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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.05.2002
Aktenzeichen: OVG 2 S 7.02
Rechtsgebiete: ASOG Bln, VwGO


Vorschriften:

ASOG Bln § 14
ASOG Bln § 14 Abs. 1
VwGO § 130
VwGO § 130 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 7.02

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dageförde und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow am 24. Mai 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Februar 2002 aufgehoben.

Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Berlin zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, die B. V. GmbH und Co. Beteiligungs KG, vertreten durch die B. V. GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer K. B. begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Beseitigungsanordnung des Antragsgegners. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks G.straße ; im März 2001 beantragte sie die Genehmigung zur Anbringung eines 6 x 21,5 m großen Werbetransparentes. Wegen Verstoßes gegen den denkmalrechtlichen Umgebungsschutz lehnte der Antragsgegner den Antrag mit Bescheid Nr. 359 vom 8. Mai 2001 ab. Mit weiterem Bescheid vom 3. Januar 2002, gerichtet an die Antragstellerin zu Händen des Geschäftsführers, verfügte der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Beseitigung der inzwischen angebrachten Werbeanlage innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung. Den Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit dem Widerspruchsbescheid om 6. Februar 2002 zurück.

Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Berlin durch den Beschluss vom 11. Februar 2002 als unzulässig zurückgewiesen, weil die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei; sie sei nicht die Adressatin der Beseitigungsverfügung. Der Bescheid vom 3. Januar2002 sei zwar im Adressatenfeld unklar und damit auslegungsbedürftig, weil er sich an die Antragstellerin "z.H. des Geschäftsführers" wende. Bei der Auslegung seien jedoch der Spruch und die Begründung der Anordnung maßgeblich. Nach dem Spruch der Anordnung werde sprachlich missglückt, aber inhaltlich eindeutig gegenüber Herrn B. "Ihnen als Geschäftsführer (...) die Beseitigung (...) angeordnet" und zur Begründung ausdrücklich ausgeführt, der Geschäftsführer sei "nach § 14 ASOG Bln in dieser Sache verantwortlich".

Gegen diesen Beschluss richtet die Beschwerde der Antragstellerin; sie beantragt hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Gerichts und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht, weil dieses noch nicht in der Sache selbst entschieden hat (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entsprechend).

Das Verwaltungsgericht hat das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin nicht inhaltlich geprüft, weil es der Meinung war, sie sei nicht antragsbefugt. Diese Annahme trifft nicht zu. Eine auf die Feststellung des objektiven Erklärungsinhalts zielende Auslegung der Bescheide des Antragsgegners führt zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin Adressatin der Beseitigungsanordnung ist. Schon die Beseitigungsanordnung vom 3. Januar 2002 selbst ist im Adressatenfeld eindeutig. Genannt ist die B. V. GmbH & Co. Beteiligungs KG; weiter sind die Vertreterin und der Geschäftsführer angeführt. Unklar ist allenfalls der Satz, wonach der Geschäftsführer nach § 14 ASOG Bln in dieser Sache verantwortlich sei. In dem dieser Formulierung vorangehenden Satz ist aber wiederum eindeutig von der B. V. GmbH & Co. Beteiligungs KG als Eigentümerin des Grundstücks und als Bauherrin der ungenehmigten errichteten Werbeanlage die Rede. Kein Zweifel lässt alsdann der Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2002 daran, dass die GmbH & Co. Beteiligungs KG die alleinige Adressatin der Beseitigungsverfügung ist. In dem an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gerichteten Widerspruchsbescheid wird unter anderem darauf hingewiesen, dass die "Mandantin" aufgefordert wurde, die bauliche Anlage zu entfernen; weiter ist von der von "Ihrer Mandantin" errichteten baulichen Anlage die Rede. Auf Seite 5 Abs. 3 des Widerspruchsbescheides wird dann in aller Deutlichkeit nochmals betont, dass dieBeseitigungsanordnung korrekterweise an "Ihre Mandantin" als Zustandsstörerin nach § 14 Abs. 1 ASOG Bln gerichtet ist.

Auch die Neufassung des § 130 VwGO ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend anzuwenden. Die Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) ändert an der Zulässigkeit der Zurückverweisung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nichts. Obwohl sich die bisherige Regelung bewährt hatte, ist die Möglichkeit des Oberverwaltungsgerichts, eine Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, eingeschränkt worden (vgl. Seibert, NVwZ 2002, S. 265, 268). Insbesondere ist die Zurückverweisung nur möglich, wenn ein Beteiligter dies beantragt (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 11. April 2002 - OVG 6 B 9.01 -). Daraus ergeben sich aber keine Besonderheiten für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber dem Berufungsverfahren. Eine ganz besondere Eilsituation, die der Zurückverweisung im vorliegenden Fall entstehen könnte, ist hier nicht gegeben (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 8. April 1986, OVGE 17, 207 = NVwZ 1987, 61 = UPR 1987, 74 = BBauBl. 1987, 540).

Das Verwaltungsgericht ist durch die fehlerhafte Auslegung der an die Antragstellerin gerichteten Bescheide des Antragsgegners nicht zu dem eigentlichen Gegenstand des Streites zwischen den Beteiligten vorgedrungen. Insbesondere ist es nicht auszuschließen, dass es für eine sachgerechte Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens auch einer Augenscheinseinnahme bedarf. Immerhin geht es um Fragen des denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes. Der Antragsgegner hat gemeint, dass Eigenart und Erscheinungsbild des in Frage stehenden Denkmals durch die erhebliche Dimension und die leuchtende Farbgebung der Werbeanlage der Antragstellerin wesentlich beeinträchtigt wäre.

Die danach in einer entsprechenden Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf Antrag der Antragstellerin zulässige Zurückverweisung ist sachgerecht, da die Sache wegen der voraussichtlich erforderlichen Augenscheins-einnahme nicht entscheidungsreif ist. Zudem würde der Antragstellerin eine Instanz verloren gehen, wenn die erforderliche Aufklärung und Sachprüfung erstmals durch das Oberverwaltungsgericht erfolgen würde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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