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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 03.08.2005
Aktenzeichen: OVG 8 N 63.05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 8 N 63.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht und die Richter am Oberverwaltungsgericht und am 3. August 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Mai 2005 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 11 774,55 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf und die Rückforderung einer Zuwendung, die sie zur Errichtung einer Betriebsstätte in Berlin erhalten hatte.

Die Investitionsbank Berlin (IBB) bewilligte der Klägerin mit Zuwendungsbescheid vom 18. Dezember 2000 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. Januar 2003 und vom 4. Dezember 2003 im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA-Mittel) eine Zuwendung in Höhe von 11 774,55 €, die in voller Höhe ausgezahlt wurde. Als Zuwendungszweck wurde die Errichtung einer Betriebsstätte in Berlin, verbunden mit der Schaffung von neun Dauerarbeitsplätzen bestimmt. Die IBB wies in dem Zuwendungsbescheid darauf hin, dass die Bewilligung auch rückwirkend widerrufen und bereits ausgezahlte Mittel zurückgefordert würden, wenn die Arbeitsplätze nicht für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nach Abschluss des Investitionsvorhabens vorhanden seien.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 9. Januar 2004 mitgeteilt hatte, sie habe wegen des Nachfrageeinbruchs in der IT-Branche die verlustbringende Berliner Niederlassung geschlossen, widerrief die IBB den Zuwendungsbescheid mit Bescheid vom 19. Januar 2004 und forderte die Klägerin auf, den Zuwendungsbetrag nebst Zinsen zurückzuzahlen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen wies den dagegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2004 als unbegründet zurück.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 10. Mai 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Widerruf sei wegen Zweckverfehlung rechtmäßig. Die Klägerin habe die Auflage des Zuwendungsbescheides, neun Dauerarbeitsplätze für fünf Jahre nach Abschluss des Investitionsvorhabens zu erhalten sowie die mit der Zuwendung finanzierten Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Lieferung in der geförderten Betriebsstätte zu belassen, nicht erfüllt, sondern diesen Betrieb spätestens 21 Monate nach Abschluss des Investitionsvorhabens geschlossen. Der Beklagte habe das ihm eröffnete Ermessen, das bei einer Zweckverfehlung der Zuwendung regelmäßig zum Widerruf tendiere, rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg auf die Regelungen der Nr. 4.2 und 4.3 des 27. Rahmenplans berufen, denn diese Verwaltungsvorschriften seien im Einklang mit der ständigen Praxis des Beklagten angewendet worden, so dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes ausscheide. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Rückforderung selbst bei einer am Wortlaut orientierten gerichtlichen Interpretation der Nr. 4.2 und 4.3 des 27. Rahmenplans nicht vor, weil diese Regelungen ein Fortbestehen der geförderten Betriebsstätte voraussetzten. Auch sei der rückwirkende Widerruf der Zuwendung in voller Höhe rechtmäßig, weil er der ständigen Praxis des Beklagten in vergleichbaren Fällen entspreche. Nur bei Einhaltung der Bindungsfrist könne der Zuwendungszweck als erreicht angesehen werden.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit dem Zulassungsantrag.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils liegt nicht vor.

Für diesen Zulassungsgrund sind zumindest gewichtige Gesichtspunkte erforderlich, die eine der Klägerin günstige Erfolgsprognose erlauben (vgl. Beschluss des Senats vom 19. August 1997 - OVG 8 SN 295.97 - NVwZ 1998, 197). Danach liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wenn also ein Erfolg der Angriffe gegen die erstinstanzliche Entscheidung wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (Senatsbeschluss vom 15. Juli 1999 - OVG 8 N 10.99 - und vom 29. Juli 1999 - OVG 8 N 33.99 -). Das ist nicht der Fall.

Die Auffassung der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe sich zur Begründung der rechtsfehlerfreien Ausübung des Ermessens nicht nur darauf berufen dürfen, nach der gerichtsbekannten Verwaltungspraxis des Beklagten werde von einer Rückforderung nur abgesehen, wenn bei veränderten Marktverhältnissen - und fortbestehendem Betrieb - der primäre Förderzweck nicht erreicht werde, es sei stattdessen erforderlich, "konkret den Einzelfall zu prüfen", um alsdann festzustellen, ob die Voraussetzungen der Nr. 4.2 des 27. Rahmenplans vorlägen, vermag zulassungsrelevante Zweifel nicht zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat bei der Anwendung der vorgenannten Bestimmungen, bei denen es sich um ermessensleitende Verwaltungsvorschriften und nicht um Rechtsnormen handelt, vielmehr zu Recht auf die Verwaltungspraxis abgestellt. Es oblag der Klägerin darzulegen, dass und inwiefern das Verwaltungsgericht dabei von einem nicht zutreffenden Verständnis dieser Praxis ausgegangen ist. Der Hinweis auf die nicht vorhersehbare Marktsituation rechtfertigt keine andere Beurteilung; vielmehr hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass das wirtschaftliche Risiko für die Verfehlung des Zuwendungszweckes beim Zuwendungsempfänger liegt.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht allein darauf gestützt, sondern tragend darauf abgestellt, dass die hier in Rede stehenden Nr. 4.2 und 4.3 des 27. Rahmenplans nach Wortlaut, Sinn und Zweck ein Fortbestehen der geförderten Betriebsstätte voraussetzen. Damit setzt sich die Antragsbegründung indessen nicht auseinander, so dass sie den formellen Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht entspricht, diese verlangen, dass hinsichtlich aller tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils erläutert wird, warum sie unrichtig sein sollen.

Ernstliche Richtigkeitszweifel sind auch insoweit nicht gegeben als die Klägerin ausdrückliche Erwägungen des Beklagten zur Möglichkeit einer nur teilweisen Rückforderung der Zuwendung vermisst. Auch insoweit durfte sich das Verwaltungsgericht auf die ihm bekannte Rückforderungspraxis des Beklagten bei Zweckverfehlung der Zuwendung berufen. Ist, wie hier, die das Ermessen einräumende Vorschrift dahingehend auszulegen, dass sie für den Regelfall der Zweckverfehlung aus Gründen haushaltsrechtlicher Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Rückforderung in vollem Umfang gebietet (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 [57 f.]), müssen besondere Gründe gegeben sein und dargelegt werden, warum ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegen soll. Das ist hier mit dem bloßen Hinweis darauf, dass - kurzfristig - neun Arbeitsplätze geschaffen worden waren, nicht in ausreichendem Maße geschehen. Dies ist vielmehr der Regelfall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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