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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 13.02.2009
Aktenzeichen: OVG 6 S 16.08
Rechtsgebiete: SG, BBG, VwGO


Vorschriften:

SG § 20a
SG § 44 Abs. 1
SG § 45 Abs. 1
BBG § 69a
VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 6 S 16.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 6. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schultz-Ewert, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Scheerhorn und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Oerke am 13. Februar 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der am 1. März 1942 geborene Antragsteller war bis zu seiner Pensionierung Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt im Range eines Generals. Vom 1. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2002 hatte er das Amt des Generalinspekteurs der Bundeswehr inne; anschließend und bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Wehrdienst am 30. Juni 2005 nahm er die Funktion des Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses (Chairman of the Military Commitee) wahr. Mit für sofort vollziehbar erklärter Verfügung vom 3. Februar 2006 untersagte ihm das Bundesministerium der Verteidigung, bis zum 30. Juni 2010 im Rahmen des Vertrages zwischen der vom Antragsteller gegründeten Beratungsfirma (S_____) und der Fa. R_____tätig zu werden. Hiergegen hat der Antragsteller Klage (2 K 423/06) erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Mai 2008 abgelehnt hat.

Die gegen den Beschluss vom 13. Mai 2008 gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung vom 3. Februar 2006 wiederherzustellen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung überwiege das Suspensivinteresse des Antragstellers, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß begründet. Aus der besonderen Begründung für den Sofortvollzug (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) muss hinreichend deutlich hervorgehen, dass und warum die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Je nach Fallgestaltung können die Gründe für das Bedürfnis des sofortigen Vollzugs mit denen für den Erlass des Verwaltungsaktes weitgehend identisch sein (vgl. Finkelnburg/Dom-bert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rn. 747 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rn. 85 f.). Eine solche Kongruenz kommt z.B. im Bereich der Gefahrenabwehr nicht selten vor und ist auch hier anzunehmen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Verfügung, mit der einem Soldaten im Ruhestand eine Erwerbstätigkeit wegen des Besorgnisses der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen gemäß § 20a Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - SG) untersagt wird, deckt sich regelmäßig mit dem die Grundverfügung selbst rechtfertigenden Interesse (vgl. ausführlich OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Februar 1991 - 1 B 3117/90 -, NWVBl. 1991, 278). Die angefochtene Anordnung der sofortigen Vollziehung enthält eine gesonderte, wenn auch knappe, jedoch zutreffende und nicht bloß leerformelhafte Begründung, aus der die Dringlichkeit der Untersagung im konkreten Fall hinreichend deutlich wird. Es soll von vornherein verhindert werden, dass das Ansehen der Bundeswehr auch durch ein vorläufiges Tätigwerden des Antragstellers für ein großes Rüstungsunternehmen, das im nach § 20a Abs. 1 SG maßgeblichen Zeitraum durch Aufträge der Bundeswehr Umsätze in Millionenhöhe erzielt hat, nicht beeinträchtigt wird, weil dies den Anschein erzeugt, die angezeigte Erwerbstätigkeit stehe mit der früheren dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang.

2. Das Verwaltungsgericht hat den Maßstab für die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung nicht verkannt und dabei insbesondere zu Recht darauf abgestellt, dass sich die angegriffene Untersagungsverfügung als offensichtlich rechtmäßig erweist. Soweit die Beschwerde aus den Aussagen des Verwaltungsgerichts, die Verfügung erweise sich als offensichtlich rechtmäßig und sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu beanstanden, auf einen Widerspruch und eine darauf beruhende fehlerhafte Interessenabwägung des Gerichts schließen will, kann dies nicht nachvollzogen werden. Entgegen der Beschwerdebegründung sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht offen, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ zu beurteilen (siehe dazu 3.). Im Übrigen kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Zweck der Untersagung, die Integrität des öffentlichen Dienstes in den Streitkräften zu wahren und diesbezügliche Vertrauenseinbußen in der Bevölkerung und bei den noch aktiven Soldaten abzuwehren, eine so überragende Bedeutung zu, dass im Rahmen der Prüfung der materiellen Voraussetzungen des § 20a SG das Interesse an der Vermeidung eines solchen Anscheins bei der Abwägung der widerstreitenden Belange stets überwiegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 C 52.87 -, BVerwGE 84, 194 [201]). Dieser Zweck begründet im vorliegenden Fall auch zwingend das öffentliche Interesse an der sofort eintretenden Wirkung der Untersagungsverfügung und setzt sich gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers durch, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache tätig werden zu dürfen; denn andernfalls würde der von der Antragsgegnerin befürchtete Ansehensverlust für die Bundeswehr zunächst eintreten können, ohne dass diese Wirkung durch eine Bestätigung der Untersagungsverfügung im Klageverfahren rückgängig gemacht werden könnte. Die vom Antragsteller vorgebrachten privaten Interessen wiegen im Vergleich dazu weniger schwer.

3. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Untersagungsverfügung durch das Verwaltungsgericht begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

Gemäß § 20a SG ist eine außerhalb des öffentlichen Dienstes stattfindende Erwerbstätigkeit eines Berufssoldaten nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst zu untersagen, wenn die Tätigkeit im Ruhestand mit der früheren dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden im Zusammenhang steht und zu besorgen ist, dass die nach Ende des aktiven Dienstes angestrebte Tätigkeit dienstliche Interessen der Bundeswehr beeinträchtigt. Diese Voraussetzungen hat die Antragsgegnerin zu Recht bejaht. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage musste das Bundesministerium der Verteidigung die angefochtene Untersagungsverfügung erlassen.

a. Die Beschwerdebegründung kann nicht damit überzeugen, der Antragsteller habe in seiner Zeit als Generalinspekteur zwar eine Gesamtverantwortung für die Bundeswehrplanung, jedoch keine Gesamtverantwortung für die Beschaffung von bestimmten Waffensystemen der F_____ gehabt und hätte auch die Beschaffung konkreter Rüstungsgüter dieses Unternehmens nicht maßgeblich beeinflussen können.

Wie sich aus der im angefochtenen Bescheid (S. 2 f.) und im Verwaltungsvorgang enthaltenen Darstellung des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs des Generalinspekteurs der Bundeswehr nach dem hier noch maßgeblichen "Blankeneser Erlass" vom 21. März 1970 ergibt, ist der Generalinspekteur der ranghöchste Soldat der Bundeswehr. Er berät den Bundesminister der Verteidigung (BMVg) sowie die Bundesregierung in militärischen Fragen und vertritt den Minister in internationalen militärischen Gremien, in denen die Chefs der Stäbe der Gesamtstreitkräfte verbündeter oder befreundeter Staaten auftreten. Er ist Vorgesetzter der Inspekteure der Teilstreitkräfte und Hauptabteilungsleiter im Verteidigungsministerium. Ferner sitzt er dem aus führenden Beamten und Militärs bestehenden Rüstungsrat für Material- und Ausrüstungsplanung vor, der die entsprechende Planung der Bundeswehr steuert und die ausrüstungsbezogenen Beschaffungsentscheidungen der politischen Leitung vorbereitet. Ziel der Erörterungen im Rüstungsrat ist eine gemeinsame Willensbildung als Basis für die Entscheidungen des Generalinspekteurs im Rahmen seiner Gesamtverantwortung für die Bundeswehrplanung und seine Empfehlungen zu bedeutenden Einzelprojekten an die Leitung. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist er daher nicht nur für die Entwicklung einer Gesamtkonzeption für die militärische Verteidigung der Bundesrepublik, sondern auch für die Realisierung der von ihm konzipierten Planung auf militärischer Ebene abschließend verantwortlich. Diesbezüglich stellt die Finanzierung der Beschaffung von Kriegsgerät und sonstigen Ausrüstungsgegenständen der Bundeswehr anhand des ebenfalls vom Generalinspekteur zu erlassenden Bundeswehrplans, der wiederum Grundlage für den jährlichen Voranschlag zum Bundeshaushalt, speziell für den Beitrag des Bundesministeriums der Verteidigung zur Finanzplanung des Bundes ist, einen wesentlichen Aspekt der von ihm verantworteten militärischen Gesamtkonzeption dar.

Es steht außer Frage, dass der Antragsteller in seiner Dienstzeit als Generalinspekteur in alle militärstrategischen Vorüberlegungen, die jeder bedeutsamen Beschaffungsentscheidung für die Bundeswehr oder der Kürzung von bestehenden Rüstungsplänen voran gehen, wie auch in die nachfolgende Umsetzung in herausgehobener Funktion (vorbereitend, beaufsichtigend und auf militärischer Ebene abschließend entscheidend) eingebunden war. Hierbei war er nicht auf ein bloßes (unmaßgebliches) "Controlling" beschränkt, wie die Beschwerde behauptet. Dies wird im angefochtenen Bescheid (S. 3) am Beispiel des Bundeswehrplans 2002 und dem darin enthaltenen Ablauf des Rüstungsvorhabens "L_____" der Fa. R_____ nachvollziehbar widerlegt, wogegen die Beschwerde substanziell nichts vorgebracht hat. Abgesehen davon ist eine unmittelbare Beteiligung des Antragstellers an einer konkreten Auftragsvergabe zur Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte nicht erforderlich; denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 6. Dezember 1989, a.a.O., und 14. Februar 1990 - 6 C 54.88 -, NVwZ-RR 1990, 430) würde auch eine maßgebliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Bedarfsanforderungen der Streitkräfte ausreichen, da die in diesen Entscheidungen betroffenen Offiziere ebenfalls nicht mit der unmittelbaren Auftragsvergabe befasst waren. Die zu bejahende Frage des maßgeblichen Einflusses des Antragstellers auf grundlegende Beschaffungsentscheidungen für die Bundeswehr muss daher ebenso wenig vertieft werden, wie die unbestrittene Tatsache, dass die zur Fa. R_____ gehörenden Unternehmen die Bundeswehr in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden des Antragstellers aus dem aktiven Soldatendienst im erheblichen finanziellen Umfang (je nach Jahr im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich) beliefert haben.

Aus den dargelegten Einflussnahme- und Steuerungsmöglichkeiten des Antragstellers bei Entscheidungen, die von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht für die Fa. R_____ waren, ergibt sich unschwer die begründete Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen der Bundeswehr dadurch, dass der Antragsteller gerade dieses Rüstungsunternehmen beraten will. Insofern haben die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht ihre Überlegungen zu Recht nur auf den vorgelegten Beratungsvertrag mit der R_____ beschränkt; denn allein die darin vereinbarte Tätigkeit ist Gegenstand der angegriffenen Untersagungsverfügung.

b. Die Antragsgegnerin hat die zu besorgende Beeinträchtigung dienstlicher Interessen beanstandungsfrei auf beide vom Gesetz verfolgte Zwecke gestützt (vgl. zum Schutzzweck von § 20a SG BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1989 und 14. Februar 1990, a.a.O, sowie die Neufassung des Erlasses des BMVg über die Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes nach Beendigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses vom 2. September 2002, VMBl. 2002, 354, veröffentlicht auch in: GKÖD, Band 1, Teil 5a, Yd 180 zu A.3.). Wegen der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der Bundeswehr und der R_____ und dem damit im Zusammenhang stehenden Aufgabenbereich des Antragstellers als Generalinspekteur müsse das Vertrauen der Öffentlichkeit und der noch aktiven Soldaten in die Unbefangenheit und Unparteilichkeit von Angehörigen der Bundeswehr, die rein an sachlichen Kriterien orientiert entscheiden müssten, geschützt werden. Dies sei für ein reibungsloses Funktionieren eines integren Dienstes in den Streitkräften unerlässlich. Zum anderen müsse möglichen Interessenskonflikten des Antragstellers zwischen seiner nachwirkenden Pflicht zur Wahrung von Dienstgeheimnissen (Amtswissen) und den wirtschaftlich ausgerichteten Informationsbedürfnissen seines Vertragspartners, der Fa. R_____, vorgebeugt werden.

Die Kritik der Beschwerde, das Verwaltungsgericht sei dem letztgenannten Aspekt einer möglichen Interessenskollision nicht weiter nachgegangen und habe dennoch die Gefahr eines Missbrauchs früheren Amtswissens durch den Antragsteller unterstellt, begründet keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung; denn hierdurch wird die (erstgenannte) Annahme der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt, dass die angezeigte Tätigkeit - unabhängig von möglichen Interessenskollisionen des Antragstellers - einen Vertrauensverlust in Bezug auf die Integrität der Amtserfüllung in den Streitkräften bewirken könnte. Gerade im lukrativen Bereich der Rüstungsindustrie ist nicht auszuschließen, dass sich aktive Soldaten im Beschaffungswesen der Bundeswehr durch spätere, vom Antragsteller exemplarisch aufgezeigte "Karriereaussichten" beeinflussen lassen und nicht frei von sachwidrigen Erwägungen entscheiden. Die Besorgnis, dass die Aufnahme der gewünschten Beratertätigkeit das Vertrauen der Öffentlichkeit und der noch im Dienst befindlichen Soldaten in die Unbefangenheit und Unparteilichkeit der früher verantwortlich handelnden Berufssoldaten beeinträchtigen könnte, ist auch hier nachvollziehbar und berechtigt. Ein sachlich denkender Bürger könnte rein objektiv Anlass zur Vermutung haben, dass Entscheidungsspielräume in den Streitkräften von verantwortlich handelnden Berufssoldaten vorauseilend zugunsten bestimmter Industrieunternehmen genutzt worden sein könnten, um sich für die Zeit nach der Zurruhesetzung nicht der Chance einer hoch bezahlten Tätigkeit für diese Unternehmen zu begeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1989, a.a.O., 204). Diesem Verdacht musste die Antragsgegnerin durch Untersagung der angezeigten Beratungstätigkeit begegnen, ohne dass es auf das konkrete Ansehen des Antragstellers und seine nicht in Zweifel zu ziehende Integrität ankam. Die Gefahr einer Ansehensschädigung entfällt auch nicht dadurch, dass die R_____ nach dem vorliegenden Vertrag gegenüber dem Antragsteller nicht weisungsbefugt ist; denn die in der Regel intern bleibenden Besonderheiten der konkreten Vertragsgestaltung sind Außenstehenden nicht bekannt und können die durch die vertragliche Verbindung hervorgerufene Besorgnis schon von daher nicht beseitigen.

c. Soweit der Antragsteller weiterhin meint, ihm werde wegen seiner früheren Funktion als Generalinspekteur der Bundeswehr jede Möglichkeit einer adäquaten Tätigkeit im Ruhestand versagt, was mit dem vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen strengen Maßstab für die Erforderlichkeit und Zumutbarkeit eines Tätigkeitsverbots nicht zu vereinbaren sei, so trifft dieser Vorwurf - wie schon das Verwaltungsgericht (BA S. 12) zutreffend begründet hat - rein tatsächlich nicht zu. Wie bereits (am Ende von 3.a.) erwähnt, hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller - mit Ausnahme der im streitgegenständlichen Vertrag vereinbarten Beratungstätigkeit - keine andere Tätigkeit verwehrt. Daher geht seine Behauptung fehl, ihm stehe kein nennenswertes Betätigungsfeld mehr offen. Ob seine Rechtsansicht zutrifft, die Antragsgegnerin habe aus Gründen der Fürsorge gegenüber ehemaligen Soldaten schon im Vorfeld von geschlossenen oder konkret ins Auge gefassten Verträgen eine Beratungs- und Auskunftspflicht, welche Betätigungen nach § 20a SG beanstandungsfrei seien, muss schon deswegen nicht erörtert werden, weil der Verfasser des angefochtenen Bescheids dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 31. Oktober 2005 zulässige Betätigungsmöglichkeiten (direkte Verträge mit dem Verteidigungsressort und Verträge mit ausländischen Firmen, soweit keine Auftragsnehmer der Bundeswehr) aufgezeigt hat, wie sich aus dem Verwaltungsvorgang (Bl. 374, 382) ergibt.

4. Auch hinsichtlich der zeitlichen Dauer der Untersagung ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden. Gemäß § 20a Abs. 3 SG endet das Verbot - so wie hier verfügt - spätestens mit Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Wehrdienst. Nur wenn die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen für eine kürzere Zeit zu besorgen ist, ist die Untersagung der Tätigkeit für diese Zeit auszusprechen (st.Rspr. des BVerwG, vgl. u.a. Urteil vom 6. Dezember 1989, a.a.O., 205). Dafür bestand vorliegend jedoch kein Anlass. Die Dauer der Untersagung ist nicht unverhältnismäßig.

a. Der Antragsteller argumentiert insofern, dass die Antragsgegnerin lediglich auf seine frühere Tätigkeit als Generalinspekteur abgestellt und allein hieraus die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen abgeleitet habe. Da diese Tätigkeit am 30. Juni 2002 geendet habe, hätte die Fünf-Jahres-Frist schon am 1. Juli 2007 enden müssen.

Dem ist nicht zu folgen, und zwar auch dann nicht, wenn man sich der von der Antragsgegnerin und in der Kommentarliteratur vertretenen Auffassung nicht anschließt, wonach eine Verkürzung der Untersagungsdauer ohnehin nur in Betracht kommen soll, wenn der Versorgungsanspruch eines Soldaten (auf Zeit) früher ende (vgl. Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2006, § 20a Rn. 26; auch Günther, Beschränkung der Tätigkeit von Versorgungsberechtigten, DÖD 1990, 129 [137, Fn. 141] erwähnt die Konstellation als Beispiel). Für diese Ansicht könnte der Wortlaut von § 20a Abs. 1 SG sprechen, wonach es für die Anzeigepflicht lediglich darauf ankommt, dass die nachdienstliche Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit mit einer früheren dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang steht, die (irgendwann) in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst ausgeübt wurde. Ein lückenloser, bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem aktiven Wehrdienst andauernder Zusammenhang ist daher nicht zu verlangen (insofern zutreffend Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 20a Rn. 10).

Demgegenüber sprechen verfassungsrechtliche Erwägungen eher dafür, dass eine Verkürzung der Untersagungsdauer auch in anderen Fällen in Betracht kommen könnte, in denen der Gesetzeszweck bereits früher erfüllt ist (in diesem Sinne wohl auch das - vom BVerwG mit Urteil vom 12. Dezember 1996 - 2 C 37.95 -, BVerwGE 102, 326 bestätigte - Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 7. April 1995 - 3 L 735/94 -, juris Rn. 29, wonach eine Beurlaubung während der Frist des § 20a Abs. 1 SG jedoch nicht ausreichen soll, den erforderlichen Zusammenhang zu unterbrechen; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 2 L 4798/95 -, juris Rn. 8, sowie Erlass des BMVg, a.a.O., zu A.2, wonach auch eine Änderung der Firmenkonstellation, die den in § 20a SG geforderten Zusammenhang zur früheren dienstlichen Tätigkeit beseitigt, Auswirkung auf die Dauer der Untersagung haben soll).

Ungeachtet der aufgezeigten unterschiedlichen Argumentationsansätze spricht im Ergebnis jedenfalls nichts dafür, dass die dargestellte Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen wegen des Wechsels des Antragstellers zur Nato vorzeitig entfallen sein könnte. Die Übernahme des Vorsitzes des NATO-Militärausschusses durch den Antragsteller hatte auf dessen Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin und seine ihr gegenüber bestehenden Grundpflichten (vgl. u.a. §§ 7, 14, 17 SG) keinen Einfluss. Ebenfalls bestanden weiterhin vertragliche Beziehungen zwischen der Bundeswehr und der Fa. R_____. Zwar war der Antragsteller ab Juli 2002 nicht mehr für die Planung und Vorbereitung von Beschaffungsvorgängen der Bundeswehr verantwortlich; aus der Natur seines neuen Auftrags ergibt sich jedoch, dass der Vertreter Deutschlands im NATO-Militärausschuss, der die Entscheidungsprozesse der zivilen Führung - des Nordatlantikrats, des Verteidigungsplanungsausschusses (DPC) und der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) - in militärischen Angelegenheiten unterstützt, in die nationalen Planungen Deutschlands eingebunden sein oder zumindest hiervon Kenntnis haben musste. Schon deshalb ist nicht davon auszugehen, dass das in dieser Zeit vom Antragsteller auf nationaler und auf Bündnisebene erworbene Amtswissen und die damit verbundene Gefahr später auftretender Interessenkollision vorzeitig erloschen ist. Unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit als Vorsitzender des NATO-Militärausschusses wäre jedoch schon allein aufgrund des vom Antragsteller für zwei Jahre bekleideten hohen Amtes des Generalinspekteurs der Bundeswehr und der damit verbundenen besonders starken Einflussmöglichkeiten auch auf die Beschaffung von Rüstungsgütern eine Verkürzung der regelmäßigen Sperrfirst von fünf Jahren nicht vertretbar; das Ansehen und die Integrität der Bundeswehr würden durch die vom Antragsteller angestrebte Tätigkeit vor Ablauf der gesetzlichen Regelsperrfrist im besonderen Maße gefährdet werden.

b. Die Beschwerde überzeugt schließlich nicht damit, dass das Tätigkeitsverbot spätestens mit Vollendung des 68. Lebensjahres des Antragstellers am 1. März 2010, also vier Monate früher als verfügt, enden müsse; denn dies wäre auch nicht nach den vergleichsweise herangezogenen beamtenrechtlichen Regelungen in § 69a Abs. 1 und 3 Bundesbeamtengesetz (BBG) der Fall, ungeachtet der Frage, ob diese Vorschrift auf Soldaten übertragbar ist. Das Vorbringen, dass das mit der Dauer der Anzeigepflicht korrespondierende Tätigkeitsverbot bei Beamten spätestens mit der Vollendung des 68. Lebensjahres ende, wird auch in der vom Antragsteller zitierten Literatur (Battis, BBG, 3. Aufl., § 69a Rn. 5; Schiemann in Schütz/Maiwald, BeamtR, Band 2, Teil C, § 75b LBG NRW Rn. 13, 20) nicht gestützt.

Zutreffend ist die Ansicht der Beschwerde nur, wenn der Beamte mit Erreichen der allgemeinen Altersgrenze, also mit Vollendung des 65. Lebensjahres, oder früher in den Ruhestand tritt (vgl. Günther, a.a.O., 135 bei Fn. 107; Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG, August 2007, § 69a Rn. 12, 15 m.w.N.). Ein vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Antragsteller wurde nach seinem 63. Geburtstag, also nach Erreichen der für Berufssoldaten geltenden allgemeinen Altersgrenze (bis zum 1. Januar 2007 das vollendete 61., nunmehr das 62. Lebensjahr, vgl. § 45 SG) gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 SG in den Ruhestand versetzt. In Fällen des Hinausschiebens des Ruhestands über die allgemeine Altersgrenze verlängert sich auch die Dauer des Tätigkeitsverbots bei Beamten (so ausdrücklich Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtG; vgl. dazu Baßlsperger in Weiß/ Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Ordner III, Art. 78, 9.b). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Fristberechnung bei Soldaten wie bei Beamten ist das individuelle Ende der aktiven Dienstzeit (vgl. § 20a Abs. 3 SG in der seit dem 24. Dezember 2000 geltenden Fassung sowie § 69a Abs. 3 BBG i.d.F. vom 31. März 1999). Da der Antragsteller am 30. Juni 2005 in den Ruhestand getreten ist, hat die Antragsgegnerin die Dauer des ausgesprochenen Tätigkeitsverbots folgerichtig bis zum 30. Juni 2010 festgesetzt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist somit nicht erkennbar.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Beschluss vom 29. Juli 1992 - 2 B 129.92 -, DVBl 1993, 389) ist der Wert des Streitgegenstandes in Fällen der vorliegenden Art mit dem Auffangstreitwert festzusetzen. Wegen der Vorwegnahme der Hauptsache erscheint eine Halbierung dieses Wertes nicht angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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