Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 16.05.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 23.98
Rechtsgebiete: BauO Bln, AGBauGB 1987, BezVerwG, BauGB


Vorschriften:

BauO Bln § 11 Abs. 3 Satz 1
AGBauGB 1987 § 4
AGBauGB 1987 § 20 Abs. 2
BezVerwG § 2 Abs. 1
BauGB § 215 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 215 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen OVG 2 B 23.98

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin im Wege der schriftlichen Entscheidung am 16. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow sowie die ehrenamtliche Richterin Balk und den ehrenamtlichen Richter Zander

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. März 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für eine Prismenwender-Werbeanlage mit drei Bildfolgen (Maße 3,90 m x 2,90 m) an der der Kreuzung P zugewandten seitlichen Giebelwand des Hauses B in Berlin-Wedding.

Das Grundstück B liegt nach den Ausweisungen des Baunutzungsplans von 1958/60 in einem beschränkten Arbeitsgebiet, nach den Ausweisungen des Bebauungsplans III-B 4 vom 10. Oktober 1990 jedoch in einem allgemeinen Wohngebiet. In den Planergänzungsbestimmungen des Bebauungsplans III-B 4 heißt es unter den textlichen Festsetzungen Nr. 3: "Für die Baugrundstücksflächen, die ... - mit dem Buchstaben B und den Buchstaben QRSTQ gekennzeichnet und im Baunutzungsplan in der Fassung vom 28. Dezember 1960 (ABl. 1961, S. 742) als gemischtes Gebiet gemäß § 7 Nr. 9 der Bauordnung für Berlin in der Fassung vom 21. November 1958 (GVBl. S. 1087/1104) ausgewiesen sind, wird mit Ausnahme der Flächen C und MNOPM als Art der baulichen Nutzung allgemeines Wohngebiet gemäß § 4 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung - BauNVO -) in der Fassung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1763/GVBl. S. 2083) festgesetzt."

Mit Bescheid vom 6. Juli 1994 und Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 1995 versagte das Bezirksamt Wedding von Berlin die beantragte Baugenehmigung mit der Begründung, dass die geplante Werbeanlage mit dem denkmalschutzrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Umgebungsschutz nicht vereinbar sei. Der vorgesehene Anbringungsort stehe in direkter städtebaulicher und visueller Beziehung zu der klassizistischen St. Pauls Kirche des Architekten Karl-Friedrich Sch aus dem Jahre 1832 und beeinträchtige dadurch die Umgebung des Baudenkmals.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin - ausgehend von den Ausweisungen des Baunutzungsplans von 1958/60 und damit von einer Lage des Anbringungsortes der Werbeanlage in einem Mischgebietsstreifen - wegen Beeinträchtigung der Umgebung des Baudenkmals durch Urteil vom 11. März 1998 abgewiesen. Mit der durch Beschluss vom 24. August 1998 zugelassenen Berufung machte die Klägerin zunächst geltend, dass sich die geplante Werbeanlage und das Baudenkmal vis-à-vis gegenüberstehen würden, so dass sie nicht zusammen in den Blick genommen werden könnten und eine optische Beeinträchtigung nicht möglich sei. Der Bereich sei eines der beiden Geschäftszentren des Bezirks und bereits durch eine Vielzahl von Werbeanlagen geprägt, wie insbesondere die vor dem Anbringungsort gelegene Geschäftszeile auf dem Grundstück B zeige.

Nach der Vorlage des Bebauungsplans III-B 4 im Ortstermin am 14. März 2003 macht die Klägerin vor allem Zweifel an der Rechtsgültigkeit dieses Bebauungsplans geltend.

Der Bebauungsplan leide schon an Verfahrens- und Abwägungsmängeln.

Der Senator habe einen anderen Bebauungsplan festgesetzt, als ihn der Bezirk beschlossen habe, weil die Begründung des festgesetzten Bebauungsplans nicht unerheblich von dem Begründungstext abweiche, den die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen habe. Diese müsse unzulässigerweise noch während des Festsetzungsverfahrens ohne erneute Beteiligung der Bezirksverordnetenversammlung von dem Senator geändert worden sein.

Darüber hinaus sei die Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets in dem Bebauungsplan III-B 4 schon mangels Bestimmtheit nicht rechtswirksam. Der von den Buchstaben QRSTQ eingefasste Bereich in dem zeichnerischen Teil des Bebauungsplans sei in der Mitte nicht mit dem Buchstaben B, sondern mit dem Buchstaben A gekennzeichnet, während nach Ziffer 3 der textlichen Festsetzung das allgemeine Wohngebiet "mit dem Buchstaben B und den Buchstaben QRSTQ" gekennzeichnet sein soll.

Selbst wenn der Bebauungsplan wirksam sein sollte, würde der nach geltendem Recht in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauO Bln vorgesehene Ausschluss von Fremdwerbeanlagen in allgemeinen Wohngebieten hier nicht anwendbar sein, weil nach Nr. 7 der textlichen Festsetzungen der Planergänzungsbestimmungen des Bebauungsplans III-B 4 für die neu festgesetzten Baugebiete im Bereich des Baunutzungsplanes die bisherigen Vorschriften weiter Anwendung finden sollen, die sich auf die entsprechenden Gebietsarten beziehen. Dies sei im Sinne einer statischen Verweisung auf die Vorschriften der Bauordnung für Berlin aus dem Jahre 1958 zu verstehen, die einen Ausschluss von Fremdwerbeanlagen in allgemeinen Wohngebieten nicht kannte.

Zumindest aber habe die Klägerin einen Anspruch auf die Erteilung einer bauordnungsrechtlichen Befreiung, weil die in der unmittelbaren Umgebung bereits vorhandenen Werbeanlagen so aggressiv und in ihrer flächenmäßigen Ausdehnung so beherrschend seien, dass die von der Klägerin geplante Werbeanlage eher zurückhaltend wirke, und eine Differenzierung zwischen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung und Fremdwerbeanlagen nicht mehr gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des hilfsweise beantragten Bauvorbescheids für eine Werbeanlage an der Stätte der Leistung dürfe das fehlende Vorverfahren kein Hindernis sein, weil es sich lediglich um ein Minus zu der beantragten Baugenehmigung handele.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. März 1998 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamts Wedding von Berlin vom 6. Juli 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 1995 zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung für die Anbringung einer Prismenwender-Werbeanlage am Giebel des Hauses B in Berlin-Wedding entsprechend dem Bauantrag vom 23. März 1994 zu erteilen,

hilfsweise,

der Klägerin einen Bauvorbescheid zur Errichtung einer Prismenwender-Werbeanlage mit Werbung an der Stätte der Leistung am Giebel des Hauses B in Berlin-Wedding zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Bebauungsplan III-B 4 sei hinreichend bestimmt. Das Plangebiet sei mehrfach mit dem Buchstaben A in anderer Schriftgröße gekennzeichnet und hebe sich entsprechend gut von dem Buchstaben B ab. Verfahrensfehler lägen im Bebauungsplanverfahren nicht vor, und von der BO 58 seien nur die bauplanungsrechtlichen Vorschriften übergeleitet worden. Auf die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 8. Mai 2003 wird insoweit Bezug genommen. Bei den bereits in der Umgebung vorhandenen Werbeanlagen handele es sich weder um Fremdwerbung noch um Wechselwerbeanlagen. Die Behörde würde aber auch gegen diese unter denkmalschutzrechtlichen Aspekten vorgehen, so dass ein Gleichbehandlungsanspruch ausscheide.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang sowie auf das Protokoll des Ortstermins vom 14. März 2003 und die im Ortstermin überreichte Abzeichnung des Bebauungsplans III-B 4 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann aufgrund des im Ortstermin vom 14. März 2003 erklärten Einverständnisses der Beteiligten auch ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO), nachdem sich die Beteiligten nachträglich noch schriftsätzlich zu der Frage der Rechtswirksamkeit des im Ortstermin vom 14. März 2003 überreichten Bebauungsplans III-B 4 geäußert haben.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag erstrebte Erteilung einer Baugenehmigung für die Anbringung einer Prismenwender-Werbeanlage an der seitlichen Giebelwand des Grundstücks B in Berlin-Wedding, weil das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht (§ 62 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln).

Bei dem vorgesehenen Prismenwender handelt es sich um eine Fremdwerbeanlage, deren Anbringung gegen § 11 Abs. 3 Satz 1 BauO Bln verstoßen würde. Danach sind in allgemeinen Wohngebieten nur Werbeanlagen an der Stätte der Leistung zulässig.

Das Grundstück B liegt in einem Bereich, der durch den Bebauungsplan III-B 4 vom 10. Oktober 1990 bauplanungsrechtlich als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen ist. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachten Verfahrens-, Abwägungs- und Bestimmtheitsmängel lassen eine inzidente Feststellung der Rechtsungültigkeit des Bebauungsplans III-B 4 nicht zu (vgl. zur Inzidentkontrolle von Bebauungsplänen: Dageförde, VerwArch 1988, S. 123, 126 ff, 150).

Etwaige Verfahrens- oder Abwägungsmangel hätten gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBauG in der Fassung vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2253) in Verbindung mit § 20 Abs. 2 AGBauGB 87 innerhalb einer Einjahresfrist bzw. innerhalb von sieben Jahren seit der Bekanntmachung des Bebauungsplans III-B 4 geltend gemacht werden müssen. Diese Fristen sind auch im Rahmen einer Inzidentkontrolle zu beachten, mit der Folge, dass nach deren Ablauf jedenfalls keine Folgerungen mehr hieraus gezogen werden können (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1. Januar 2003, § 215 Rdnr. 62).

Abgesehen davon verkennt die Klägerin die im Land Berlin im Jahre 1990 bei der Festsetzung des Bebauungsplans geltende planungsrechtliche Kompetenzverteilung, nach der das zuständige Senatsmitglied rechtlich nicht gehindert war, etwaige textliche Abweichungen in der Festsetzungsbegründung auch ohne erneute Beteiligung der Bezirksverordnetenversammlung vorzunehmen. Eine solche sah weder das Gesetz verfahrensrechtlich vor, noch war sie verfassungsrechtlich geboten.

Zum Zeitpunkt der Festsetzung des Bebauungsplans vom 10. Oktober 1990 galt für das Verfahren zur Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen § 4 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs - AGBauGB - vom 11. Dezember 1987 (GVBl. S. 2731) - AGBauGB 87 -. Danach fasste das Bezirksamt den Aufstellungsbeschluss, führte die Bürger- und Trägerbeteiligung sowie die Auslegung des Bebauungsplanentwurfs durch und legte den Bebauungsplanentwurf nach Abwägung der Bedenken und Anregungen der Bezirksverordnetenversammlung zur Zustimmung vor (§ 4 Abs. 1 bis 3 AGBauGB 87). Nach erteilter Zustimmung der Bezirksverordnetenversammlung (§ 4 Abs. 4 AGBauGB 87) hatte das für die verbindliche Bauleitplanung zuständige Mitglied des Senats unter Berücksichtigung der bezirklichen Stellungnahme zu den nicht berücksichtigten Anregungen und Bedenken zu entscheiden, ob der Bebauungsplan festgesetzt werden soll. Die Festsetzung durfte unterbleiben, wenn der Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen war, Rechtsvorschriften widersprach oder wenn gegen ihn schwerwiegende inhaltliche Bedenken bestanden (§ 4 Abs. 6 AGBauGB 87). Das zuständige Mitglied des Senats hatte damit das Letztentscheidungsrecht über die Festsetzung des Bebauungsplans und war hierbei nicht lediglich auf die Durchführung eines förmlichen Festsetzungsaktes ohne eigene Prüfungskompetenz beschränkt.

Zwar war mit den Regelungen über das Verfahren bei der Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen, die auf das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Bundesbaugesetzes vom 17. Dezember 1984 (GVBl. S. 1730) - dort § 3 - zurückgehen und von dem zum Zeitpunkt der Festsetzung des Bebauungsplans III-B 4 vom 10. Oktober 1990 geltenden Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuchs vom 11. Dezember 1987 (GVBl. S. 2731) - AGBauGB 87 - lediglich redaktionell angepasst in den § 4 AGBauGB 87 übernommen worden sind (vgl. Begründung zum AGBauGB 87, Abgh.-Drucks. 10/1813, S. 4), eine Stärkung der Stellung der Bezirke beabsichtigt. Landesverfassugsrechtlich (vgl. Art. 47 Verfassung von Berlin in der bis 1994 geltenden Fassung) blieb der Erlass von Rechtsverordnungen jedoch den jeweils zuständigen Senatsmitgliedern vorbehalten. Dem für die Bauleitplanung zuständigen Mitglied des Senats musste deshalb eine hinreichende Einwirkungsmöglichkeit auf den Inhalt des Bebauungsplans bleiben, um der parlamentarischen Ministerverantwortlichkeit gerecht werden zu können (vgl. Begründung zum Vierten ÄndG AGBBauG vom 17. Dezember 1984, Abgh.-Drucks. 9/2224, S. 2, 3, 4). Dies änderte sich erst durch Art. 47 Abs. 2 Verfassung von Berlin in der Fassung des 28. Änderungsgesetzes vom 6. Juli 1994 (GVBl. S. 217), der in Abkehr von dem bis dahin geltenden Verfassungsrecht eine Übertragung legislativer Befugnisse auf die Bezirke in Form einer Verordnungsermächtigung für planerische Festsetzungen möglich machte, wovon der Landesgesetzgeber auch durch Änderungsgesetz vom 19. Juli 1994 (GVBl. S. 241) - dort Art. IV Nr. 4 - in Bezug auf § 4 des Ausführungsgesetzes zum Baugesetzbuch Gebrauch gemacht (vgl. zu der seitdem insoweit geänderten Rechtsstellung der Bezirke: Urteil des Senats vom 31. August 1999 - OVG 2 B 13.99 - BRS 62 Nr. 40 = OVGE 23, 166).

In den von der Klägerin gerügten Abweichungen im Planbegründungstext kann daher kein Verfahrens- oder Abwägungsmangel gesehen werden.

Der Bebauungsplan III-B 4 vom 10. Oktober 1990 ist hinsichtlich der Ausweisung eines allgemeinen Wohngebiets in dem hier maßgeblichen Bereich zwischen P und B straße entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch hinreichend bestimmt. Dieser Bereich ist ausweislich der Planergänzungsbestimmung Nr. 3 durch die Buchstaben QRSTQ gekennzeichnet und war früher durch den Baunutzungsplan von 1958/60 als gemischtes Gebiet ausgewiesen. Bei der Baugrundstücksfläche mit dem Buchstaben B, die weiter nordwestlich an der B liegt, handelt es sich um ein weiteres früheres Mischgebiet, das durch den Bebauungsplan III-B 4 zu einem allgemeinen Wohngebiet herabgezont worden ist. Eine "gleichzeitige" Bezeichnung des von der Festsetzung als allgemeines Wohngebiet betroffenen, durch die Buchstaben QRSTQ eingegrenzten Gebiets auch mit dem Buchstaben B wird von der Planergänzungsbestimmung Nr 3 nicht gefordert. Diese geht vielmehr von mehreren verschiedenen Baugrundstücksflächen mit der Bezeichnung A bzw. B aus, wie schon der gewählte Plural deutlich macht. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal findet sich unter Nr. 2 der Planergänzungsbestimmungen, die die "Fläche B" von der dortigen Kerngebietsausweisung ausnimmt.

Die Klägerin kann auch nicht unter Rückgriff auf die Bauordnung für Berlin aus dem Jahre 1958 einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung für die geplante Fremdwerbeanlage geltend machen.

Die textlichen Festsetzungen der Planergänzungsbestimmung-Nr. 7 des Bebauungsplans III-B 4, wonach die "bisherigen" Vorschriften, die sich auf die entsprechenden Gebietsarten beziehen, weiter Anwendung finden sollen, führten entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht zur Anwendbarkeit der Bauordnung für Berlin vom 21. November 1958 (GVBl. S. 1087) auf den vorliegenden Fall.

Denn von der Bauordnung für Berlin in der Fassung vom 21. November 1958 galten gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341) in Verbindung mit dem Baunutzungsplan in der Fassung vom 28. Dezember 1960 (ABl. 1961, S. 742) nur die bauplanungsrechtlichen Regelungen als übergeleitetes Recht fort. Der bauordnungsrechtliche Teil des Regelungswerks wurde dagegen durch § 114 Abs. 1 Nr. 1 der Bauordnung für Berlin vom 29. Juli 1966 (GVBl. S. 1175) aufgehoben. Die Bezugnahme auf die "bisherigen" Vorschriften kann deshalb allenfalls die bei Inkrafttreten des Bebauungsplans III-B 4 vom 10. Oktober 1990 geltende Bauordnung für Berlin vom 28. Februar 1985 (GVBl. S. 522) betreffen, die bereits eine inhaltsgleiche Regelung zu § 11 Abs. 3 Satz 1 BauO Bln in ihrer heutigen Fassung kannte, wonach Fremdwerbeanlagen in allgemeinen Wohngebieten nicht zulässig sind.

Für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung zumindest einer Befreiung gemäß § 61 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauO Bln von der zwingenden Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauO Bln im Hinblick auf die in der Umgebung des vorgesehenen Anbringungsortes schon vorhandenen Werbeanlagen liegen die Voraussetzungen nicht vor.

Mit der Überplanung und Herabzonung des durch den Baunutzugsplan von 1958/60 früher als Mischgebiet ausgewiesenen Quartiers zu einem allgemeinen Wohngebiet, das den entlang der P schon vorhandenen Wohngebietsstreifen ergänzen sollte, hat der Plangeber die Zielsetzung einer Gebietsberuhigung zum Ausdruck gebracht. Damit würde die Zulassung eines zusätzlichen gewerblichen Elements mit Rücksicht wiederum auf die frühere Mischgebietsausweisung und die zahlreichen schon vorhandenen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung nicht in Einklang stehen. Sie würde mit der planerischen Zielsetzung der Herabzonung des bisherigen Mischgebiets in ein allgemeines Wohngebiet als einem öffentlichen Belang im Sinne des § 61 Abs. 2 Nr. 2 BauO Bln und zugleich einem Allgemeinwohlbelang im Sinne des § 61 Abs. 2 Nr. 1 BauO Bln nicht vereinbar sein.

Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.

Soweit die Klägerin hilfsweise die Verpflichtung zur Erteilung zumindest eines Bauvorbescheids für die Anbringung einer - in allgemeinen Wohngebieten jedenfalls prinzipiell nicht ausgeschlossene - Werbeanlage an der Stätte der Leistung erstrebt, ist dieses Begehren schon mangels Vorverfahren unzulässig (§ 68 Abs. 2 VwGO). Unabhängig davon, dass ein Bauvorbescheid gemäß § 59 BauO Bln nur ein verfahrensrechtliches Instrument für die Abklärung und Abschichtung komplexerer Bauvorhaben ist, stellt eine - nicht näher spezifizierte - Werbung an der Stätte der Leistung kein Minus zu einer Fremdwerbeanlage dar, sondern ein aliud, dessen Genehmigungsfähigkeit zunächst anhand konkreter Bauunterlagen von der zuständigen Baubehörde zu prüfen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtsstufen auf je 10 000 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück