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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 23.01.2007
Aktenzeichen: OVG 60 PV 14.05
Rechtsgebiete: PersVG


Vorschriften:

PersVG § 85 Abs. 1 Nr. 6
PersVG § 87 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 60 PV 14.05

In der Personalvertretungssache

hat der 60. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - auf Grund der Sitzung vom 23. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki sowie den ehrenamtlichen Richter Baeckmann und die ehrenamtlichen Richterinnen Adolphs, Heidemüller und Gramsch am 23. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte und die S-Bahn-Berlin-GmbH schlossen Ende 2003 eine Vereinbarung über das so genannte Jobticket; danach haben Beschäftigte der Beteiligten die Möglichkeit, verbilligte Monatskarten für die im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zusammenwirkenden Verkehrsunternehmen zu erwerben. Die Abwicklung wird von der LogPay GmbH Frankfurt am Main (LogPay) durchgeführt (vgl. § 3 der Vereinbarung). Die Beschäftigten, die von dem Firmenticket Gebrauch machen wollen, erteilen für die diesbezüglichen Entgelte auf dem Bestellschein für das Firmenticket zugleich eine Einzugsermächtigung zu Gunsten der LogPay. Diese zieht sodann die entsprechenden Lastschriften im Namen des Unternehmens, d.h. der Beteiligten, zu Gunsten eines eigenen Kontos ein (s. im Einzelnen § 5 Abs. 3 Satz 1 der Vereinbarung). Ferner ist in der Vereinbarung geregelt, dass das Unternehmen, hier die Beteiligte, für die ausstehenden Beiträge haftet (§ 5 Abs. 3 Satz 2). Im Falle einer Rücklastschrift ist die LogPay berechtigt, die Beteiligte aufzufordern, den offenen Betrag plus einer Bearbeitungsgebühr zuzüglich fremder Spesen an sie zu überweisen bzw. überweisen zu lassen (§ 5 Abs. 4 der Vereinbarung).

Nach der ursprünglichen Verfahrensweise bei der Beteiligten hatte diese im Falle einer Rücklastschrift die entsprechenden Beschäftigten aufgefordert, den Fehlbetrag umgehend zu überweisen und ihr die Überweisung nachzuweisen. Mit Schreiben vom 13. April 2004 an den Antragsteller kündigte die Beteiligte sodann eine andere Verfahrensweise an: Auf Grund von Krankheit, Urlaub oder sonstigen Abwesenheitszeit sei es mitunter schwierig, mit den entsprechenden Beschäftigten in Kontakt zu treten. Auch aus anderen Gründen, etwa mangelnder Einsicht, sei es häufig schwierig, rechtzeitig vor dem nächsten Zahlungstermin der LogPay die entsprechenden Mitteilungen zukommen zu lassen. Nachdem sie, die Beteiligte, Schuldnerin der offenen Beträge sei, werde sie bei Rücklastschriften zukünftig zur Gewährleistung einer reibungsloseren Abwicklung den offenen Betrag in einer Summe an die LogPay überweisen und dann bei der nächstmöglichen Gehaltsabrechnung die offenen Beträge zuzüglich der Kosten der LogPay (9,25 €) und einer Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 3,00 € im Wege der Aufrechnung vom Gehalt einbehalten. Neue Jobticketbesteller würden hierüber vorab informiert; für bereits bestehende Abonnements sei dies den Jobticketnutzern nachträglich mitzuteilen.

Der Antragsteller ist dem entgegengetreten und hat am 6. Oktober 2004 die Feststellung der Fachkammer beantragt, dass diese Verfahrensweise seine Mitbestimmungsrechte verletze. Hierzu hat er Bezug genommen auf § 85 Abs. 1 Nr. 6 PersVG Berlin; nach dieser Regelung bestimmt die Personalvertretung, soweit keine Regelung durch Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag besteht, ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mit über Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Dienstkräfte. Ferner hat er Bezug genommen auf den seinerzeitigen § 87 Nr. 8 PersVG Berlin, wonach der Personalrat in Angelegenheiten der Angestellten und Arbeiter mitbestimmt bei Verhängung von Disziplinarmaßnahmen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 26. April 2005 zurückgewiesen. Die von dem Antragsteller in den Blick genommenen Mitbestimmungstatbestände seien nicht erfüllt. Die beabsichtigte Abrechnungsregelung, nämlich die von der Inkassofirma geltend gemachten Rückstände bzw. Aufwendungen für die jeweiligen Beschäftigten zuzüglich einer Verwaltungskostenpauschale jeweils ohne weiteres von der Vergütungszahlung an den betroffenen Beschäftigten abzuziehen, stelle keine Regelung im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 6 PersVG Berlin (Regelung der Ordnung in der Dienststelle) dar. Die fragliche Verfahrensweise betreffe weder objektiv noch in ihrer Zielrichtung den störungsfreien und reibungslosen Ablauf des Lebens in der Dienststelle, sondern lediglich die Art und Weise der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen des Arbeitgebers gegenüber den Beschäftigten. Eine Regelung im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 6 PersVG Berlin läge nur vor, wenn für die Ordnung in der Dienststelle oder für das Verhalten der Beschäftigten Vorschriften aufgestellt würden, die von allen Beschäftigten zu beachten seien; den entsprechenden Beschäftigten werde jedoch kein Verhalten verbindlich vorgeschrieben, auch nicht die Verpflichtung zur Deckung ihres entsprechenden Bankkontos; eine solche hätten diese im Übrigen bereits freiwillig im Zusammenhang mit der ihrer Anmeldung zum Jobticket beigefügten Lastschriftermächtigung übernommen. Auch der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Nr. 8 PersVG Berlin (Verhängung von Disziplinarmaßnahmen) sei nicht einschlägig, weil es sich bei dem Abzug der geschuldeten Erstattungsbeträge einschließlich der Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 3,00 € vom Gehalt nicht um eine Disziplinarmaßnahme handele.

Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde erhoben und geltend gemacht: § 85 Abs. 1 Nr. 6 PersVG Berlin sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfüllt. Der Beteiligte wolle offensichtlich erreichen, dass die Beschäftigten, die am Jobticket teilnähmen, jedenfalls zu den Lastschriftterminen des Inkassounternehmens für eine ausreichende Deckung ihres jeweiligen Kontos sorgten; auch dies sichere den reibungslosen Ablauf in der Dienststelle. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere es das Mitbestimmungsrecht lediglich, dass ein kollektiver Bezug gegeben sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es auch nicht darauf an, ob die einzelnen Beschäftigten freiwillig ihre Zustimmung zu dem fraglichen Verfahren erteilt hätten. Jedenfalls diejenigen Beschäftigten, die vor der Änderung des Verfahrens ihre Teilnahme am Jobticketverfahren beantragt hätten, hätten keine Zustimmung zu den jetzt eingeführten Verfahren erklärt, da es dieses zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gegeben habe. Auch der seinerzeitige § 87 Nr. 8 PersVG Berlin sei erfüllt; die Verwaltungspauschale in Höhe von 3,00 € habe den Charakter einer Buße, da damit eine Sanktion im Hinblick auf den zusätzlichen Arbeitsaufwand des Dienstherrn geschaffen werden solle.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. April 2005 abzuändern und festzustellen, dass die Beteiligte durch die Einrichtung eines vereinfachten Verfahrens bezüglich der Rücklastschriften/Abzüge vom Gehalt der betroffenen Beschäftigten vom 13. April 2004 betreffend das "Jobticket" ohne Beteiligung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrecht gemäß §§ 85 Abs. 1 Nr. 6, 87 Nr. 8 PersVG Berlin verletzt hat.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Feststellungsantrag unbegründet ist, weil das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus §§ 85 Abs. 1 Nr. 6, 87 Nr. 8 PersVG Berlin bei der mit Schreiben der Beteiligten vom 13. April 2004 angekündigten Verfahrensweise bei der Behandlung von Rücklastschriften nicht verletzt worden ist. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt (§ 91 Abs. 2 PersVG Berlin i.V.m. § 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG); ergänzend ist auf das Folgende hinzuweisen: Eine "Regelung der Ordnung in der Dienststelle" im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 6 PersVG Berlin, die keinesfalls schon bei einem bloßen kollektiven Bezug der fraglichen Maßnahme zu bejahen ist, meint eine Ordnung, die das Verhalten der Beschäftigten in der Dienststelle untereinander betrifft und insoweit mit Allgemeinverbindlichkeit versehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1986 - 6 P 5/83 -, Jurisauszug, dort Rdn. 17). Es geht also um Regelungen, die etwa ein Rauchverbot im Betrieb, die Einführung einer Anwesenheitskontrolle, Bekleidungsvorschriften, das Alkoholverbot im Dienst oder beispielsweise Radiohören im Dienst betreffen (vgl. nur Germelmann/Binkert, PersVG Berlin, Kommentar, 2. Aufl. 2001, § 85, Rdn. 94). Solchartige Pflichten der Beschäftigten zum jeweiligen Verhalten untereinander werden hier nicht aufgestellt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers wird durch die fragliche Verfahrensweise auch nicht eine Pflicht der Beschäftigten begründet, ihr Gehaltskonto in einer bestimmten Weise zu führen. Es mag sie allenfalls eine Obliegenheit treffen, zur Vermeidung von Nachteilen nicht zu einer Unterdeckung ihres Kontos kommen zu lassen, wobei es im Übrigen jedem Beschäftigten freigestellt ist, an den Vergünstigungen des Jobtickets teilzunehmen. Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde darauf verweist, dass von der fraglichen Verfahrensweise auch Mitarbeiter betroffen seien, die sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt zur Teilnahme am Jobticket bereit erklärt hätten, steht es diesen frei, auf Grund der jetzigen internen Verfahrensweise der Beteiligten von den Vorzügen des Jobtickets Abstand zu nehmen. Auch der seinerzeitige Mitbestimmungstatbestand des § 87 Nr. 8 PersVG Berlin ist nicht erfüllt. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme kann in der fraglichen Vorgehensweise der Beteiligten evidenterweise nicht gesehen werden; eine Disziplinarmaßnahme enthält stets einen gewissen Unrechtsvorwurf (Dienstvergehen), was hier offensichtlich fern liegend ist.

Soweit der Antragsteller im Rahmen der mündlichen Anhörung im Übrigen hervorgehoben hat, es sei insbesondere zu beanstanden, dass die Verrechnung bzw. Aufrechnung vorgenommen werde, ohne dass zuvor Rücksprache mit den betreffenden Beschäftigten genommen werde und insbesondere ohne dass hinterfragt werde, ob die entsprechende Lastschrift sachlich auch berechtigt sei, und das Ganze sich danach als Eingriff in das Gehaltskonto darstelle, ohne dass zuvor ein Hinweis an den betreffenden Beschäftigten ergehe, sind dies Einwände, die die Rechtmäßigkeit der Verfahrensweise in der Sache selbst, nicht aber die hier allein zu entscheidende Frage betreffen, ob ein Beteiligungstatbestand erfüllt ist. Über die Rechtmäßigkeit der fraglichen Verfahrensweise selbst hat der Senat nicht zu befinden, wobei es aus seiner Sicht allerdings wünschenswert wäre, wenn vorab eine Verständigung mit den Beschäftigten über die Berechtigung der Forderung im Einzelfall herbeigeführt würde.

Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.

Ende der Entscheidung

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