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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 07.03.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 1.97
Rechtsgebiete: BauO Bln, ASOG, BauNVO


Vorschriften:

BauO Bln § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
BauO Bln § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
BauO Bln § 8 Abs. 1
BauO Bln § 10 Abs. 2
BauO Bln § 55 Abs. 2 Nr. 2
ASOG § 17
BauNVO § 23 Abs. 4
BauNVO § 23 Abs. 5
Für die Bestimmung des § 8 Abs. 1 BauO Bln, nach der die nicht überbauten Flächen bebauter Grundstücke in einer Tiefe von 5 m hinter der Straßenbegrenzung als Vorgärten gärtnerisch anzulegen sind, ist allein maßgebend, ob die Fläche faktisch nicht überbaut ist. Eine Bebauung der Fläche - im Streitfall durch Stellplätze eines Autohandels - schließt deren rechtliche Qualifikation der Fläche als nicht überbaut jedoch nur aus, soweit sie baurechtlich legal ist, wobei § 8 Abs. 1 BauO Bln selbst kein eigenständiges Bauverbot trifft.

2. Bei dem bauordnungsrechtlichen Begrünungsgebot für Vorgartenflächen handelt es sich um eine spezielle, das allgemeine Verunstaltungsverbot des § 10 Abs. 2 BauO Bln miterfassende, positiv auf eine das Orts- und Straßenbild belebende Gestaltung der betreffenden Flächen abzielende Bestimmung.


OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen OVG 2 B 1.97

Verkündet am 7. März 2003

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow sowie den ehrenamtlichen Richter Steiger und die ehrenamtliche Richterin Genge

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Begrünung einer Vorgartenfläche.

Er ist seit September 2001 Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks A 45. Dieses liegt nach den Ausweisungen des Baunutzungsplans im Dorfgebiet mit der Baustufe II/3; es bestehen förmlich festgestellte Straßen- und Baufluchtlinien.

Ein früherer Eigentümer des Grundstücks ließ 1992 rechts von der Grundstückseinfahrt auf 35 m2 der nicht bebauten Fläche vor einer Garagenwand zwischen den förmlich festgestellten Bau- und Straßenfluchtlinien für Kraftfahrzeugstellplätze aufschütten, welche er zu Ausstellungszwecken an Kraftfahrzeughändler verpachtete. Durch die Bescheide vom 28. Juli und 16. September 1992 gab das Bauaufsichtsamt den damaligen Grundstückseigentümern 1. die Beseitigung der Kraftfahrzeuge und 2. die anschließende gärtnerische Gestaltung des Vorgartens auf, wofür die Ersatzvornahme mit einem vorläufig veranschlagten Kostenbetrag von 6 000 DM angedroht wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anlegung der Stellplätze widerspreche der bauordnungsrechtlichen Begrünungspflicht für Vorgärten; diese bauliche Nutzung verunstalte zudem das Orts- und Straßenbild. Die dagegen gerichteten Widersprüche wies die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen durch den Bescheid vom 23. November 1993 zurück. Mit der hiergegen erhobenen Klage haben die damaligen Eigentümer im Wesentlichen geltend gemacht: In unmittelbarer Nähe des Grundstücks dulde die Behörde verschiedene gewerbliche, das Orts- und Straßenbild negativ beeinflussende Nutzungen der Vorgartenflächen.

Im Verhandlungstermin vor dem Verwaltungsgericht vom 23. Oktober 1996 hat der Beklagte den auf die Beseitigung der Kraftfahrzeuge gerichteten Punkt 1 der angefochtenen Anordnung aufgehoben; insoweit wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Darüber hinaus hat der Beklagte erklärt, er werde aus dem die gärtnerische Gestaltung der Vorgartenfläche anordnenden Punkt 2 der angefochtenen Verfügung nicht vollstrecken, bis eine Beseitigungsverfügung gegenüber dem Pächter ergangen und durchgesetzt worden sei beziehungsweise auf andere Weise der Sache nach erfüllt worden sei.

Durch das Urteil vom 23. Oktober 1996 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Anordnung finde ihre Rechtsgrundlage in dem durch § 8 Abs. 1 BauO Bln aufgestellten Begrünungsverbot für Vorgartenflächen in Verbindung mit § 17 ASOG. Ermessensfehler seien auch unter Berücksichtigung der von den Klägern genannten Nutzungen von Vorgartenflächen und sonstigen den Straßen- und Ortsbild abträglichen Erscheinungsformen der Grundstücke in der näheren Umgebung nicht festzustellen. Insbesondere verstoße es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass auf der Vorgartenfläche des Grundstücks A 51 ein Imbiss-Kiosk mit Verzehrtischen und auf dem gegenüberliegenden Grundstück Nr. 48 ein Verkaufsladen mit Verkaufsflächen für Fahrräder zugelassen werde. Der Unterschied der hier streitigen Vorgartennutzung zur Ausstellung von Kraftfahrzeugen schließe eine willkürliche Ungleichbehandlung aus. Da die Behörde erklärt habe, dass sie gegen neuartige gewerbliche Nutzungen von Vorgärten durch Anlegung von Stellplätzen regelmäßig vorgehen werde, könne ihr auch die bisherige Untätigkeit gegen derartige Zustände nicht als ermessensfehlerhaft entgegengehalten werden. Hiergegen richtet sich die Berufung, die mit Zustimmung des Beklagten vom Kläger als dem jetzigen Eigentümer weiterbetrieben wird.

Unter Wiederholung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens trägt der Kläger im Wesentlichen vor, das Begrünungsgebot des § 8 Abs. 1 BauO Bln gelte hier nicht, weil es sich bei dieser Fläche nicht um einen Vorgarten handele, der Bereich vielmehr seit der Errichtung des früher auf dem Grundstück befindlichen Bauernhofs vor 150 Jahren niemals bepflanzt gewesen, sondern zum Abstellen von landwirtschaftlichen Geräten genutzt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. Oktober 1996 zu ändern und die Bescheide des Bezirksamts Neukölln von Berlin vom 28. Juli 1992 und vom 16. September 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 23. November 1993 mit dem Inhalt, den sie durch die Einschränkungen und Ergänzungen im Termin vom 23. Oktober 1996 gefunden haben, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf das angefochtene Urteil. Die Vorgartenfläche im Sinne von § 8 Abs. 1 BauO Bln erfasse die gesamte Breite des Grundstücks; die Anlegung der Stellplätze im Bereich zwischen der Bau- und der Straßenfluchtlinie sei auch bauplanungsrechtlich unzulässig.

Im Jahre 2001 hat der Beklagte gegen den damaligen Pächter der Stellplatzfläche Bernd Hesse die Beseitigung der abgestellten Kraftfahrzeuge angeordnet und insoweit das angedrohte Zwangsgeld festgesetzt. Die Anfechtungsklage des Pächters (VG 19 A 64.01) ist beim Verwaltungsgericht noch anhängig. Inzwischen hat der Eigentümer die Fläche an einen anderen Autohändler verpachtet.

Der Senat hat die Örtlichkeiten einschließlich der Grundstücke in der näheren Umgebung der Straße A in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Ortsbesichtigung und des Vorbringens der Beteiligten sowie wegen der weiteren Sachdarstellung wird auf die Akten des Gerichts im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren VG 19 A 64. und 65.01 sowie auf die die Grundstücke A 45-47, 46-50 und 51 betreffenden Vorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Die angefochtene Anordnung zur gärtnerischen Anlegung und Unterhaltung der zu Stellplätzen umgestalteten Fläche auf dem Grundstück des Klägers ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Pflicht zur Vorgartenbegrünung ist in § 8 Abs. 1 BauO Bln bestimmt; Rechtsgrundlage für deren Durchsetzung ist mangels einer in dieser Vorschrift selbst enthaltenen Eingriffsermächtigung die allgemeine ordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 17 ASOG (vgl. Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer, BauO Bln, 5. Aufl. 1999, § 8 Rdnr. 18). Dabei ist unschädlich, dass die Behörde sich hierauf nicht ausdrücklich in den angefochtenen Bescheiden bezogen hat.

§ 8 Abs. 1 BauO Bln bestimmt, dass die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke in einer Tiefe von 5 m hinter der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie oder, wenn eine solche nicht festgesetzt ist, hinter der tatsächlichen Straßengrenze (Vorgarten) gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten ist, soweit sie nicht für Zugänge oder Zufahrten benötigt werden. Ausnahmen können gestattet werden.

Die hier in Frage stehende etwa 5 m breite Fläche zwischen der Bau- und der Straßenfluchtlinie wird von dieser Regelung erfasst. Ob sie - wie der Kläger vorträgt - nie als Vorgarten angelegt war, sondern früher nur im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes genutzt worden ist, ist für die Qualifikation als nicht überbaute Vorgartenfläche unerheblich. Es kommt nach Wortlaut und Sinn der Regelung nur darauf an, dass sie derzeit unbebaut ist (vgl. Wilke u.a., § 8 Rdnr. 4 BauO Bln).

Es handelt sich auch um eine nicht überbaute Freifläche im Sinne dieser Vorschrift. Dem steht nicht entgegen, dass die mit Hilfe einer Kiesaufschüttung angelegten Stellplätze bauliche Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 4 BauO Bln sind. Denn dies hat auf die rechtliche Qualifizierung der Fläche als unbebaute Freifläche keinen Einfluss. Ob das schon daraus folgt, dass die Vorschrift nur eine Bebauung der Fläche mit Gebäuden meint (so Hahn/ Radeisen, BauO Bln, 2. Aufl. 2000, § 8 Rdnr. 5), oder dass die Anerkennung einer bloßen Befestigung der betreffenden Fläche mit einem aus Bauprodukten bestehenden Belag als Überbauung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln eine dem Zweck der Vorschrift zuwiderlaufende, unzulässige Umgehung bedeuten würde (so Wilke u.a., § 8 Rdnr. 4), bedarf aus Anlass des vorliegenden Falls keiner abschließenden Klärung. Jedenfalls können nur baurechtlich legale Überbauungen durch derartige Anlagen die Einstufung einer Vorgartenfläche als nicht überbaut ausschließen. Bei den hier in Frage stehenden Stellplätzen fehlt es jedoch bereits an der gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 BauO Bln erforderlichen Baugenehmigung.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger dafür nach materiellem Recht die Erteilung einer Genehmigung beanspruchen könnte. § 8 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln selbst enthält kein Bauverbot für Vorgartenflächen (vgl. Wilke u.a., a.a.O. § 8 Rdnr. 6 und 13 BauO Bln). Jedoch steht nach Bauplanungsrecht der Zulassung der Stellplatzanlage grundsätzlich deren Anordnung außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche entgegen, welche zur Straße hin durch die als Baugrenze im Sinne von § 23 Abs. 4 BauNVO fortgeltende förmlich festgestellte Baufluchtlinie begrenzt wird. Zwar können in diesem Bereich gemäß § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch solche baulichen Anlagen zugelassen werden, die nach Landesrecht in den Abstandflächen zulässig sind oder zugelassen werden können, wozu nach der Berliner Bauordnung auch Stellplätze der hier gegebenen Art zählen. Hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulassung solcher Anlagen steht der Baugenehmigungsbehörde jedoch ein weit gespanntes Ermessen zu Gebote, das über rein städtebauliche Gesichtspunkte hinaus alle Belange des Allgemeinwohls und der Nachbarinteressen einschließt (vgl. Zinkahn/Bielenberg, § 23 BauNVO Rdnr. 55 und Ziegler in: Kohlhammer-Kommentar, § 23 BauNVO Rdnr. 107, 109 und 110, jeweils mit Nachweisen). Im Hinblick darauf, dass die in § 8 Abs. 1 BauO Bln angeordnete gärtnerische Gestaltung und Unterhaltung der nicht überbauten Grundstücksflächen entlang der Straße der Schaffung eines ästhetisch ansprechenden Orts- und Straßenbildes sowie einer angemessenen Wohn- und Arbeitsumwelt dient (vgl. das Urteil des Senats vom 31. Juli 1992, OVGE 20, 138, 141 = BRS 54 Nr. 110 sowie Wilke u.a., § 8 Rdnr. 1 BauO Bln), ist eine Reduzierung des Genehmigungsermessens des Beklagten auf Null und damit ein zwingender Anspruch des Klägers auf Erteilung der Genehmigung dieser Stellplätze auszuschließen. Hiergegen spricht außer der planerischen Gebietsfestsetzung als Dorfgebiet mit förmlich festgestellten Bau- und Straßenfluchtlinien und offener Bauweise namentlich der Umstand, dass - wie bei der Ortsbesichtigung festgestellt werden konnte - die Mehrzahl der überwiegend mit Wohngebäuden bebauten und genutzten Grundstücke in der näheren Umgebung begrünte und zum Teil gärtnerisch aufwendiger gestaltete, eingefriedete Vorgärten aufweisen. Die Zulassung der zweckfremden Nutzung einer Vorgartenfläche auf dem Grundstück des Klägers für den Autoverkauf würde dieses Orts- und Straßenbild in einer dem genannten Regelungszweck widersprechenden Weise verschlechtern, zumal in diesem Bereich auch schon auf einigen Grundstücken vereinzelt gewerblich genutzte Flächen zwischen den Straßen- und Baufluchtlinien vorzufinden sind.

Die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 BauO Bln kann der Kläger für diese Nutzung nicht beanspruchen. Diese Ausnahmemöglichkeit ist nach dem erkennbaren Sinn der Vorschrift restriktiv namentlich für solche Konstellationen vorgesehen, in denen durch ein - teilweises - Absehen von dem Begrünungsgebot der durch die gärtnerische Anlegung der Freiflächen verfolgte Regelungszweck nicht beeinträchtigt wird (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 27. November 1981, BRS 38 Nr. 155). Eine solche Situation könnte etwa gegeben sein, wenn die betreffende Freifläche zu klein oder nach ihrer Lage und ihrer materiellen Beschaffenheit ungeeignet ist, durch eine Begrünung den angestrebten positiven Beitrag zum Straßen- und Ortsbild oder zur Schaffung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich zu leisten. Für eine Abwägung der genannten öffentlichen Ziele der Regelung gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Grundstückseigentümers wäre dagegen in erster Linie im Rahmen der befreiungsrechtlichen Regelungen nach § 61 Abs. 2 BauO Bln Raum. Für die Annahme einer unbilligen Härte nach dem Befreiungstatbestand des § 61 Abs. 2 Nr. 2 BauO Bln und der danach erforderlichen atypischen Situation ist hier jedoch nichts ersichtlich. Eine solche könnte etwa zu bejahen sein, wenn die für die Bewohner erforderlichen Stellplätze ansonsten auf dem Grundstück nicht sinnvoll untergebracht werden könnten. So liegt die Sache hier jedoch nicht. Die Rechtsvorgänger des Klägers haben vielmehr lediglich einen Teil der für eine gärtnerische Gestaltung ohne weiteres geeigneten Freifläche des Grundstücks hinter der förmlich festgestellten Straßenfluchtlinie als Stellplätze hergerichtet, um sie durch Verpachtung an Kraftfahrzeughändler zu Ausstellungszwecken wirtschaftlich zu nutzen.

Sind danach die tatbestandlichen Voraussetzungen für die auf § 8 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln in Verbindung mit § 17 ASOG gestützte Anordnung zur gärtnerischen Gestaltung der Fläche nach Beseitigung der Fahrzeuge erfüllt, so kommt es auf die Frage eines Verstoßes gegen das Verunstaltungsverbot des § 10 Abs. 2 BauO Bln nicht entscheidend an. Zudem handelt es sich bei dem in § 8 Abs. 1 BauO Bln geregelten Begrünungsgebot nach dem erörterten Gesetzeszweck ohnehin um eine spezielle, das allgemeine Verunstaltungsgebot inhaltlich miterfassende, positiv auf eine das Orts- und Straßenbild belebende Gestaltung der betreffenden Grundstücksflächen abzielende Bestimmung.

Die Verpachtung der Vorgartenfläche an einen Kraftfahrzeughändler steht der Rechtmäßigkeit der Begrünungsanordnung nicht von vornherein entgegen. Hierbei handelt es sich lediglich um ein Vollzugshindernis, dem der Beklagte dadurch Rechnung getragen hat, dass er im verwaltungsgerichtlichen Verhandlungstermin erklärt hat, er werde aus dieser Verfügung nicht vollstrecken, bis eine Beseitigungsverfügung gegenüber dem Pächter ergangen und diese durchgesetzt beziehungsweise auf andere Weise der Sache nach erfüllt worden ist. Dementsprechend ist der Beklagte auch gegen den Kraftfahrzeughändler Hesse als Pächter mit einer entsprechenden Beseitigungsanordnung und Zwangsmittelfestsetzung vorgegangen. Auch gegen den inzwischen nachgefolgten Pächter der Fläche wird sie gegebenenfalls in gleicher Weise einschreiten müssen.

Ermessensfehler der Begrünungsanordnung sind ebenfalls nicht festzustellen. Die vom Verwaltungsgericht getroffene Beurteilung, dass im Hinblick auf die sonstigen in der Umgebung vorhandenen Grundstücksnutzungen sei eine willkürliche, mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG unvereinbare Heranziehung der Eigentümer des jetzt dem Kläger gehörenden Grundstücks zu einer Begrünung der Vorgartenfläche nicht erkennbar, erweist sich nach den vom Senat bei der Augenscheinseinnahme gewonnenen Erkenntnissen als zutreffend. Abgesehen davon, dass die zweckfremde Nutzung der Vorgartenfläche formell und materiell illegal ist und ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht grundsätzlich nicht besteht, kann unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes ein Ermessensfehler insoweit nur vorliegen, wenn die Behörde den betreffenden Grundstückseigentümer willkürlich aus der Zahl der wesentlich gleich gelagerten Fälle herausgegriffen hat, wobei ein flächendeckendes, planvolles Vorgehen nicht stets verlangt werden kann, die Behörde sich vielmehr aus gegebenem Anlass auf die Regelung von Einzelfällen beschränken darf (vgl. dazu das Urteil des Senats vom 31. Juli 1992, a.a.O.). Hier fehlt es bereits an der Feststellung, dass der Beklagte der Sache nach vergleichbare illegale Nutzungen von Vorgartenflächen auf anderen Grundstücken in der Umgebung duldet. Soweit sich der Kläger auf die Inanspruchnahme der Vorgartenfläche des gegenüberliegenden Grundstücks Alt-Buckow 48 für einen Fahrradhandel beruft, ist ein Vergleichsfall nicht gegeben. Das auf diesem Grundstück stehende teilweise über die Baufluchtlinie hinausragende eingeschossige Gebäude wurde im Februar 1988 für eine Nutzung zum Handel mit Autozubehör und Fahrrädern widerruflich genehmigt. Die Situierung des Verkaufsladens an der Straße lässt eine sinnvolle Vorgartenbegrünung im Hinblick auf die erforderliche Zuwegung, die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln von der Begrünungspflicht ausgenommen ist, von vornherein kaum zu. Zu diesem Geschäft gehören zudem auch Fahrradabstellmöglichkeiten vor dem Haus und eine entsprechende Befestigung der Oberfläche, so dass insgesamt ein durchgehender Vorgarten seine straßenbildliche Funktion dort nicht erfüllen könnte. Überdies stehen auch die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Unterschiede zwischen Autostellplätzen und Fahrradabstellmöglichkeiten einer Vergleichbarkeit entgegen. Auch für die vom Kläger in Bezug genommene Nutzung des Grundstücks A 51 durch den Betrieb eines Imbiss-Kiosks liegt eine im Jahre 1981 widerruflich erteilte Baugenehmigung vor. Wie bei dem Verkaufsladen auf dem Grundstück A 48 ist die teils gepflasterte, teils betonierte Fläche vor dem an der Baufluchtlinie errichteten Kiosk mit Rücksicht auf die erforderliche Zuwegung und die mit dem Betrieb notwendig verbundenen Verzehrplätze für eine durchgehende gärtnerische Gestaltung praktisch ungeeignet. Ansatzweise wurde gleichwohl mit Hilfe einer Thujahecke der Versuch einer teilweisen gärtnerischen Anlage unternommen. Der auf dem anschließenden Grundstück A 53 hinter der Straßenfluchtlinie angelegte, eingefriedete und verschlossene Bewohnerparkplatz ist seiner Art und Funktion nach mit der hier in Frage stehenden, gewerblich für Ausstellungszwecke genutzten Stellplatzfläche grundsätzlich nicht vergleichbar. Von den vom Kläger bezeichneten drei ebenfalls von Kraftfahrzeughändlern genutzten Grundstücken (A 54 und 19 sowie B weg) unterscheidet sich die bauliche Nutzungssituation seines Grundstücks entscheidend schon darin, dass hier eine isolierte, für die gesetzlich vorgeschriebene Anlegung eines Vorgartens objektiv geeignete Teilfläche ohne die erforderliche Baugenehmigung einer gewerblichen Nutzung als Ausstellungsfläche zugeführt worden ist. Es bedurfte deshalb keiner weiteren Aufklärung, ob - ebenso wie bei dem in Augenschein genommenen Grundstück A 54 - auch auf den beiden anderen insgesamt durch Bürogebäude mit zugehörigen Ausstellungsflächen genutzten Grundstücken hinter der Straßenbegrenzungslinie ein etwa 5 m breiter, begrünter Geländestreifen von Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge frei gehalten ist. Da sonstige zweckfremde Nutzungen der Vorgartenflächen in der näheren Umgebung vom Kläger weder vorgetragen worden sind noch bei der Augenscheinseinnahme festgestellt werden konnten, vielmehr die Wohngrundstücke in der Umgebung regelmäßig ordnungsgemäß angelegte Vorgärten aufweisen, kann hiernach von einem ermessensfehlerhaften Vorgehen der Behörde nicht die Rede sein.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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