermit ermächtige ich Sie widerruflich, die von mir zu entrichtenden Zahlungen wegen Rezeptgebühren, Mehrkosten und Privatkäufen bei Fälligkeit zu Lasten meines Girokontos (...) durch Lastschrift einzuziehen. (...) Die anfallenden Kosten im Falle der Nichteinlösung gehen zu meinen Lasten und sollen bei wiederholtem Einzug bei Kontodeckung abgebucht werden."

Ein weiteres Formular dient einer "Datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärung" der Heimbewohner (s. Beiakte I Bl. 16, 41, 46) und lautet wie folgt:

"Ich bitte um die Ausstellung einer Kundenkarte durch die Apotheke Am Rehgraben (folgt Name und Anschrift des Antragstellers sowie seine Telefonnummer). Ich erkläre mich damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten sowie die Daten, welche meine Arzneimittelversorgung betreffen, elektronisch gespeichert werden (...)."

Seit 23. August 2004 übermittelte der Antragsteller die Medikamente durch Lieferanten an die Heime (s. Beiakte I Bl. 5, 9, 28, 30, 42, 43).

Mit Schreiben vom 6. August 2004 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, es bestehe der Verdacht, dass er Heime der M_____ AG ohne Versorgungsvertrag beliefere und dadurch gegen § 12 a ApoG verstoße. Auch ein Verstoß des Geschäftsmodells gegen § 11 a ApoG und § 17 Apothekenbetriebsordnung komme in Betracht, da das Originalrezept bei der Abgabe des Arzneimittels an den Boten nicht vorliege. Mit Schreiben vom 18. August 2004 erwiderte der Antragsteller, die einzige Einrichtung der M_____ AG, die er beliefere, befinde sich in B_____. Sein Antrag auf Heimversorgung sei bisher nicht beschieden. Ihn interessiere sehr, was bekannt geworden sei, und er bitte um Konkretisierung der vermeintlichen Verstöße.

Mit Bescheid vom 16. September 2004 forderte das Landesgesundheitsamt den Antragsteller auf, die Versorgung von Heimen ohne Versorgungsvertrag sofort zu unterlassen, ebenso die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Boten, ohne dass ein gültiges Rezept vorliege. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Verfügung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € angedroht. Außerdem wurde die sofortige Vollziehung angeordnet, "weil keine ordnungsgemäße Versorgung der Heimbewohner gemäß § 12 a ApoG gegeben ist".

Den Widerspruch des Antragstellers wies das Landesgesundheitsamt mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2004 zurück und führte zur Begründung aus: Der Antragsteller beliefere Heime in der Trägerschaft der M_____ AG in den Bundesländern Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt mit Arzneimitteln. Versorgungsverträge nach § 12 a ApoG zwischen ihm und den entsprechenden Heimen beständen nicht. Dadurch würden der Antragsteller und die Heime ihre Pflichten verletzen. Jeder Heimträger sei zum Abschluss eines Versorgungsvertrages verpflichtet, weil er nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Heimgesetzes die angemessene Qualität der ärztlichen und gesundheitlichen Betreuung zu sichern habe. Zur Pflichterfüllung reiche es nicht aus, wenn sich die Heimleitung wie im Falle der M_____ für eine Versorgung durch eine Versandapotheke entscheide. Die Hauptverwaltung der M_____ken habe die Heimleitungen angewiesen, keine Einzellieferungen zuzulassen und auf die Abgabe der Einverständniserklärung für die Belieferung durch die Versandapotheke hinzuwirken. Mit dieser Praxis umgehe der Heimträger das gesetzlich normierte Kreisprinzip, denn er versuche, die an sich bestehende freie Apothekenwahl auf eine Versandapotheke zu konzentrieren. Die Versorgung finde faktisch über eine "Vertragsapotheke" statt, die jedoch weder die Anforderungen des § 12 a ApoG erfülle noch über einen abgeschlossenen Versorgungsvertrag verfüge. Für die große Anzahl der Patienten, die sich von der Versandapotheke mit Arzneimitteln beliefern ließen, entfalle die vom Gesetzgeber angestrebte verbesserte Versorgung von Heimbewohnern. Für sie würden die zentral gelagerten Arzneimittelvorräte nicht überwacht und sie erhielten auch nicht Beratung und Schulung.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides werde nunmehr auf folgende Begründung gestützt: Das Landesgesundheitsamt müsse die Einhaltung der apothekenrechtlichen Bestimmungen überwachen. Für die lange Dauer eines Rechtsmittelverfahrens könne nicht geduldet werden, dass für einen nicht unerheblichen Teil der Heimbewohner die verbesserte Versorgung mit Arzneimitteln im Sinne des § 12 a ApoG nicht gewährleistet sei. Das Vertrauen alter kranker Menschen in eine bestmögliche Arzneimittelversorgung sei besonders schützenswert, weshalb die Anordnung des Sofortvollzuges gerechtfertigt sei.

Gegen den ihm am 22. Dezember 2004 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Potsdam am 14. Januar 2005 Klage erhoben (Az.: 3 K 181/05). Darüber ist noch nicht entschieden.

Bereits am 12. Oktober 2004 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Potsdam die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Im Erörterungstermin des Verwaltungsgerichts Potsdam am 7. April 2005 hat der Antragsgegner die angefochtene Unterlassungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2004 insoweit aufgehoben, als dem Antragsteller die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Boten verboten wurde. Insoweit haben die Prozessbeteiligten den Eilrechtsschutzstreit sowie das Klageverfahren 3 K 181/05 in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2005 hat das Verwaltungsgericht Potsdam das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, und den verbliebenen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 25. Mai 2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 6. Juni 2005 Beschwerde eingelegt und diese am 24. Juni 2005 begründet. Er führt im Wesentlichen aus:

Die vom Verwaltungsgericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommene Interessenabwägung sei schon deshalb fehlerhaft, weil sie nicht ausschließlich auf der tatsächlichen und rechtlichen Grundlage des angefochtenen Verwaltungsaktes beruhe. Denn das Verwaltungsgericht habe die Unterlassungsverfügung als auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes beruhend angesehen, obgleich der Antragsgegner seine Verfügung darauf nicht gestützt habe. Hier setze das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an die Stelle der Entscheidung der Behörde und entwickele den Verwaltungsakt fort. Das verletze den Gewaltenteilungsgrundsatz und sei unzulässig.

Zu Unrecht halte das Verwaltungsgericht wegen der Belieferung von Heimbewohnern mit Medikamenten die Vorschrift des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ApoG für verletzt. Nach dieser Vorschrift sei nur der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke dazu verpflichtet, einen Heimversorgungsvertrag zu schließen. Der Antragsteller dagegen übermittle die Medikamente durch eine Versandapotheke im Sinne des § 11 a ApoG, die keine öffentliche Apotheke sei. Wenn der Betreiber einer Versandapotheke hätte verpflichtet werden sollen, einen Heimversorgungsvertrag abzuschließen, hätte der Gesetzgeber ihn in § 12 a ApoG aufgenommen. § 12 a ApoG sei daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, werde also auch nicht "umgangen". Überdies beliefere der Antragsteller nicht sämtliche Bewohner eines Heimes, sondern nur einen Teil. Dafür brauche er keinen Heimversorgungsvertrag abzuschließen. Ein Rechtsverstoß im Sinne des § 69 AMG liege nicht vor.

Der Antragsteller verwahre sich auch gegen den Vorwurf, er gefährde die Gesundheit der Patienten, indem er Heimbewohner ohne Versorgungsvertrag mit Medikamenten beliefere. Bisher sei es in keinem einzigen Fall zu Problemen gekommen. Der Antragsteller sei ein verantwortungsbewusster Apotheker und setze die hohen Maßstäbe aus dem Betrieb seiner öffentlichen Apotheke auch beim Betrieb seiner Versandapotheke an.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. Mai 2005 die aufschiebende Wirkung der Klage zum Aktenzeichen 3 K 181/05 gegen den Bescheid des Landesgesundheitsamtes Brandenburg vom 16. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 20. Dezember 2004 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend und vertieft die Begründung seiner Bescheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten (2 Bände) und auf den Verwaltungsvorgang (Beiakten I und II) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig.

1. Die aufschiebende Wirkung war nicht schon deshalb wiederherzustellen oder - wie der Antragsteller zuletzt gewünscht hat - die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben, weil dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht Rechnung getragen worden sei. Dabei kann offen bleiben, ob im Falle eines solchen Begründungsmangels die Vollziehbarkeitsanordnung aufzuheben ist (so OVG Hamburg, InfAuslR 1995, 314; VGH Mannheim, GewArch 1993, 81 [83]; OVG Münster, NWVBl 1994, 424 [425]; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rdnr. 896; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 80 Rdnr. 114) oder die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen ist (dafür VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 627; OVG Frankfurt/Oder, NJ 1998, 271 [272]; Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Oktober 2005, § 80 Rdnr. 298). Denn im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner das Begründungserfordernis mit dem Widerspruchsbescheid erfüllt; die diesbezüglichen, unter I. wiedergegebenen Ausführungen im Widerspruchsbescheid machen deutlich, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend bewusst geworden ist.

2. Bei der Abwägung des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug mit dem Aufschubinteresse des Antragstellers überwiegt das öffentliche Interesse. Das folgt daraus, dass der Antragsteller bei sofortiger Vollziehung sowohl seine öffentliche Apotheke als auch seine Versandapotheke weiterhin betreiben darf, die Unterlassungsverfügung ihn also in seiner Berufsausübung nicht schwerwiegend beeinträchtigt, während die für die Zeit des Hauptsacheverfahrens praktizierte Heimbelieferung, wie sie nach dem Konzept der M_____ AG geplant ist, die Genehmigungserfordernisse des § 12 a ApoG unterlaufen und die darin vorgesehenen Schutzvorkehrungen für Heimbewohner missachten würde. Hier hat die nach § 1 Abs. 1 ApoG im öffentlichen Interesse liegende Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung Vorrang. Hinzu kommt, dass sich die im Streit befindliche Unterlassungsverfügung aller Voraussicht nach im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird. Das ergibt sich aus Folgendem:

a) Nach dem von der M_____ AG konzipierten Betriebssystem beliefert der Antragsteller Heime der M_____-Gruppe unter Verstoß gegen § 12 a Abs. 1 ApoG. Er versorgt nämlich Bewohner von Heimen mit Medikamenten, ohne mit dem Heimträger einen Vertrag geschlossen und für diesen Vertrag eine Genehmigung eingeholt zu haben. Zwar steht es Heimbewohnern nach § 12 a Abs. 3 ApoG frei, sich außerhalb eines solchen Vertrages selbst mit Arzneimitteln zu versorgen, und könnte der Antragsteller dementsprechend Arzneimittel aushändigen oder auch gemäß § 11 a ApoG versenden; dieser Sondertatbestand der Selbstversorgung von Heimbewohnern ist jedoch nicht Gegenstand des in Rede stehenden Betriebssystems. Vielmehr hat das Schreiben der M_____-Hauptverwaltung vom Frühjahr 2004 die Heimleitungen zur Teilnahme an einem "zentralen System" der Medikamentenlieferung veranlasst, für das "eine geeignete Versandapotheke" - nämlich die des Antragstellers - ausgewählt ist. Die kostenfreie Fax-Nr. zur Vorübermittlung der Rezepte, die Formulare zur Übermittlung der Rezepte an die Heimleitung oder sogar zur Weiterleitung an die Apotheke des Antragstellers, Formulare zur Einzugsermächtigung zu dessen Gunsten und zur datenschutzrechtlichen Einwilligung, die praktische Absicherung ärztlicher Rezeptübersendungen mit Freiumschlägen, all das indiziert ein umfassendes Geschäftsmodell, mit dem der Tendenz nach alle Bewohner der M_____-Heime nur vom Antragsteller mit Medikamenten beliefert werden sollen. Deshalb heißt es im Schreiben an die Heimleitungen, "es kann natürlich nicht sein, dass Ihre Mitarbeiter parallel zu unserem Service weitere Einzellieferungen holen und/oder besorgen müssen!" Verglichen mit diesen deutlichen Vorgaben bleibt die formularmäßige Beteuerung gegenüber den Heimbewohnern "Die freie Apothekenwahl des Patienten bleibt hiervon selbstverständlich unberührt" ein bloßes Lippenbekenntnis, jedenfalls stellt sie die umfassende Reichweite des Geschäftsmodells nicht in Frage.

b) Dieser Verstoß gegen § 12 a Abs. 1 ApoG gefährdet im ordnungsrechtlichen Sinn die öffentliche Sicherheit. Ob - wie das VG Potsdam meint - § 69 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) tatbestandlich erfüllt ist, erscheint zweifelhaft. Dem Arzneimittelgesetz geht es um die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln mit der Betonung auf Arzneimittel: Das Arzneimittel muss wirksam, unbedenklich und qualitativ einwandfrei sein (vgl. § 1 und § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AMG). Dass der Antragsteller solche Arzneimittel verkauft und liefert, hat niemand in Frage gestellt. Es geht vielmehr darum, dass er den Schutzzweck des § 12 a ApoG unterläuft, der sich bei der Versorgung von Heimbewohnern aus § 12 a Abs. 1 Satz 3 ApoG ergibt. Nach § 1 Abs. 1 ApoG obliegt den Apotheken "die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung". Das spricht dafür, dass die Unterlassungsverfügung ihre ordnungsrechtliche Grundlage in § 13 Abs. 1 OBG Brandenburg findet. Danach können die Ordnungsbehörden - hier der Antragsgegner - die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.

c) Zwar hat der Antragsgegner diese Rechtsgrundlage nicht gesehen, aber er hat die dazu passenden (inhaltsgleichen, vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand März 2005, § 69 Anm. 2 am Ende) Erwägungen - wie insbesondere die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu erkennen gibt - angestellt und sein Ermessen dahin ausgeübt, den Antragsteller zur Unterlassung zu verpflichten. Das trägt dem Zweck der Ermessensermächtigung des § 13 Abs. 1 OBG in Verbindung mit § 12 a ApoG Rechnung und ist auch nicht unverhältnismäßig.

aa) Der Schutzzweck des § 12 a ApoG richtet sich darauf, Mindesterfordernisse zu Gunsten von Heimbewohnern aufzustellen. Das betrifft zunächst die Auswahl der Apotheker. Nicht jeder Apotheker darf sie beliefern, sondern nur Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer "öffentlichen Apotheke" (§ 12 a Abs. 1 Satz 1 ApoG).

Über weitere Erfordernisse gibt § 12 a Abs. 1 Satz 3 ApoG Aufschluss, denn darin ist festgehalten, was für die Genehmigung eines Versorgungsvertrages vorausgesetzt ist:

Nach Nr. 1 der Vorschrift müssen Apotheke und Heim im selben oder in einander benachbarten Kreisen bzw. kreisfreien Städten liegen. Dieses Kreisprinzip verlangt örtliche Nähe, damit eine schnelle Versorgung mit Medikamenten in dringenden Fällen gesichert ist. Dem wird der Versand des Antragstellers in jedenfalls zwei, mutmaßlich sogar drei Bundesländer nicht gerecht.

Nach Nr. 2 der Vorschrift muss der Apotheker ein Zutrittsrecht zum Heim haben und verpflichtet sein, die ordnungsgemäße, bewohnerbezogene Aufbewahrung der von ihm gelieferten Produkte, ferner die Dokumentation der Versorgung zu überprüfen. Das korrespondiert mit den Vorschriften des Heimgesetzes: Nach § 11 Abs. 1 Nr. 10 HeimG darf ein Heim nur betreiben, wer sicherstellt, dass die Arzneimittel bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufbewahrt und die in der Pflege tätigen Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln beraten werden. Über diese Unterweisung der Mitarbeiter und über die pharmazeutische Überprüfung der Arzneimittelvorräte hat der Heimträger Aufzeichnungen zu machen (§ 13 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 5 Heimgesetz). Für die grundsätzlich jährliche Überprüfung des Heims durch die Überwachungsbehörde muss der Heimträger die Aufzeichnungen nach § 13 Abs. 1 HeimG am Ort des Heims vorhalten (§ 15 Abs. 1 Sätze 4 und 6, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 HeimG). Nach § 19 Abs. 1 HeimG ist der Betrieb eines Heimes zu untersagen, wenn die Anforderungen des § 11 nicht erfüllt sind und Anordnungen nicht ausreichen.

Nach Nr. 3 des § 12 a Abs. 1 Satz 3 ApoG muss der Apotheker zur Information und Beratung von Heimbewohnern verpflichtet sein, soweit dies zur Sicherheit der Heimbewohner erforderlich ist.

Hier entzieht sich der Antragsteller all diesen Erfordernissen, indem er aus der Ferne liefert und solche vertraglichen Pflichten nicht eingeht. Damit unterläuft und vereitelt er die besonderen Vorkehrungen, die der Gesetzgeber im öffentlichen Interesse zum Schutz der gesundheitlichen Versorgung von Heimbewohnern getroffen hat.

bb) Die Unterlassungsverfügung ist nicht unverhältnismäßig. Sie ist geeignet, die beschriebene Störung der öffentlichen Sicherheit zu beenden sowie deren künftige Gefährdung abzuwehren, und sie ist auch erforderlich, weil ein in gleicher Weise taugliches, aber milderes Mittel nicht ersichtlich ist.

Sie ist auch angemessen. Die Einfügung des § 12 a ApoG geschah auf dem Hintergrund, dass mit der Umwandlung von Krankenhausbetten in stationäre Pflegebetten die Krankenhausapotheke wegfiel und dadurch die sachgerechte Versorgung und Kontrolle der Arzneimittelbestände durch Apotheker nicht mehr sichergestellt war. Dieser Mangel sollte durch eine gesetzliche Pflicht zur vertraglichen Regelung zwischen Heimträgern und öffentlichen Apotheken behoben werden (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates, vorgelegt dem Deutschen Bundestag am 14. April 1999, BT-Drs. 14/756, S. 1 und 5; Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 14/8875 S. 1, 4 und 5). Zur Begründung der Gesetzesänderung heißt es: Ein essentieller Punkt der Novellierung betreffe die Steigerung der Sicherheit und Qualität der Arzneimittelversorgung in Heimen. Diese im Konsens mit der Apothekerschaft entwickelten Regularien leisteten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der medizinisch-pharmazeutischen Versorgung und Betreuung der Heimbewohner. Sie seien im Kontext mit dem Heimgesetz und dem Pflege-Qualitätssicherungs-gesetz zu sehen (Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 25. April 2002, BT-Drs. 14/8930 S. 2, 4).

Gemessen daran sind die Verstöße gegen § 12 a ApoG, die der Antragsteller ohne die Unterlassungsverfügung und deren Vollziehbarkeit begehen würde, so gravierend, dass die Verfügung einen angemessenen Eingriff darstellt.

3. Die vom Antragsteller aufgeführten Argumente ändern daran nichts:

a) Rechtsirrig ist seine Auffassung, das Verwaltungsgericht setze unter Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes seine Entscheidung an die Stelle der Entscheidung der Behörde und entwickele den Verwaltungsakt fort, da der Antragsgegner seine Verfügung nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes gestützt habe. Zutreffend ist vielmehr, dass das Verwaltungsgericht die Unterlassungsverfügung auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft hat, ohne sie im Ausspruch (in der Regelung) zu verändern. Dass dies unabhängig von der Begründung geschieht, die die Behörde gegeben hat, entspricht dem Verwaltungsprozessrecht. Erweist sich nämlich der Spruch eines angefochtenen Verwaltungsaktes - wie hier - aus anderen Rechtsgründen, als sie die Verwaltungsbehörde angegeben hat, als rechtmäßig, ohne dass an dem Spruch etwas Wesentliches geändert zu werden braucht, dann ist der Verwaltungsakt (wenn sonst keine Rechtsfehler vorliegen) im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwGE 80, 96 [98]; 82, 185 [188]).

b) Ebenso unzutreffend meint der Antragsteller, er brauche als Betreiber einer Versandapotheke keinen Heimversorgungsvertrag abzuschließen, nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ApoG sei dazu nur der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke verpflichtet. Wie sich durch Auslegung nach dem aufgezeigten Schutzzweck der Norm ergibt, muss jeder Apotheker, der Heimbewohner beliefert, einen Heimversorgungsvertrag abgeschlossen und genehmigt erhalten haben. Mit dem Schutzzweck der Norm wäre es unvereinbar, Medikamente durch eine nicht kreisangehörige oder benachbarte, sondern entfernt geschäftansässige Versandapotheke im Sinne des § 11 a ApoG übermitteln zu lassen. Die Vorschrift des § 12 a ApoG ist daher auf den vorliegenden Fall anwendbar, zumal sie die Genehmigung des Versorgungsvertrags schon dann erfordert, wenn "Bewohner von Heimen" - nicht: "die (sämtlichen) Bewohner von Heimen" - mit Arzneimitteln versorgt werden. Nach dem hier ins Werk gesetzten Betriebssystem wird die Vorschrift umgangen, auch wenn der Antragsteller nicht sämtliche Bewohner eines Heimes, sondern nur einen Teil beliefert. Auf konkrete Vorkommnisse beim Betrieb der Versandapotheke im Sinne einer Gefährdung der Gesundheit von Patienten kommt es nicht an.

c) Ein zentrales Missverständnis des Antragstellers liegt in seiner Annahme, der Gesetzgeber habe zwischen öffentlichen Apotheken und Versandapotheken dahin unterschieden, nur den Betreibern von öffentlichen Apotheken unter bestimmten Umständen den Abschluss eines Heimversorgungsvertrages aufzugeben. Das Verwaltungsgericht hat denn auch unter Beachtung des Gesetzeszwecks aus § 12 a ApoG ein generelles Verbot abgeleitet, Heimbewohner ohne Heimversorgungsvertrag mit Medikamenten zu beliefern. Der Gesetzgeber wollte sicherstellen, dass ein ortsnaher Apotheker die fachlichen Beratungs- und Kontrollfunktionen übernimmt, die zuvor die Krankenhausapotheke wahrgenommen hatte.

Das vom Antragsteller beschriebene Problem, der Versandapotheker müsse es ja bei einem Verbot, Heimbewohner mit Medikamenten zu beliefern, widersinnigerweise ablehnen, Medikamente an sie herausgeben, stellt sich nicht, weil nach dem hier organisierten Betriebssystem keine Einzelbestellungen von sich selbst versorgenden Heimbewohnern betroffen sind. Die gesetzliche Ungleichbehandlung von Heimbewohnern und Hausbewohnern knüpft an den sachlichen Grund an, dass Heimbewohner in aller Regel eines größeren Schutzes bedürfen und nicht mehr wie früher häufig von einer Krankenhausapotheke versorgt werden, während Hausbewohner als solche nie auf eine Krankenhausapotheke zurückgreifen konnten. Zwar führt der Antragsteller zutreffend aus, der Betrieb einer Versandapotheke gemäß § 11 a ApoG habe zur Folge, dass er Gebrechlichen, chronisch Kranken und zeitlich sehr eingespannten Personen den Weg zur öffentlichen Apotheke erspare und die Beschaffung von Medikamenten auf dem Postweg ermögliche; das Kreisprinzip gelte dafür nicht. Für Heimbewohner und deren qualifizierten Schutz gelten jedoch andere Regeln, wenn sie nicht im Ausnahmefall des § 12 a Abs. 3 ApoG sich selbst versorgen.

d) Die schon verdeutlichte Zweckrichtung des § 12 a ApoG verkennt der Antragsteller, sofern er meint, für ihn würden, da er unstreitig die Heimbewohner durch seine Versandapotheke beliefere, ausschließlich die Regeln für die Versandapotheke greifen, und dazu gehöre nicht § 12 a ApoG, denn diese Norm beziehe sich nur auf den Betrieb einer öffentlichen Apotheke. Vielmehr gilt § 12 a ApoG, sobald Heimbewohner mit Medikamenten beliefert werden.

e) Auf den vom Antragsteller bestrittenen Verstoß gegen § 17 Apothekenbetriebsverordnung muss nicht mehr eingegangen werden. Die Unterlassungsverfügung - das Verbot, Heimbewohner mit Medikamenten zu beliefern - ist unabhängig von einem Verstoß gegen § 17 Apothekenbetriebsverordnung begründet. Auch darauf, ob der Antragsteller gegen das Verbot von Rezeptsammelstellen verstoßen oder diesen Verstoß veranlasst hat, kommt es nicht an. Bereits der Verstoß gegen § 12 a ApoG begründet die Unterlassungsverfügung.

f) Unbegründet ist auch der Vorwurf des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe seine Grenzen überschritten und der Diskriminierung der deutschen Versandapotheke gegenüber ausländischen Versandapotheken den Boden bereitet; damit greife das Verwaltungsgericht in die Gewerbefreiheit des Antragstellers und in die Vertragsfreiheit der Heimbewohner ein. Vielmehr spricht alles dafür, dass der nationale Gesetzgeber schützende Regelungen zugunsten der Heimbewohner treffen durfte. Nach Artikel 30 EGV bleibt es Sache der Mitgliedstaaten, das Niveau zu bestimmen, auf welchem sie den Schutz von Gesundheit und Leben der Menschen gewährleisten wollen (EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, NJW 2004, 131 [135]; VGH München, Beschluss vom 10. Oktober 2005, PharmR 2005, 464 [466]).

Die vom Antragsteller aufgestellte Behauptung, das Vorgehen der Behörde gefährde seine Existenz, denn die Einkünfte aus seiner öffentlichen Apotheke würden nicht die Investitionen für die Versandapotheke decken, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil er seine Versandapotheke wie jeder andere Versandapotheker betreiben kann.

Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit verkennt der Antragsteller, wenn er meint, für Versandapotheken dürfe der Abschluss eines Heimversorgungsvertrages nicht vorgeschrieben werden, weil es ihnen auf Grund der räumlichen Entfernung nicht möglich sei, die Anforderungen aus einem Heimversorgungsvertrag zu erfüllen. Die räumliche Entfernung vom zu versorgenden Heim ist gerade der zentrale sachliche Grund, aus dem ein Heimversorgungsvertrag mit Versandapotheken nicht zugelassen werden kann. Dieser Grund gilt ebenso für außerdeutsche europäische Versandapotheken.

Mit dem Argument, er gehe äußerst verantwortungsvoll mit der Gesundheit der Heimbewohner um und die durch die Versandapotheke belieferten Patienten könnten auch eine durch Servicehotline gesicherte Beratung in Anspruch nehmen, verkennt der Antragsteller erneut den Umfang der Betreuungs- und Kontrollpflichten und die vorausgesetzte räumliche Nähe.

g) Der Vortrag des Antragstellers zu den Fotos, die die Fehlleitung eines Medikaments belegen sollen, kann dahinstehen. Es handelt sich zwar um ein Indiz für die Belieferung von Heimbewohnern aus der Apotheke des Antragstellers, aber auf dieses Indiz kommt es angesichts der Fülle der sonstigen Indizien nicht an. Ebenso bedarf es der vom Antragsteller angeregten Beiziehung der Akte der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt nicht. Denn es drängt sich nicht auf, dass sich daraus etwas Entscheidungserhebliches ergeben könnte. Die Apothekerkammer hat alle aussagekräftigen Indizien bereits geliefert, und diese sprechen für sich, ohne den Hintergrund ihres Erlangens im Einzelnen zu kennen.

Nicht entscheidungserheblich ist die vom Antragsteller zuletzt aufgeworfene Frage, ob das Heimgesetz die Heimträger zum Abschluss eines Versorgungsvertrages verpflichtet. Es spricht einiges für die Bejahung dieser Frage, sofern ein Heim die Medikamente nicht jeweils durch Hilfskräfte oder Betreuer aus einer nahe gelegenen Apotheke holen und die sonstigen Aufgaben von Fall zu Fall durch einen Apotheker oder eine pharmazeutische Fachkraft erledigen lässt. Welches Heim mit welcher Apotheke einen Versorgungsvertrag schließt, dürfte der Vertragsfreiheit unterliegen. Fest steht allerdings - und das verkennt der Antragsteller -, dass für Heimbewohner im Gegensatz zur sonstigen Bevölkerung die Sonderregel des § 12 a ApoG gilt.

h) Die Klärung weiterer Rechtsfragen zur Stellung einer Versandapotheke kann dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Die deutliche Rechtswidrigkeit des Betriebssystems, an dem der Antragsteller wesentlichen Anteil hat, und die Konterkarierung der gesetzlich vorgesehenen Schutzvorkehrungen reichen aus, um das Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses zu bejahen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG in Verbindung mit den Abschnitten 1.5 und 14.1 des Streitwertkatalogs.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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