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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 07.11.2007
Aktenzeichen: OVG 60 PV 22.06
Rechtsgebiete: PersVG, LBG, RVG


Vorschriften:

PersVG § 79
PersVG § 79 Abs. 1
PersVG § 88 Nr. 1
PersVG § 88 Nr. 7
PersVG § 88 Nr. 11
PersVG § 90 Nr. 7
LBG § 10 a
LBG § 10 a Abs. 4
LBG § 10 a Abs. 4 Satz 1
LBG § 10 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
LBG § 10 a Abs. 4 Satz 1 Ziff. 1
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 60 PV 22.06

In der Personalvertretungssache

hat der 60. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - auf Grund der Sitzung vom 7. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Wolnicki, die ehrenamtliche Richterin von Prondzinski sowie die ehrenamtlichen Richter Preuß, Hundt und Torchalla beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auf 4 000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Mitbestimmungspflichtigkeit der Entlassung eines Beamten aus einem Amt mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Probe (§ 10 a des Landesbeamtengesetzes - LBG -).

Am 13. Mai 2004 wurde der Realschullehrer Wulff, Beamter auf Lebenszeit (BesGr. A 13), in das Beamtenverhältnis auf Probe als Realschulkonrektor einer Realschule berufen. Nachdem am 6. April 2006 die Überhörung einer Unterrichtsstunde des Herrn Wulff stattfand, wurde im Anschluss eine dienstliche Beurteilung erstellt. Noch vor Eröffnung der dienstlichen Beurteilung schrieb der Beteiligte dem Beamten unter dem 3. Mai 2006, dass eine erfolgreiche Erprobung auf dem Dienstposten nicht habe festgestellt werden können, sodass er mit Ablauf des 12. Mai 2006 aus dem Amt des Realschulkonrektors auf Probe entlassen sei; ab dem 13. Mai 2006 führe er wieder die Amtsbezeichnung eines Lehrers und erhalte (die bisherigen) Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 13; die gewährte Amtszulage entfalle ab diesem Zeitpunkt.

Hiergegen hat der Antragsteller unter anderem den hier noch interessierenden Feststellungsantrag in Bezug auf die Verletzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis gestellt. Er hat sich auf § 88 Nr. 11 PersVG ("Entlassung von Beamten auf Probe") bezogen und geltend gemacht, dass das Gesetz in diesem Tatbestand keine Einschränkung auf die "klassischen" Beamten auf Probe enthalte, die im Falle der Entlassung gänzlich aus dem Beamtenverhältnis ausschieden.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 20. September 2006 zurückgewiesen. Eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit leitender Funktion nach § 10 a Abs. 4 LBG sei nicht gemäß § 88 Nr. 11 PersVG mitbestimmungspflichtig. Die Entlassung trete nämlich unmittelbar kraft Gesetzes ein. Denn der Probebeamte mit leitender Funktion sei nicht durch Bescheid seiner Dienstbehörde zu entlassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Probezeit nicht festgestellt werde, wie freilich im Schreiben des Beteiligten vom 3. Mai 2006 irrtümlich formuliert sei. Der Beamte sei vielmehr durch das Gesetz selbst mit Ablauf der Probezeit entlassen, wie sich aus dem Wortlaut des § 10 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LBG ergebe. Die Entlassung trete mit Zeitablauf ein, ohne dass die Dienstbehörde des Beamten in irgendeiner Weise handeln müsse. Es fehle damit bereits an einer Maßnahme des Leiters der Dienststelle im Sinne von § 79 PersVG, die der Dreh- und Angelpunkt der Mitbestimmung sei. Der bloßen Information, wie sie in dem Schreiben vom 3. Mai 2006 zu sehen sei, fehle das für eine personalvertretungsrechtliche Maßnahme kennzeichnende Moment der Handlung bzw. Entscheidung, die den Rechtsstand eines oder mehrerer Beschäftigter berühre. Auch die nicht nur vorübergehende Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit im Sinne von § 88 Nr. 7 PersVG liege nicht vor, da hier nur ein "Rückfall" in den bisherigen Status als Realschullehrer erfolge, und zwar kraft Gesetzes.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde. Der Antragsteller macht geltend, § 88 Nr. 11 PersVG umfasse auch den Fall der Entlassung von Beamten auf Probe in leitender Funktion gemäß § 10 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LBG. Hätte der Gesetzgeber diese Beamten nicht mit § 88 Nr. 11 PersVG erfassen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen. Es liege auch eine Maßnahme des Leiters der Dienststelle vor. Die Entlassung kraft Gesetzes nach § 10 a Abs. 4 Satz 1 Ziffer 1 LBG setze eine Entscheidung der Dienstbehörde über die Bewährung des Beamten in leitender Funktion innerhalb der Probezeit voraus; der erfolgreiche Abschluss einer Probezeit könne nur festgestellt werden, wenn die dienstlichen Leistungen des Beamten beurteilt worden seien. Insoweit treffe der Dienstherr auch eine Entscheidung, die unmittelbar die Rechtsstellung des Beamten auf Probe berühre. Hierbei handle es sich um eine Prüfobliegenheit der Dienstbehörde, die auch während der Probezeit zu treffen sei. Die Beteiligung der Personalvertretung an der Entlassung entspreche auch Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes gemäß § 88 Nr. 1 PersVG. Müsse die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit der Feststellung mangelnder spezifischer Bewährung im auf Probe übertragenen Leitungsamt begründet werden, habe die Personalvertretung darüber zu wachen, ob die Grenzen des Beurteilungsspielraums durch die beabsichtigte Maßnahme, nämlich die Entlassung, verletzt worden seien.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. September 2006 zu ändern und festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) bei der Entlassung des Realschullehrers Detlef Wulff aus dem Beamtenverhältnis auf Probe als Realschulkonrektor das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt hat.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er tritt der Beschwerde entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Antragsteller wegen der Entlassung des Beamten Wulff aus dem Amt mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Probe nach § 10 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LBG kein Recht auf Mitbestimmung nach § 88 Nr. 11 PersVG hatte. Insoweit folgt der Senat den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl. § 91 Abs. 2 PersVG, §§ 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG) und weist in Ansehung des Beschwerdevorbringens ergänzend auf Folgendes hin: Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, löst die Entlassung eines Beamten aus einem Amt mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Probe nach § 10 a Abs. 4 Satz 1 LBG keine Mitbestimmung nach § 88 Nr. 11 PersVG aus. Gemäß § 10 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LBG ist der Beamte mit Ablauf der Probezeit aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Das Beamtenverhältnis endet daher durch Entlassung kraft Gesetzes mit dem Ablauf der Probezeit. Es bedarf weder einer Entlassungsverfügung noch einer besonderen Feststellung über die Entlassung. Für das Beamtenverhältnis auf Probe, das grundsätzlich Teil eines Doppelbeamtenverhältnisses ist, führt damit der Ablauf der Probezeit im Gegensatz zu den sonstigen Beamten auf Probezeit zur unmittelbaren statusrechtlichen Zäsur (vgl. zum gleichlautenden § 24 a BBG: Fürst u.a., GKÖD, Kommentar, Stand 2002, K § 24 a, Rdn. 30). Damit fehlt es bereits, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, an einer Maßnahme der Dienststelle im Sinne von § 79 Abs. 1 PersVG, weil keine Handlung oder Entscheidung der Dienststelle vorliegt, die den Rechtsstand des Beamten berühren würde (vgl. zum Begriff der Maßnahme OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 4. Juli 2007 - OVG 60 PV 1-06 -, S. 5 des Entscheidungsabdrucks). Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde geltend macht, anzuknüpfen sei nicht an die Entlassung selbst, sondern an die davon nicht zu trennende, dieser voranzugehenden Feststellung über die Nichtbewährung, folgt der Senat dem nicht. Die Feststellung einer Nichtbewährung wird von den enumerativ im Gesetz aufgezählten Mitbestimmungstatbeständen nicht erfasst. Die personalvertretungsrechtlichen Schutzrechte gehen hier auch nicht ins Leere; die Feststellung der Nichtbewährung darf nur auf der Grundlage einer aktuellen dienstlichen Beurteilung über die Leistungen in der Probezeit getroffen werden, die ihrerseits nach § 90 Nr. 7 PersVG mitwirkungspflichtig ist. Soweit der Antragsteller im Übrigen auch den Schutz des betreffenden Beamten selbst im Blick hat, ist darauf hinzuweisen, dass dieser - anders als bei der sonstigen Entlassung von Probebeamten - nicht aus dem Beamtenverhältnis insgesamt ausscheidet, sondern lediglich in sein altes Beamtenverhältnis zurückfällt, sodass auch die Schutzbedürftigkeit nicht in gleicher Weise gegeben ist; es obliegt danach, wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat, dem Beamten selbst, sich gegen eine womöglich rechtswidrige Verneinung des erfolgreichen Abschlusses der Probezeit nach § 10 a LBG zu wehren und so auf seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im höheren Amt hinzuwirken.

Soweit das Verwaltungsgericht auch eine Verletzung des Tatbestandes nach § 88 Nr. 7 PersVG (nicht nur vorübergehende Übertragung einer niedriger bewerteten Tätigkeit) verneint hat, wird ebenfalls auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen der Fachkammer Bezug genommen (§ 91 Abs. 2 PersVG, §§ 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.

Die Gegenstandswertfestsetzung folgt aus § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG.

Ende der Entscheidung

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