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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 06.10.2006
Aktenzeichen: OVG 7 S 32.06
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
AufenthG § 5 Abs. 2 Satz 2
Bei dem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG muss es sich um einen strikten Rechtsanspruch handeln.
OVG 7 S 32.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. die Richterin am Oberverwaltungsgericht und den Richter am Oberverwaltungsgericht am 06. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 500 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde dargelegten Gründe - nur sie sind vom Oberverwaltungsgericht zu prüfen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergeben nicht, dass der angefochtene Beschluss abzuändern ist. Der Antragsgegner ist danach nicht verpflichtet, der Antragstellerin die begehrte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Das Verwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, von dem Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum könne nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, da die Antragstellerin weder einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe, noch dargelegt und glaubhaft gemacht sei, sie könne das Visumsverfahren nicht nachholen.

1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bestand für das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang kein Anlass, die in § 36 AufenthG geregelten Voraussetzungen für den Nachzug sonstiger Familienangehöriger zu prüfen, weil die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis danach im Ermessen des Antragsgegners steht. Bei dem in § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorausgesetzten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis muss es sich um einen strikten Rechtsanspruch handeln. Es genügt nicht, dass ein Aufenthaltstitel im Ermessenswege zu erteilen ist, das Ermessen auf Null reduziert ist und eine andere Entscheidung der Ausländerbehörde als eine Erteilung nicht in Betracht kommt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Juli 2006 - 2 O 210/06 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. März 2005 - 24 CE 05.34 -, juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: August 2006, § 5 Rnr. 65; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 5 Rnr. 60; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. März 2004, NVwZ-RR 2004, 687, zu § 9 Abs. 1 Nr. 2 AuslG; offen gelassen von VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 2006 - 11 S 1797/05 -, juris). Die Argumentation der Vertreter der gegenteiligen Ansicht (vgl. VG Freiburg, Beschluss vom 12. April 2005, InfAuslR 2005, 388; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Stand: Juli 2006, § 5 Rnr. 127), der Gesetzgeber habe - wie ein Vergleich mit den in § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zeige - nunmehr die Möglichkeit eröffnen wollen, auch in Fällen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer Ermessensreduktion auf Null von der Durchführung eines Visumsverfahrens abzusehen, überzeugt angesichts der Gesetzesbegründung zu § 5 AufenthG (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 70) nicht. Danach kommen Ausnahmen wie bisher in Betracht, wenn ein Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels besteht. Damit wird ersichtlich auf die diesbezügliche Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, zu § 9 Abs. 1 Nr. 2 AuslG Bezug genommen. Dass einige Passagen zuvor ausgeführt wird, die Vorschrift (§ 5) unterscheide mit Ausnahme von Abs. 1 Nr. 3 nicht mehr, ob ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bestehe oder nach Ermessen entschieden werden könne, steht dem nicht entgegen. Dieser Teil der Begründung bezieht sich auf den Umstand, dass § 5 AufenthG für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern die Grundentscheidungen der Erteilungs- und Versagungsvorschriften der §§ 6 bis 9 AuslG in vereinfachter Form zusammenfasst, bei denen es sich teils um Anspruchs-, teils Ermessensvorschriften handelte.

Bei dieser Rechtslage kommt es mithin nicht darauf an, ob der Antragstellerin im Wege der Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zusteht. Ihr diesbezügliches Zulassungsvorbringen geht ins Leere.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin weiter gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, es sei ihr zuzumuten, das Visumsverfahren nachzuholen. Entgegen ihrer Ansicht ist das Verwaltungsgericht nicht davon ausgegangen, sie benötige bei einer Ausreise und dem Aufenthalt in der Türkei während des Visumsverfahrens eine Begleitung, weshalb es auch nicht die behauptete Krankheit der Antragstellerin als gegeben angesehen hat. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausgeführt, das geltend gemachte Angewiesensein auf Lebenshilfe durch hier lebende Familienangehörige stehe der Nachholung des Visumsverfahrens nicht entgegen, da gegebenenfalls, d.h. selbst wenn dies der Fall sein sollte, eine Begleitung durch Familienangehörige in ihren Heimatort in Betracht komme. Die von der Antragstellerin geltend gemachte familiäre Situation ihrer Tochter, deren Berufstätigkeit sowie die Selbständigkeit ihres Sohnes stehen dieser Feststellung nicht entgegen, da es gegebenenfalls - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht - nur um eine kurzfristige Begleitung während der Reise ginge. Dass die Antragstellerin während des anschließenden, eventuell nur vorübergehenden Aufenthalts in der Türkei nicht alleine leben könnte, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Die behauptete Krankheit ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt und ausführlich begründet hat, weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Dem ist die Beschwerde nicht entgegen getreten.

3. Das Verwaltungsgericht ist schließlich beanstandungsfrei von dem gesetzlich vermuteten überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse des angefochtenen Bescheides ausgegangen. Für die von der Antragstellerin geforderte Interessenabwägung war angesichts der vom Verwaltungsgericht angenommenen und von der Beschwerde erfolglos angegriffenen Rechtmäßigkeit des Bescheides kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2, des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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