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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.11.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 6.02
Rechtsgebiete: VwGO, BauO Bln, GKG


Vorschriften:

VwGO § 161 Abs. 2
BauO Bln § 26 Abs. 1 Nr. 1
BauO Bln § 26 Abs. 1 Nr. 6
BauO Bln § 46 Abs. 1
BauO Bln § 77 Abs. 3 Satz 2
BauO Bln § 64 Abs. 1
GKG § 13 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberverwaltungsgericht Berlin Beschluss

OVG 2 B 6.02

Berlin, den 14. November 2003

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird das Verfahren eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Oktober 2001 ist wirkungslos.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt mit dem vorliegenden Verfahren die Erteilung einer Genehmigung für die Nutzung von zwei Räumen im Kellergeschoss als weitere Gästezimmer seiner Hotelpension. Die Oberkante des Fußbodens der vorgesehenen Gästezimmer liegt 1,82 m unter der anschließenden Geländeober-fläche und das Gelände vor den Fenstern dieser Räume schließt mit einer Höhe von 0,44 m über der Oberkante des Fußbodens im Kellergeschoss an die Außenwand an. Auf diesem Niveau hat es eine Tiefe von 0,81 m. Nach einer weiteren Stufe folgt dann ein Geländeanstieg bis zur Geländeoberfläche.

Nachdem der Kläger im Ortstermin am 24. Oktober 2003 seinen ursprünglichen Antrag auf nur noch ein Gästezimmer beschränkt und dadurch die Geschossflächenzahlüberschreitung, die der ursprüngliche Grund für die Ablehnung der Genehmigung war, unter den Wert von 0,6 abgesenkt hat, sah der Beklagte den veränderten Antrag zumindest im Wege der Befreiung als genehmigungsfähig an. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, so dass das Verfahren danach einzustellen war (§ 125 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 92 Abs. 3 VwGO entsprechend). Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2001 ist damit wirkungslos (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, dem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich im Prozess unterlegen gewesen wäre.

Danach waren die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen, weil er voraussichtlich schon aus bauplanungsrechtlichen Gründen wegen erheblicher Geschossflächenzahlüberschreitung durch die beantragten zusätzlichen beiden Aufenthaltsräume im Kellergeschoss im Prozess unterlegen gewesen wäre.

Unter diesen Umständen kann die unter den Beteiligten streitige Frage offen bleiben, ob die Gästezimmer im Kellergeschoss voraussichtlich auch aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig gewesen wären, etwa weil die Abgrabungen vor den notwendigen Fenstern den Anforderungen des § 46 Abs. 1 BauO Bln nicht entsprochen hätten (§ 62 Abs. 1 BauO Bln).

Nach Auffassung des Senats wäre die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit jedenfalls nicht schon daran gescheitert, dass - wie das Verwaltungsgericht in dem Urteil vom 30. Oktober 2001 - VG 19 A 54.98 - ausgeführt hat - der Fußboden mehr als 1,50 m unter dem anschließenden Gelände liegt. Gegen die Ableitung einer solchen Zusatzanforderung für Aufenthaltsräume in Kellergeschossen aus § 77 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln spricht, dass diese Vorschrift lediglich dazu dienen soll, bei bestandsgeschützten Altbauten die Eingriffsschwelle für ein im Ermessen der Behörde liegendes nachträgliches Anpassungsverlangen zur Verbesserung des Wärme- und Feuchtigkeitsschutzes sowie zur besseren Belichtung von Aufenthaltsräumen in Kellergeschossen zu kennzeichnen, das sich jedoch seinerseits an den Anforderungen des § 46 Abs. 1 BauO Bln zu orientieren hat.

§ 77 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln dürfte deshalb wohl nicht als eine Zusatzanforderung in Bezug auf die Fußbodentiefe von Aufenthaltsräumen in Kellergeschossen angesehen werden, die deren Zulässigkeit selbst bei Erfüllung der Anforderungen des § 46 Abs. 1 BauO Bln von vornherein ausschließt.

Gegen eine solche - starre - Zusatzanforderung würde im Übrigen auch sprechen, dass auf diese Weise den sich ständig verbessernden technischen Möglichkeiten des Wärme- und Feuchtigkeitsschutzes nicht hinreichend Rechnung getragen würde. Dass die entsprechenden Vorschriften in der Berliner Bauordnung diesen ständig anpasst worden sind, zeigt die Rechtsentwicklung. So regelte z.B. noch nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 der Bauordnung für die Stadt Berlin vom 9. November 1929 ( Amtsblatt der Stadt Berlin 1929, S. 1188), dass Aufenthaltsräume nur in Hauptgeschossen nicht aber in Kellergeschossen zulässig sein sollten, und der Fußboden jedes Aufenthaltsraumes mindestens 50 cm über dem höchsten Grundwasserstand liegen musste. Diese Beschränkung wurde dann durch § 64 Abs. 1 der Bauordnung für Berlin vom 29. Juli 1966 (GVBl. S. 1175) zumindest für Grundstücke in Hanglage gelockert und vom Feuchtigkeits- und Wärmeschutz abhängig gemacht. Schließlich fiel das Verbot von Aufenthaltsräumen sowie von Wohnungen in Kellergeschossen mit § 46 Abs. 1 der Bauordnung für Berlin vom 28. Februar 1985 (GVBl. S. 522) ganz und wurde nur noch hinsichtlich der Anforderungen an die Belichtung von der Geländeanschlusshöhe an die Außenwände mit notwendigen Fenstern in ausreichender Tiefe und Breite abhängig gemacht (vgl. Förster/Grundei/Steinhoff/Dageförde/Wilke, Bauordnung für Berlin 1985, § 46 Rdnr. 1). Diese Regelung blieb bis heute unverändert.

Ob die als Gästezimmer vorgesehenen Aufenthaltsräume des Klägers im Kellergeschoss voraussichtlich jedoch deshalb bauordnungsrechtlich nicht genehmigungsfähig gewesen wären, weil die anschließende Geländetiefe von nur 0,81 m - trotz der Einhaltung und sogar Unterschreitung der gemäß § 46 Abs. 1 BauO Bln maximal zulässigen Geländeanschlusshöhe von 0,50 m über der Oberkante des Fußbodens im Kellergeschoss - keine "für die Beleuchtung mit Tageslicht ausreichende Entfernung und Breite vor den notwendigen Fenstern" darstellt, muss ebenfalls offen bleiben. Hier Maßstäbe für den zur Belichtung von Aufenthaltsräumen in Kellergeschossen erforderlichen Umfang von Abgrabungen auch hinsichtlich der Entfernung von der Außenwand zu entwickeln, ist in erster Linie Sache des Landesgesetzgebers, der in diesem Zusammenhang - wie die meisten Landesbauordnungen auch [vgl. z. B. die Landesbauordnungen von Bayern (Art. 47 Abs. 1), Mecklenburg-Vorpommern (§ 46 Abs. 1), Niedersachsen (§ 43 Abs. 6), Nordrhein-Westfalen (§ 48 Abs. 5), Rheinland-Pfalz (§ 45 Abs. 1), Sachsen (§ 47 Abs. 1), Sachsen-Anhalt (§ 51 Abs. 1) und Thüringen (§ 47 Abs. 1)] - auf eine zahlenmäßige Festlegung verzichtet und stattdessen einen unbestimmten Rechtsbegriff ("ausreichende Entfernung und Breite") gewählt hat. Insoweit lassen sich nur den Landesbauordnungen von Hessen (§ 48 Abs. 1), Brandenburg (§ 50 Abs. 1 Nr. 2) und Bremen (§ 46 Abs. 3) konkrete Meterzahlen für eine einzuhaltende Mindesttiefe des Geländes vor der Außenwand von 1 m, 2 m und 2,50 m als Anhaltspunkt entnehmen. Ein weiterer Anhaltspunkt könnte der in den Landesbauordnungen des Saarlandes (§ 47 Abs. 1) und von Baden-Württemberg (§ 34 Abs. 3) als Korrektiv vorgesehene Neigungswinkel des Geländes von höchstens 35/45° sein. Immerhin fänden diese Maßangaben auch durch die dem Abstandflächenrecht (§ 6 BauO Bln) zu entnehmenden Mindestabstände und Winkelmaße eine gewisse Bestätigung, die ebenfalls der Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung mit Tageslicht dienen sollen. Denn hier gilt als Mindestabstandmaß 2 m, das allenfalls durch vortretende Bauteile, die bei der Berechnung der Abstandflächen außer Betracht bleiben, erreicht werden darf (§ 6 Abs. 7 Satz 2 BauO Bln). Der Neigungswinkel von 45° findet sich in den Abstandflächenvorschriften in der Form wieder, dass Dächer, die diesen Winkel nicht überschreiten, abstandflächenrechtlich nicht relevant sind und keine Anrechnung finden, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sie keine maßgebliche Verschattung verursachen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 5 BauO Bln; vgl. auch Abgh.-Drucks. 12/ 5688, S. 7 zu § 6). Bei einer Zusammenschau dieser Regelungen könnten immerhin Bedenken bestehen, ob die "für die Beleuchtung mit Tageslicht ausreichende Entfernung und Breite vor den notwendigen Fenstern" generell unter 1 m liegen dürfte.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Er entspricht dem von dem Kläger angegebenen voraussichtlichen Jahresnutzwert beider Gästezimmer.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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