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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: OVG 9 L 5.06
Rechtsgebiete: VwGO, SGB VIII


Vorschriften:

VwGO § 188 S. 2
SGB VIII § 90
Streitigkeiten über Elternbeiträge für die Betreuung in Kindertagesstätten sind ungeachtet ihres abgabenrechtlichen Charakters auch Streitigkeiten aus dem Sachgebiet des (Kinder- und) Jugendhilferechts und deshalb gerichtskostenfrei.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 9 L 5.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schmidt, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Gaube am 8. Februar 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers zu 1 wird unter Aufhebung der Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 18. Oktober 2005 verworfen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - erhobene Streitwertbeschwerde ist unzulässig. Nach dieser Vorschrift findet die Beschwerde nur statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. Der Kläger zu 1 wird durch die vom Verwaltungsgericht getroffene Kostenentscheidung jedoch nur mit der Hälfte der Gerichtskosten, seinen eigenen außergerichtlichen Kosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zur Hälfte belastet. Erstattungsfähige außergerichtliche Kosten sind indes bei keinem der Beteiligten ersichtlich, so dass sich die Kosten des Verfahrens letztlich in drei Gerichtsgebühren nach dem festgesetzten Streitwert von 2.992,75 Euro erschöpfen (Ziffer 5110 des Kostenverzeichnisses nach dem GKG) und den Zustellauslagen, sie dürften bei der Höhe einer Gerichtsgebühr von 89 Euro mithin nicht mehr als 300 Euro betragen, so dass der erforderliche Beschwerdewert bei dem Kläger zu 1, der hiervon nur 150 Euro zu tragen hat, nicht erreicht wird.

Der Senat hat gleichwohl von seiner Änderungsbefugnis als Rechtsmittelgericht gemäß § 63 Abs. 3 GKG Gebrauch gemacht, weil das Verwaltungsgericht die Streitwertfestsetzung zu Unrecht vorgenommen hat. Veranlassung zur Streitwertfestsetzung besteht nur, soweit Gerichtsgebühren nach dem festgesetzten Wert zu erheben sind (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG). Einen solchen Fall hat das Verwaltungsgericht unzutreffend unterstellt.

Es handelt sich bei Streitigkeiten um Elternbeiträge für die Kindergartenbetreuung unabhängig von der konkreten weiteren landesrechtlichen Ausgestaltung um ein Verfahren aus dem Sachgebiet der (Kinder- und) Jugendhilfe nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs - SGB VIII -, hier § 90 SGB VIII, für das gemäß § 188 Satz 2 VwGO Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) nicht erhoben werden (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 3 M 269/03 - LKV 2005, 456; OVG Bbg., Beschluss vom 29. Juli 2002 - 2 B 139/02 -; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. Mai 2005 - 12 A 11586/99 - zit n. Juris, a.A. OVG NW, Beschluss vom 15. November 2002 - 16 B 2228/02 - NVwZ-RR 2003, 607). Dass solche Verfahren zugleich abgabenrechtliche Streitigkeiten darstellen können, mag sich gerichtsorganisationsrechtlich nach § 188 Abs. 1 VwGO dahin auswirken, dass sie trotz dieser Doppelnatur nach dieser Bestimmung in dem für das Jugendhilferecht zuständigen Spruchkörper zusammengefasst werden sollen. Der zugleich abgabenrechtliche Charakter kann aber angesichts der weiten Fassung der Gerichtskostenfreiheit, die zuletzt durch den Gesetzgeber nur für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialhilfeleistungsträgern nach § 188 Satz 2 2. Halbsatz VwGO eingeschränkt wurde, nicht dazu führen, dass diese Verfahren, auch wenn sie nicht in einem Spruchkörper zusammengefasst sind, ihren Charakter als Verfahren aus dem Jugendhilferecht verlieren. Insofern besteht keine rechtliche Grundlage für eine einseitige Zuweisung dieser Verfahren zum Abgaben- oder Jugendhilferecht; sie lassen sich unter beide Sachgebiet fassen. Deshalb haben auch als abgabenrechtlich zu qualifizierende Verfahren Anteil an der Gerichtskostenfreiheit gemäß § 188 Satz 2 VwGO. Der Senat vermag deshalb die im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19. Dezember 2001 - 9 B 90.01 - NJW 2002, 1062, allerdings ohne Veröffentlichung der Begründung für die Streitwertfestsetzung) erfolgte Änderung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in dem zitierten Beschluss (zur früheren Rspr. dieses Gerichts: Urteil vom 28. März 2001 - 16 A 4212/00 - zit. nach juris) nicht nachzuvollziehen.

Hiervon ausgehend war die Streitwertfestsetzung von Amts wegen ersatzlos aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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