Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: OVG 9 S 38.08
Rechtsgebiete: GG, VwGO, KAG BB


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 20
GG Art. 105a
VwGO § 146 Abs. 1
VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 147
VwGO § 80 Abs. 5
KAG BB § 3 Abs. 1
KAG BB § 3 Abs. 2
Die Verwendung des Stückzahlmaßstabs als Bemessungsgrundlage in einer Vergnügungssteuersatzung ist auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS

OVG 9 S 38.08

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp, die Richterin am Finanzgericht Sander-Hellwig und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Riese am 9. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Beschwerdeführer.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird wie im erstinstanzlichen Verfahren auf 495,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht ist (§ 146 Abs. 4 S. 6 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), rechtfertigt keine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vergnügungssteuerbescheids vom 18. Januar 2007 sind nicht gegeben. Weder die Rechtmäßigkeit des Bescheides selbst unterliegt ernstlichen Zweifeln (wozu der Antragsteller im Übrigen auch nichts vorgetragen hat), noch ist die Unwirksamkeit der diesem zugrunde liegenden Satzung bei summarischer Prüfung ersichtlich.

1. Die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Satzung ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht im Hinblick darauf ernstlich zweifelhaft, dass es sich bei der von dem Antragsgegner erhobenen Vergnügungssteuer für Spielautomaten wegen des in § 6 Abs. 2 der Satzung als Bemessungsgrundlage festgelegten Stückzahlmaßstabs um eine unzulässige Pauschsteuer handeln könnte. Dass der Antragsgegner die Stückzahl der aufgestellten Geräte als regelmäßige Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Vergnügungssteuer für alle im Satzungsgebiet aufgestellten Spielautomaten annimmt, verstößt nicht - jedenfalls nicht offensichtlich - gegen höherrangiges Recht. Denn die höchstrichterliche Rechtsprechung, der der Senat folgt, lässt die Bemessung der Steuer nach Maßgabe der Stückzahl der Geräte nach wie vor - wenn auch nur noch in bestimmten Grenzen - gelten (Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218). Im Rahmen dieser eingeschränkten Zulässigkeit weist der in einer Vergnügungssteuersatzung für Gewinnspielautomaten verwendete Stückzahlmaßstab lediglich dann nicht mehr den durch den Charakter der Aufwandsteuer geforderten lockeren Bezug zum Vergnügungsaufwand auf, wenn die Einspielergebnisse um mehr als 50 % vom Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abweichen. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung aber bestehen gegen die Verwendung des Stückzahlmaßstabs keine Bedenken (a.A. offenbar: Hessischer VGH - Beschluss vom 23. Oktober 2007 - 5 TG 1924/07 -, juris). Diese Rechtsauffassung wird durch die jüngste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2007 (BVerwG - 9 B 12/07 -, NVwZ 2008, 88) bestätigt, in der deutlich zum Ausdruck kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht etwa von seiner bisherigen Rechtsprechung abweicht, sondern die rechtmäßige Verwendung des Stückzahlmaßstabs als Bemessungsgrundlage für die Spielautomatensteuer nur eingeschränkt hat.

2. Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, er könne Zahlen zum Nachweis der Tatsache, dass in der Stadt Frankfurt/Oder die Einspielergebnisse der von ihm aufgestellten Geldgewinnspielautomaten um mehr als 50 % vom Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abweichen, mangels Mitwirkung der anderen Geräteaufsteller nicht vorlegen. Darlegungspflichtig sei insoweit ohnehin der Antragsgegner.

Aus dem Umstand, dass der Antragsteller hinsichtlich der Ermittlung des erforderlichen Durchschnitts auf freiwillige Angaben anderer Geldgewinnspielautomatenaufsteller angewiesen ist, ist nicht etwa eine Feststellungslast zu Lasten der Gemeinde herzuleiten - jedenfalls nicht, wenn und solange die Automatenaufsteller nicht auf der Grundlage der am Stückzahlmaßstab ausgerichteten Vergnügungssteuersatzungen einer Auskunftspflicht über die Einspielergebnisse ihrer Geräte unterworfen sind (vgl. BVerwG vom 26. September 2007, a.a.O., m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Denn Folge der von dem Antragsteller erwünschten Beweislastumkehr wäre, dass die Gemeinde durch die bloße Behauptung eines Aufstellers, ein lockerer Bezug des Stückzahlmaßstabs zu dem Spielaufwand sei nicht mehr gegeben, gezwungen werden könnte, den grundsätzlich zulässigen Stückzahlmaßstab aufzugeben. Die Darlegungslast verbleibt damit bei dem Antragsteller, wobei das Bundesverwaltungsgericht insofern Erleichterungen geschaffen hat, als es auch eine nicht statistisch abgesicherte Erhebung als aussagekräftige Grundlage für die Durchschnittsbildung gelten lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 2007, a.a.O., m.w.N.). So sind nach Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Bestimmung eines repräsentativen Durchschnitts nicht zwingend die Zahlen aller Geräte sämtlicher Aufsteller im Satzungsgebiet heranzuziehen. Weder die Beteiligten noch das Gericht sind dabei an bestimmte mathematisch-statistische Regeln gebunden. Der Antragsteller hat zu der betreffenden Frage indes nichts dargelegt. Welchen Mindestanforderungen die Erkenntnislage für die geforderte Durchschnittsbildung oder die Erhebung entsprechender Daten schließlich genügen muss, kann deshalb hier dahingestellt bleiben.

3. Auch die Einwände des Antragstellers gegen die in § 6 Abs. 4 der Satzung enthaltene Optionsregelung für Geräte mit Gewinnmöglichkeit, für deren Gesamtheit ein Unternehmer beantragen kann, die Steuer nicht nach der Stückzahl der Geräte zu bemessen, sondern nach dem "Spieleinwurf", führen jedenfalls bei der gebotenen pauschalen Beurteilung nicht dazu, die streitbefangene Satzung als nichtig anzusehen. Das Rechtsstaatsgebot ist durch diese Bestimmung entgegen der Auffassung der Antragstellerin jedenfalls nicht offensichtlich verletzt.

Es handelt sich bei der Optionsregelung in § 6 Abs. 4 der Satzung um ein steuerliches Wahlrecht, das dann gegeben ist, wenn die Subsumtion unter den steuergesetzlichen Tatbestand nicht zwingend zu einer bestimmten Rechtsfolge führt, sondern viel mehr der Steuerpflichtige die Wahl hat zu entscheiden, welche von mehreren möglichen Rechtsfolgen eintreten soll (vgl. Birk, "Besteuerung nach Wahl" als verfassungsrechtliches Problem, NJW 1984, 1325 m.w.N.). Die Einräumung von Wahlrechten durch den Gesetzgeber führt im Steuerrecht auch angesichts des Postulats der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht etwa zwingend zur Nichtigkeit der entsprechenden gesetzlichen Regelung. Vielmehr gewährt das geltende Steuerrecht dem Einzelnen ohne Verstoß gegen übergeordnete Prinzipien eine Fülle von Rechtswahlmöglichkeiten, die die Höhe seiner steuerlichen Belastung beeinflussen (vgl. Birk, a.a.O. m.w.N.). Ihre Zulässigkeit unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist unterschiedlich zu beurteilen, je nachdem, ob man ihre lastenverteilenden oder lenkenden (gestaltenden) Wirkungen betrachtet. So kann ein Wahlrecht zulässigerweise gerade deshalb gewährt werden, um gleichheitswidrige Belastungswirkungen einer Steuernorm zu vermeiden. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde nicht begründet, worin er konkret den Verstoß der fraglichen Satzungsbestimmung gegen das Rechtsstaatsgebot sieht und aus welchem Grunde er annimmt, dass die Wahlmöglichkeit einer Bemessung der Steuer nach dem Spieleinwurf für Geräte, die ein elektronisches Zählwerk haben, den Gleichheitsgrundsatz verletzen soll. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, in dem vorliegenden summarischen Verfahren hierauf näher einzugehen.

4. Die Verwendung des "Einwurfs" als alternativer Steuermaßstab ist auch nicht aus technischen Gründen offensichtlich unzulässig. Anhaltspunkte dafür, dass die im Satzungsgebiet aufgestellten Gewinnspielautomaten zu einem nennenswerten Anteil nicht in der Lage wären, den Einsatz unmittelbar oder mittelbar zu dokumentieren, drängen sich nicht auf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr.2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück