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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: OVG 2 N 41.04
Rechtsgebiete: VwGO, AuslG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4
AuslG § 17 Abs. 2 Nr. 3
AuslG § 18 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 20 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 N 41.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow am 22. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. September 2003 wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtsstufen auf je 24 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO sind nicht gegeben.

Auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis (vgl. den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. März 2004, DVBl. 2004, S. 838) zutreffend entschieden, dass die Kläger - die türkischen Staatsangehörigen B. D. und die Kinder H. D., F. D., G. D., M. D. und Gü. D. - die Erteilung von Visa zum Familiennachzug zu dem legal in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen L. D. nicht beanspruchen können. Für einen dahingehenden Anspruch auf Grund der in Betracht kommenden Regelungen in § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Nr. 1 AuslG fehlt es an dem in jedem Fall zwingend erforderlichen Nachweis eines gesicherten Lebensunterhalts gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG.

Der familiäre Unterhaltsbedarf beläuft sich mindestens auf einen Betrag von 2 796 EUR im Monat. Dem liegen die folgenden Ansätze zugrunde: Nach Maßgabe des sozialhilferechtlichen Regelbedarfs für den Haushaltsvorstand L. D. 296,00 EUR, für Frau B. D. 237,00 EUR, für die Kinder H. und F. D. jeweils 266,00 EUR, für die am 15.9.1989 geborene G. D., für die das Verwaltungsgericht lediglich 192,00 EUR angesetzt hatte, auf Grund ihres Alters ebenfalls 266,00 EUR und für die - vom Verwaltungsgericht versehentlich als Klägerinnen zu 6) und 7) bezeichneten - Klägerinnen zu 8) und 9) M. und Gü. D. jeweils 148,00 EUR.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ferner für die minderjährigen in der Türkei verbleibenden Kinder D. und M. D. - ursprüngliche Klägerinnen zu 6) und 7) - einen mit Rücksicht auf die niedrigeren Lebenshaltungskosten in der Türkei auf die Hälfte der deutschen Sozialhilfesätze reduzierten Betrag von jeweils 74,00 EUR angesetzt. Zu Unrecht beanstanden die Kläger dies. Dass die in der Türkei lebenden minderjährigen Kinder gleichrangig neben den künftig nach Deutschland kommenden Kindern unterhaltsberechtigt sind und dementsprechend das den Eltern zur Verfügung stehende Einkommen mit dieser Verpflichtung belastet ist, liegt auf der Hand und bedarf im Hinblick auf die Vereinbarkeit dieser Berechnung mit der Regelung des § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG keiner grundsätzlichen Klärung. Insoweit wird auch nicht von dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 24. September 2002 - OVG 8 B 3.02 - abgewichen. Darin hat zwar das Gericht für das durch die Klagerücknahme aus dem Verfahren ausgeschiedene fünfte Kind einen gesonderten Unterhaltsbedarf in seiner Berechnung nicht berücksichtigt. Das Gericht musste sich mit dieser Frage jedoch nicht ausdrücklich befassen, da es auch ohne diesen Rechnungsposten zu einer Überschreitung des Familieneinkommens durch den Unterhaltsbedarf gelangt ist. Anhaltspunkte dafür, dass die genannten beiden Kinder in der Türkei von dritter Seite dauerhaft finanziell unterhalten werden, sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Der vom Verwaltungsgericht darüber hinaus in seine Berechnung eingestellte Unterhaltsbedarf der beiden volljährigen Kinder Ö. und Mu. D. ist mangels eines konkret - etwa auf Grund eines Ausbildungsverhältnisses - bestehenden Unterhaltsanspruchs dieser Kinder gegenüber den Eltern dagegen nicht gerechtfertigt.

Dem anhand der Regelsätze ermittelten Lebensunterhaltsbedarf in Höhe von 1 775 EUR hinzuzurechnen sind ferner ein pauschaler Zuschlag von 20 % auf den Sozialhilfebedarf für Sonderausgaben in Höhe von 355,00 EUR, monatliche Mietkosten von 485,00 EUR sowie die Stromkosten, die das Verwaltungsgericht mit Rücksicht auf einen künftig gesteigerten Stromverbrauch bereits mit 50,00 EUR angesetzt hat, die sich bei einem 7-Personen-Haushalt auf der Grundlage eines hier angenommenen Tarifs für Mehrverbraucher bei einem prognostizierten Verbrauch von wohl circa 6 000 kW/h einschließlich Grundpreis jedoch auf mindestens 85,00 EUR pro Monat belaufen würden. Hinzu kommen die von den Klägern angegebenen weiteren Nebenkosten von 76,69 EUR pro Monat, wobei die voraussichtliche Steigerung des Verbrauchs noch nicht einmal berücksichtigt ist.

Dem sich hieraus ergebenden Mindestbedarf von 2 796 EUR im Monat steht jedoch ein deutlich darunter liegendes Familieneinkommen gegenüber. Als solches sind das nachgewiesene Einkommen des L. D. aus seinem Hauptbeschäftigungsverhältnis in Höhe von monatlich durchschnittlich 1 235,50 EUR, sein Einkommen aus dem nachgewiesenen geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnis - Minijob - (vgl. den Beschluss des Senats vom 4. März 2004 - OVG 2 S 14.04 - InfAuslR 2004, 237) in Höhe von 400,00 EUR sowie das künftige Kindergeld in Höhe von 820,00 EUR, insgesamt also 2 455 EUR, anzusetzen. Selbst wenn hierbei auch die vom Verwaltungsgericht angesetzte künftige Steuerersparnis des L. D. in Höhe von 93,45 EUR berücksichtigt würde, überschritte der Unterhaltsbedarf der Familie noch immer das ihr zur Verfügung stehende Einkommen.

Sind demnach die geltend gemachten Zulassungstatbestände nicht erfüllt, so war die Berufung nicht zuzulassen, ohne dass es darauf ankäme, ob einem Visa-Anspruch auch weitere materiellrechtliche Gründe entgegenständen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 3 GKG a.F. (vgl. den Beschluss des Senats vom 5. Februar 2004, InfAuslR 2004, S. 201), § 72 Nr. 1 KostRMoG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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