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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 23.09.2003
Aktenzeichen: OVG 3 B 12.96
Rechtsgebiete: PartG-DDR, GmbHG, NG, DB, ZPO-DDR, BNotO, VwGO, ZPO, BGB, ZGB, VwVG


Vorschriften:

PartG-DDR § 20 a
PartG-DDR § 20 a Abs. 2
PartG-DDR § 20 a Abs. 3
PartG-DDR § 20 b
PartG-DDR § 20 b Abs. 1
PartG-DDR § 20 b Abs. 2
GmbHG § 15 Abs. 3
GmbHG § 15 Abs. 4 Satz 1 a.F.
GmbHG § 33 a.F.
GmbHG § 33 Abs. 2 a.F.
GmbHG § 35 a.F.
GmbHG § 35 Abs. 4
GmbHG § 72 a.F.
NG § 15
NG § 15 Abs. 1 Nr. 4
NG § 19 Abs. 2
NG § 23 Nr. 2
DB § 2 Abs. 2
ZPO-DDR § 415 Abs. 1
ZPO-DDR § 415 Abs. 2
BNotO § 18 Abs. 1
BNotO § 111 Abs. 1
VwGO § 93 Satz 1
VwGO § 98
ZPO § 384 Nr. 1
ZPO § 384 Nr. 2
ZPO § 444
ZPO § 450 Abs. 2
BGB § 117
ZGB § 56 Abs. 3
VwVG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 3 B 12.96

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2001, 4. Dezember 2001, 7. Dezember 2001, 11. Dezember 2001, 14. Dezember 2001, 15. Februar 2002, 22. Februar 2002, 5. März 2002, 12. März 2002, 15. November 2002, 22. November 2002, 29. November 2002, 3. Dezember 2002, 7. Januar 2003, 21. Januar 2003, 28. Januar 2003, 4. Februar 2003, 7. Februar 2003, 21. März 2003, 8. April 2003, 9. September 2003 und 23. September 2003 durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Fitzner-Steinmann, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Merz, den Richter am Oberverwaltungsgericht Da m sowie die ehrenamtliche Richterin Rochlitz und den ehrenamtlichen Richter Poerschke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Dezember 1996 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zweiter Instanz.

Im Übrigen trägt die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich dagegen, dass ihr Vermögen unter treuhänderische Verwaltung gestellt wurde, sowie verschiedene im Zusammenhang damit stehende Einzelmaßnahmen.

Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Mai 1951 (Urkunde Nr. 341/1951 der Notarin I.G. im Ostteil Berlins gegründet und am 21. Juni 1951 in das Handelsregister des Bezirks Mitte eingetragen. Gegenstand der Gesellschaft war gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages der Handel mit Waren aller Art, insbesondere der Im- und Export. Gründungsgesellschafter waren die österreichischen Staatsangehörigen R., der zum Geschäftsführer bestellt wurde, und Prof. K. mit einem Stammkapital in Höhe von jeweils 25 000 DM.

Nach dem Tod von R. trat dessen Erbin durch Vertrag vom 13. September 1951 (Urkunde Nr. 603/1951 der Notarin I.G.) jeweils die Hälfte des Geschäftsanteils von R. an M. und B. ab. B. wurde zum neuen Geschäftsführer bestellt. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1951 teilte die Notarin I.G. dem Handelsregister zu der Abtretung der Geschäftsanteile an M. und B. u.a. mit, dass die Beschaffung des Erbscheins für die Erben nach R. Schwierigkeiten bereite; mit Rücksicht darauf, dass es sich bei der Novum um eine Gesellschaft handele, deren Gesellschafter nur Treuhänder seien, wurde darum gebeten, die Eintragung des neuen Geschäftsführers vorzunehmen und die Nachreichung des Erbscheins zu gestatten. Auf eine entsprechende Auflage des Handelsregisters gaben B., M. und Prof. K. am 28. Januar 1952 eine Erklärung des Inhalts ab, dass R. seinen Geschäftsanteil an der Novum nur treuhänderisch gehalten habe und dies auch für die Erwerber des Geschäftsanteils M. und B. gelte.

Durch Vertrag vom 23. Oktober 1953 (Urkunde Nr. 409/1953 der Notarin I.G.) trat Prof. K. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 DM an H. ab und M. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 12 500 DM an B.

Am 27. November 1953 gaben H. und B. folgende Treuhanderklärungen (Urkunden Nr. 460/1953 und 461/1953 der Notarin I.G.) zugunsten der Zentrag, eines Betriebs der SED, ab:

1. Ich bestätige, von der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH DM 25 000 (in Worten: fünfundzwanzigtausend Deutsche Mark der Deutschen Notenbank) erhalten zu haben, die von mir zur Einzahlung einer Stammeinlage von DM 25 000 bei der Novum Handelsgesellschaft mbH verwandt wurden.

2. Ich verpflichte mich, bei der Ausübung meiner Gesellschafterrechte ausschließlich als Treuhänder der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH zu handeln und mich in dieser Eigenschaft ausschließlich an die Weisungen der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH zu halten.

3. Ich verpflichte mich, zugleich mit Rechtswirkung für meine Erben, hiermit unwiderruflich, meinen Geschäftsanteil an der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH jederzeit entschädigungslos an eine Person oder Firma abzutreten, die mir von der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH benannt werden sollte.

4. Ich erkenne an, dass die Abtretung meines Geschäftsanteiles bzw. von Teilen des Geschäftsanteiles an andere Personen oder Firmen als die von der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH benannten, nicht zulässig ist.

5. Ich oder meine Erben werden aufgrund meiner treuhänderischen Beteiligung an der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Ansprüche an die Gesellschaft stellen.

6. Ich erkenne an, dass meine Beteiligung an der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH als nicht zu meinem persönlichen Vermögen gehörig nicht bei mir gepfändet werden kann und im Falle meines Todes nicht meinen Erben zusteht.

7. Ich verzichte auf eine Gewinnbeteiligung an der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH zugunsten der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH.

8. Etwaige Darlehens- und Nachschusspflichten auf den von mir geleisteten Geschäftsanteil übernehme ich nicht. Ihre Erfüllung ist ggf. Sache der Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH.

Durch Vertrag vom 7. Juli 1954 (Urkunde Nr. 265/1954 der Notarin I.G.) trat H. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 DM an F. ab, der am selben Tag eine im Wortlaut mit der vom 27. November 1953 identische Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 266/1954 der Notarin I.G.) abgab.

Durch Vertrag vom 13. Juli 1956 (Urkunde Nr. 485/1956 der Notarin I.G.) trat B. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 DM an Ha. ab, der am selben Tag auch zum neuen Geschäftsführer bestellt wurde und eine im Wortlaut mit den früheren identische Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 487/1956 der Notarin I.G.) abgab.

Durch Vertrag vom 8. Juni 1959 (Urkunde Nr. 431/1959 der Notarin I.G.) trat F. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 DM an Ba. ab, der durch Gesellschafterbeschluss vom selben Tag neben Ha. zum weiteren Geschäftsführer bestellt wurde. Eine Treuhanderklärung von Ba. zugunsten der Zentrag liegt nicht vor.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 16. Mai 1961 (Urkunde Nr. 411/1961 der Notarin I.G.) wurde L. zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 25. Juni 1965 (Urkunde Nr. 872/1965) wurde F. zum weiteren Geschäftsführer bestellt sowie die Geschäftsführer Ha. und Ba. abberufen. Durch Gesellschafterbeschluss vom 2. April 1970 wurde der Geschäftsführer L. abberufen und als weiterer Geschäftsführer D. bestellt.

Durch Vertrag vom 8. April 1970 (Urkunde Nr. 660/1970 des Notarvertreters Dr. Jürgen G.) trat Ba. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 M an F. ab. Eine im zeitlichen Zusammenhang damit abgegebene Treuhanderklärung von F. zugunsten der Zentrag liegt nicht vor.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 30. April 1973 wurde der Geschäftsführer D. abberufen und St. zur weiteren Geschäftsführerin bestellt.

Am 27. Juni 1974 gab F. folgende Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 400/1974 des Notarvertreters Dr.G.) ab:

Auf Weisung der Zentrag Vereinigung Organisationseigener Betriebe in Berlin hatte Herr Ba. aus Wien seinen Geschäftsanteil an der Novum Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung in 108 Berlin in Höhe von M 25 000 in der notariellen Verhandlung vom 8. April 1970 - Urkundenrolle Nr. 660/1970 des Notars I.G. - ohne Gegenleistung meinerseits an mich abgetreten.

Die folgenden Ziffern 1 bis 7 entsprechen den Ziffern 2 bis 8 der Treuhanderklärungen vom 27. November 1953, 7. Juli 1954 und 13. Juli 1956; lediglich die dort verwendete Bezeichnung für den Treugeber "Zentrag, Zentrale Druckerei- Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH" wurde durch die Bezeichnung "Zentrag Vereinigung Organisationseigener Betriebe" ersetzt. Die notarielle Urkunde enthält den Vermerk vom 27. Juni 1974, wonach sie an diesem Tag zum ersten Mal ausgefertigt und die Ausfertigung der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH erteilt worden sei.

Am 29. Oktober 1974 gab Ha. folgende Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 578/1974 des Notarvertreters Dr.G.) ab:

1. Auf Weisung der Zentrag Vereinigung Organisationseigener Betriebe hatte Herr B. aus Berlin seinen Geschäftsanteil an der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin in Höhe von M 25 000 in der notariellen Verhandlung vom 13. Juli 1956 - Urkundenrolle Nr. 485/1956 des Notars IG - ohne Gegenleistung meinerseits an mich abgetreten.

Die Ziffern 2 bis 8 der Treuhanderklärung sind wortgleich mit den Ziffern 1 bis 7 der Treuhanderklärung von F. vom 27. Juni 1974. Die notarielle Urkunde enthält den Vermerk vom 29. Oktober 1974, wonach sie an diesem Tag zum ersten Mal ausgefertigt und die Ausfertigung der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH erteilt worden sei.

Durch Vertrag vom 16. März 1977 (Urkunde Nr. 105/1977 des Notarvertreters Dr.G.) trat F. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 M an Ha. ab. Durch Gesellschafterbeschluss vom selben Tag wurde Ha. als weiterer Geschäftsführer bestellt und der Geschäftsführer F. abberufen. Ferner gab Ha. am selben Tag folgende Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 106/1977 des Notarvertreters Dr.G.) ab:

1. Auf Weisung der Zentrag Vereinigung Organisationseigener Betriebe Berlin hatte Herr F. seinen Geschäftsanteil an der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin in Höhe von M 25 000 ohne Gegenleistung meinerseits an mich abgetreten.

Die Ziffern 2 bis 8 sind wortgleich mit den Ziffern 2 bis 8 der Treuhanderklärung von Ha. vom 29. Oktober 1974. Die notarielle Urkunde vom 16. März 1977 enthält den Vermerk vom 23. März 1977, wonach sie an diesem Tag zum ersten Mal ausgefertigt und die Ausfertigung der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH erteilt worden sei.

Durch Vertrag vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 90/1978 des Notarvertreters Dr.G.) trat Ha. seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 M an Frau St. ab, die am selben Tag folgende Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 91/1978 des Notarvertreters Dr.G.) abgab:

1. Auf Weisung der Zentrag Vereinigung Organisationseigener Betriebe Berlin hatte Herr Ha. seinen Geschäftsanteil an der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin in Höhe von M 25 000 ohne Gegenleistung meinerseits an mich abgetreten.

Die Ziffern 2 bis 8 sind wortgleich mit den Ziffern 2 bis 8 der Treuhanderklärungen von Ha. vom 29. Oktober 1974 und 16. März 1977. Die notarielle Urkunde vom 16. März 1978 enthält den Vermerk vom 21. April 1978, wonach sie an diesem Tag zum ersten Mal ausgefertigt und die Ausfertigung der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH erteilt worden sei.

Am 3. April 1981 gründeten Ha. und Frau St. die T. Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung (Urkunde Nr. 98/1981 des Notarvertreters Dr.G.). Gegenstand des Unternehmens war die Vermittlung von Handelsgeschäften aller Art sowie der Handel mit Waren aller Art. Von dem Stammkapital in Höhe von 100 000 M übernahm Frau St. 80 000 M und Ha. 20 000 M. Diesen Anteil trat er am 8. September 1983 an Frau St. ab (Urkunden Nr. 490/1983 und 491/1983 des Notars Dr.G.). Am 28. Mai 1982 und 8. September 1983 gab Frau St. die Erklärungen (Urkunden Nr. 212/1982 und Nr. 492/1983 des Notarvertreters bzw. Notars Dr.G.) ab, dass sie ihre Gesellschafterrechte hinsichtlich des Geschäftsanteils in Höhe von 80 000 M, den sie von der Klägerin erhalten habe, ausschließlich als deren Treuhänder und hinsichtlich des Geschäftsanteils in Höhe von 20 000 M ausschließlich als Treuhänder der T. Handelsgesellschaft mbH ausübe. Die Gesellschaft wickelte ihre Geschäfte vom Geschäftssitz der Klägerin in der Wönnichstraße aus und durch deren Mitarbeiter ab.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 4. August 1982 (Urkunde Nr. 309/1982 des Notarvertreters Dr.G.) wurde u.a. der österreichische Staatsangehörige Sa. zum Prokuristen der Klägerin bestellt.

Durch Erklärung vom 28. April 1983 (Urkunde Nr. 90/1983 des Notars Dr.G.) trat Ha. seinen Geschäftsanteil an der Klägerin in Höhe von 25 000 M an Frau St. ab, die die Abtretung mit Erklärung vom 25. Mai 1983 (Urkunde Nr. 230/1983 des Notars Dr.G.) annahm. Am selben Tag gab Frau St. folgende Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 231/1983 des Notars Dr.G.) ab:

1. Herr Ha. hat seinen Geschäftsanteil in Höhe von M 25 000 an der Firma Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin in der notariellen Verhandlung des Notars Dr. Jürgen G. vom 28. April 1983 - Urkundenrolle Nr. 90/1983 - ohne Gegenleistung meinerseits an mich abgetreten.

2. Ich verpflichte mich, bei der Ausübung meiner Gesellschafterrechte ausschließlich als Treuhänder der Novum Handelsgesellschaft mbH zu handeln und mich in dieser Eigenschaft ausschließlich an die Weisung der Novum Handelsgesellschaft mbH zu halten.

Die Ziffern 3 bis 8 entsprechen den Ziffern 3 bis 8 der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 mit der Ausnahme, dass - wie schon unter Ziffer 2 - anstelle der Zentrag die Klägerin als Treugeber bezeichnet wird.

Durch Gesellschafterbeschluss vom 7. Mai 1985 wurde Ha. als Geschäftsführer abberufen und Frau St. blieb bis zum 3. Juli 1990 alleinige Geschäftsführerin der Klägerin. Durch Gesellschafterbeschluss vom 3. Juli 1990 (Urkunde Nr. 576/1990 der Notarin U.G.) wurde der deutsche Staatsangehörige He. zum weiteren Geschäftsführer bestellt.

Die Klägerin war im Wesentlichen im Bereich des Außenhandels der DDR mit Österreich tätig. Sie vermittelte zunächst Geschäfte zwischen der DDR bzw. deren Außenhandelsbetrieben und österreichischen Unternehmen. Ab Mitte der 70er Jahre übernahm sie auch selbständig die Vertretung größerer österreichischer Firmen, darunter u.a. das Staatsunternehmen VA. Ferner war sie Vertreterin des Schweizer Chemieunternehmens C.

Mit Schreiben vom 26. November 1991 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, die Klägerin gehöre aufgrund der treuhänderischen Bindung an die Zentrag zum Vermögen der SED/PDS.

Die Treuhandanstalt stellte daraufhin mit Bescheid vom 14. Januar 1992 gemäß § 20 b PartG-DDR fest, dass das Vermögen der Klägerin ihrer treuhänderischen Verwaltung unterliege (Ziff. 1), Vermögensveränderungen nur mit ihrer Zustimmung wirksam seien (Ziff. 2), verschiedene, gesondert aufgeführte Unterlagen einzureichen (Ziff. 3) und sämtliche Geschäftsunterlagen zur jederzeitigen Einsichtnahme bereitzuhalten seien (Ziff. 4). Der Bescheid enthält ferner die Androhung unmittelbaren Zwangs bezüglich der Ziffern 3 und 4 (Ziff. 5) und die Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziff. 6).

Mit Schreiben vom 10. Februar 1992 bat Frau St. die KPÖ, sie von ihrer "treuhänderischen Verpflichtung gegenüber der KPÖ", zumindest aber von ihrer "Verschwiegenheitsverpflichtung über alles, was im Zusammenhang mit meiner Treuhandfunktion steht", zu entbinden. Zur Begründung verwies sie auf Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit u.a. gegen sie gerichteten strafrechtlichen Ermittlungen. Die KPÖ forderte daraufhin Frau St. mit anwaltlichem Schreiben vom selben Tag auf, alle derzeit noch in ihrer treuhändigen Verwahrung befindlichen Vermögenswerte an die KPÖ auszufolgen sowie u.a. hinsichtlich der Novum Handelsgesellschaft mbH und der T. Handelsgesellschaft mbH zum frühest möglichen Zeitpunkt notarielle Abtretungsangebote zu erstellen. Am 19. Februar 1992 erklärte Frau St. an Eides statt und in Übereinstimmung mit der KPÖ, dass sie die Geschäftsanteile an der Klägerin treuhändig für die KPÖ halte.

Das Amtsgericht Tiergarten erließ gegen Frau St. in den Jahren 1992/1993 im Zusammenhang mit dem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Untreue zum Nachteil der Klägerin Haftbefehl. Das Kammergericht hob diesen durch Beschluss vom 10. April 1996 auf, weil ein dringender Tatverdacht nicht mehr bestehe.

Mit Bescheid vom 28. August 1992 wies die Treuhandanstalt den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Januar 1992 zurück.

Das vorläufige Rechtsschutzverfahren der Klägerin blieb in beiden Instanzen erfolglos (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juli 1992 - VG 26 A 498.92 - und des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 29. April 1994 - OVG 3 S 21.93 -).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 14. Januar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1992 begehrt. Nach umfangreicher Beweisaufnahme hat das Verwaltungsgericht der Klage mit Urteil vom 12. Dezember 1996 stattgegeben. Ausgehend von dem rechtlichen Ansatz, dass es sich bei der Klägerin nur dann um eine mit der SED verbundene juristische Person im Sinne von § 20 b PartG-DDR handelt, wenn deren Gesellschafter die Geschäftsanteile nur als Treuhänder für die SED und/oder Zentrag gehalten haben, ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die für einen wirksamen Abschluss eines Treuhandvertrages erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form festzustellen seien und der durch die vorhandenen Treuhanderklärungen erweckte Eindruck, dass ein Treuhandverhältnis bestanden habe, von den gehörten Zeugen nicht bestätigt worden sei. Vielmehr belegten die vorliegenden schriftlichen Dokumente, deren Inhalt die Zeugen bestätigt hätten, die Zugehörigkeit der Klägerin zur KPÖ.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Während des Berufungsverfahrens wurden in dem Ermittlungsverfahren gegen Frau St. wegen Untreue zum Nachteil der Klägerin aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Juli 1997 - 353 Gs 2761/97 - am 4. August 1997 die Kanzleiräume eines Berliner Notars durchsucht und dabei u.a. mehrere Vermerke der Rechtsanwälte J., Schr. und E. vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 über Besprechungen in Wien beschlagnahmt. Das Amtsgericht Tiergarten bestätigte die Beschlagnahme durch Beschluss vom 5. August 1997 - 353 Gs 2900/97 - . Bezüglich derselben Unterlagen erließ es auf Antrag der Beigeladenen am 8. August 1997 im Rahmen des Vermögensfeststellungsverfahrens gegen die PDS einen (Anschluss-) Beschlagnahmebeschluss - 352 Gs 2883/97 -.

Den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 24. Juli/5. August 1997 hob das Amtsgericht Tiergarten auf die Beschwerde von Rechtsanwalt J. und des Notars, bei dem die Unterlagen hinterlegt waren, durch Beschluss vom 25. August 1997 - 353 BI 80/97 -, bestätigt durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1997 - 534 Qs 111/97 - auf, weil es sich bei den beschlagnahmten Unterlagen um beschlagnahmefreie Gegenstände im Sinne von § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO gehandelt habe, die von Rechtsanwalt J. als vormaligem Verteidiger von Frau St. angefertigt worden seien. Der Beschwerde des Notars gegen den (Anschluss-) Beschlagnahmebeschluss vom 8. August 1997 half das Amtsgericht Tiergarten dagegen mit Beschluss vom 12. September 1997 - 352 BL 62/97 - nicht ab, das Landgericht Berlin verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 1. Oktober 1997 - 512 Qs 89/97 -. Ein Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 StPO bestehe in diesem Falle nicht. Ein solches gelte nur für Unterlagen, die in dem Verfahren anfielen, in dem der Mandant Beschuldigter sei. "Beschuldigt" in dem Vermögensfeststellungsverfahren sei nicht Frau St. , sondern die PDS als Adressatin der Rechenschafts- und Auskunftspflicht gegenüber der Beigeladenen.

Die Rechtsanwälte J. , Schr. und E. hielten in ihrem gemeinsamen Vermerk vom 23. November 1992 über eine Besprechung in Wien am 20. November 1992 fest, dass Rechtsanwalt S., der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin, aus der die Novum betreffenden Handakte des Notariats G. fünf Seiten "belastender Art" entnommen habe. Zu den entnommenen Unterlagen habe beispielsweise eine Verfügung gehört, wonach die Treuhanderklärung an die Zentrag, zu Händen eines Buchhalters, geschickt werden sollte. Rechtsanwalt J. legte in dem Vermerk vom 19. März 1993 über ein am Vortag in Wien geführtes Gespräch in Stichworten nieder, dass der Handakte Mitteilungen von Frau G. an die Zentrag über Geschäftsführerbestellungen und Treuhanderklärungen entnommen worden seien. Über das gleiche Gespräch vermerkte Rechtsanwalt Schr. am 21. März 1993, dass es sich bei den entfernten Schreiben um solche der Notarin G. an den Justiziar der Zentrag gehandelt habe, in denen u.a. auch die Treuhanderklärungen von Frau St. zugunsten der Zentrag erwähnt würden.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, die letzte Alleingesellschafterin der Klägerin sei ebenso wie ihre Vorgänger Treuhänderin der Zentrag gewesen. Dies werde durch die Treuhanderklärungen belegt. Unschädlich sei, dass die Zentrag in den Treuhanderklärungen zum Teil noch mit ihrer alten Bezeichnung als GmbH anstelle von VOB aufscheine. Dasselbe gelte für die Aufnahme der Klägerin als Treugeberin in der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983. Unter Würdigung aller Umstände komme auch insoweit allein eine Treugeberstellung der Zentrag als von den Beteiligten gewollt in Betracht. Die Erklärung vom 25. Mai 1983 sei aber im Hinblick auf § 33 GmbHG auch mit der Klägerin als Treugeberin weder rechtlich sinnlos noch führe sie zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides hinsichtlich der von ihr betroffenen Hälfte der Geschäftsanteile. Die Klägerin sei selbst dann eine verbundene juristische Person, wenn ihre Alleingesellschafterin nur 50 % der Geschäftsanteile treuhänderisch für die Zentrag und 50 % der Geschäftsanteile treuhänderisch für die Klägerin selbst halte, denn die Rechte aus dem zweiten Geschäftsanteil ruhten während der Dauer dieser treuhänderischen Bindung. Damit sei allein die Zentrag rechtlich in der Lage gewesen, die Geschicke der Klägerin zu lenken, sodass diese zu 100 % von der Zentrag beherrscht und so ein mit ihr verbundenes Unternehmen gewesen sei.

Die Treuhanderklärungen seien auch nicht einseitig geblieben. Es habe der in der DDR üblichen Praxis entsprochen, bei der treuhänderischen Anbindung wirtschaftlicher Unternehmen lediglich von den Treuhändern Verpflichtungserklärungen zu verlangen. Die Abgabe der die Klägerin betreffenden Treuhanderklärungen sei seit deren Gründung von Vertretern der SED verlangt worden. Zu diesen habe auch das Notariat G. gehört, das bis zur Wende und unabhängig von der Person des jeweiligen Notars als Vertrauensnotariat der Zentrag bzw. der SED fungiert und deren Interessen wahrgenommen habe. Die Notarin I.G. sei von Anfang an als Vertrauensnotarin und -anwältin der SED für die Vertragsangelegenheiten der Klägerin zuständig gewesen. Da auf diese Weise bereits eine Treuhandvereinbarung bezüglich der Klägerin zustande gekommen sei, komme es nicht mehr darauf an, ob die Treuhanderklärungen bei anderen Stellen der Zentrag oder der SED bekannt gewesen seien.

Kein Beweiswert komme auch dem Umstand zu, dass auf den die Klägerin betreffenden Treuhanderklärungen die Erteilung einer Ausfertigung für die Zentrag nicht vermerkt sei, denn in der Praxis des Notariats G. seien bei der Beurkundung von Treuhanderklärungen häufig keine Ausfertigungen für den Treugeber gefertigt bzw. erteilte Ausfertigungen nicht immer auf den Urkunden vermerkt worden. Auch die Verwahrung der Urkunden im Notariat G. habe der in der DDR üblichen Praxis entsprochen und stelle deshalb kein gegen eine treuhänderische Anbindung der Klägerin sprechendes Indiz dar.

Es habe sich bei den Treuhanderklärungen auch nicht um Scheinerklärungen gehandelt. Den Gesellschaftern der Klägerin, die Treuhanderklärungen unterzeichnet hätten, habe bereits das hierfür erforderliche Scheinerklärungsbewusstsein gefehlt. Ferner ergäben die von der Klägerin dargelegten Gründe für die Abgabe der Treuhanderklärungen keinen Sinn, die Angaben der früheren Gesellschafter der Klägerin und anderer Personen dazu seien widersprüchlich. Die Erklärungen seien zur Wahrung der Gesetzlichkeit der DDR nicht geeignet und zur Lösung materieller und geschäftlicher Probleme der Klägerin nicht erforderlich gewesen. Die geltend gemachten Gründe des österreichischen Steuerrechts seien von den früheren Gesellschaftern der Klägerin nicht bestätigt worden, außerdem hätten sich die österreichischen Behörden kaum mit der Vorlage einer einseitigen Erklärung zufrieden gegeben, zumal die Klägerin in Österreich öffentlich als Firma der KPÖ genannt worden sei. Die Behauptung, die Treuhanderklärungen seien erforderlich gewesen, um der Klägerin die Tätigkeit in der DDR zu ermöglichen, sei nicht damit zu vereinbaren, dass die Treuhanderklärungen nach ihrem Vortrag niemals zum Einsatz gekommen seien und die maßgeblichen Stellen von der Existenz der Erklärungen nichts gewusst hätten.

Die Zugehörigkeit der Klägerin zur Zentrag/SED werde unabhängig von den Treuhanderklärungen durch verschiedene weitere Umstände und Vorgänge belegt.

Sie sei auf Initiative des als Direktor der DWV und Abteilungsleiter im ZK der SED fungierenden Ri. gegründet worden. Ausweislich des Berichts von Rh. vom 3. Februar 1952 habe es sich dabei um die Ausgliederung eines Geschäftsbereichs der unstreitig SED-eigenen DWV, nämlich der sog. Österreich-Abteilung, gehandelt. Die Klägerin sei von der SED kontrolliert worden. Ihre Geschäftsführer hätten nur im Einverständnis mit der SED bestimmt werden können.

Dagegen sei die Zugehörigkeit der Klägerin zur KPÖ nicht nachgewiesen. Es habe kein Treuhandvertrag zwischen Frau St. und der KPÖ bezüglich der Klägerin bestanden, was insbesondere deshalb unverständlich sei, weil nach Darstellung der Klägerin auf den auf ihren Namen lautenden ausländischen Konten der größte Teil des Vermögens des Wirtschaftsapparates der KPÖ gelegen habe. Soweit die Klägerin in verschiedenen Dokumenten als Firma der KPÖ bezeichnet werde, beruhe dies auf einer von der SED aus Geheimhaltungsgründen geförderten Fehleinschätzung der jeweiligen Verfasser der Dokumente und könne eine nicht gegebene Zuordnung der Klägerin zur KPÖ nicht begründen. Dies gelte insbesondere für viele aus dem Bereich des Staatssicherheitsdienstes stammende Dokumente und die vom Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellten Unterlagen. Andere Dokumente seien zumindest mehrdeutig bzw. nicht aussagekräftig.

Die von Frau St. und ihren Beratern initiierten Erklärungen und eidesstattlichen Versicherungen verschiedener Personen wiesen Unstimmigkeiten und Widersprüche auf, gleiches gelte für die Zeugenaussagen in den verschiedenen um die Klägerin geführten Rechtsstreitigkeiten. Der Vortrag der Klägerin selbst habe im Laufe des gerichtlichen Verfahrens mehrfach gewechselt, was nur damit zu erklären sei, dass sie, die die maßgeblichen Tatsachen habe kennen müssen, ihren Vortrag dem jeweiligen Ermittlungsstand der Beklagten angepasst habe.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Dezember 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil sie keine mit der Zentrag/SED verbundene juristische Person sei. Für die Feststellung der Verbundenheit sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend. Eine formal-rechtlich wirksam zustande gekommene Treuhandvereinbarung reiche allein nicht aus, wenn dadurch gemessen an der Rechtswirklichkeit in der DDR eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit der SED nicht begründet worden sei. Hinzu kommen müssten wirtschaftlich-faktische Anhaltspunkte für den Vollzug der Vereinbarung.

Es fehle bereits an einer Treuhandvereinbarung, da die von Frau St. und ihren Rechtsvorgängern abgegebenen Treuhanderklärungen der Zentrag nie zugegangen seien und auch keine entsprechenden Annahmeerklärungen der Zentrag vorlägen. Unabhängig hiervon seien die Treuhanderklärungen nicht ernst gemeint gewesen. Sie hätten nicht der Begründung eines Treuhandverhältnisses, sondern anderen - auch ihr letztlich im Einzelnen nicht bekannten - Zwecken gedient. Im Wesentlichen gelte Folgendes:

Ihre Gründung und Tätigkeit seien in der DDR rechtlich nicht unproblematisch gewesen, weil die Existenz von ausländischen Handelsunternehmen in einem sozialistischen Staatswesen dem Außenwirtschaftsmonopol widersprochen habe. Dessen Bedeutung sei anscheinend im Laufe der Jahre nicht einheitlich interpretiert worden, sodass die gültige Rechtslage nur schwer zu definieren gewesen sei und bei den für sie Verantwortlichen und der Notarin I.G. Unsicherheit bestanden habe, ob ihre Existenz mit DDR-Recht vereinbar sei. Daher sei sie von der Unterstützung und dem Wohlwollen der SED abhängig gewesen, wobei in den Anfangsjahren Ri. dafür garantiert habe, dass sich ihr keine rechtlichen und bürokratischen Hindernisse in den Weg gestellt hätten. Die Furcht auf Seiten der DDR, das Bekanntwerden einer nach DDR-Recht unzulässigen ausländischen Firma könnte im Zuge des Kalten Krieges westlicher Propaganda Auftrieb geben, habe zu den zum Schein abgegebenen Treuhanderklärungen ihrer Gesellschafter zugunsten der Zentrag geführt, um diese bei entsprechenden Vorwürfen als Beweis für ihre DDR-Anbindung vorlegen zu können. Die befürchteten Schwierigkeiten seien aber nicht eingetreten, die Treuhanderklärungen hätten ihren Zweck nicht erfüllen müssen, sodass diese Praxis nach 1956 eingestellt worden sei.

Die Treuhanderklärungen hätten ferner dem Geheimhaltungsinteresse der KPÖ sowie deren Absicherung gegenüber österreichischen Devisenbehörden gedient, da es Österreichern nur mit Genehmigung der österreichischen Nationalbank gestattet gewesen sei, im Ausland Vermögen zu haben. Sie sei mit von der KPÖ zur Verfügung gestelltem Kapital gegründet worden. Ein Antrag der KPÖ auf devisenbehördliche Genehmigung, eine ausländische Gesellschaft, noch dazu in der DDR, zu gründen, wäre 1951 mit Sicherheit abgelehnt worden und hätte bei Bekanntwerden in der Öffentlichkeit der KPÖ großen politischen und wirtschaftlichen Schaden zugefügt.

Die Treuhanderklärungen seien auch notwendig gewesen, um sie - die Klägerin - im Handelsregister eintragen zu können. Außerdem habe man mit ihnen Vorsorge für künftige Todesfälle von Gesellschaftern treffen wollen.

Mit den nach einer Pause von sechzehn Jahren erstmals 1974 wieder abgegebenen Treuhanderklärungen der Gesellschafter F. und Ha. sei u.a. beabsichtigt gewesen, den Fragen der österreichischen Steuerbehörden nach den Einkünften ihrer Gesellschafter zu begegnen, ohne die Eigentümerstellung der KPÖ offen legen zu müssen. Daher sei F. Ende 1973 auf die Idee gekommen, fingierte Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag abzugeben. Diese hätten auch dazu gedient, um leichter ein passendes Grundstück zur Errichtung eines neuen Bürogebäudes zu bekommen und das anschließende Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die Tatsache, dass Ha. 1974 eine Treuhanderklärung bezüglich des Geschäftsanteils abgegeben habe, für den schon eine Treuhanderklärung von ihm aus dem Jahr 1956 vorliege, zeige auch, dass weder sie - die Klägerin - noch das Notariat G. an eine wie auch immer geartete Kontinuität der Treuhanderklärungen der 70er Jahre, geschweige denn an eine Ernsthaftigkeit dieser Erklärungen gedacht hätten, da es anderenfalls einer erneuten Abgabe der Erklärung durch Ha. nicht bedurft hätte.

Frau St. sei der Zweck der ersten Treuhanderklärung bei Unterzeichnung 1978 nicht klar bzw. bekannt gewesen. Der Gesellschafter F. habe seinen Nachfolgern keine Erläuterungen zum Zweck der Treuhanderklärungen geben können, weil er wegen Kontroversen mit der KPÖ ausgeschieden sei und kein Kontakt mehr zu ihm bestanden habe. Bei Abgabe der Treuhanderklärung habe sich Frau St. keine Gedanken gemacht und sich in besonderem Maße auf Rechtsanwalt Dr.G. verlassen. Nach Abgabe der Treuhanderklärung habe sie deren Nützlichkeit für die österreichischen Steuerbehörden erkannt, weshalb sie immer eine Kopie der Erklärung in ihrem Wiener Büro aufbewahrt habe. Erst viel später habe Frau St. anhand von Bauunterlagen gesehen, dass die Zentrag 1974 vorgeschoben worden sei, um die Baugenehmigung zu erhalten.

Zur Verdeckung des Scheincharakters der Treuhanderklärungen hätten die in den 70er Jahren abgegebenen Erklärungen der bisherigen Praxis entsprechen müssen, weshalb auch eine notarielle Beurkundung erforderlich gewesen sei. Aus dem Umstand, dass entgegen der sonst bei Treuhanderklärungen üblichen Praxis von allen sie - die Klägerin - betreffenden Treuhanderklärungen nur in drei Fällen und dann nicht zugunsten der Zentrag als Treugeber eine Ausfertigung erteilt worden sei, ergebe sich, dass es sich um Scheinerklärungen ohne Wirkung im Rechtsverkehr gehandelt habe.

Auf diese Scheinerklärungen finde allerdings § 117 BGB keine Anwendung, weil sie der Zentrag nie zugegangen seien und keine Annahmeerklärungen der Zentrag vorlägen, sodass es an einem zweiseitigen Rechtsgeschäft fehle. Außerdem seien der Einwendungscharakter des Scheingeschäfts und die damit verbundene zivilrechtliche Beweislastregel auf die verwaltungsprozessuale Kontrolle von Maßnahmen der Beklagten nicht übertragbar.

Auch die Tatsache, dass sie - die Klägerin - in der zweiten Treuhanderklärung von Frau St. vom 25. Mai 1983 als Treugeberin bezeichnet werde, zeige, dass keine der Treuhanderklärungen irgendeine rechtliche oder tatsächliche Wirkung habe entfalten sollen und dass sie nur simuliert gewesen seien. Es handele sich wegen des eindeutigen Wortlauts der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 auch nicht um eine falsa demonstratio. Hätte es auf diese Treuhanderklärung im Rechtsverkehr tatsächlich ankommen sollen, so hätte die Zentrag als Treugeber sicherlich auf eine entsprechende Korrektur hingewirkt, weil sie andernfalls daraus keinerlei Rechte hätte ableiten können. Dass dies nicht erfolgt sei, belege, dass auch diese Erklärung nicht ernst gemeint gewesen und der Zentrag niemals zur Kenntnis gelangt sei. Frau St. habe außerdem die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 blanko unterschrieben, weil sie wegen einer schweren Erkrankung ihres Ehemannes nicht habe nach Berlin reisen können. Die Blankounterschrift ergebe sich aus festgestellten Besonderheiten von weiteren das Datum 25. Mai 1983 tragenden notariellen Urkunden sowie sonstigen Umständen und führe zur Nichtigkeit der zweiten Treuhanderklärung. Damit habe Frau St. den am 25. Mai 1983 erworbenen Geschäftsanteil nicht treuhänderisch für eine Partei oder Parteifirma der DDR gehalten und sie - die Klägerin - sei deshalb auch bezüglich des anderen Geschäftsanteils nicht als mit der SED verbundene juristische Person im Sinne von § 20 b PartG-DDR anzusehen.

Vielmehr sprächen zahlreiche tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Zugehörigkeit zur KPÖ:

Sie sei in deren Auftrag und mit deren Mitteln gegründet worden und habe seit ihrem Bestehen der Kontrolle der jeweils für den Wirtschaftsapparat der KPÖ verantwortlichen Personen, zuletzt Frau St., unterstanden. Vor ihrer Gründung seien die Interessen der KPÖ in Berlin durch österreichische Kommunisten wahrgenommen worden, die seit 1946 in Berlin für die KPÖ Geschäfte mit Ostdeutschland und anderen Ländern des Ostblocks vermittelt hätten. Sie hätten ihr Gehalt vom KPÖ-Wirtschaftsapparat bezogen, Gewinne dorthin abgeführt und Weisungen von dort erhalten. Die Zusammenarbeit mit der DEAG/DWV habe sich auf die Nutzung von deren Büroräumen und Einrichtungen und den Abschluss von Geschäften beschränkt. Sie sei deshalb entgegen der Angaben in dem Bericht von Rh. vom 3. Februar 1952 keine Ausgründung der DEAG/DWV. Ihrer Gründung seien allerdings Kontakte zur SED vorangegangen, die die Gründung gebilligt habe. Es habe sich dabei um eine Gefälligkeit der SED gegenüber der KPÖ entsprechend der üblichen kommunistischen Solidarität gehandelt. Ihre Tätigkeit als österreichische Firma und die der von ihr vertretenen österreichischen Firmen habe aber auch im Interesse der DDR gelegen, weil dadurch die Möglichkeit bestanden habe, entgegen bestehenden Embargobestimmungen Geschäftsbeziehungen zu Firmen des nicht sozialistischen Auslands zu unterhalten. Mit dem ideologischen Verständnis der SED sei ihre geschäftliche Tätigkeit in der DDR vereinbar gewesen, da die erzielten Gewinne nicht einem Kapitalisten, sondern der kommunistischen Bruderpartei in Österreich zugestanden hätten.

Sie sei von den maßgeblichen Stellen der SED und der DDR auch immer als ausländische Firma behandelt worden, wie sich aus einer Vielzahl von Dokumenten und Aussagen der mit ihr befassten Personen ergebe. Weder die in den Treuhanderklärungen als Treugeber angegebene Firma Zentrag noch die hinter ihr stehende SED oder andere Stellen der DDR hätten sich jemals als ihr Eigentümer geriert. Die Zentrag habe nie Einfluss auf die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern oder Gesellschaftern genommen; alle Gesellschafter seien ausnahmslos von der KPÖ ausgewählt worden. He. sei 1990 zum Geschäftsführer bestellt worden, weil der österreichische Prokurist Sa. erhebliche Spesen verursacht habe und Frau St. mit ihm unzufrieden gewesen sei. Außerdem sei beabsichtigt gewesen, die Bindungen von He. als ehemaliger Protokollchef im DDR-Außenhandelsministerium zu westdeutschen und österreichischen Firmen sowie deren Mitarbeitern zu sichern.

Gegen ihre Zugehörigkeit zur KPÖ spreche nicht die Vereinbarung zwischen ihr und der DDR-Firma Transinter, die bei der Vermittlung von Geschäften anfallenden Provisionen zu teilen, da sie anders als die übrigen Firmen, die Provisionen an Transinter abgeführt hätten, unstreitig nicht zum Bereich KoKo gehört habe. Das Gleiche gelte für ihre steuerliche Behandlung in der DDR durch Aufnahme in die sog. "Exotenliste", da sie bereits ex lege von der Körperschaftssteuerpflicht ausgenommen gewesen sei.

Der Abschluss des Nutzungsvertrages vom 28. Februar 1990 bezüglich der Grundstücke Wönnichstraße 69 und 71 zwischen dem OEB Fundament und Frau St. und die folgende entgeltliche Unterverpachtung an sie - die Klägerin - seien notwendig gewesen. Das auf den Grundstücken befindliche Bürogebäude sei mit Mitteln des KPÖ-Wirtschaftsapparates gebaut und von ihr unentgeltlich genutzt worden. Die unentgeltliche Nutzung habe geändert werden müssen, da wegen der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Veränderungen nach außen eine Unterscheidung in Eigentum des KPÖ-Wirtschaftsapparates und ihr Eigentum habe erfolgen müssen.

Der Grund für die Bitte von Frau St. an die Notarin U.G. , die Treuhanderklärungen zu vernichten, sei ihre im Frühjahr 1990 bestehende Befürchtung gewesen, die Erklärungen könnten im Zuge des Umbruchs in unbefugte Hände geraten und allein aufgrund des Wortlauts Anlass zu falschen Schlüssen geben. Sie habe verhindern wollen, dass Verantwortliche des Außenhandelsbereichs der DDR und der Zentrag/SED oder eine von den Personen, die ihre Tätigkeit und die damit für die KPÖ erwirtschafteten Gewinne schon immer argwöhnisch betrachtet hätten, versuchen würden, die Firma nun für die SED zu beanspruchen und ihre bzw. die Vermögenswerte der KPÖ unter missbräuchlicher Verwendung der nur formellen Treuhanderklärungen einzuziehen.

Das an Frau St. gerichtete Angebot des Generaldirektors der Zentrag vom 6. April 1990, die Geschäftsanteile zurückzukaufen, womit die Treuhanderklärungen für Novum und T. gegenstandslos und die Firmen ihr alleiniges Eigentum seien, sei von Frau St. veranlasst worden und aus steuerlichen Gründen erfolgt. Es habe sich um einen rein formellen Vorgang gehandelt, der nicht vollzogen worden sei. Eine Veränderung bestehender Rechtsverhältnisse sei von keiner Seite beabsichtigt gewesen.

Die Beigeladene teilt und unterstützt die Position der Beklagten.

Der Senat hat, teilweise im Wege der Rechtshilfe, Beweis erhoben über die Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag, den Umfang und die Dauer der Zusammenarbeit des Notariats/Büros G. mit der Zentrag/SED bzw. den Parteibetrieben der SED, insbesondere dem Berliner Verlag, den Verbleib der Urkundensammlung der Notarin I.G., die die Novum betreffende Handakte der Notarin I.G., die juristische und notarielle Betreuung der SED und ihrer Parteibetriebe ab 1970, die Absprache zwischen SED und KPÖ über die Gründung der Novum, die Funktion der Novum nach ihrer Gründung im DDR-Außenhandel, den Einfluss der SED auf die Besetzung der Führungspositionen bei der Novum, die die Novum betreffenden Unterlagen bei der Zentrag und die von der Staatsanwaltschaft Berlin zum Komplex Novum mit Rechtsanwalt S. geführten Gespräche durch Vernehmung von als Zeugen und Frau St. als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 4., 7., 11. und 14. Dezember 2001, 15. und 22. Februar, 5. und 12. März, 25. und 26. Juli, 15. und 22. November sowie 3. Dezember 2002, 7., 21. und 28. Januar, 4. und 7. Februar, 21. März, 8. April und 9. September 2003 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Gerichtsakten (37 Streitakten, 26 Anlagenbände), Beiakten (89 Bände) sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (45 Bände) und der Beigeladenen (59 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die auf die Aufhebung des Bescheides der Treuhandanstalt vom 14. Januar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1992 gerichtete Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A. Die in dem Bescheid vom 14. Januar 1992 unter Ziffer 1 getroffene Feststellung, das Vermögen der Klägerin unterliege der treuhänderischen Verwaltung durch die Beklagte, hat ihre Rechtsgrundlage in § 20 b Abs. 2 des Gesetzes über Parteien und andere politische Vereinigungen (Parteiengesetz) - PartG-DDR - vom 21. Februar 1990 (GBl. DDR I - im Folgenden GBl. - S. 66) in der Fassung des Gesetzes vom 31. Mai 1990 (GBl. S. 275), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1483) und den hierzu in der Anlage II, Kapitel II, Sachgebiet A, Abschnitt III des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889 <1150>) getroffenen Maßgaberegelungen. Danach wird zur Sicherung von Vermögenswerten von Parteien oder ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen das Vermögen der Parteien und der ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen und Massenorganisationen, das am 7. Oktober 1989 bestanden hat oder seither an die Stelle dieses Vermögens getreten ist, unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Die Verwaltung oblag bei Erlass des angefochtenen Bescheides gemäß Buchstabe d) der Maßgabenregelungen der Treuhandanstalt, das danach erforderliche Einvernehmen der Beigeladenen lag vor. Die Treuhandanstalt wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1995 in Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben umbenannt (BGBl. I 1994, 3913).

Die Klägerin war am 7. Oktober 1989 eine mit einer Partei der ehemaligen DDR verbundene juristische Person.

Nach dem Beschluss des Senats vom 29. April 1994 in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zwischen den Beteiligten (OVG 3 S 21.93) ist ein rechtlich selbständig als GmbH geführtes Unternehmen eine mit einer Partei verbundene juristische Person im Sinne des PartG-DDR, wenn die Gesellschafter des Unternehmens die Geschäftsanteile nur als Treuhänder für eine Partei oder parteieigene Organisation der DDR halten. Daran hält der Senat fest. Denn in einem solchen Fall ist das Gesellschaftsvermögen der Partei oder parteieigenen Organisation zuzuordnen, weil das Treugut wirtschaftlich zum Vermögen des Treugebers gehört (s. u. I.). Dies gilt auch, wenn nur ein Teil der Geschäftsanteile treuhänderisch für eine Partei oder parteieigene Organisation (s. u. IV.) und der verbleibende Anteil von der GmbH selbst gehalten wird (s. u. V. 2.), und zwar selbst dann, wenn auf Seiten der GmbH ebenfalls ein Treuhänder eingeschaltet ist. Denn auch in diesem Fall steht der betreffende Teil des Gesellschaftsvermögens wirtschaftlich letztlich der Partei oder parteieigenen Organisation zu (s. u. V. 3.).

I. Eine Verbundenheit einer GmbH im Sinne von § 20 b PartG-DDR liegt bereits dann vor, wenn ein ihre Geschäftsanteile betreffender Treuhandvertrag wirksam zustande gekommen ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich dabei nicht nur um ein bloßes Indiz zum Nachweis der Verbundenheit, zu dem weitere wirtschaftlich-faktische Kriterien hinzukommen müssen. Denn unabhängig davon, welcher der von den Beteiligten angeführten Beurteilungsmaßstäbe bei der Auslegung von § 20 b PartG-DDR richtigerweise anzuwenden ist, besteht im Falle eines Treuhandverhältnisses zwischen rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein Unterschied.

In einem solchen Fall ist Grundlage für die Beurteilung der Verbundenheit einer juristischen Person mit einer Partei der DDR die rechtliche Konstruktion eines Treuhandverhältnisses. Liegt ein solches vor, dann ist das betroffene Gesellschaftsvermögen der Partei zuzuordnen. Denn ungeachtet der verschiedenen Erscheinungsformen und Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Treuhandverhältnisses, ist Charakteristikum dieser Rechtsform, dass das Treugut wirtschaftlich zum Vermögen des Treugebers gehört (Liebich/Mathews, Treuhand und Treuhänder in Recht und Wirtschaft, 2. Aufl. 1983, S. 23, 55, 141; RGZ 91, 12 <14>).

Die von der Klägerin neben dem Vorliegen einer Treuhandabrede verlangten weiteren, aus ihrer Sicht wirtschaftlich-faktischen Voraussetzungen betreffen nicht die Frage, welche Betrachtungsweise bei der Prüfung der Verbundenheit einer juristischen Person im Sinne von § 20 b Abs. 2 PartG-DDR maßgebend ist, sondern ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines Treuhandverhältnisses gegeben sind bzw. wie dieses ausgestaltet ist. So sind die Ausübung von Weisungs- und Kontrollrechten durch den Treugeber sowie eine fortlaufende Gewinnabführung an diesen Gegenstand der Ausgestaltung eines Treuhandvertrages. Es ist Sache der an einem Treuhandverhältnis Beteiligten, Art und Umfang der Treuhandtätigkeit sowie die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu regeln (Liebich/Mathews, a.a.O., S. 93). Der weitere von der Klägerin angeführte Punkt der Bereitstellung des Treuguts durch den Treugeber betrifft dagegen die Frage, welche Anforderungen an das Zustandekommen eines Treuhandverhältnisses zu stellen sind und ob in diesem Zusammenhang ein eher sachenrechtlicher oder eher schuldrechtlicher Treuhandbegriff zugrunde zu legen ist.

1. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den im Rahmen der klassischen Auslegungsmethoden zu § 20 b PartG-DDR anzustellenden Erwägungen sowie dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung.

a) Der Wortlaut des § 20 b PartG-DDR lässt offen, was unter einer "verbun denen juristischen Person" zu verstehen ist (BVerwGE 92, 196 <198/199>).

b) Auch die von der Klägerin angeführten Materialien (Gemeinsamer Antrag der Koalitionsfraktionen zu einem Beschluss der Volkskammer der DDR über die Bildung einer Regierungskommission betreffend die Vermögenswerte aller Parteien und Massenorganisationen im In- und Ausland; Antrag der Volkskammerfraktionen der CDU/DA, DSU, Die Liberalen, SPD - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Parteien und andere politische Vereinigungen - Parteiengesetz - vom 21. Februar 1990; stenographische Niederschrift der 9. Tagung der 10. Wahlperiode der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik am 31. Mai 1990) geben keinen Aufschluss über die für den Begriff der Verbundenheit maßgeblichen Beurteilungskriterien.

c) Die sich bei einer systematischen Auslegung anbietende Zusammenschau von § 20 b und § 20 a PartG-DDR, dessen Abs. 3 im Zusammenhang mit der von den DDR-Parteien geforderten Rechenschaftspflicht hinsichtlich ihres Vermögens ausdrücklich eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorsieht (BVerwG, a.a.O., <199>), führt nicht dazu, dass für die Frage der Verbundenheit einer juristischen Person im Rahmen von § 20 b PartG-DDR stets auch auf wirtschaftliche Vorgänge abzustellen wäre.

aa) Hintergrund der in § 20 a Abs. 3 PartG-DDR angeordneten wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist im Hinblick auf den mit §§ 20 a, b PartG-DDR verfolgten Zweck, den Parteien die Möglichkeit zu nehmen, Vermögenswerte, die ihnen aufgrund der gewählten Rechtsform oder sonstigen juristischen Konstruktion nicht zugeordnet werden können, trotz der sie treffenden umfassenden Rechenschaftspflicht nicht angeben zu müssen und damit der Beurteilung der Beigeladenen zu entziehen. Um den Regelungszweck zu erreichen, erstreckt § 20 a Abs. 3 PartG-DDR die Rechenschaftspflicht auf sämtliche Vorgänge und Unterlagen, die für die Beurteilung der Vermögenssituation von Bedeutung sein können, was zwangsläufig eine wirtschaftliche Betrachtung voraussetzt. § 20 a Abs. 2, 3 PartG-DDR ist aber auch so zu verstehen, dass die Rechenschaftspflicht gleichermaßen Vermögenswerte erfasst, die bereits nach der gewählten rechtlichen Konstruktion den Parteien zugeordnet werden können. Die angeordnete wirtschaftliche Betrachtung hat zum Ziel, jegliche denkbare Umgehung oder Begrenzung der Rechenschaftspflicht zu verhindern.

Nichts anderes kann für die Voraussetzungen des § 20 b PartG-DDR gelten. Wo schon die gewählte Rechtsform ergibt, dass es sich um eine verbundene juristische Person handelt, greift die treuhänderische Verwaltung ein. Erst wenn rechtlich keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Verbindung festgestellt werden können, ist eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt, um den Zweck der §§ 20 a, b PartG-DDR zu erreichen.

bb) In diesem Sinne ist auch die bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage zu verstehen. Soweit in Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 13. März 1992, DVBl. 1992, 1301; Beschluss vom 26. Mai 1992, DVBl. 1992, 1305; Beschluss vom 27. Mai 1992 - OVG 2 S 30.91 -) für die Einordnung einer juristischen Person als "verbundenes Unternehmen" im Sinne der §§ 20 a, b PartG-DDR in erster Linie die wirtschaftlichen Beziehungen als maßgebend angesehen worden sind und in dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) ausgeführt wird, dass es bei der Auslegung des Begriffs der verbundenen juristischen Person nicht auf formale Kriterien wie der rechtlichen Verbundenheit oder rechtlichen Selbständigkeit ankommt, sondern vielmehr mit Blick auf die Vermögenswerte eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt sei, diente diese Argumentation jeweils einer erweiternden Auslegung des § 20 b PartG-DDR. Die zu entscheidenden Fälle betrafen sämtlichst rechtlich selbständig als GmbH geführte Unternehmen, die zudem teilweise noch nach dem maßgeblichen Stichtag des 7. Oktober 1989 gegründet worden waren und bei denen keine rechtlichen Anhaltspunkte dafür bestanden, dass es sich um Parteivermögen gehandelt haben könnte.

d) Entgegen der Ansicht der Klägerin entspricht auch dem Zweck der Norm nicht allein eine wirtschaftliche Betrachtungsweise in dem von ihr vertretenen Sinn. Geboten ist vielmehr diejenige Auslegung, die geeignet ist, den Gesetzeszweck zu erreichen, ohne dem Wortlaut der Norm und der Systematik des Gesetzes zu widersprechen. Insoweit gilt hier das Gleiche wie das zur systematischen Auslegung Ausgeführte. Wenn Vermögensgegenstände bereits aufgrund der gewählten rechtlichen Gestaltungsform wirtschaftlich den Parteien der DDR zuzuordnen sind, so bedarf es keiner davon unabhängigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Sinne der Klägerin. Die von dieser sowohl bei der teleologischen Auslegung als auch bei der Prüfung des Gebots verfassungskonformer Auslegung vorgenommene Unterscheidung zwischen der rein formal-rechtlichen Treuhanderklärung und deren tatsächlichem Vollzug (z.B. der Gewinnabführung), durch den erstere erst Vermögenswert werde, geht an der rechtlichen wie wirtschaftlichen Bedeutung eines Treuhandverhältnisses vorbei. Einer Treuhandabrede kommt nicht erst dann Vermögenswert zu, wenn der Treugeber meint, aufgrund der Treuhandabrede über das Treuhandvermögen verfügen zu können, und das Treugut aufgrund dessen wirtschaftlich seinem Vermögen zuordnet. Diese Argumentation verkennt, dass die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses gerade dazu führt, dass das betroffene Treugut nur wirtschaftlich zum Vermögen des Treugebers gehört, dieser aber rechtlich darüber nicht verfügen kann.

2. Mit dem Vorliegen einer Treuhandabrede zugunsten einer Partei der DDR oder einer ihr verbundenen Organisation sind die betroffenen Vermögenswerte wirtschaftlich dem Parteivermögen zuzuordnen und die Voraussetzungen für eine treuhänderische Verwaltung im Sinne von § 20 b Abs. 2 PartG-DDR erfüllt. Darin liegt auch keine unverhältnismäßige Einschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsgrundrechts der Klägerin, weil die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BVerwG, a.a.O., S. 205, bezüglich Art. 14 GG; BVerfGE 84, 290 <297-303>, bezüglich Art. 21 GG).

3. Die Klägerin kann sich für ihre Rechtsauffassung zu § 20 b PartG-DDR schließlich nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) - VermG - und zum Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) - TreuhG - berufen. Die Regelungen dieser beiden Gesetze und des PartG-DDR weisen erhebliche Unterschiede auf und sind jeweils Ausdruck eines grundlegend anderen Ausgangspunktes bei der Bewertung und Abwägung der relevanten Interessen.

Während das VermG den Zweck verfolgt, dem Bürger, der durch eine staat-liche Veräußerungshandlung sein Vermögen verloren hat, ein behördliches Verfahren zur Wiedergutmachung des geschehenen Unrechts an die Hand zu geben, d.h. dem sozialverträglichen Ausgleich sog. Teilungsunrechts dient (BVerwG, VIZ 1994, 538 <538/539>), soll das PartG-DDR den Parteien diejenigen Vermögensteile entziehen, die sie sich unter Ausnutzung ihres Machtmonopols entgegen rechtsstaatlichen Grundsätzen verschafft haben, und so die Chancengleichheit der Parteien in vermögensrechtlicher Hinsicht herbeiführen (OVG Berlin, a.a.O., S. 1303/1304; a.a.O., S. 1306; a.a.O., Beschlussabdruck S. 26). Das TreuhG bezweckt, die ehemals volkseigenen Wirtschaftseinheiten aus staatlicher Planwirtschaft in wettbewerbsfähige Unternehmen des Privatrechts zu überführen (BVerwG, VIZ 1995, 99 <100>).

Diese unterschiedlichen Interessenkonstellationen führen konsequenterweise auch in der Sache zu unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben (v. Arnim, Wem steht das Vermögen der DDR-Parteien zu? Rechtsgutachten über die Auslegung der Vorschriften des Einigungsvertrages über das Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR, erstellt im Auftrag der Beigeladenen, S. 71-74, für das Verhältnis von VermG und PartG-DDR), sodass die für ein Gesetz maßgeblichen Auslegungs-/Beurteilungskriterien nicht auf die Regelungen der anderen Gesetze übertragen werden können. Dem steht nicht entgegen, dass in den angeführten Entscheidungen im Ergebnis überkommene rechtliche Kriterien in den Hintergrund getreten sind, um den von dem jeweiligen Gesetz erstrebten Zweck erreichen zu können. Daraus lässt sich nämlich nicht ableiten, dass immer dann, wenn Rechtsstreitigkeiten Vorgänge aus der DDR betreffen, ausschließlich eine wirtschaftlich-faktische Betrachtungsweise geboten sei. Den Urteilen ist vielmehr zu entnehmen, dass sich die Auslegung der einschlägigen Normen streng am Gesetzeszweck zu orientieren hat.

II. Bei einem Treuhandverhältnis handelt es sich um ein besonderes Rechtsverhältnis, das weder im Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975 (GBl. I S. 465) - ZGB - noch in dem vor dessen Inkrafttreten auch in der DDR geltenden BGB als eigener Vertragstyp kodifiziert ist. Es muss nach den jeweiligen Umständen, insbesondere nach dem zugrunde liegenden Auftrag bestimmt werden (vgl. schon RGZ 127, 341 <345>). Wenn der Treuhänder - wie im vorliegenden Fall unstreitig - unentgeltlich tätig wird, handelt es sich bei dem Treuhandvertrag um einen unvollkommen zweiseitigen Vertrag (Liebich/Mathews, a.a.O., S. 79/80) in der Form eines Auftrags (§§ 662 ff BGB, §§ 197 ff ZGB; Beuthien, Treuhand an Gesellschaftsanteilen, ZGR 1974, 26 <40>). Für das Zustandekommen gelten die allgemeinen Regeln über Verträge (§§ 145 ff BGB, §§ 60 ff ZGB), d.h. erforderlich sind Angebot und Annahme (Liebich/Mathews, a.a.O., S. 80). Weiterhin bedarf es der Begründung eines sog. Treugutes.

III. Die Klägerin erfüllt sämtliche Voraussetzungen einer mit einer Partei verbundenen juristischen Person im Sinne von § 20 b Abs. 2 PartG-DDR.

Frau St. ist Gesellschafterin der Klägerin. Den ersten Geschäftsanteil in Höhe von 25 000,- M übernahm sie 1978 von Ha. (Ziff. IV. 1.). Für diesen Geschäftsanteil gab sie am 16. März 1978 eine Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag ab, wodurch zwischen ihr und der Zentrag/SED ein wirksamer Treuhandvertrag zustande kam (Ziff. IV. 2.). Damit gehörte der Geschäftsanteil zum Vermögen der SED. Den zweiten Geschäftsanteil in Höhe von ebenfalls 25 000,- M übernahm sie 1983 gleichfalls von Ha. (Ziff. V. 1.). Für diesen gab sie am 25. Mai 1983 eine Treuhanderklärung zugunsten der Klägerin ab, wodurch zwischen ihr und der Klägerin ein wirksamer Treuhandvertrag zustande kam (Ziff. V. 2.). Auch dieser Geschäftsanteil gehörte aber letztlich zum Vermögen der SED (Ziff. V. 3.).

IV. Erster Geschäftsanteil:

1. Frau St. ist am 16. März 1978 mit einem Geschäftsanteil von 25 000 M Gesellschafterin der Klägerin geworden. Der notarielle Vertrag vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 90/1978 des Notarvertreters Dr.G.), mit dem Ha. seinen Geschäftsanteil an der Klägerin in der genannten Höhe an Frau St. abtrat und diese die Abtretung annahm, ist wirksam. Insbesondere ist die Annahmeerklärung von Frau St. nicht formunwirksam. Denn der Beweis, dass ihr die Erklärung nicht, wie in der Urkunde vermerkt, vorgelesen worden ist, ist nicht geführt.

a) Nach § 15 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - vom 20. April 1892 (RGBl. S. 477) in der in der DDR fortgeltenden Fassung vom 10. August 1937 (RGBl. I S. 897; vgl. BeckŽsche Textausgaben, Gesellschaftsrecht der DDR, 1990, Einführung X und S. 111, und Rowedder/S.-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, Einleitung Rnr. 361) - im Folgenden GmbHG a.F. -, bedurfte es zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter eines in gerichtlicher oder notarieller Form geschlossenen Vertrages.

Ein solcher Abtretungsvertrag liegt mit der Urkunde Nr. 90/1978 des Notarvertreters Dr.G. vor.

b) Die Beurkundung ist auch wirksam.

aa) Eine Beurkundung eines Einzelnotars ist gemäß § 23 Nr. 2 des Gesetzes über das Staatliche Notariat - Notariatsgesetz - vom 5. Februar 1976 (GBl. I S. 93) - im Folgenden NG - in Verbindung mit § 2 Abs. 2 der Ersten Durchführungsbestimmung zum Notariatsgesetz vom 5. Februar 1976 (GBl. I S. 99) - im Folgenden DB - nichtig, wenn gegen zwingende Formvorschriften dieses Gesetzes verstoßen wurde.

Nach § 19 Abs. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB hat die Niederschrift bei der Beurkundung von Erklärungen den Namen des Notars (Nr. 1), die Angabe des Ortes und des Datums der Beurkundung (Nr. 2), die Namen der Beteiligten (Nr. 3) und deren Erklärungen (Nr. 4) zu enthalten. Weiterhin ist die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen und von ihnen zu genehmigen.

Diese Anforderungen erfüllt die Niederschrift vom 16. März 1978. Ausweislich der Urkunde Nr. 90/1978 hat sich Dr.G. am 16. März 1978 nach Leipzig, Messegelände, begeben und dort sowohl die Abtretungserklärung des erschienenen Ha. als auch die Annahmeerklärung der gleichfalls erschienenen Frau St. aufgenommen. Er hat in der Urkunde weiter bestätigt, dass das Protokoll den Erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben wurde.

Für diese Tatsachen erbringt die notarielle Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen - Zivilprozeßordnung - vom 19. Juni 1975 (GBl. I S. 533) - im Folgenden ZPO-DDR - den vollen Beweis. Danach begründen Urkunden, die von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), wenn sie über eine vor der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Urkundsperson beurkundeten Vorgangs.

bb) Der gemäß § 415 Abs. 2 ZPO-DDR zulässige Gegenbeweis, dass der Beurkundungsvorgang unrichtig beurkundet worden sei, ist nicht geführt.

Zwar hat Frau St. bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 8. April 2003, die - wie später noch auszuführen sein wird - auch im vorliegenden Verfahren nur als Partei in Betracht kam, auf die Frage, ob ihr die Erklärungen vom 16. März 1978 (Annahmeerklärung - Urkunde Nr. 90/1978 - und Treuhanderklärung - Urkunde Nr. 91/1978 -) wie in den Urkunden vermerkt vorgelesen worden sind, erklärt, das seien doch nur Floskeln, die jeder Notar hinschreibe. Herr G. habe ihr nie etwas vorgelesen.

Dies reicht jedoch zur Widerlegung des Inhalts der Urkunden nicht aus. Zunächst ist der volle Gegenbeweis nicht durch die schlichte Behauptung zu führen, die den Beurkundungsvorgang betreffenden, in der Urkunde festgestellten Tatsachen seien unrichtig. Aber selbst wenn man dies für genügend erachten wollte, ist die geschilderte Bekundung von Frau St. unglaubhaft. Denn die angebliche Unrichtigkeit der Urkunde Nr. 90/1978 wird erstmals im Berufungsverfahren nach einer Prozessdauer von elf Jahren und umfangreichen Beweisaufnahmen in beiden Instanzen behauptet, obwohl die Formnichtigkeit notarieller Urkunden, nämlich der Annahmeerklärung von Frau St. bezüglich des zweiten Geschäftsanteils an der Klägerin und der entsprechenden Treuhanderklärung jeweils vom 25. Mai 1983, auf die an späterer Stelle eingegangen wird, bereits während der gesamten Zeit Gegenstand ausführlicher rechtlicher Erörterungen, wenn auch unter anderen Gesichtspunkten, gewesen ist. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Behauptung von Frau St. um eine zweckgerichtete Erklärung. Denn ihre Vernehmung als Partei diente der Feststellung ihres Erklärungsbewusstseins bei Unterzeichnung der Treuhanderklärung vom 16. März 1978, das später behandelt wird, und die Äußerung erfolgte auf eine Frage des Klägervertreters Dr. K. mit dem Ziel nachzuweisen, dass ihr ein solches fehlte. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass Frau St. als Klägerin in dem Parallelverfahren OVG 3 B 11.96 ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat.

2. Zwischen Frau St. und der Zentrag/SED ist nach dem maßgeblichen Recht der DDR bezüglich des ersten Geschäftsanteils ein wirksamer Treuhandvertrag zustande gekommen. Mit der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 91/1978 des Notarvertreters Dr.G.) ist sie für diesen Anteil eine schuldrechtliche Treuhandbindung gegenüber der Zentrag/SED eingegangen, wobei die Klägerin insoweit formal an die Zentrag angebunden war, die ihrerseits als Parteiunternehmen zum Vermögen der SED gehörte.

a) Dieser Erklärung ist ein entsprechendes Angebot der Zentrag/SED vorausgegangen. Ein solches liegt zwar nicht in einer der Treuhanderklärung vergleichbaren Form vor. Aufgrund der vom Senat herangezogenen schriftlichen Unterlagen, der Zeugenaussagen und des Wortlauts der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 steht jedoch fest, dass Frau St. diese auf ein zumindest konkludent geäußertes Verlangen der Zentrag/SED abgegeben hat.

aa) Ein solches Verlangen ergibt sich bereits daraus, dass die Erklärung unstreitig von dem Notarvertreter Dr.G. vorbereitet und Frau St. bei der Leipziger Frühjahrsmesse 1978 zur Unterschrift vorlegt wurde, ohne dass, was ebenfalls unstreitig ist, zuvor eine entsprechende Anweisung durch sie, Verantwortliche der Klägerin oder der KPÖ ergangen war (vgl. Protokolle der Vernehmungen von Frau St. durch die Bezirksanwaltschft IV für den Kanton Zürich vom 8. Februar 1993, das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 25. August 1994 und den Senat vom 8. April 2003). Soweit Frau St. bei ihrer Vernehmung am 8. April 2003 auf die Frage, ob sie Dr.G. ersucht habe, nach Leipzig zu kommen, erklärt hat, dass das von Novum ausgegangen sei, die Gelegenheit bei der Leipziger Messe wahrzunehmen, ist damit ersichtlich die bloße Terminsabsprache und nicht das Ersuchen, eine Treuhanderklärung zu beurkunden, gemeint. Sie hat nämlich auf die zuvor gestellte Frage, wer ihr gesagt habe, dass sie die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 unterschreiben solle, geantwortet, sie glaube, es sei Dr.G. gewesen (vgl. auch Protokoll der Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich vom 8. Februar 1993).

Dr.G. fungierte dabei als Bote der Zentrag/SED (vgl. zum Boten im Zivilrecht der DDR Kommentar zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975 und zum Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975, 1985 - im Folgenden Kommentar-ZGB -, Anm. 2.3 zu § 53, Anm. 1.1.b) zu § 70; Göhring/Posch, Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 1, 1981, S. 197, 217; Posch, Allgemeines Vertragsrecht, 1977, S. 37, 63; Rechtslexikon, hrsg. vom Staatsverlag der DDR, 1988, S. 19).

aaa) Das Auftreten als Bote war möglich, weil die Notarin I.G., als deren Vertreter Dr.G. tätig wurde, die Rechtsanwältin und Notarin war, mit der die Zentrag/SED neben anderen vorzugsweise zusammenarbeitete und der insoweit eine besondere Funktion zukam.

Dies ergibt sich zunächst aus einigen zeitgenössischen Dokumenten.

(1) So liegen dem Senat zahlreiche Unterlagen über notarielle Beurkundungsvorgänge vor, insbesondere von der Notarin I.G. beurkundete Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag und der SED aus den 40er und 50er Jahren.

(2) Weiter ist einem - undatierten - Bericht des Ministeriums für Staatssicherheit - im Folgenden MfS - aus der IM-Akte von Dr.G. (XV 2629/73), der als informeller Mitarbeiter (IM) unter dem Decknamen "Werner Ullrich" für das MfS tätig war, nebst Namenslisten und Übersichten zu entnehmen, dass bei der seit 1945 als Notarin zugelassenen Genossin I.G. u.a. die Gründungsversammlungen aller Parteibetriebe und zahlreiche finanzielle Transaktionen mit Parteivermögen beurkundet worden sind. Aus der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Parteivermögens habe sich eine weitere Zusammenarbeit mit sehr vielen dieser Genossen bei der Regelung persönlicher Angelegenheiten, speziell bei der Beurkundung ihrer Testamente und später bei der Abwicklung ihrer Nachlässe ergeben. Dies berühre Parteiinteressen, weil sich in den Testamenten und den Nachlässen oft Hinweise zu Fragen des Parteivermögens fänden.

(3) I.G. selbst bedankt sich in ihrem Brief an Erich Honecker vom 14. September 1981 für die hohe Anerkennung, die die Parteiführung der Tätigkeit ihres Anwaltsbüros durch die Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens an ihren 1979 verstorbenen Ehemann Dr. W. G. und sie selbst erwiesen habe. Diese Auszeichnung sei für sie eine Bestätigung gewesen, dass es ihr gelungen sei, durch ihre Arbeit zur Durchsetzung der Ziele der Partei und des sozialistischen Staates beizutragen. Sie sei stets bemüht gewesen, die ihr speziell von der Partei übertragenen Aufgaben so gut als möglich zu lösen, wobei ihr die Hinweise der Parteiorgane dabei immer eine große Hilfe gewesen seien. An späterer Stelle des Briefes teilt sie mit, eine weitere kaderpolitische Stabilisierung ihres Büros erwarte sie von der beabsichtigten Einstellung ihrer Enkelin, der Genossin U.G.

(4) Bis 1949 war I.G. zudem für die SED im Vorstand der Anwaltskammer Berlin (50 Jahre Anwaltskammer Berlin, Berliner Anwaltsblatt, Heft 1-2 1996, S. 21).

Diese besondere Funktion von I.G. für die Zentrag/SED wird durch die glaubhaften Aussagen des verstorbenen langjährigen (1967-1983) Generaldirektors der Zentrag, Kb., sowie der Zeugen Ky., Direktor und späterer Generaldirektor der Zentrag (1954-1959), Hg., von 1960 bis zum Ende der DDR Mitarbeiter des MfS, und Lg., Mitarbeiter im ZK der SED und seit Oktober 1990 als Mitarbeiter der mit der Zentrag verbundenen DVDK (Deutsche Druckerei- u. Verlagskontor GmbH) auch für die Zentrag tätig, bestätigt.

(1) So bekundete Kb. bei seiner Vernehmung durch den Polizeipräsidenten in Berlin am 18. März 1993, dass ihm die Rechtsanwältin I.G. als Vertrauensanwältin der SED bekannt sei. Zwar konnte er sich bei einer späteren Vernehmung durch das Bezirksgericht Zürich am 27. August 1993 an eine solche Funktion nicht mehr erinnern, hielt es aber für wahrscheinlich.

(2) Laut Aussage des Zeugen Ky. war I.G. die Notarin der Zentrag. Übereinstimmend mit seinen Angaben beim Bezirksgericht Zürich am 27. August 1993 und beim Verwaltungsgericht am 13. Juni 1996 hat der Zeuge bei seiner Vernehmung durch den Senat am 4. Dezember 2001 weiter bekundet, dass die Notarin I.G. während seiner Zeit bei der Zentrag von August 1950 bis Januar 1959 bei Gesellschafterversammlungen von Betrieben tätig geworden sei, die zur Zentrag gehörten. Sie habe die Protokolle geführt.

(3) Über die herausgehobene Position der Notarin und Kontakte der Familie G. zur Führungsschicht der DDR berichtete auch der Zeuge Hg. bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 30. Oktober 1996. Er beschrieb die Notarin als hochrangige Anwältin, die Parteibetriebe wie den Berliner Verlag, andere Unternehmungen und außerdem private Vermögensangelegenheiten von hohen Parteifunktionären oder Kulturschaffenden bearbeitet habe. Die Richtigkeit dieser Aussage hat der Zeuge bei seiner Vernehmung durch den Senat am 28. Januar 2003 bestätigt. Dass ihm darüber hinausgehende bzw. genauere Angaben nicht möglich waren, hat er nachvollziehbar mit der inzwischen verstrichenen Zeit und seiner begrenzten Aufgabenstellung bezüglich der Kontakte zu Dr.G. erklärt.

(4) Der Zeuge Lg. gab bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 8. August 1995 an, ihm sei bekannt, dass I.G. Vertrauensanwältin und Vertrauensnotarin der SED gewesen sei.

Dies hat er aufgrund der von ihm ab November 1989 durchgeführten umfangreichen Recherchen im Zentralen Parteiarchiv der SED sowie der Tatsache, dass er ab 1990/91 für Archivfragen bei der Zentrag verantwortlich gewesen sei, bei seiner Vernehmung durch den Senat am 4. Dezember 2001 dahin ergänzt, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis mit dem Notariat G., insbesondere mit I.G., zunächst zur KPD und ab April 1946 zur SED und im Zusammenhang damit auch zur Zentrag bestanden habe. Im Oktober 1945 habe das Sekretariat des ZK der KPD beschlossen, die Zentrag zu gründen. Im selben Monat sei das Notariat G. mit der Umsetzung betraut worden. Die Notarin G. habe die Gründung der Zentrag beurkundet.

Nach Gründung der SED bis in die 50er Jahre sei die SED als Firmengründer aufgetreten, insbesondere von Zeitungs- und Buchverlagen, aber auch von Wirtschaftsunternehmen, wie z.B. Filmproduktionen, Filmverleih, Papierfabriken. Die Zentrag sei zunächst im Berliner Raum tätig gewesen. Hierbei habe ein intensiver rechtlicher Kontakt mit dem Notariat G. bestanden. Ab Oktober 1945 sei I.G. zunächst für die KPD und nach ihrer Gründung für die SED fortlaufend tätig gewesen. In den 70er Jahren sei Prof. Ka. sowohl für die Zentrag als auch für die SED hinzugekommen, wobei er zu der Arbeitsteilung zwischen den beiden Notariaten nichts sagen könne.

Das Notariat G. sei nicht nur auf die rechtliche Betreuung der Zentrag beschränkt gewesen, sondern habe darüber hinaus auch andere Dinge gemacht. Das Vertrauensverhältnis zur SED habe sich aber aus der Tätigkeit des Notariats G. für die Zentrag ergeben. Dass es hier eine enge Zusammenarbeit gegeben haben müsse, sei ihm schon aus Gesprächen vor 1990 bekannt gewesen, weil der Name I.G. immer wieder gefallen sei. Aus der Kenntnis der ihm bekannt gewordenen Sachzusammenhänge sei für ihn klar, dass dem Notariat G. ab Oktober 1945 mit den Gründungsformalitäten der Zentrag ein gesellschaftlich besonders bedeutendes Anliegen zur rechtlichen Ausgestaltung anvertraut worden sei. Daraus ziehe er den Schluss, dass es von Anbeginn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Sekretariat der KPD und dann der SED wie auch der Zentrag zum Notariat G. gegeben habe. Er halte es für denkbar, dass die Zentrag später einmal in einzelnen Fällen Staatliche Notariate in Anspruch genommen habe. Der innere Bereich sei aber fest in der Hand des Notariats G. gewesen. Die politische Zuverlässigkeit des Notariats G. habe zu seiner Beauftragung gehört. Sie habe an vorderer Stelle gestanden, möglicherweise an erster Stelle. Neben den für einen Notar erforderlichen Rechtskenntnissen stehe die politische Zuverlässigkeit. Nach seinem Verständnis der Zeitgeschichte sei ihm klar, dass wenn ein Notariat mit so diffizilen Dingen betraut werde, dass dann ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehen müsse. Aus seinen Recherchen seien ihm Urkunden in Erinnerung betreffend die Zentrag, Fundament, Funkverlag, Filmverlag, Verlag Volk und Welt, Verlag Einheit. Darunter hätten sich auch Treuhanderklärungen befunden. Das Notariat G. habe auch Treuhandverhältnisse zugunsten der Zentrag beurkundet.

Die Beauftragung des Notariats G. ergebe sich jeweils aus den Beschlüssen des Sekretariats der KPD bzw. SED.

Der durch Dokumente und Zeugenaussagen belegten besonderen Funktion von I.G. steht nicht entgegen, dass der Zeuge B. bei seiner Vernehmung durch den Senat am 7. Dezember 2001 bekundet hat, Frau G. habe ihm bzw. der Novum weder Weisungen der Zentrag oder SED übermittelt noch habe sie nach seinem Eindruck Informationen, die sie im Rahmen der Beurkundungstätigkeit für die Novum erlangt habe, an die Zentrag weitergegeben. Entscheidend ist vorliegend nämlich allein die zuvor aufgezeigte Funktion von I.G. für die Zentrag/SED und nicht, ob sie im Auftrag der Zentrag/SED Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Novum genommen hat. Ebenso wenig kommt es auf die von dem Zeugen geäußerte Einschätzung an, es sei für das geschäftliche Verhalten der Novum egal gewesen, ob die Abgabe der Treuhanderklärung in der Kanzlei G. oder einer anderen Kanzlei vor sich gegangen wäre. Denn zum einen betrifft auch dies die Geschäftstätigkeit der Novum und zum anderen ist die Treuhanderklärung von Frau St. zugunsten der Zentrag ebenso wie alle vorangegangenen gerade nicht bei einem anderen Notariat abgegeben worden, sondern beim Notariat G.

Diese besondere Funktion der Rechtsanwältin und Notarin I.G. nahm auch ihr Sohn Dr.G. seit seiner Bestellung zum Rechtsanwalt und Notarvertreter 1967 (vgl. Hausmitteilung des Ministeriums der Justiz vom 16. Januar 1967 und Schreiben an Dr.G. vom 19. Januar 1967) wahr.

(1) Das Interesse der SED am Büro G. und der damit verbundene "politische Sonderstatus" wird bereits an dem Zeitpunkt der Zulassung von Dr.G. als Einzelanwalt sowie seiner Bestellung zum Vertreter der Einzelnotarin I.G. deutlich. Denn von 1952/53 bis 1976 war die Neuzulassung von Einzelanwälten/-notaren ausgeschlossen und blieb auch danach höchst selten (Zimmermann u.a., DDR Handbuch, hrsg. vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, 3. Aufl. 1985, S. 946 u. 1103 ff; Herbst u.a., So funktionierte die DDR, 1994, Stichwort: Kollegium der Rechtsanwälte; Brand, Der Rechtsanwalt und der Anwaltsnotar in der DDR, 1985, S. 36, 148, 150; Rosenthal, Die Rechtsanwaltschaft in der SBZ, ROW 1958, 27 <28>; Zieger, Festschrift für Mampel, 1983, S. 209 <218>; Schulz, Das Notariat in der Sowjetzone, DNotZ 1965, 275 <276>). Ausgenommen waren einige wenige Rechtsanwälte, an deren Status als Einzelanwalt die Staats- und Parteiführung der DDR ein besonderes Interesse hatte (Lieser, Der Rechtsanwalt und das Recht in der DDR, ROW 1989, 47 <50>; Brand, a.a.O., S. 64; Zieger, a.a.O., S. 244) bzw. einige wenige ausgesuchte Einzelnotare, die für besondere Aufgaben eingesetzt werden konnten (Brand, a.a.O., S. 150, 153) und für deren Berufung zu dieser Zeit ausschließlich politische Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte maßgebend waren (Kittke/Kring, Neues Notariats- und Grundbuchrecht in der DDR, NJW 1977, 183 <184>).

Hinzu kommt, dass es laut Aussage der Zeugin Hn., von 1964 bis 1985 einzige Notarrevisorin in Ost-Berlin, außer bei I.G. keinen ständigen Notarvertreter gab (vgl. Protokoll der Vernehmung vom 21. Januar 2003).

(2) Trotz nachhaltiger Bestrebungen in den 70er Jahren, das Einzelbüro G. aufzulösen, Dr.G. in ein Rechtsanwaltskollegium einzugliedern und ihm insbesondere die Zulassung als Notar zu verweigern (vgl. Schreiben von Dr. S. an Honecker aus dem Jahr 1976, Treffberichte IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai und 2. Juli 1977), blieb die Praxis bis zum Ende der DDR als Einzelanwaltsbüro und Notariat erhalten (vgl. Schreiben des Staatssekretärs im Ministerium für Außenhandel Dr. Sch. an das Ministerium für Justiz vom 31. Juli 1980; Schreiben von I.G. an Honecker vom 14. September 1981).

(a) Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Büros G. verlagerte sich allerdings im Laufe der Jahrzehnte von der Betreuung der Parteibetriebe zu derjenigen von verantwortlichen Genossen in persönlichen Angelegenheiten wie Testamenten, Nachlassabwicklungen u.ä., der Beratung und Vertretung von Mitarbeitern des diplomatischen Dienstes der Sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin und vieler Bürger der Sowjetunion in dienstlichen und persönlichen Angelegenheiten aller Rechtsgebiete sowie der Regelung von Nachlässen und Erbschaftsangelegenheiten in der Bundesrepublik und West-Berlin (s. Vorschlag der Hauptabteilung XVIII/8/2 des MfS vom 10. April 1975 zur Werbung des IM-Kandidaten Dr.G. und Schreiben von I.G. an Honecker vom 14. September 1981). Der Zeuge Br. hat bei seiner Vernehmung durch den Senat am 3. Dezember 2002 glaubhaft bekundet, in seiner Funktion als stellvertretender Justizminister der DDR (von 1970 bis zum Frühjahr 1990) und insoweit u.a. verantwortlich für die Anwaltschaft und die Notariate darüber informiert worden zu sein, dass das Einzelnotariat G. mit spezifischen Erfahrungen dafür da sei, dass die Betriebe und Staatsorgane ihre Beziehungen im internationalen Rechtsverkehr mit Hilfe dieses Notariats gestalten könnten. Außerdem sei ihm gesagt worden, dass das Büro G. den Mitgliedern der Regierung, den Mitgliedern der Führungsgremien der Parteien und gesellschaftlichen Organisationen zur Gestaltung ihrer Rechtsangelegenheiten zur Verfügung stehe, wenn es gewünscht werde.

Auch fiel der Umfang der notariellen Tätigkeit des Büros G. für die Zentrag/SED in den 70er Jahren deutlich geringer aus als z.B. in den 50er Jahren, weil die SED und die mit ihr verbundenen Organisationen ab Mitte der 50er Jahre auf dem Gebiet der DDR nur noch wenige Betriebe und Unternehmen in der privatrechtlichen Form einer GmbH führten und für organisationseigene Betriebe Notariatsakte kaum anfielen (s. auch Schreiben von I.G. an Honecker vom 14. September 1981).

(b) Weiter hat der Zeuge Lg. bei seiner Vernehmung durch den Senat am 4. Dezember 2001 - wie dargelegt - bekundet, dass ab den 70er Jahren neben dem Notariat G. auch das Notariat Ka. für die Zentrag/SED tätig gewesen sei.

Bestätigt wird dies durch das dem Senat in Kopie vorliegende Urkundenregister des Notars Prof. Ka. für die Zeit von November 1971 bis April 1981. Daraus geht hervor, dass dieser für die Parteibetriebe Panorama DDR GmbH und Zimex GmbH, den OEB Fundament, die Zentrag in Grundstücksangelegenheiten sowie in einer Vielzahl von Fällen für Rb., von 1950 bis 1981 Leiter der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe des ZK der SED, Notariatsakte ausgeführt hat.

Entsprechendes hat der Zeuge Dr.M., von Januar 1980 bis Mai 1981 Vertreter von Prof. Ka. und ab Juni 1981 dessen Nachfolger als Notar, für die allerdings hier nicht in erster Linie maßgeblichen 80er Jahre ausgesagt. Seinen Angaben zufolge, war Prof. Ka. für die "Partei-GmbHs" Genex [Geschenkdienst GmbH], Panorama [DDR GmbH], Zimex [GmbH], den OEB Fundament und bei Grundstücksverkäufen einige Male für die Zentrag notariell und mitunter auch allgemein beratend tätig (Protokoll der Vernehmung vom 7. Januar 2003).

(3) Dies änderte jedoch nichts an der beschriebenen besonderen Funktion des Büros G. für die Zentrag/SED.

(a) Zum einen ist die Betreuung der o.a. Parteibetriebe durch Prof. Ka. darauf zurückzuführen, dass Rb. und er gute Freunde waren (vgl. Treffbericht IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai 1977) bzw. sich besonders gut verstanden haben, während I.G. und Prof. Ka. sich persönlich nicht mochten (vgl. Protokoll der Vernehmung des Zeugen Dr.M. vom 7. Januar 2003), und nicht etwa auf eine Unzufriedenheit der Zentrag/SED mit dem Büro G. Letzteres wird schon daran deutlich, dass I.G., wie ausgeführt, Mitarbeiter des diplomatischen Dienstes der Sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin in dienstlichen und persönlichen Angelegenheiten sowie verantwortliche Genossen in persönlichen Angelegenheiten betreute.

Außerdem wird Dr.G. in dem bereits erwähnten Bericht des MfS aus der IM-Akte "Werner Ullrich" (XV 2629/73) als aufgrund seiner fast zehnjährigen Tätigkeit als ständiger Notarvertreter mit dem juristisch wie historisch bedeutsamen Gebiet des Parteivermögens sowie den Nachlass- und sonstigen persönlichen Angelegenheiten von Parteigenossen vertraut beschrieben und dadurch als Garant für eine sachgemäße Betreuung der dabei entstandenen Urkunden angesehen. Aus diesem Grund wird auch seine Berufung zum Notar befürwortet.

(b) Zum anderen arbeitete das Büro G. weiter mit der Zentrag zusammen, wie aus einer vom Zeugen Sch. erstellten Übersicht vom 2. Januar 1990 über die Eigentumslage an den Grundstücken, die ehemals vom Berliner Verlag genutzt wurden und teils im Eigentum der Zentrag standen (vgl. notarielle Kaufverträge vom 18. April 1974 und 23. Juli 1974, Urkunden Nr. 245/74 und 437/74 des Notariats G.; notarieller Überlassungsvertrag vom 22. Juli 1974, Urkunde Nr. 425/74 des Notariats G.), und dem in Auszügen vorliegenden Terminkalender des Büros (vgl. Eintragung vom 10. bis 14. Januar 1977 über die Teilnahme an einer "Tagung der Zentrag zur Vorbereitung der Vertragsbearbeiterschulung" in Bad Saarow, auf der Dr.G. einen Vortrag gehalten hat) hervorgeht. Auch im Übrigen war das Büro noch in den 70er Jahren für Parteibetriebe tätig, wobei unter Tätigwerden die notarielle wie die juristische Betreuung der Betriebe zu verstehen ist.

(aa) So ergibt sich eine fortdauernde, ggf. auch eingeschränkte Zuständigkeit des Büros G. für Parteibetriebe deutlich aus einem Vermerk der Hauptabteilung VII des Ministeriums der Justiz über eine Beratung mit den Einzelanwälten am 26. November 1980. Darin wird Dr.G. als die Parteibetriebe betreuender Einzelanwalt erwähnt und an anderer Stelle ausgeführt, dass er wie andere namentlich genannte Rechtsanwälte zu den Anwälten gehöre, die eine "besondere" bzw. "bestimmte Aufgabenstellung" hätten.

Der Beweiswert des Dokuments wird nicht dadurch gemindert, dass der Zeuge Br. sich bei seiner Vernehmung am 3. Dezember 2002 weder an die von ihm geleitete Beratung hat erinnern noch etwas zu den in dem Vermerk genannten Tatsachen hat sagen können. Er hat dies nachvollziehbar damit erklärt, dass Vermerke dieser Art üblicherweise als "memory" für die Hauptabteilung bzw. Abteilung und deren Arbeit da gewesen, während für die Leitungsebene Vorlagen erarbeitet worden seien, sodass er keine Veranlassung gehabt habe, sich den Vermerk anzusehen, weil er die letztlich für die Entscheidung maßgebende Leitungsvorlage bekommen habe.

Auch bietet I.G. erst in ihrem Schreiben vom 14. September 1981 an Honecker an, die Bearbeitung der notariellen Angelegenheiten der Parteibetriebe zu beenden, wenn ihr unter gleichzeitiger Übertragung ihrer Notarfunktion auf ihren Sohn gestattet werde, ihre eigene Tätigkeit als Notar im Bereich des Ministeriums der Justiz einzustellen.

(bb) Außerdem betreute das Büro G. nach dem Senat vorliegenden Unterlagen und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme auch während der 70er Jahre und in der Folgezeit zumindest ein unstreitig als Parteibetrieb einzuordnendes und der Zentrag zuzuordnendes Unternehmen, nämlich den Berliner Verlag.

(aaa) Zwar geht aus dem Treffbericht IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai 1977 hervor, dass der Zeuge Sch. als Justiziar der Zentrag bei einem Besuch im Büro G. am 3. Mai 1977 Dr.G. im Auftrag von Rb. mitgeteilt haben soll, dass die juristische Betreuung der "Parteibetriebe Novum und Berliner Verlag" beendet werden müsse und die Weiterführung der Geschäfte durch Prof. Ka. erfolgen werde.

(bbb) Dies ist aber tatsächlich nicht geschehen. So hat der Zeuge Re., von November 1973 bis Februar 1983 stellvertretender Verlagsdirektor und von März 1983 bis Oktober 1988 Direktor des Berliner Verlages, bei seiner Vernehmung durch den Senat am 15. November 2002 zunächst bekundet, dass die Gründung des Berliner Verlages wie auch die fortlaufende juristische notarielle Betreuung durch das Rechtsanwaltsbüro G. erfolgt sei. Dies hat er im Folgenden dahin näher erklärt, dass mit der Unterstellung des Berliner Verlages unter die VOB Zentrag im Jahre 1953 die Verlage und Druckereien, soweit sie Parteibetriebe waren, auch notariell und juristisch der Zentrag unterstellt worden seien. Notariell absolut, d.h. sie hätten kein Recht gehabt, mit anderen Anwälten irgendetwas zu vereinbaren, und juristisch sei die Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwaltsbüro G. außerordentlich eingeschränkt gewesen. Sie habe sich für den Berliner Verlag auf Urheberrechtsfragen und die Realisierung von Forderungen an Zahlungssäumige beschränkt. Welches Büro den Berliner Verlag über die VOB Zentrag notariell betreut hat, hat der Zeuge ebenso wenig angeben können wie, ob in den 70er Jahren notarielle Angelegenheiten beim oder für den Berliner Verlag angefallen sind. Über den Verlag betreffende notarielle Angelegenheiten seien sie meistens mündlich von dem zuständigen stellvertretenden Generaldirektor für das Verlagswesen informiert worden. Er könne sich absolut nicht erinnern, dass in seiner Amtszeit gravierende notarielle Geschichten gelaufen seien, über die er informiert worden wäre. Weiter hat der Zeuge den Inhalt seines an die Beigeladene gerichteten Schreibens vom 25. November 1996, wonach ihm in der zweiten Hälfte der 70er Jahre bei einem Gespräch mit dem Stellvertreter des Generaldirektors für Verlage der Zentrag Vt. angetragen worden sei, die juristische Betreuung des Berliner Verlages durch das Anwaltsbüro Prof. Ka. vornehmen zu lassen, bestätigt und bekundet, dass ihm keine Gründe dafür genannt worden seien. Es habe sich nur um eine Empfehlung gehandelt, die er auch nach Beratung mit dem Verlagsdirektor nicht vollzogen habe. Hauptgrund dafür sei gewesen, dass ihnen das Rechtsanwaltsbüro Ka. unbekannt gewesen sei und sie auch die Verbindung nicht hätten neu knüpfen wollen, weil sie juristisch im großen Maßstab sowieso nichts hätten erledigen können. Schon von der Tradition her, dass von der Gründung des Berliner Verlages an bis zur Wende das Rechtsanwaltsbüro G. bestimmte Fragen wahrgenommen habe, habe es wirklich keinen Grund gegeben, das zu beenden. Außer und nach dieser Empfehlung habe er nichts mehr davon gehört.

(ccc) Auch der Zeuge Dr.M. hat bei seiner Vernehmung durch den Senat am 7. Januar 2003 angegeben, dass das Büro Ka. und sein Büro nie mit dem Berliner Verlag zu tun gehabt hätten. Die juristische Betreuung habe das Büro G. gemacht. Dies habe Dr.G. ihm selbst einmal erzählt. Ob auch notarielle Aufträge angestanden hätten, wisse er nicht.

(ddd) Bestätigt wird die Betreuung des Berliner Verlages durch das Büro G. schließlich durch Auszüge aus dem Terminkalender des Büros, in dem unter dem 5. November und 10. Dezember 1970, 23. Mai 1974, 6. August und 9. Dezember 1976, 3. und 24. Juli 1980, 27. August 1981, 27. Mai 1982 und 28. April 1983 jeweils der Berliner Verlag eingetragen ist. Auch geht aus der bereits erwähnten, vom Zeugen Sch. erstellten Übersicht vom 2. Januar 1990 hervor, dass das Büro G. 1974 für den Verlag in einer Grundstücksangelegenheit notariell tätig geworden ist (Grundstückskaufvertrag vom 18. April 1974, Urkunde Nr. 245/74 des Notariats G.). Diese Betreuung setzte sich auch noch nach der Wende fort (vgl. Aktennotiz über ein Gespräch vom 29. September 1993 mit der Notarin U.G., auszugsweise vorliegende notarielle Verhandlung vom 13. März 1990, Urkunde Nr. 179/1990 der Notarin U.G. bezüglich Berliner Verlag), wobei es hierauf wegen des für das Zustandekommen des Treuhandvertrages maßgeblichen Zeitpunktes März 1978 nicht ankommt. Insoweit war eine weitere Aufklärung entbehrlich.

(eee) Gleichfalls bestand kein Anlass, der Frage weiter nachzugehen, ob ein und ggf. welcher Einzelanwalt/-notar den Berliner Verlag ab Mitte der 70er Jahre notariell betreut hat.

Zum einen stellt der Senat, wie aufgezeigt, für die besondere Funktion des Büros G. nicht allein auf die notarielle Betreuung der Parteibetriebe und damit auch des Berliner Verlages ab und die juristische Betreuung des Berliner Verlages durch das Büro G. steht, wie gleichfalls schon ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.

Zum anderen liefern weder die vorliegenden Unterlagen noch die Zeugenaussagen Anhaltspunkte dafür, dass ein anderes Büro als das von I.G. und Dr.G. oder das von Prof. Ka. für eine Betreuung des Berliner Verlages in Betracht käme. Entsprechendes ist auch nicht behauptet worden. Dass Prof. Ka. den Berliner Verlag zu keiner Zeit juristisch oder notariell betreut hat, ergibt sich aus den geschilderten und glaubhaften Aussagen der Zeugen Re. und Dr.M. und wird durch die oben angeführten Dokumente sowie das in Kopie vorliegende Urkundenregister von Prof. Ka. bestätigt.

(c) Der Versuch, den genauen Umfang der notariellen Tätigkeit des Büros G. in den 70er Jahren für die SED und/oder deren Parteibetriebe, insbesondere auch für den Berliner Verlag, anhand von Urkunden weiter aufzuklären, ist ohne Erfolg geblieben. Eine Prüfung des Urkundenregisters der Notare I.G. und Dr.G. für die Zeit von 1970 bis zum Ende der Tätigkeit von Dr.G. ist dem Senat nicht möglich gewesen. Dieses Register befindet sich im Gewahrsam der Notarin U.G. , die die Vorlage unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 Bundesnotarordnung - im Folgenden BNotO - abgelehnt hat. Der Antrag der Klägerin auf Entbindung der Notarin von der Schweigepflicht ist durch Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 16. April 2003 abgelehnt worden. Daraufhin hat der Senat Schweigepflichtsentbindungserklärungen der PDS vom 28. April 2003 für die SED und der Beklagten vom 5. Mai 2003 für die Parteibetriebe, die unter treuhänderischer Verwaltung stehen bzw. standen, eingeholt und die Notarin U.G. unter Hinweis auf die genannten Erklärungen gebeten, die Urkundenrollen der Notare I.G. und Dr.G. für die Zeit von 1970 bis 1981 durchzusehen und mitzuteilen, ob in dem genannten Zeitraum für die SED und/oder deren Parteibetriebe Notariatsakte angefallen sind. Auf die Offenbarung der an etwaigen Beurkundungsvorgängen beteiligten Dritten ist ausdrücklich verzichtet worden. Nach Durchsicht des Namensregisters der Notare I.G. und Dr.G. für den genannten Zeitraum hat die Notarin U.G. mitgeteilt, weder die SED noch die in der der Schweigepflichtsentbindungserklärung vom 5. Mai 2003 anliegenden Liste genannten Unternehmen seien darin verzeichnet, wobei sie die Novum, die T. und ein weiteres in der Liste als "streitbefangen" gekennzeichnetes Unternehmen von der Prüfung ausgenommen habe. Auf den schriftlichen Vorhalt, aus einem dem Senat vorliegenden Dokument gehe hervor, dass das Notariat G. 1974 für die Zentrag, den Berliner Verlag und die Intertext, sämtlichst in der der Schweigepflichtsentbindungserklärung vom 5. Mai 2003 anliegenden Liste genannte Unternehmen, Beurkundungen vorgenommen hat, und der Bitte, ihre Auskunft insoweit zu überprüfen, hat die Notarin erklärt, dass das Auskunftsersuchen des Senats nicht vollständig befriedigt werden könne, wenn in der Urkundenrolle als Beteiligte nicht die Unternehmen selbst, sondern nur die die Unternehmen Vertretenden mit ihren persönlichen Namen benannt sind. Dass dies tatsächlich der Fall sein kann, ist dem Senat aus dem Urkunden- und Namensregister des Notars Prof. Ka. bekannt. Im Hinblick hierauf konnte er von einer weiteren Aufklärung absehen, da es nicht möglich gewesen wäre, zuverlässig und vollständig festzustellen, welche Personen über einen Zeitraum von zehn Jahren allgemein oder auch nur im Einzelfall befugt gewesen sind, die SED und die in der der Schweigepflichtsentbindungserklärung vom 5. Mai 2003 anliegenden Liste genannten Unternehmen zu vertreten. Aus dem gleichen Grunde war der Senat auch nicht gehalten, die von der Klägerin gemäß § 111 Abs. 1 BNotO beantragte und noch ausstehende Entscheidung durch das Kammergericht Berlin abzuwarten.

Unabhängig hiervon käme einer umfassenden Auskunft der Notarin U.G. nur ein begrenzter Beweiswert zu. Denn hätte die erbetene Durchsicht des Urkundenregisters des Notariats G. ergeben, dass die Notare I.G. und Dr.G. ab Mitte der 70er Jahre für die SED und/oder deren Parteibetriebe, insbesondere den Berliner Verlag, notariell tätig geworden sind, so hätte dies die Auffassung des Senats, dass die SED und andere Parteibetriebe einschließlich des Berliner Verlages weiter durch das Büro G. betreut worden sind, nur bestätigt. Eine etwaige gegenteilige Auskunft mit dem Inhalt, die Urkundensammlung enthalte für den relevanten Zeitraum keine entsprechenden Notariatsakte, ließe dagegen nicht den zwingenden Schluss zu, das Büro G. habe die SED und/oder deren Parteibetriebe einschließlich den Berliner Verlag ab Mitte der 70er Jahre nicht mehr betreut, sondern könnte auch bedeuten, dass in dieser Zeit notariell lediglich nichts angefallen ist.

(d) Der Feststellung, dass das Büro G. auch noch bei Abschluss des Treuhandvertrages vom 16. März 1978 für die Zentrag/SED tätig war, stehen weder die Aussagen von Kb. noch die der Zeugen Sch. und Wi. entgegen.

(aa) Kb. bekundete bei seinen Vernehmungen durch den Polizeipräsidenten in Berlin am 18. März 1993 und das Bezirksgericht Zürich am 27. August 1993, die Zentrag habe ab Mitte der 60er Jahre bzw. seit 1972/73 nicht mehr mit dem Notariat G. zusammengearbeitet, sondern auf Weisung seines damaligen Vorgesetzten, des Leiters der Abt. Finanzverwaltung und Parteibetriebe des ZK der SED, Rb., alle Rechtsfragen über das Büro des Notars Prof. Ka. abwickeln müssen.

Anders als das Verwaltungsgericht hält der Senat diese Aussage nicht für glaubhaft. Sie differiert schon erheblich in den Zeitangaben und wird im Übrigen durch die Aussagen der Zeugen Lg. und Dr.M., den Inhalt des Treffberichts IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai 1977 sowie die vorliegenden, die Zentrag und den Berliner Verlag betreffenden Unterlagen widerlegt. Insoweit wird zur Begründung auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

(bb) Wie Kb. hat auch der Zeuge Sch. - allerdings erst für die zweite Hälfte der 70er Jahre - eine Weisung der Abt. Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED erwähnt. Bei seiner Vernehmung durch den Senat am 11. Dezember 2001 hat er bekundet, Rb. habe die Zentrag Mitte 1970 aufgefordert, ab sofort die notariellen Angelegenheiten durch den Notar Prof. Ka. erledigen zu lassen, was sie dann auch getan hätten. Auf Vorhalt des bereits erwähnten Treffberichts IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai 1977 hat der Zeuge angegeben, sich sowohl an das Treffen mit dem Notar G. als auch daran erinnern zu können, den Berliner Verlag erwähnt zu haben, weil er mit diesem ständig zu tun gehabt habe. Ob er etwas zu Novum gesagt habe, daran könne er sich nicht erinnern, weil er mit Novum nie etwas zu tun gehabt habe. Im Hinblick darauf, dass das Treffen laut Treffbericht am 3. Mai 1977 stattfand, hat der Zeuge den Zeitpunkt der von Rb. ausgegebenen Weisung von Mitte 1970 auf 1977 korrigiert, weil dies der Anlass gewesen sei, von G. zu Ka. zu gehen.

Dies stimmt mit früheren Angaben des Zeugen überein: Er erwähnte die generelle Weisung von Rb. (Protokolle der Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin vom 16. August 1996, das Verwaltungsgericht vom 14. Oktober 1996 und den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vom 2. Oktober 1997), bestätigte den Treffbericht vom 11. Mai 1977 im Grundsatz als richtig (Protokoll der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin vom 16. August 1996), nannte den Berliner Verlag als Gesprächsthema (Protokolle der Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin vom 3. September 1996 und das Verwaltungsgericht vom 14. Oktober 1996), konnte sich aber nicht daran erinnern, die Novum erwähnt zu haben (Protokolle der Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin vom 16. August 1996 und das Verwaltungsgericht vom 14. Oktober 1996).

Dennoch kommt der Aussage kein Beweiswert zu, denn der Senat hält den Zeugen Sch. für nicht glaubwürdig.

(aaa) Zunächst fällt auf, dass der Zeuge zu Art und Umfang seiner Kontakte als Justiziar der Zentrag mit Notariaten nur sehr ausweichend ausgesagt hat. Er ist deutlich bemüht gewesen, die Möglichkeit offen zu halten, dass es teilweise auch anders gewesen sein könnte, als er es angegeben hat.

So hat er erst die umfassende Erklärung abgegeben, Rb. habe die Zentrag Mitte 1970 aufgefordert, ab sofort die notariellen Angelegenheiten durch den Notar Prof. Ka. erledigen zu lassen, was sie dann auch getan hätten. Aus der sich anschließenden Frage, ob er ab diesem Zeitpunkt keinerlei notarielle Tätigkeit mehr vom Notariat G. habe erledigen lassen, war für den Zeugen deutlich erkennbar, dass es sich um einen wesentlichen Punkt der Vernehmung handelte. Außerdem war ihm schon seit längerer Zeit die vom Notariat G. beurkundete Treuhanderklärung von Frau St. zugunsten der Zentrag bekannt. Er hat dann geantwortet, soweit er beteiligt gewesen sei, nein. Ob die Zentrag selbst das noch gemacht habe, wo er nicht beteiligt gewesen sei, könne er nicht beurteilen. Dieses deutliche Bemühen, die zunächst globale Antwort einzuschränken, wird durch sein weiteres Aussageverhalten zu diesem Punkt bestätigt. Denn trotz entsprechender Nachfragen in beiden Vernehmungsterminen durch den Senat am 11. Dezember 2001 und 15. Februar 2002 hat der Zeuge keine überzeugende Erklärung für diese Einschränkung oder eine klare Zuständigkeitsverteilung liefern können. Er hat vielmehr erklärt, generell habe er, wenn er mit einem Notariat zusammengearbeitet habe, vorher immer den Auftrag vom Generaldirektor erhalten; als Justiziar habe er die Entscheidungen zu GmbHs usw. nicht zu treffen gehabt, er sei auch nicht beteiligt worden, sondern habe ganz konkrete Aufträge erhalten, um Entscheidungen notariell umzusetzen (Protokoll der Vernehmung vom 11. Dezember 2001). Auf die nochmalige Frage, in welchen Fällen er nicht beteiligt worden sei, hat er angegeben, das wisse er nicht. Er habe bereits im Dezember klar gesagt, ob die Zentrag noch Beurkundungen bei G. vorgenommen habe, sei ihm nicht bekannt. Damit habe er deutlich gesagt, dass er natürlich im Nachhinein nicht wissen könne, welche Beurkundungen vielleicht dort durchgeführt worden sind (Protokoll der Vernehmung vom 15. Februar 2002).

Dieses ausweichende Aussageverhalten hat der Zeuge auch bei der Befragung zur Betreuung des Berliner Verlages durch das Büro G. gezeigt. Auch hier ist er bemüht gewesen, sich nicht durch klare und eindeutige Angaben festzulegen. Trotz mehrerer Nachfragen ist seine Aussage diffus geblieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ihm die Bedeutung dieses Komplexes aufgrund der mehrfachen Vorhalte des Treffberichts vom 11. Mai 1977 bekannt gewesen ist. Auch war festzustellen, dass die Antworten des Zeugen in dieser Phase der Vernehmung am 11. Dezember 2001 durch einen aggressiven Unterton gekennzeichnet gewesen sind. Dies bietet Anhalt dafür, dass er beim Leugnen der Kontakte des Berliner Verlages zum Büro G. eine innere Spannung durch Aggression auszuagieren hatte.

An die bereits geschilderte einschränkende Aussage des Zeugen hinsichtlich seiner Beteiligung bei Notariatsgeschäften der Zentrag schloss sich die Frage an, ob dies auch für den Berliner Verlag gelte. Der Zeuge hat daraufhin erst angegeben, er wisse nicht, was der Berliner Verlag an notariellen Tätigkeiten zu erledigen gehabt habe. Die Grundstücksgeschäfte für die Betriebe, die der Zentrag zugeordnet gewesen seien, seien nur durch die Zentrag erledigt worden. Die Zentrag sei Eigentümer bzw. Rechtsträger von volkseigenen Grundstücken gewesen. Die GmbHs, die er genannt habe (Zimex, Merkuria, Weltbühne), dort sei auch die Zentrag selbst aufgetreten bzw. habe die Dinge vorbereitet, wenn natürliche Personen für diese GmbHs zu handeln gehabt hätten. Auf die folgende Frage, ob dies so zu verstehen sei, dass auch nach der Zeit ab Mitte 1970 die Zentrag weiter Angelegenheiten, die den Berliner Verlag betrafen, geregelt habe, und wenn ja, mit welchem Notariat, hat der Zeuge geantwortet: "Da müssen Sie mir schon sagen, welche Angelegenheiten Sie meinen. Die Grundstücksangelegenheiten und die Angelegenheiten zu den GmbHs, die ich bereits genannt habe, lagen in der Hand der Zentrag. Was Sie wollen, kann ich Ihnen noch beantworten". Auf die weitere Frage, ob dies bedeute, dass die Angelegenheiten, die er aufgezählt habe, Grundstücksangelegenheiten, GmbH-Sachen ab Mitte 1970, durch die Zentrag für den Berliner Verlag geregelt worden seien, hat der Zeuge nun angegeben, für den Berliner Verlag sei im Prinzip nichts geregelt worden. Die Merkuria habe nicht zum Berliner Verlag gehört, einzig die Weltbühne sei beim Berliner Verlag angesiedelt gewesen, leitungsmäßig, also von der Verwaltungsseite her, sie sei dort auch im Buchwerk überall mit geführt worden. Die GmbH-Angelegenheiten seien aber über die Zentrag erledigt worden. Das sei nicht Sache des Berliner Verlages gewesen. Auf die Nachfrage, durch welches Notariat diese Angelegenheiten geregelt worden seien, hat der Zeuge wiederum die Einschränkung gemacht, wenn er beteiligt gewesen sei, durch das Notariat Ka. Jedenfalls nach dem Zeitpunkt, als die Zentrag den Auftrag gehabt habe, nicht mehr bei G., sondern bei Ka. tätig zu sein. Später hat der Zeuge im Zusammenhang mit dem Treffbericht vom 11. Mai 1977 zum Berliner Verlag ausgeführt, Dr.G. habe als Rechtsanwalt, nicht als Notar den Berliner Verlag juristisch betreut, und zwar für die Dinge, die in den Redaktionen angefallen seien, wie z.B. Honorarstreitigkeiten mit freiberuflichen Mitarbeitern, Urheberrechtsfragen, also die reine Verlagstätigkeit. Die wirtschaftsrechtlichen Dinge zur materiellen Sicherstellung der Arbeit des Verlages, die seien von ihm - Sch. - bearbeitet worden. Schließlich hat er in der Vernehmung am 15. Februar 2002 die Richtigkeit des bereits erwähnten Schreibens von Re. an die Beigeladene vom 25. November 1996 bestätigt, in dem dieser aber gerade ausführt, der Berliner Verlag sei juristisch und notariell durch das Anwaltsbüro G. direkt bzw. über die Zentrag betreut worden.

(bbb) Weiter hat der Zeuge Sch. auf Fragen, die konkret die Klägerin betreffen oder mit ihr im Zusammenhang stehen, entgegen seinem sonstigen Aussageverhalten ausnahmslos und kategorisch erklärt, sich nicht erinnern zu können. Während er ansonsten den Eindruck vermittelte, über ein gutes Gedächtnis zu verfügen, fehlte ihm insoweit sein Erinnerungsvermögen angeblich umfassend. Das darin sichtbar werdende Bemühen, sich dem ihm unangenehmen Thema zu entziehen, wandelte sich in bestimmten Vernehmungsphasen in eine offen zu Tage tretende Abwehrhaltung. Diese äußerte sich in der stereotypen, aber mit Nachdruck gegebenen Antwort des Zeugen, er habe mit der Novum nichts zu tun gehabt. Von dieser Phrase hat der Zeuge immer dann Gebrauch gemacht, wenn er ersichtlich in Bedrängnis geriet, d.h. mit Vorhalten und Nachfragen konfrontiert wurde, die darauf zielten, sein Erinnerungsvermögen zu aktivieren, bzw. die erkennen ließen, dass seine bisherigen Angaben widersprüchlich oder wenig nachvollziehbar erschienen. Dieses Aussageverhalten war besonders bei dem später noch näher zu behandelnden Beweisthema "Die Novum betreffende Unterlagen bei der Zentrag" festzustellen, und zwar nicht nur bei der Vernehmung durch den Senat. Es ergibt sich auch aus dem Protokoll der Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vom 2. Oktober 1997. Dieser stets gleichlautend vorgetragene Satz, er habe mit der Novum nichts zu tun gehabt, zeigt weiter, dass der Zeuge mehr weiß, als er zugegeben hat.

(ccc) Auch das sonstige Verhalten des Zeugen Sch. bei seiner Vernehmung durch den Senat gibt deutliche Hinweise dafür, dass er weder wahrheitsgemäß noch vollständig ausgesagt hat.

Sein gesamtes Auftreten in beiden Vernehmungsterminen ließ starke Vorbehalte gegenüber Justizbehörden der Bundesrepublik Deutschland bis hin zu einer teilweise feindseligen Haltung gegenüber dem Senat erkennen. Wie bereits erwähnt, hat sich der Zeuge in Phasen, in denen konkrete Fragen an ihn gerichtet worden sind und sich die Vernehmung ersichtlich dem Kern des Beweisthemas genähert hat, deutlich aggressiv gegenüber den ihn befragenden Personen verhalten, insbesondere gegenüber dem Vertreter der Beklagten und den Mitgliedern des Senats. Aber auch in Vernehmungsabschnitten, in denen er bei seinen Ausführungen wieder merklich defensiver geworden ist, ist sein Ton immer noch von einer gewissen Schärfe geprägt gewesen. Weiteres Anzeichen dafür, dass der Zeuge nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hat, ist die zunehmende Sprechgeschwindigkeit, die er immer dann an den Tag gelegt hat, wenn er durch entsprechende Nachfragen ersichtlich in Bedrängnis geraten ist, diesen Punkt der Befragung also möglichst schnell verlassen wollte. Dieses im Vergleich zu anderen Phasen der Vernehmung auffällige Sprechverhalten war in der Regel gepaart mit einer auffälligen Gestik. Der Zeuge hat in für ihn anscheinend als schwierig empfundenen Vernehmungssituationen sein Gesicht längere Zeit mit der Hand bedeckt. Zugleich hat er mit gesenktem Kopf und krampfhaft verschränkten Armen vornübergebeugt auf dem Stuhl gesessen.

Schließlich hat der Zeuge Sch. während seiner Befragung in auffallender Weise Blickkontakt zu den Klägervertretern aufgenommen. Er hat dadurch den Eindruck vermittelt, als habe er sich bei seiner Ansicht nach wesentlichen Punkten seiner Aussage vergewissern wollen, dass er richtig, d.h. im Sinne der Klägerin, ausgesagt habe. Diese Bestätigung suchenden bzw. rückversichernden Blicke, die nur in Richtung der Klägervertreter erfolgt sind, geben ein Indiz dafür, dass sich der Zeuge dieser Seite verpflichtet fühlte.

(ddd) Der geschilderte Eindruck einer gewissen Nähe des Zeugen Sch. zur Seite der Klägerin wird durch sein Aussageverhalten bezüglich seiner Kontakte zu dem Zeugen S. bestätigt. Solche Kontakte mögen zwar im Rahmen der Vorbereitung eines Rechtsstreits durch den Zeugen S. als damaligem Prozessbevollmächtigten der Klägerin für sich gesehen nicht bedenklich sein. Die Tatsache aber, dass der Zeuge Sch. dies bei seinen Vernehmungen nur auf konkrete Nachfragen und entsprechende Vorhalte zugegeben hat und selbst dann auch nur sehr zögerlich, zeigt, dass er den Wert seiner Aussage nicht durch die Preisgabe von Art und Umfang des Kontakts mindern wollte. Das von ihm zur Begründung angeführte fehlende Erinnerungsvermögen ist vor dem Hintergrund seines bereits geschilderten sonstigen Aussageverhaltens nicht glaubhaft, zumal dies nicht hinreichend erklärt, warumer auch insoweit bis zuletzt unklar, teils geradezu verworren, ausgesagt hat.

Der Zeuge Sch. hat über ein Gespräch mit dem Zeugen S. das erste Mal bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 14. Oktober 1996 berichtet. Er hat auf eine konkrete Frage hin erklärt, beim Hören der Stimme von Rechtsanwalt S. falle ihm jetzt ein, dass ein Gespräch, seines Erachtens ein Telefongespräch, geführt worden sei. Er könne sich aber weder an Einzelheiten und Inhalt des Gesprächs noch daran erinnern, von Rechtsanwalt S. auf die Firma Novum angesprochen worden zu sein. Wenn er mit ihm über die Firma Novum gesprochen haben sollte, könne er nur gesagt haben, dass ihm zur Stellung der Novum keine Einzelheiten bekannt seien. Im Laufe der Vernehmung fiel dem Zeugen dann ein, dass Rechtsanwalt S. ihn angerufen, nach der Novum gefragt und um einen Termin gebeten habe. Er habe daraufhin erwidert, keine Kenntnisse über die Novum zu haben, weshalb ein Besuch wenig sinnvoll sei. Dass ein solcher Besuch tatsächlich stattgefunden hat, hielt der Zeuge für möglich, behauptete aber, sich nicht erinnern zu können.

Demgegenüber fiel ihm bei seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages am 2. Oktober 1997 - allerdings auch erst auf entsprechenden Vorhalt und beharrliches Nachfragen - ein Besuch des Zeugen S. im Sommer 1996 in seinem Büro ein. Auf die Frage, ob er sich mit ihm verabredet hatte, sowie auf weitere Fragen zu Art und Ablauf der Kontaktaufnahme antwortete der Zeuge ausweichend. Auch an sonstige Details des Gesprächs konnte er sich angeblich nicht erinnern, sondern gab stereotyp an, Rechtsanwalt S. immer gesagt zu haben, er wisse von Novum nichts bzw. er habe mit Novum nichts zu tun gehabt, er könne ihm nicht helfen.

Auf Vorhalt seiner widersprüchlichen Aussagen vor dem Verwaltungsgericht und dem Bundestagsuntersuchungsausschuss wiederholte der Zeuge bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 11. August 1998 die dem Verwaltungsgericht gegebene Darstellung. Darüber hinaus meinte er, bei erheblicher Anstrengung seines Erinnerungsvermögens sagen zu können, dass Rechtsanwalt S. einige Wochen nach dem Telefonat bei ihm erschienen sei, und zwar wohl unangemeldet. Das Gespräch habe nur wenige Minuten gedauert. Er - Sch. - habe abermals klar gemacht, dass er keine Kenntnisse bezüglich der Novum besitze. Als Erklärung für seine früheren widersprüchlichen Aussagen gab der Zeuge an, vor dem Verwaltungsgericht einen "Black out" gehabt zu haben. Er habe im Anschluss an diese Vernehmung weiter versucht sich zu erinnern. Insbesondere habe ihn persönlich geärgert, dass er Herrn S. während des Termins beim Verwaltungsgericht - im Oktober 1996 - nicht wiedererkannt habe, obwohl dieser ihn dort per Handschlag begrüßt habe und nur wenige Monate vorher in seiner Kanzlei gewesen sei.

Aus einer Gesprächsnotiz des Zeugen S. vom 13. September 1993 geht hervor, dass er an diesem Tag den Zeugen Sch. in dessen Kanzlei aufgesucht und mit ihm über die Verhältnisse der Novum gesprochen, ihn insbesondere nach Treuhanderklärungen von Geschäftsführern oder Gesellschaftern der Novum gegenüber der OEB Zentrag und die Grundstücksangelegenheit in der Wönnichstraße gefragt hat. Die Notiz endet damit, dass der Zeuge Sch. zu einer unterstützenden Mandatsübernahme in dieser Sache bereit wäre. Dieses Gespräch rechnete der Zeuge mit Schreiben vom 15. September 1993 an den Zeugen S. als Beratungstätigkeit in Grundstücksangelegenheiten mit einer Gebühr in Höhe von 345,- DM ab, die dieser seinerseits mit Schreiben vom 18. Februar 1994 der A. GmbH, der früheren St. GmbH, für die Mitarbeit von Rechtsanwalt Sch. in Rechnung stellte.

Die in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin gegen den Zeugen S. wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue/Begünstigung - 24 Js 35/95 - durch Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 24. November 1994 - ER V Gs 6791/94 - und des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. August 1997 - 352 Gs 2917/97 - sowie vom 21. August 1997 - 352 Gs 3061/97 - beschlagnahmten Schriftstücke vom 13. und 15. September 1993 sind im vorliegenden Verfahren verwertbar. Denn die Beklagte hat die daraus gewonnenen Informationen aus rechtmäßigen Beschlagnahmen erlangt.

Der Versuch, bei der Vernehmung des Zeugen Sch. am 11. Dezember 2001 und 15. Februar 2002 Art, Inhalt und Umfang seiner Kontakte zu dem Zeugen S. aufzuklären, ist erfolglos geblieben.

So hat der Zeuge auf die Frage, ob bei dem in der Gesprächsnotiz geschilderten Besuch über die Novum und Treuhanderklärungen gesprochen worden sei, zuerst darauf hingewiesen, dass er an den Besuch ursprünglich keine Erinnerung mehr gehabt habe, dann erklärt, er habe S. gesagt, dass er zu Novum keine Kenntnisse habe, und sich schließlich bezüglich der Treuhanderklärungen als Gesprächsthema wieder auf seine fehlende Erinnerung berufen. Auf den Vorhalt der die Treuhanderklärungen betreffenden Passage aus der Notiz hat der Zeuge wiederholt, sich nicht erinnern zu können, aber auch gleich darauf hingewiesen, dass seine darin zitierte Antwort, nämlich seine Unkenntnis, richtig wäre. Auf die folgende Frage, was mit der in der Notiz erwähnten Mandatsübernahme gemeint sei, ist der Zeuge auch nicht ansatzweise in der Lage gewesen, eine Erklärung zu liefern, obwohl er seinerzeit dafür eine Beratungsgebühr abgerechnet hatte. Auch auf Vorhalt seines Schreibens vom 15. September 1993 konnte er diesen Vorgang nicht erklären, sondern nur vermuten, dass es sich um Grundstücksgeschäfte gehandelt haben könnte, womit er aber nur den Text des vorgehaltenen Schreibens wiedergegeben hat.

Auffallend ist, dass bei einer Zusammenschau aller Aussagen des Zeugen zu diesem Punkt der Eindruck entsteht, er habe nur ein Gespräch mit dem Zeugen S. geführt. Denn sowohl bei den früheren Vernehmungen als auch bei der durch den Senat, bei der ihm mehrfach die Notiz vom 13. September 1993 vorgehalten worden ist, hat der Zeuge im Wesentlichen immer den gleichen Ablauf der Kontaktaufnahme zwischen beiden geschildert. Dennoch besteht hinsichtlich der Datierung des Gesprächs eine Differenz von ca. drei Jahren zwischen den Angaben in der Notiz und denen des Zeugen Sch. Im Hinblick auf diesen Widerspruch gefragt, warum er weder bei der Staatsanwaltschaft noch beim Verwaltungsgericht und auch nicht beim Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages angegeben habe, dass der Zeuge S. ihn schon 1993 einmal aufgesucht hat, hat sich der Zeuge wieder auf fehlendes Erinnerungsvermögen berufen und von einem ersten Besuch und einem zweiten Gespräch gesprochen, wobei Gegenstand bzw. Inhalt völlig unklar geblieben sind, die Art der Kontaktaufnahme aber wie stets geschildert worden ist. Auf die konkrete Nachfrage, ob es richtig sei, dass zwei Gespräche in der Kanzlei stattgefunden hätten, nämlich 1993 und 1996, wenige Monate vor dem Prozess beim Verwaltungsgericht, hat der Zeuge geantwortet: "Zu dem 1993er Gespräch will ich nicht ja und nein sagen, weil ich nicht weiß, was das für ein Herr S. war, ohne meine Unterlagen einzusehen, wenn ich sie noch habe. Zu Novum ist mir da in keiner Weise etwas in Erinnerung." Als dem Zeugen dann nochmals der Inhalt der Notiz vom 13. September 1993 vorgehalten und er nach seiner Erinnerung zu dem darin geschilderten Gespräch gefragt worden ist, hat er erklärt, er könne sich an das Gespräch nicht entsinnen, aber das, was hier vorgetragen worden sei, sei nicht falsch. Es sei das, was er auch vorgetragen habe. Wie er der Aktennotiz entnehme, gehe es bei der Mandatsübernahme um eine Grundstücksangelegenheit und nicht um die Dinge, die Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens seien. Wenn Herr S. bei ihm gewesen sei und ihn insoweit um Unterstützung gebeten habe, sei es durchaus denkbar, dass er zu dieser Mandatsübernahme Bereitschaft erklärt habe. Dieser Schluss dieser Aktennotiz mache auch Sinn bezüglich seiner Gebührenrechnung.

(cc) Der im Wege der Rechtshilfe in Österreich vernommene Zeuge Wi. hat bei seiner Vernehmung durch die Bezirkshauptmannschaft Hallein am 25. Juli 2002 bekundet, dass es für ihn beginnend 1982 mit seiner Zeit als Leiter der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe nur Professor Ka. gegeben habe und er nicht wisse, was vorher gewesen sei bzw. wie viel wer für was gemacht habe. Eine Notariatseinrichtung habe in der gesamten Arbeit keine so große Rolle gespielt. Wenn es um eine Eigentumsfrage hinsichtlich eines Ferienheims oder um einen Rechtsträgerwechsel bezüglich eines Grundstücks aus dem Staatsapparat für die SED oder umgekehrt gegangen sei, eben bei solchen Gelegenheiten, sei Prof. Ka. zu Rate gezogen worden und habe schriftlich gemacht, was nötig gewesen sei. Dass Prof. Ka. das zuständige Notariat gewesen sei, habe er von seinem Vorgänger Rb. gewusst. Er habe das weiter so übernommen, es habe keinen Grund gegeben, das zu ändern.

Der Aussage kommt keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Zeuge aus eigenem Wissen erst für die Zeit ab 1982 Angaben gemacht hat, auf die es hier aber wegen des maßgeblichen Zeitpunktes für das Zustandekommen des Treuhandvertrages im März 1978 nicht in erster Linie ankommt. Dass er von Rb. erfahren haben will, dass Prof. Ka. für notarielle Angelegenheiten zuständig sei, bedeutet nicht, dass die SED zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt ausschließlich mit diesem Büro zusammengearbeitet hat. Denn, wie bereits ausgeführt, belegen die Aussagen der Zeugen Lg. und Re., dass das Büro Ka. neben dem Büro G. für die Zentrag/SED tätig gewesen ist. Hinzu kommt, dass der Zeuge Wi. es wie bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 4. Juni 1996 nach wie vor für möglich gehalten hat, dass die Zentrag einen anderen Notar als Prof. Ka. gehabt habe.

Der festgestellten besonderen Funktion des Büros G. für die Zentrag/ SED widerspricht schließlich nicht, dass die Urkundensammlung von I.G. für die Jahre 1945 bis 1960 nach dem Erlöschen ihres Notaramtes im Juli 1982 dem Ministerium der Justiz der DDR übergeben worden ist (vgl. Schreiben der Senatsverwaltung für Justiz an das Amtsgericht Schöneberg vom 4. April 1991 und Aufstellung des Bundesministeriums der Justiz vom 21. März 1991 über Unterlagen der Rechtsanwältin und Notarin I.G.).

Abgesehen davon, dass es hierauf wegen des maßgeblichen Zeitpunktes für das Zustandekommen des Treuhandvertrages von 1978 nicht ankommt, lässt die Tatsache, dass dies nach den Angaben der Zeugen Hn. und Kd. bei ihren Vernehmungen durch den Senat am 21. Januar 2003 abweichend von den Regelungen des DDR-Rechts geschah (vgl. auch Punkt 2. der Anweisung des Ministerrats der DDR, Ministerium der Justiz, 6021-4-82/76 vom 16. Februar 1976 zur Durchsetzung der Ersten Durchführungsbestimmung zum Notariatsgesetz vom 5. Februar 1976), keinen Schluss auf ein etwaiges Ende der Sonderstellung des Büros G. zu. Vielmehr spricht viel dafür, dass die Übergabe des genannten Teils der Urkundensammlung von I.G. an das Ministerium der Justiz aus Gründen der Dokumentation erfolgte, weil diese Urkunden Auskunft über die Gründungen aller Parteibetriebe sowie die gesellschaftsrechtlichen Veränderungen in den ersten Jahrzehnten der DDR gaben (vgl. Schreiben von I.G. an Honecker vom 14. September 1981) und daher von historischem Interesse waren und sind. Insoweit bestätigt diese Vorgehensweise die besondere Relevanz der in dem o.a. Zeitraum von I.G. erstellten notariellen Urkunden und damit auch die besondere Bedeutung ihrer Tätigkeit für die SED. Demgemäß hat die Zeugin Hn.angegeben, der sachliche Grund für die entsprechende Anordnung des Justizministers könne darin gelegen haben, dass I.G. zu einem sehr frühen Zeitpunkt - etwa 1946 - vorrangig für die SED beurkundet habe. Zu dieser Zeit habe es noch keine Staatlichen Notariate gegeben und I.G. sei für die SED eine Vertrauensperson gewesen. Der Anfang des Parteivermögens habe, wie bekannt sei, über die Gründung der GmbH begonnen, die immer ein Notar habe beurkunden müssen. Die GmbH-Urkunden hätten aus ihrer - Hn.s - Sicht eine besondere Bedeutung gehabt, weil später alle oder die meisten GmbH in parteieigene Betriebe (Organisationseigene Betriebe) umgewandelt worden seien. Diese Urkunden seien von ihnen in der Praxis "die ganzen Parteiurkunden von Frau G." oder "das Parteiarchiv" genannt worden.

Selbst Frau St. hat in anderem Zusammenhang (Tatbestandsaufnahme zur Entwicklung der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin des Rechtsanwalts Dr. N. vom 10. Februar 1994; Haftbeschwerde von Frau St. vom 7. Oktober 1994) vorgetragen, dass die Notarin I.G. Rechtsanwältin und Notarin zumindest auch der SED gewesen sei. Ihre weiteren Angaben, I.G. sei ihr von F. als "Vertrauensanwältin und notarin" "der Novum" vorgestellt worden (Protokoll der Vernehmung vom 8. April 2003), sowie der Notar Dr.G. sei "unser Vertrauensnotar", der "Vertrauensanwalt der KPÖ in Berlin" (Protokolle der Vernehmungen durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich vom 8. Februar 1993 und das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 25. August 1994) bzw. "unser Anwalt und Notar" gewesen, die KPÖ habe eigene Anwälte gehabt (Protokoll der Vernehmung vom 8. April 2003), schließen die Wahrnehmung einer besonderen Funktion für die Zentrag/SED durch das Büro G. nicht aus.

Dies gilt erst recht für die Erklärung des Zeugen B. bei seiner Vernehmung am 7. Dezember 2001, er habe "Frau G. als unsere Notarin betrachtet", die "für die Erledigung unserer Angelegenheiten" da gewesen sei, womit der Zeuge jeweils die Novum gemeint hat. Allein die Tatsache, dass sämtliche gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Klägerin unbeanstandet durch das Notariat G. abgewickelt wurden, lässt es nachvollziehbar erscheinen, dass die österreichischen Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin das Notariat G. als das der Novum ansahen.

In der DDR stand die Wahrnehmung einer besonderen Funktion für die SED bzw. deren Betriebe nicht im Widerspruch zur Stellung eines Rechtsanwalts und Notars im Bereich der Rechtspflege.

(1) Die Notariate hatten im Rechts- und Gesellschaftssystem der DDR auch nicht annähernd eine so unabhängige Stellung, wie sie der Funktion eines Notars nach hiesigem Rechtsverständnis entspricht. Als Ziel der Tätigkeit der Staatlichen Notariate wird der Dienst an der Durchführung der Politik des sozialistischen Staates bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft bezeichnet und es wird ihnen die Pflicht auferlegt, in ihrer Tätigkeit das sozialistische Eigentum zu sichern sowie die Vermögensinteressen der Staatsorgane, volkseigenen Betriebe und Einrichtungen und der gesellschaftlichen Organisationen zu wahren (vgl. § 2 NG). So hatte der Notar bei Beurkundungen auch Einfluss auf den Inhalt der zu beurkundenden Erklärungen zu nehmen. Er sollte bei Erklärungen den tatsächlichen Willen der Parteien feststellen und darauf hinwirken, dass die Beteiligten "ihren Willen in Übereinstimmung mit der sozialistischen Gesetzlichkeit und den Grundsätzen der sozialistischen Moral erklären" (§ 18 Abs. 2 NG). Letzteres galt gemäß § 2 Abs. 2 DB auch für Einzelnotare. Durch diese Verpflichtung der Notare, auch inhaltliche Korrekturen im Sinne der sozialistischen Gesetzlichkeit vorzunehmen, sollte der Notar zum Sachwalter der Staatsinteressen bei jedem notariell beurkundeten Vertrag, Rechtsgeschäft oder Testament gemacht werden (Brand, a.a.O., S. 151). Denn die sozialistische Gesetzlichkeit wurde als Einheit von strikter Einhaltung der Gesetze und Parteilichkeit ihrer Anwendung beschrieben. Sie festigte somit die führende Rolle der SED und stellte das Recht und die Rechtsanwendung zur Disposition der führenden sozialistischen Partei (Brand, a.a.O., S. 12, 13; Lieser, a.a.O., S. 49; Dielewicz, Rechtsverständnis und Funktion der Rechtspflege in der DDR, JuS 1972, 369; Schulz, a.a.O., S. 277). Danach waren in der DDR sowohl das Staatliche Notariat als auch die noch zugelassenen Einzelnotare rein staatliche Amtsträger, die ihren Beruf keineswegs unabhängig, sondern streng parteilich ausüben sollten (Brand, a.a.O., S. 149; Wünsche u.a., Grundlagen der Rechtspflege, Lehrbuch, Staatsverlag der DDR, 2. Aufl. 1986, S. 167; s. für den Kollegiumsanwalt als Bevollmächtigten des Staates auch Adler/Alich, Zur Rolle der Anwaltschaft in der DDR nach dem Gesetz über Kollegien der Rechtsanwälte vom 17.12.1980, ROW 1982, 71 <73>, sowie zur Abhängigkeit des Rechtsanwalts Brand, a.a.O., S. 44, 48, 49; Zieger, a.a.O., S. 224). Einige der Einzelanwälte besaßen bekanntermaßen politischen Sonderstatus (Eppelmann u.a., Lexikon des DDR-Sozialismus: Das Staats- und Gesellschaftssystem der DDR, 1996, S. 481; Lieser, a.a.O.), denn die Führung der DDR hatte einen Mindestbedarf an Einzelanwälten, die ggf. für Sonderzwecke gebraucht werden konnten (Brunner, Neues Anwaltsrecht in der DDR, NJW 1981, 1189, <1192>; Zieger, a.a.O., S. 218).

(2) Schließlich verstieß die festgestellte besondere Stellung des Notariats G. entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht gegen das Notarrecht der DDR, insbesondere nicht gegen § 15 Abs. 1 Nr. 4 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB. Danach durfte ein Einzelnotar nicht tätig werden, wenn er Bevollmächtigter eines Beteiligten am Notariatsverfahren war, er durfte diesen also nicht rechtsgeschäftlich vertreten. Eine solche Vertretung lässt sich für das Notariat G. nicht feststellen.

Dies zeigen aktenkundige Fälle aus der Praxis des Notariats, in denen im Falle der Abwesenheit eines an einem Beurkundungsvorgang Beteiligten nicht der Notar, sondern einer der Mitarbeiter des Büros bevollmächtigt wurde (Vollmacht von Frau St. für Hd. vom 24. März 1981; Vollmacht von Ha. für Hd. vom 31. März 1981; Gesellschaftsvertrag der T. Handelsgesellschaft mbH vom 3. April 1981, Urkunde Nr. 98/1981 des Notarvertreters Dr.G.; Vollmacht von Frau St. für Str. vom 25. Mai 1983, Urkunde Nr. 232/1983 des Notars Dr.G.; notarieller Abtretungsvertrag vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 490/1983 des Notars Dr.G.; notarielle Annahmeerklärung vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 491/1983 des Notars Dr.G.; Treuhanderklärung von Frau St. vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 492/1983 des Notars Dr.G.; Vollmacht von Ha. vom 2. August 1983 für Str.).

Anhaltspunkte dafür, dass § 15 Abs. 1 Nr. 4 NG über seinen Wortlaut hinaus die Wahrnehmung jeglicher anderer Funktionen für einen am Beurkundungsvorgang Beteiligten durch den Notar ausschloss, also auch eine Tätigkeit als Bote nicht zuließ, sodass sich dem Senat eine weitere Aufklärung hinsichtlich Anwendungsbereich und Auslegung von § 15 NG hätte aufdrängen müssen, sind nicht ersichtlich. Entsprechendes ergibt sich insbesondere weder aus dem Handbuch für Notare der DDR (hrsg. vom Ministerium der Justiz, Stand Februar 1982) noch aus der Ordnung über die Organisation der Arbeit des Staatlichen Notariats - Arbeitsordnung - vom 5. Februar 1976 (hrsg. vom Ministerium der Justiz; vgl. auch Appell, Das neue Notariatsgesetz in der DDR, DNotZ 1976, 580 ff). Eine Kommentierung zum NG existierte nicht.

Gegen eine erweiternde Auslegung von § 15 Abs. 1 Nr. 4 NG spricht vielmehr, dass ausgesuchte Einzelnotare, wie bereits ausgeführt, von der Staats- und Parteiführung der DDR im eigenen Interesse für besondere Aufgaben eingesetzt worden sind. Außerdem ist bekannt, dass ein für Einzelanwälte geltendes, gegenständlich beschränktes Vertretungsverbot in der Rechtspraxis mit Blick auf die Sonderstellung bestimmter Einzelanwälte ignoriert wurde. Nach § 4 der Verordnung über die Bildung von Kollegien der Rechtsanwälte vom 15. Mai 1953 (GBl. I S. 725) durften volkseigene Betriebe und staatliche Institutionen nur Kollegienanwälte beauftragen. Die entgegengesetzte Praxis ergibt sich aus dem Vermerk der Hauptabteilung VII des Ministeriums der Justiz über die Beratung mit den Einzelanwälten am 26. November 1980, bei der u.a. geprüft worden war, ob die Einzelanwälte weiterhin von der Vertretung der Betriebe und der Auftrittsbefugnis vor den Staatlichen Vertragsgerichten ausgeschlossen bleiben müssen. Dazu hatten die Einzelanwälte I., Dr.G. und Sr. erklärt, dass sie bisher Betriebe vertreten hätten und vor dem Vertragsgericht hätten auftreten dürfen, obwohl es eigentlich nicht zulässig gewesen sei. Weiter heißt es in dem Vermerk: "Tatsache ist, daß alle alten Einzelanwälte an der Vertretung der Betriebe nicht interessiert sind, aber einige Einzelanwälte Betriebe betreuen (Dr.G. die Parteibetriebe, I. einige Außenhandelsbetriebe und Staatsorgane und Sr. Einrichtungen der Kirche). Die Rücksprache beim Staatlichen Vertragsgericht ergab, daß, obwohl rechtlich nicht zulässig, diese Rechtsanwälte auftreten durften, weil deren besondere Aufgabenstellung bekannt war. An dieser Praxis sollte sich auch in Zukunft nichts ändern. ... Von den Einzelanwälten sind vor den Vertragsgerichten bisher nur solche Anwälte aufgetreten, die eine bestimmte Aufgabenstellung haben (Büro Ka. , Dr.G., V., die Einzelanwälte I. und W.)."

bbb) Unabhängig von der besonderen Funktion des Büros G. in dem Sinne, dass die Zentrag/SED vorzugsweise auch mit diesem Büro zusammenarbeitete, ist ein von Dr.G. als Bote überbrachtes Verlangen der Zentrag/SED, eine Treuhanderklärung abzugeben, schon deshalb anzunehmen, weil Dr.G. anderenfalls ohne irgendeinen Auftrag, also von sich aus, Frau St. eine Treuhanderklärung zugunsten des SED-Betriebs Zentrag hätte unterzeichnen lassen, obwohl er angeblich wusste, dass die Klägerin ein Unternehmen der KPÖ war. Dies widerspräche jeder Lebenserfahrung, zumal für Dr.G. persönlich damit keine erkennbaren Vorteile verbunden waren.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin insoweit ein, im Rahmen der notariellen Betreuung eines Unternehmens komme es selbstverständlich immer wieder vor, dass der Notar von sich aus die Initiative ergreife und das Unternehmen darauf hinweise, bestimmte gesellschaftsrechtlich relevante Erklärungen müssten beurkundet werden. Es liege nahe, dass das Notariat G. nach den von F. in den 70er Jahren wiedereingeführten Treuhanderklärungen diese Praxis fortgeführt habe. Es sei daher plausibel, dass Dr.G. nach dem Motto "wir verfahren nach jeder Geschäftsanteilsabtretung wie gehabt" Frau St. im Zusammenhang mit der Beurkundung der Abtretung des Geschäftsanteils die Treuhanderklärung vorgelegt habe. Diese erstmals in der Berufungserwiderung vorgetragene Eigeninitiative von Dr.G. ist bereits in sich nicht schlüssig, weil, wie später bei der Frage, ob es sich bei der Treuhanderklärung um ein Scheingeschäft gehandelt hat, noch auszuführen sein wird, die Klägerin nicht plausibel zu erklären vermag, warum immer so verfahren worden ist.

bb) Aber selbst wenn Dr.G. nicht als Bote der Zentrag/SED fungiert hätte, ergibt sich die Forderung der Zentrag/SED auf Abgabe einer Treuhanderklärung aus dem Umstand, dass der damalige Alleingesellschafter der Klägerin und inzwischen verstorbene Ha. einen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 M auf Weisung der Zentrag/SED an Frau St. abgetreten hat (aaa). Aus dieser Weisung der Zentrag/SED gegenüber Ha. , den Geschäftsanteil an Frau St. abzutreten, geht hervor, dass es ein an diese gerichtetes konkludentes Verlangen auf Abgabe einer Treuhanderklärung gab. Denn die Auswahl von Frau St. als Gesellschafterin musste in der berechtigten Erwartung erfolgen, diese werde eine Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag unterschreiben, weil die Zentrag/SED nur so auch weiterhin ihre Rechte an der Klägerin als einer SED-Firma sichern konnte (bbb).

aaa) Zwar liegt eine schriftliche Weisung der Zentrag/SED zur Abtretung des Geschäftsanteils unstreitig nicht vor. Auch hat Ha. zu keinem Zeitpunkt eine solche erwähnt (). Dennoch liefern die Treuhanderklärung von Frau St. () sowie weitere Umstände () beweiskräftige Indizien für die Überzeugung des Senats von der Existenz einer solchen Weisung.

Ha. machte zu dem Hintergrund der Abtretung des ersten Geschäftsanteils an Frau St. keine Angaben, sondern erklärte bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 10. März 1994 nur, er habe Frau St. anlässlich der ersten Abtretung 1978 darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag mitunterschreiben müsse.

Eine weitere Aufklärung dieses Punktes war dem Senat nicht möglich, weil Ha. als Zeuge nicht mehr zur Verfügung stand.

Die Existenz einer Weisung wird aber durch den Wortlaut der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 dokumentiert.

Dieser Erklärung ging die Abtretung des Geschäftsanteils in Höhe von 25 000 M durch Ha. an Frau St. vom gleichen Tage voraus (Urkunde Nr. 90/1978 des Notarvertreters Dr.G.). Ausweislich von Ziffer 1 der Treuhanderklärung hat Frau St. erklärt, dass Ha. den Geschäftsanteil auf Weisung der Zentrag an sie abgetreten habe.

Im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist für den Senat entscheidend, dass diese Erklärung mit diesem Inhalt von Frau St. nicht nur unterzeichnet worden, sondern sogar Gegenstand einer notariellen Urkunde ist. Selbst wenn Frau St. die Erklärung vom 16. März 1978 nicht gelesen haben sollte, bevor sie sie unterschrieb (vgl. Protokoll der Vernehmung vom 8. April 2003), steht dies ihrer Kenntnis von der Weisung nicht entgegen. Denn Dr.G. hat auf der Niederschrift der Treuhanderklärung (Urkunde Nr. 91/1978) bestätigt, dass er ihr diese vorgelesen hat, wofür die Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 ZPO-DDR den vollen Beweis erbringt. Den Gegenbeweis hat die Klägerin, wie bei der Frage der Wirksamkeit der Treuhanderklärung noch auszuführen sein wird, nicht geführt.

Die notarielle Urkunde indiziert in ausreichendem Maße die Existenz einer solchen Weisung. Die inhaltliche Richtigkeit von Ziffer 1 der Treuhanderklärung wird zudem dadurch bestätigt, dass bei der Abtretung des Geschäftsanteils entsprechend verfahren und dann eine Treuhanderklärung abgegeben worden ist.

Dabei kommt es für den Beweiswert der Erklärung, die Abtretung des Geschäftsanteils sei auf Weisung der Zentrag erfolgt, nicht darauf an, auf welchen Erkenntnissen von Frau St. diese Erklärung beruhte. Denn entgegen der Ansicht der Klägerin ist für eine Anwendung der Grundsätze über Geständnisse gerichtlicher oder außergerichtlicher Art im Sinne der ZPO sowie der einschlägigen zivilprozessrechtlichen Rechtsprechung wegen des im Verwaltungsprozess geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes kein Raum (§ 86 Abs. 1 VwGO; vgl. BVerwG, JZ 1972, 119 f).

Weiteres Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Weisung ist, dass die Zentrag/SED befugt war, Einfluss auf die Besetzung der Führungspositionen bei der Klägerin zu nehmen. Dies ergibt sich für Frau St. aus Ziffer 1 der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 und allgemein aus verschiedenen Aussagen.

(1) Den Angaben von Ha. bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 10. März 1994, von F. in seiner notariellen Erklärung vom 2. Juli 1993 sowie bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 8. März 1994 und von Fr. bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht am 17. Dezember 1992, das Amtsgericht Tiergarten am selben Tag und das Bezirksgericht Innere Stadt Wien am 10. September 1993 sowie des vom Verwaltungsgericht am 23. August 1996 und im Wege der Rechtshilfe vom Magistrat der Stadt Wien am 26. Juli 2002 vernommenen Zeugen K. ist das Recht der SED zu entnehmen, auf die Besetzung der Führungspositionen der Klägerin einzuwirken. Alle haben, wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung, von Mitwirkungsbefugnissen der SED gesprochen.

(a) So sagte Ha. aus, dass die Bestellung der Geschäftsführer zuvor von der SED habe bestätigt werden müssen. Es sei kein eigentliches Mitspracherecht gewesen, die SED habe sich aber bei ihr unliebsamen Personen eine Art Einspruch vorbehalten, z.B. bei Emigranten aus England im Gegensatz zu aktiven Widerstandskämpfern.

(b) In die gleiche Richtung gehen die Erklärungen des inzwischen ebenfalls verstorbenen F. Er gab an, dass bei jedem Wechsel in der Geschäftsführung der Novum die Zustimmung der SED habe eingeholt werden müssen, um den Eintritt unliebsamer Personen zu vermeiden. Schwierigkeiten habe es aber kaum gegeben, da zwischen KPÖ und SED freundschaftliche Beziehungen geherrscht hätten.

(c) Der gleichfalls zwischenzeitlich verstorbene Fr., von 1972 bis 1975/76 Leiter der Finanzkommission der KPÖ und bis 1990 immer wieder als deren Berater herangezogen, sagte aus, die KPÖ habe bei jedem Geschäftsführer der Novum das Einvernehmen der SED herbeigeführt. Weiter berichtete er, dass DDR-Behörden manchmal, vor allem in der ersten Zeit nach Gründung der Novum, Schwierigkeiten mit manchen von der KPÖ nach Berlin geschickten Leuten gehabt hätten bzw. mit ihnen nicht einverstanden gewesen seien, und sie dann die Empfehlung erhalten hätten, diesen oder jenen zurückzunehmen. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen SED und KPÖ seien solche anstehenden Probleme auf direktem Weg bereinigt worden.

(d) Dem entsprechen die Aussagen des Zeugen K., der allerdings darauf hingewiesen hat, dass die Diskussions- und Entscheidungsprozesse bezüglich der Novum überwiegend zu der Zeit stattgefunden hätten, in der Fr. insoweit der Verantwortliche in der KPÖ gewesen sei. Während seiner - K's - Zeit als Leiter der Finanzkommission der KPÖ (1982-1991) sei nur der Eintritt von Sa., eventuell als Nachfolger von Frau St., in die Novum behandelt worden. Die Erkenntnisse des Zeugen beruhen seinen Angaben zufolge auf Gesprächen mit Fr. zu der Frage, warum bezüglich der Klägerin keine Treuhanderklärungen zugunsten der KPÖ vorlagen.

Dazu hat der Zeuge vor dem Verwaltungsgericht bekundet, Fr. habe ihm erklärt, dass zur Novum keine Erklärungen hinsichtlich einer treuhänderischen Anbindung vorhanden seien, weil die DDR ein sicherer Ort für die KPÖ sei. Wann immer die Partei eine Änderung bei der Novum, z.B. bei der Besetzung des Geschäftsführerpostens, gewünscht hätte, hätte sie dies über das ZK der SED erreichen können. Die Richtigkeit dieser Aussage hat der Zeuge bei seiner Vernehmung am 26. Juli 2002 ausdrücklich bestätigt. Auf Nachfrage hat er dies dahin erläutert, dass das ZK der SED von Partei zu Partei habe eingeschaltet werden müssen. Denn die Änderung in der DDR, also die notwendigen rechtlichen Schritte über Zivilrecht usw., seien natürlich eine Sache gewesen, über die sie gar nicht so informiert gewesen seien und die dann also nur von dort aus hätten erfolgen können. Es sei eine ziemlich komplizierte rechtliche Situation damals in der DDR gewesen und sie hätten das zur Kenntnis nehmen müssen, wie es die SED gewollt habe. Fr. habe die SED im Wege des persönlichen Kontakts über die Bestellung von Geschäftsführern und Gesellschaftern informiert. Er selbst habe im Fall von Sa. Frau St. direkt beauftragt, den entsprechenden Stellen in Berlin mitzuteilen, dass der Eintritt von Sa. als Prokurist in die Novum ein Beschluss der KPÖ sei. Mit wem sie damals gesprochen habe, wisse er nicht. Es könne eine Stelle der SED, aber auch Staatssekretär Bl. gewesen sein. Fr. habe ihm auf seine Frage für den Fall, dass die Nachfolge für Frau St. akut werde, gesagt, Wi. sei dafür innerhalb der SED verantwortlich.

Der Senat hat insoweit keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der geschilderten Aussagen. Ohne Bedeutung ist dabei, dass sich diese vorwiegend auf die Besetzung des Geschäftsführerpostens beziehen, da bis zum Stichtag 7. Oktober 1989 die Geschäftsführer der Klägerin zumeist gleichzeitig auch Gesellschafter waren. Im Hinblick darauf, dass die genannten Zeugen alle das Recht bzw. die Befugnis der SED, auf die Besetzung der Führungspositionen bei der Klägerin einzuwirken, bestätigt haben, ist gleichfalls unerheblich, welche Person oder welches Gremium der SED konkret zuständig war.

(2) Die geschilderten Aussagen, die Mitwirkungsrechte der SED bezüglich personeller Vorgänge bei der Klägerin bestätigen, werden nicht durch weitere Erklärungen von Ha. und dem Zeugen K. bzw. die Erklärungen des verstorbenen De. sowie der inzwischen ebenfalls verstorbenen Zeugen So. und Mu. entkräftet.

(a) Dies gilt zunächst für die Erklärung von Ha., er habe während seiner gesamten Tätigkeit für die Novum außer im Rahmen rein geschäftlicher Kontakte weder mit Vertretern der Zentrag noch mit anderen DDR-Stellen zu tun gehabt; die Zentrag sei zu dieser Zeit kein Begriff für ihn gewesen (eidesstattliche Erklärung vom 16. März 1992; Protokoll der Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. März 1994). Dies betrifft die Frage, ob bzw. inwieweit die Zentrag/SED die konkrete Firmentätigkeit der Klägerin bestimmt hat, und sagt nichts über ihren Einfluss auf personelle Vorgänge aus.

Auch dass Ha. selbst 1954 und 1976 (richtig: 1977) sowohl die Geschäftsanteile an der Klägerin als auch deren Geschäftsführung auf Vorschlag bzw. Weisung der KPÖ übernommen haben will (a.a.O.), bedeutet nicht, dass die Zentrag/SED darauf keinen Einfluss hatte.

Zu dem Hintergrund der Abtretung des ersten Geschäftsanteils an Frau St. machte Ha. - wie bereits erwähnt - keine Angaben.

(b) De., von 1950-1976 Leiter des Wirtschaftsapparates der KPÖ, gab sowohl in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 10. Juli 1992 als auch bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht am 1. Dezember 1992 und das Bezirksgericht Innere Stadt Wien am 10. September 1993 an, die Geschäftsführer bzw. Verantwortlichen der Novum seien von der KPÖ ausgewählt worden.

(c) Auch der Zeuge So., ab 1977 zusammen mit Frau St. Leiter des KPÖ-Wirtschaftsapparats, hat bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 3. Juni 1996 bekundet, die Geschäftsführer und Gesellschafter der Novum seien in Wien vom KPÖ-Wirtschaftsapparat bestimmt worden. Der Zeuge Mu. konnte sich bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 27. Juni 1996 an die Bestellung von Frau St. erinnern. Außer der allgemeinen Bekundung, die Besetzung wichtiger Funktionen bei Treuhandfirmen wie der Novum sei während seiner Zugehörigkeit zur Finanzkommission (1965-1990) immer durch diese bestätigt worden, hat er angegeben, dass Frau St. in den 70er Jahren bei ihrer Einsetzung als Geschäftsführerin bzw. Verantwortliche der Novum in der Finanzkommission behandelt und durch diese bestätigt worden sei.

(d) Der Zeuge K. hat bei seiner Vernehmung am 26. Juli 2002 bekundet, dass während seiner Zeit als Verantwortlicher der KPÖ für Finanzfragen und den Bereich der Treuhandfirmen niemals von irgendeiner Stelle der SED versucht worden sei, auf Entscheidungen der KPÖ bei der Besetzung von Führungspositionen bei der Novum Einfluss zu nehmen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Zeuge, wie bereits dargestellt, angegeben hat, zu seiner Zeit sei nur noch der Eintritt von Sa. in die Novum Thema gewesen. Unabhängig hiervon hat er den Personalentscheidungen in der KPÖ zu Grunde liegenden Prozess allgemein wie folgt geschildert: Bei der Novum und allen Treuhandfirmen der KPÖ hätten früher De.und später So. und Frau St. die Besetzung leitender Positionen bei den einzelnen Firmen vorberaten und das Ergebnis an die Instanzen der KPÖ, früher an seinen Vorgänger als Vorsitzenden der Finanzkommission Fr. und später an ihn herangetragen. Von ihm sei es dann, meist nach Vorbesprechung mit dem Parteivorsitzenden Mu., in das Gremium der Finanzkommission weitergetragen worden, die dann die Beschlüsse gefasst habe. Weiter hätten sie es dann an die SED herangetragen und die SED habe schon aufgrund dieses ganzen Vorganges in den Entscheidungsprozessen und in der Diskussion eigentlich keine maßgebende Rolle spielen können. Sie hätten allerdings, und das sei für sie als Partei selbstverständlich gewesen, nachdem die Novum hauptsächlich innerhalb der DDR und im Auslandsgeschäft der DDR tätig gewesen sei, mit den entsprechenden Stellen der SED hier Fühlung aufnehmen und ihr die Vorschläge übermitteln müssen. Dem habe eine Vereinbarung zugrunde gelegen, weil die Novum nach dem DDR-Recht habe arbeiten müssen.

Die geschilderten Aussagen, insbesondere von De. und der Zeugen So. und Mu., schließen einen bestimmenden Einfluss der SED auf die Besetzung der Führungspositionen bei der Klägerin nicht aus, sie sprechen nicht einmal dagegen. Die Auswahl von Personen durch die KPÖ bzw. eines ihrer Gremien und eine anschließende Aussprache darüber in der Finanzkommision besagt nichts über die Befugnisse der SED. Die geschilderte Billigung bzw. Bestätigung der Geschäftsführer/Verantwortlichen der Klägerin durch die KPÖ liegt vielmehr nahe, da diese unstreitig Mitglieder der KPÖ bzw. ihr nahe stehend waren und die Klägerin ebenfalls unstreitig nach außen als KPÖ-Firma aufgetreten ist. Gerade im Fall von Frau St. spricht viel für eine Auswahl ihrer Person als künftige Gesellschafterin der Klägerin durch die SED, zumindest aber für eine entscheidende Mitwirkung, da Frau St. laut weiterer Bekundung des Zeugen Mu. nicht nur volles Vertrauen der KPÖ, sondern auch von Funktionären der SED wie Mittag und Bl. genoss (Protokoll der Vernehmung durch das Verwaltungsgericht vom 27. Juni 1996; s. auch Bericht vom 16. Mai 1983 zum Treffbericht mit dem IMS "Chemiker" [MfS XV/2687/71]). Von etwaigen Kontakten zwischen ihr und SED-Funktionären im Vorfeld der Abtretung des Geschäftsanteils müssen die Vertreter der KPÖ keine Kenntnis gehabt haben.

(3) Bei dieser Beweislage kam die Vernehmung von Frau St. hierzu nicht in Betracht, obwohl sie in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 3. Februar 1992 erklärt hat, die Übertragung von Gesellschafteranteilen an der Novum sei nur in Abstimmung mit der KPÖ erfolgt und Mitwirkungs- und Weisungsbefugnisse seitens der Zentrag hätten nicht bestanden. Denn es wäre nur eine Vernehmung nach den für die Parteivernehmung geltenden Regeln möglich gewesen, deren Voraussetzungen aber nicht vorlagen.

(a) Grundsätzlich kann auch im Verwaltungsprozess eine Partei, d.h. ein Beteiligter (§ 63 VwGO), nicht Zeuge sein (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 98 Rnr. 8). Darunter fällt auch der Geschäftsführer einer GmbH als deren Vertretungsorgan (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, Übers § 373 Rnr. 15; Barfuß, NJW 1977, 1273 <1274>).

Frau St. ist durch Beschluss der von der Beklagten mit Schreiben vom 8. Dezember 1992 ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung vom 21. Dezember 1992 wirksam als Geschäftsführerin der Klägerin abberufen worden, ohne dass es wegen der nachfolgenden Ausführungen hierzu einer näheren Begründung bedarf.

(b) Dies hat dazu geführt, dass Frau St. nicht mehr als Partei an dem vorliegenden Rechtsstreit beteiligt war und grundsätzlich hätte Zeugin sein können. Dennoch schied eine Vernehmung als Zeugin aus, weil ihre Situation hinsichtlich des materiell bestehenden Interessenkonflikts der einer Partei entspricht. Denn im Rahmen des vorliegenden Verfahrens wäre nur eine Befragung zu Vorgängen in Betracht gekommen, die zugleich Gegenstand des Verfahrens OVG 3 B 11.96 sind, in dem Frau St. Klägerin ist. Wegen dieser Konstellation hätte sie bei einer Aussage als "Zeugin in eigener Sache" aussagen müssen. Gerade davor sollen die Beschränkungen der Zulässigkeit der Parteivernehmung aber schützen, weil die Partei der Last der Aussage und eventuellen Beeidigung sowie dem hiermit verbundenen Interessenkonflikt nur im Notfall ausgesetzt werden soll (Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, vor § 445 Rnr. 5; § 445 Rnr. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 445 Rnr. 9). Dafür, dass die Frage, ob jemand als Zeuge vernommen werden kann oder nicht, sich nicht allein nach seiner formalen prozessualen Stellung richtet, spricht auch, dass in Fällen, in denen ein Beteiligter zwar formal Partei ist, aber zu Themen befragt werden soll, die seine Parteistellung und die damit verbundenen Interessen nicht berühren, eine Vernehmung als Zeuge für zulässig erachtet wird, weil es an dem beschriebenen Interessenkonflikt fehlt und damit die Grundlage für die Beschränkung der Vernehmbarkeit des Betroffenen entfällt (BGH, MDR 1984, 47).

Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem von Frau St. geführten Verfahren OVG 3 B 11.96, in dem sie von vornherein nur als Partei vernommen werden könnte, und dem Verfahren der Klägerin nicht um gemäß § 93 Satz 1 VwGO verbundene, sondern um rechtlich selbständige Verfahren handelt. Denn die prozessrechtliche Stellung als Zeuge oder Partei kann wegen der weitreichenden Konsequenzen nicht davon abhängen, ob das Gericht, wenn wie hier die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Verfahren vorliegen, von dem ihm in § 93 Satz 1 VwGO eingeräumten Ermessen Gebrauch macht oder nicht.

(c) Die Voraussetzungen der hier für die Vernehmung von Frau St. entsprechend heranzuziehenden Regeln über die Parteivernehmung lagen nicht vor.

Die Vernehmung eines Beteiligten (§ 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist auch im Verwaltungsstreitverfahren - wie sich aus § 98 VwGO i.V.m. dem dort in Bezug genommenen § 450 Abs. 2 ZPO ergibt - ein subsidiäres Beweismittel zur Aufklärung des Sachverhalts, das grundsätzlich erst dann in Betracht kommt, wenn die Beweisaufnahme nach Ausschöpfung aller anderen Beweismittel Zweifel offen lässt (BVerwG, Buchholz 418.00, Ärzte Nr. 95; DÖV 1980, 650; DÖV 1963, 517; BGH, LM § 445 ZPO Nr. 3; VGH Mannheim, NVwZ 1993, 72; OVG Münster, DÖV 1981, 384; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl. 2000, § 98 Rnr. 16; Zöller, a.a.O., vor § 445 Rnr. 5, § 445 Rnr. 3).

Dies ist hier nicht der Fall. Die vorliegenden Unterlagen und die vom Senat erhobenen Beweise haben zu einem eindeutigen Ergebnis geführt. Der Senat hat aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Zentrag/SED befugt war, Einfluss auf die Besetzung der Führungspositionen bei der Klägerin zu nehmen. Zweifel, die eine Vernehmung von Frau St. als Partei von Amts wegen erforderlich machen würden, hat der Senat nicht mehr.

bbb) Die Auswahl von Frau St. als künftige Gesellschafterin der Klägerin erfolgte seitens der Zentrag/SED in der - wie sich zeigt - berechtigten Erwartung, sie werde die ihr vorgelegte Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag unterschreiben, weil die Zentrag/SED nur so ihre Rechte an der Klägerin auch weiterhin sichern konnte. Denn es steht fest, dass es sich bei der Klägerin um eine als KPÖ-Unternehmen getarnte Firma der SED handelte.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die SED verfügte im Ausland über sog. Tarnfirmen und die Idee der Legendierung von Firmen war auch Bestandteil des in Partei- und Wirtschaftskreisen vorhandenen Gedankenguts.

(1) Dies geht aus der von Dr. Peter Sager verfassten Abhandlung "Getarnte Firmen", die 1962 in der Schriftenreihe des schweizerischen Ost-Instituts als Heft 11 erschien, und insbesondere seinem Schreiben vom 3. März 1995 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den Schweizer Gerichtsverfahren Dr.Nd., hervor.

(a) Die Abhandlung "Getarnte Firmen" enthält zwar im Wesentlichen innerösterreichische Betrachtungen und befasst sich mit der KPÖ sowie deren Rolle in Österreichs Wirtschaft. Zum historischen Hintergrund wird darin ausgeführt, dass in Österreich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Abschluss des Staatsvertrages über die Souveränität von Österreich das sog. "deutsche Eigentum" von den Siegermächten verwaltet worden sei (S. 5). Infolge der sowjetischen Obstruktion habe der Staatsvertrag erst am 15. Mai 1955 abgeschlossen werden können (S. 5). Während die Westmächte das "deutsche Eigentum" mittlerweile dem österreichischen Staat übergeben hätten, sei in der sowjetischen Besatzungszone mit dem USIA-Konzern ("Verwaltung für Sowjeteigentum in Österreich") ein gegenüber Österreich unabhängiges, nur von der Besatzungsmacht kontrolliertes Wirtschaftsgebilde organisiert worden (S. 5, 11). Nach Abschluss des Staatsvertrages sei der USIA-Konzern aufgelöst und gegen Ablösezahlungen dem österreichischen Staat übertragen worden (S. 5, 11). Der USIA-Konzern habe bis 1955 einen sehr starken Wirtschaftsverkehr der sowjetischen Besatzungszone Österreichs mit dem Ostblock entwickelt (S. 5). Ein Teil der Handelsorganisation des USIA-Konzerns scheine an die 1949 gegründete Firma Intrac, Internationaler Warenaustausch und Großhandels-GmbH, übergegangen zu sein, die aber in der Zwischenzeit faktisch liquidiert worden sei (S. 11).

Diese Ausführungen ergänzt Dr. Sager aber in seinem Schreiben vom 3. März 1995, in dem anlässlich einer Anfrage von Dr.Nd. zur Klägerin die Verhältnisse in der DDR und deren handelspolitische Beziehungen zu Österreich geschildert werden.

Der DDR sei in der sowjetischen Planung aus mehreren Gründen eine wichtige Rolle zugefallen. Mitteldeutschland habe bis zum Bau der Berliner Mauer im August 1961 über einen leichteren Zugang zur BRD verfügt, den höchsten Technologiestandard der kommunistisch geführten Staaten aufgewiesen und die einzige sprachliche Brücke zum Westen besessen. Besser noch als mit der BRD oder der Schweiz habe diese Brücke zunächst mit der SBZÖ ausgebaut und gefestigt werden können, wo die sowjetisch geleitete USIA für den Außenhandel anfänglich allein zuständig gewesen sei. Zudem sei einsichtig gewesen, dass Österreich gemäß der Londoner Erklärung in absehbarer Zeit voll unabhängig werden würde, ohne - wie die DDR - den Anschluss an den Ostblock vollziehen zu müssen. Dass ein solcher Anschluss nach dem Tod Stalins 1953 und nach der Machtübernahme 1954 durch Chruschtschow in Moskau nicht mehr habe erzwungen werden können, sei bekannt gewesen. Daher habe es nahegelegen, von der DDR aus in Österreich selbst die notwendigen Strukturen bereitzustellen, solange die USIA noch das Sagen gehabt habe. Zuständig dafür seien sowohl das Staatliche Außenhandelsministerium der DDR als auch die Wirtschaftsabteilung der SED als einer seit 1949 regierenden KP gewesen (S. 6).

(b) Zu Ursprung und Organisation der Tarnfirmen führt Dr. Sager in seinem Schreiben vom 3. März 1995 aus: Die Auslagerung der USIA-Handelsorganisation im bedeutungsvollen Jahr 1949 in die Intrac habe einen überaus geschickten Zug dargestellt. Unter dem sowjetischen Dach habe ein wichtiger Teil des Konzerns angeblich verselbständigt werden können und sei mithin nicht unter die Regelung im Rahmen des Staatsvertrages von 1955 gefallen, der die volle österreichische Souveränität hergestellt habe. Bei dieser Gelegenheit sei nämlich das restliche Eigentum der USIA gegen Bezahlung an den österreichischen Staat und in dessen Kontrolle übergegangen. Bis 1955 habe die Intrac langsam an Bedeutung eingebüßt und dann für geraume Zeit noch ein Schattendasein geführt. Ebenfalls zwischen 1949 und 1955 seien die meisten der sogenannten Tarnfirmen entstanden oder es seien Firmen von sog. Kommerz-Kommunisten übernommen worden. So sei das Erbe der Intrac reorganisiert worden. Es stehe außer Zweifel, dass die KPÖ, erst 1945 (wieder) entstanden und ohne Anknüpfungsmöglichkeiten an früheren politischen Einfluss und zuvor erworbene wirtschaftliche Macht, diese Tarnfirmen niemals aus eigener Kraft hätte gründen oder übernehmen können. Dass ihr die Tarnfirmen von der USIA geschenkt worden seien, sei völlig unwahrscheinlich; uneigennützige Geschenke habe es bei kommunistischen Regimes, Parteien und Funktionären nie gegeben. Es sei daher mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die 1949 von der USIA ausgelagerten Handelsgesellschaften gegen Kompensation zu einem erheblichen Teil an die SED übergegangen seien (S. 7). Von dieser seien sie als sogenannte Tarnfirmen organisiert worden. Das besondere SED-Interesse liege auf der Hand. Sie habe über ein eigenes, aber getarntes Firmennetz einen Handel parallel zum Außenhandels-Ministerium der DDR betreiben können. Teils hätten auf verdecktem Wege dringend benötigte Güter beschafft werden müssen, die der offiziellen DDR wegen der seit 1950 geltenden Ausfuhrbeschränkungen nach Mittel- und Osteuropa vorenthalten geblieben seien. Teils hätten auf diese Weise nicht minder dringend benötigte schwarze Devisenbeträge auf geheimen Konten im Westen zur Verfügung der breit praktizierten subversiven Tätigkeit angelegt werden sollen. Eben aus diesem Grund habe das SED-Eigentum selbst vor offiziellen Behörden und gewissen Staatsbeamten, die nicht eng in die SED eingebunden waren, geheim gehalten werden müssen. Die großen Vorteile dieses Firmen-Netzes hätten nur wahrgenommen werden können, wenn das SED-Eigentum daran getarnt geblieben sei. Dass sie teilweise als KPÖ-Firmen bekannt gewesen seien, habe niemanden gestört und sei längst notorisch gewesen. Die Tarnung habe nicht etwa darin bestanden, dass der KPÖ gehörende Firmen als parteiungebunden erscheinen sollten. Die Tarnung habe vielmehr darin bestanden, dass eigentliches SED-Eigentum als der KPÖ gehörend ausgegeben worden sei. Auf diese Weise sei allgemein hingenommen worden, dass die DDR ihren Handel vorwiegend mit diesen Firmen abgewickelt habe. Die Tarnfirmen hätten ferner nicht glaubwürdig als parteiungebunden und von der KPÖ unabhängig ausgegeben werden können. Sie wären der Abhängigkeit von der SED verdächtigt worden, und just das sei unerwünscht gewesen. Zudem hätte die SED nicht die gleichen Kontrollmöglichkeiten besessen wie über die KPÖ als Besitzerin, die die Verhältnisse im eigenen Lande besser gekannt und indirekt die von Ost-Berlin eingesetzten Verwalter auch zu qualifizieren vermocht habe (S. 8).

Die Tarnfirmen seien als Parallelorganisation ausländischen Eigentums (insbesondere auch der SED) unter österreichischem Mantel aufgebaut worden. Bezeichnend sei der Umstand, dass die jeweiligen Verwalter dieser Tarnfirmen zwar der KPÖ angehört, aber dort keine Funktion eingenommen hätten - wie etwa die Mitgliedschaft im Zentralkomitee oder Politbüro -, die ihrer wirtschaftlichen Stellung entsprochen hätte (S. 10).

Die österreichischen Tarnfirmen hätten die Monopolisierung des sog. Osthandels bezweckt. Auf diese Weise hätten sie privilegiert werden sollen. Das sei zweifellos nicht im Interesse dieser Firmen oder der KPÖ geschehen, die realistischerweise wachsende Gewinne zur Finanzierung ihres Parteibudgets weder rechtlich zu rechtfertigen noch politisch wirksam einzusetzen vermocht hätte. Falls hingegen die österreichischen Tarnfirmen faktisch im Eigentum teils der SED, teils auch anderer regierender KP stünden, dann hätten diese ein verständlich großes Interesse, ihren Außenhandel über Tarnfirmen abzuwickeln. So hätten sie ihrem Staat wahlweise billigere Importe sichern oder strategische Güter beschaffen oder für eigene Zwecke über schwarze Devisen im Westen verfügen können (S. 11/12).

(2) Die Ausführungen von Dr. Sager zu SED-eigenen Tarnfirmen werden durch Dokumente und Äußerungen von Zeitzeugen bestätigt.

(a) So schildert der in leitender Funktion im DDR-Außenhandel beschäftigte Mitarbeiter Rh. in seinem für das MfS bestimmten Bericht vom 3. Februar 1952, dass es Aufgabe der Deutschen Außenhandelsgesellschaft m.b.H. - DAG - gewesen sei, wegen des noch nicht bestehenden Außenhandels Geschäfte mit den Bruderparteien in den Volksdemokratien durchzuführen, wobei zuerst keine Warengeschäfte, sondern Kompensationen gemacht worden seien. Um aber einen Gegenpol in den Volksdemokratien zu schaffen, sei damit begonnen worden, zwei Gesellschaften im Ausland zu gründen. Eine davon sei die Intrac in Wien gewesen, die in Berlin durch Ko. und Bm. vertreten worden sei, während in Wien A. Geschäftsführer gewesen sei.

Die enge Bindung von Intrac an Berlin ergibt sich auch aus einer Aktennotiz vom 2. November 1950 "zur Unterredung zwischen DAHA-Metall und Intrac, Wien, Intrac, Berlin, Merx, Wien," in der es u.a. heißt, dass die handelspolitische Stellung der DDR in Österreich ausschließlich durch die aktive Unterstützung bestimmt werde, die die Intrac durch die dafür zuständigen Stellen der DDR erhalte. Sie ergibt sich ferner aus dem Protokoll vom 10. Dezember 1951 über eine Besprechung im Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel - im Folgenden MAI - am 6. Dezember 1951, bei der es um die Gestaltung des Handelsverkehrs mit Österreich im Jahr 1952 ging. Dabei vertraten der Österreicher F. und Ri. die Deutsche Warenvertriebsgesellschaft mbH - DWV - und De.die Intrac (Wien). Nach dem Besprechungsprotokoll war Nachfolgerin der Firma Merx die Firma Wagner. De.und Ri. lehnten gemeinsam den Vorschlag einer Vertreterin des MAI, Verträge mit österreichischen Firmen ggf. nicht über die Firma Wagner abzuwickeln, ab. Alle Firmen, die nicht mit der Einschaltung von Wagner einverstanden seien, müssten ausgeschaltet werden. Zweigleisigkeit verhindere die Ausschöpfung aller Möglichkeiten. Intrac sei in der Lage, auch die Waren zu beschaffen, die "uns" durch solche Firmen angeboten werden.

(b) Weiter belegen der Vermerk des Präsidenten der DDR-Außenhandelskammer Dr.L. an den Genossen Ri.vom 9. Dezember 1952, der Treffbericht des IMS "Werner Ulrich" vom 17. Juni 1981 sowie der Aktenvermerk von Dr.G. vom 24. Juni 1981, dass die Idee der Legendierung bzw. Tarnung von SED-eigenen Firmen auf verschiedenen Partei- und Staatsebenen sowie zu unterschiedlichen Zeiten Gegenstand von Überlegungen war.

Weil aufgrund der diplomatischen Nichtanerkennung der DDR offizielle Handelsvertretungen in die kapitalistischen Länder nicht entsandt werden könnten und der Aufbau rein kommerzieller Vertretungen der Deutschen Innen- und Außenhandel-Kompensation - im Folgenden DIA - im Ausland mit Schwierigkeiten und einem nicht unerheblichen Zeitaufwand verbunden sein dürfte, regte Dr.L. u.a. die Gründung ausländischer Gesellschaften der DDR an. Er führte dazu weiter aus, dass es auch bei vollem Ausbau und Funktionieren des DIA-Apparates im Ausland notwendig sei, eine Beeinflussung der Wirtschaftspolitik in dem betreffenden Land vorzunehmen, ohne diese notwendige dringende Aufgabe einem Personenkreis anzuvertrauen, der von vornherein den Wirtschaftskreisen und der Regierung des betreffenden Landes als eine "Agentur" der DDR offensichtlich werde. Obendrein gebe es eine Reihe von delikaten Geschäften, deren Erfolg die Existenz einer für die DDR zuverlässigen, anscheinend "kapitalistischen Firma" bedinge. Als eine von zwei Alternativen der organisatorischen Form solcher ausländischen Gesellschaften komme in Betracht, z.B. eine holländische Firma, die, wenn möglich, seit vielen Jahren bestehen müsste, zu kaufen, d.h. die DDR müsste genügend Kapital investieren, um diesen Kauf vorzunehmen, sodass der von der DDR beauftragte Vertrauensmann als Inhaber dieser Firma auftrete. Der Geschäftsführer, wenn nicht auch der Inhaber, müsste in dem gegebenen Falle ein Holländer sein, aber auf keinen Fall ein Bürger der DDR, dessen Aufgabe es wäre, die Handelstätigkeit der aufgekauften Firma im Wesentlichen in dem bereits bestehenden Rahmen weiterzuführen, der jedoch aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses die oben beschriebenen handelspolitischen Aufgaben durchführen könnte. Nach erfolgtem grundsätzlichem Entschluss, derartige Firmen zu gründen, müsse sofort mit dem Zentralkomitee der Bruderpartei des betreffenden Landes diese Frage im Einzelnen besprochen werden, um in engster Zusammenarbeit mit den leitenden Organen oder Genossen der Bruderpartei an die Lösung dieser Aufgabe zu gehen.

Auch Dr.G. weist in seinem Treffbericht vom 17. Juni 1981 als IMS "Werner Ulrich" sowie in seinem Aktenvermerk vom 24. Juni 1981 darauf hin, dass es in jedem kapitalistischen Land nach der Landesgesetzgebung einwandfrei erprobte und abgesicherte Methoden gebe, wie Geld am Wirtschaftsverkehr teilnehme, ohne dass der wirkliche wirtschaftliche Eigentümer dieses Geldes erkennbar werde, er aber die volle Macht darüber behalte, wo und wie sein Kapital genutzt werde und ob und wann er es aus dem Unternehmen wieder herausziehen wolle. Das wirtschaftliche Risiko des wirklichen Geldgebers sei durch die Ausgestaltung der Treuhandverträge so gering wie möglich zu halten.

Das wirtschaftspolitische Mittel der Legendierung von Firmen wurde aber nicht nur bei Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland hatten, eingesetzt, sondern auch bei solchen, die auf dem Gebiet der DDR ansässig und als Vertreterfirmen im Außenhandel tätig waren. Dies ergibt sich z.B. für die Firma F. C. Gerlach Export-Import Berlin aus den Urteilen des Kammergerichts vom 17. November 1995 - 9 U 5909/92 - in Sachen Ws. gegen Bundesrepublik Deutschland und des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. März 1999 in Sachen Bundesrepublik Deutschland gegen Anstalt Fortintakt. Auch bei der Klägerin handelte es sich um eine Tarnfirma.

(1) Bereits in seiner Abhandlung von 1962 stellte Dr. Sager bezüglich der Klägerin am Ende einer Aufstellung von österreichischen Tarnunternehmen fest (S. 23):

"Als Kommerz-Kommunisten erscheinen zudem die nachfolgenden Vertreter ausländischer Firmen:

...

Herr Ba., Fa. Novum & Batimex, Ost-Berlin."

Zuvor hatte er ausgeführt, dass es sich bei Firmen im Besitz von kommunistischen Funktionären um Tarnunternehmungen handele, die entweder unmittelbar als Gründung durch kommunistische Funktionäre oder Kapitalinfiltration bei gleichzeitiger Übernahme der leitenden Posten durch Funktionäre der KPÖ entstanden seien. Der Begriff "Tarnunternehmung" sei so zu verstehen, dass entscheidende Firmenleiter der KPÖ angehörten oder nahestünden. Solche Funktionäre würden zuweilen als Kommerz-Kommunisten bezeichnet (S. 16).

In seinem Schreiben vom 3. März 1995 stellte Dr. Sager klar, dass er die Firma Novum auf Seite 23 seiner Schrift als eine aus österreichischer Sicht "auslän dische Firma" bezeichnet, aber nicht behauptet habe, sie befinde sich im Besitz der KPÖ (S.1). Ergänzend führte er aus, die Novum sei aus nahe liegenden Gründen ebenfalls als österreichische, in Ost-Berlin domizilierte Firma ausgegeben worden, wobei sie eine besondere Rolle als Partnerin vor allem der österreichischen Tarnfirmen gespielt habe. Zu diesem Zweck sei jedoch vernünftigerweise eine SED-Firma nötig gewesen, die auch von staatlichen Instanzen der DDR habe abgeschirmt werden können (S. 12).

(2) Bestätigt werden die Ausführungen von Dr. Sager von 1962 und 1995 durch die Gründungsgeschichte der Klägerin. Anhand von dem Senat vorliegenden zeitgeschichtlichen Dokumenten wird deutlich, dass die Klägerin anfangs der SED dazu diente, parallel zum offiziellen Außenhandel auf verdecktem Wege dringend benötigte Güter zu beschaffen, die der DDR wegen der seit 1950 bestehenden Ausfuhrbeschränkungen nach Mittel- und Osteuropa vorenthalten geblieben waren. Später wurde sie dazu eingesetzt, um auf diese Weise nicht minder dringend benötigte schwarze Devisenbeträge auf geheimen Konten im Westen anzulegen.

Die Gründung der Klägerin 1951 fällt in die Phase der DDR-Wirtschaftsge-schichte, die von Repressionen gegen die Privatwirtschaft und der Verdrängung und Liquidierung von Privatunternehmen gekennzeichnet ist (1948 - 1953; vgl. Hannsjörg F. Buck, Formen, Instrumente und Methoden zur Verdrängung, Einbeziehung und Liquidierung der Privatwirtschaft in der SBZ/DDR, Band II/2, S. 1070 ff; Herbert Wolf/Friderike Sattler, Entwicklung und Struktur der Planwirtschaft der DDR, Band II/4, S. 2901, 2908/2909, beide in: Materialien der Enquete-Kommission "Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland" [12. Wahlperiode des Deutschen Bundestages], hrsg. vom Deutschen Bundestag, 1995, Band II/1 - 4 Machtstrukturen und Entscheidungsmechanismen im SED-Staat und die Frage der Verantwortung).

Dass zu dieser Zeit dennoch eine privatrechtlich organisierte, im Außenhandel tätige Firma ins Leben gerufen worden ist, lässt sich nicht mit der Unterstützung der Bruderpartei KPÖ erklären, sondern nur mit dem beschriebenen massiven wirtschaftspolitischen Interesse der SED. Dafür spricht auch, dass der KPÖ in Österreich, wenn überhaupt, nur eine geringe politische Bedeutung zukam, während es für die SED gerade in den 50er Jahren um den Aufbau eines sozialistischen Staates mit einer nach sozialistischen Grundsätzen funktionierenden Wirtschaft ging. Dass die Klägerin auch in enger Abstimmung mit der KPÖ handelte und SED und KPÖ auf wirtschaftlichem Gebiet eng zusammenarbeiteten und entsprechend verflochten waren, spricht nicht dagegen, sondern war vielmehr naheliegend. Dies diente der Tarnung der Klägerin und den beiderseitigen wirtschaftspolitischen Interessen.

(a) Über die Gründung der Klägerin werden nähere Einzelheiten in dem bereits erwähnten Bericht von Rh. vom 3. Februar 1952 dargelegt. Anhand dessen wird deutlich, dass die Klägerin aus einem der SED zuzuordnenden Unternehmen hervorgegangen ist.

(aa) Rh. kannte nach einem Aktenvermerk des Mitarbeiters des MfS, Oberleutnant Bf., vom 11. November 1954 die Entstehung sämtlicher Parteibetriebe. In seinem Bericht stellte er dar, dass die SED Mitte des Jahres 1948 die DAG gegründet habe, deren Aufgabe es - wie bereits geschildert - gewesen sei, wegen des noch nicht bestehenden Außenhandels Geschäfte mit den Bruderparteien in den Volksdemokratien durchzuführen. Die DAG sei am 1. Dezember 1949 in die DEAG (Deutsche Einfuhr- und Ausfuhr-Gesellschaft mbH) umgewandelt worden. Ri., seit Dezember 1949 bei der DEAG, habe über diese in erheblichem Umfang Sonder- bzw. Schwarzgeschäfte abgewickelt. Als die Zustände unhaltbar geworden seien, sei die DEAG durch die DWV abgelöst worden. Außerdem seien aus der früheren innerdeutschen Abteilung der DEAG die "Melitex" (Meletex GmbH) und, "um als DWV nicht die außerhalb der Vereinbarung laufenden Geschäfte zu tätigen", ... "in Berlin die Nouvum G.m.b.H., Friedrichstr. 131, Leitung Gen. B., KPÖ, gegründet" worden. "Der Kreis arbeitet zusammen wie folgt, mit Berlin Ri. Ihm untersteht Hl. mit der Firma Melitex und B. von Nouvrum," ... . Die Österreich-Abteilung der DEAG, die ihm - Rh. - unterstanden habe, sei sehr verkoppelt gewesen mit der Intrac.

(bb) Die Angaben von Rh. werden zunächst durch zeitgeschichtliche Dokumente belegt:

So befindet sich in der Handakte der Notarin I.G. ein handschriftlicher Vermerk vom 12. Oktober 1953, in dem es um die Vorbereitung der Übertragung des Geschäftsanteils an der Klägerin in Höhe von 50 % von dem Zeugen Prof. K. auf H. und in Höhe von 25 % von M. auf den Zeugen B. geht. In dem Vermerk heißt es u.a.: "Abtretung und Annahme - zu Ri. - Treuhanderklärung wie Müller ". Im Terminkalender der Notarin ist für den 23. Oktober 1953, den Tag der notariellen Verhandlung über die Anteilsübertragung, um 16.30 Uhr die DWV eingetragen. Die Klägerin ist in dem Terminkalender für diesen Tag nicht vermerkt.

(cc) Weiter werden die Ausführungen von Rh. zu den Gründungsumständen der Klägerin durch den engen zeitlichen Zusammenhang der Gründung von DEAG, Meletex, der Klägerin und der DWV bestätigt:

Die DEAG wurde am 11. November 1949 gegründet (Urkunde Nr. 873/1949 der Notarin I.G.), war mittels Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag an die SED angebunden (Erklärungen von Be. und Eb. vom 11. November 1949, Urkunden Nr. 875/1949 und 876/1949 der Notarin I.G.), unterstand der Leitung von Ri. (Protokoll Nr. 15 der Sitzung des Sekretariats des ZK der SED vom 28. September 1950) und wurde nach ihrer 1958 beschlossenen Liquidation 1960 im Handelsregister gelöscht (Gesellschafterbeschluss vom 21. März 1958, Handelsregisterauszug von 1960, Mitteilung des Rats des Stadtbezirks Mitte, Handelsregister, vom 4. November 1960 über Löschung am 26. Oktober 1960). Aus der Anlage 7 zum Protokoll der Sitzung des Politbüros des ZK der SED vom 4. September 1951 geht hervor, dass sich das Aufgabengebiet der DEAG, die ursprünglich zum Zwecke des Warenaustausches mit den Bruderparteien des Auslandes gegründet worden sei, inzwischen beträchtlich erweitert habe. Sie spiele gegenwärtig bei der Durchführung solcher Aufgaben, die nicht von den staatlichen Handelsorganen durchgeführt werden könnten, eine bedeutende Rolle. Für die von der DEAG durchzuführenden Handelsgeschäfte sei die Abteilung Wirtschaft des ZK und für die ordnungsgemäße Geschäftsführung der Sektor Parteibetriebe verantwortlich.

Die Meletex GmbH wurde am 1. Dezember 1950 gegründet (Handelsregisterauszug, Stand 27. Mai 1968), war gleichfalls mittels Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag an die SED angebunden (Erklärungen von Rh. und P.L. vom 1. Dezember 1950, Urkunden Nr. 2014/1950 und 2015/1950 der Notarin I.G.) und wurde nach ihrer Liquidation 1957 (Schreiben der Meletex GmbH an Notarin I.G. vom 13. Juni 1957) 1968 im Handelsregister gelöscht (Mitteilung des Handelsregisters vom 29. Mai 1968).

Die Klägerin wurde am 31. Mai 1951 gegründet und am 21. Juni 1951 in das Handelsregister eingetragen. Die Gründung der DWV fand wenige Tage später statt (Gesellschaftsvertrag vom 5. Juni 1951, Urkunde Nr. 347/1951 der Notarin I.G.) und ihre Eintragung datiert vom 20. Juni 1951 (Eintragungsbestätigung des Amtsgerichts Berlin-Mitte, Handelsregister, vom 20. Juni 1951). Gründungsgesellschafter war u.a. Ri., der auch zum Geschäftsführer bestellt wurde. Eine Verbindung zwischen beiden Firmen ergibt sich aus einer Auflistung denkbarer Firmennamen für die Klägerin durch die Notarin I.G. Über bzw. neben der Auflistung findet sich der Name Ri. und ein groß geschriebener Hinweis auf die DWV. Im Zuge der Auflösung parteieigener Handelsunternehmen, die im Rahmen des Außenhandelsplanes tätig waren, wurde dieDWV mit Wirkung vom 1. Juli 1956 durch das MAI übernommen (Anlage 7 zum Protokoll Nr. 18/56 der Sitzung des Politbüros des ZK der SED vom 17. April 1956). Vorgesetzte Dienststelle der DWV war das ZK der SED, Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, mit Rb. als Abteilungsleiter (Schreiben des ZK der SED an den Magistrat von Groß-Berlin, Handelsregister, vom 15. Juli 1964).

Neben dem zeitlichen Zusammenhang der Firmengründungen fällt auf, dass DWV und Meletex GmbH in der zweiten Hälfte der 50er Jahre liquidiert bzw. vom MAI übernommen wurden, während die Klägerin ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen konnte. Auch hierin zeigt sich das besondere Interesse der SED an der Klägerin und deren damit einhergehende Sonderstellung.

(dd) Auch die auffälligen personellen Verflechtungen zwischen der DEAG/DWV und der Klägerin belegen die Darstellung von Rh., die Klägerin sei aus einem parteieigenen Unternehmen hervorgegangen und eine der SED zuzuordnende Firma.

Als Leiter bzw. Mitarbeiter der "Österreich-Abteilung" der DEAG und später der DWV, der damals wichtigsten Außenhandelsorganisation der DDR, traten u.a. drei Österreicher in Erscheinung, die von der KPÖ im Einvernehmen mit der SED in diese SED-Gesellschaft geschickt worden waren und später Gesellschafter der Klägerin wurden. Es handelt sich um R., M. und F. R. war bis Mai 1951, d.h. wenige Wochen vor der Gründung der Klägerin am 31. Mai 1951, deren Gründungsgesellschafter er u.a. war, Leiter der "Österreich-Abteilung" der DEAG (Schreiben des ZK der KPÖ an das ZK der SED vom 7. Mai 1951). Ebenfalls bis Mai 1951 war M. Mitarbeiter der DEAG und von September 1951 bis Oktober 1953 Gesellschafter der Klägerin. F. leitete ab Mai 1951 die "Österreich-Abteilung" der DEAG und arbeitete von 1951 bis März 1953 bei der DWV (Schreiben des ZK der KPÖ an das ZK der SED vom 7. Mai 1951; Protokoll einer Besprechung der DIA-Kompensation, Vertragsüberwachung, in Berlin vom 6. November 1951; Bericht über Besprechungen mit den Firmen Intrag und Wagner & Co., Wien, betr.: Abschluss eines Globalabkommens mit Firma Wagner & Co. vom 22. Januar 1952; Protokoll zur Arbeitsbesprechung bei der DWV, Österreich, am 29. Juli 1952 vom 4. August 1952; Protokoll der Besprechung zwischen Vertretern der DWV und Vertretern der USIA vom 11. November 1952; Protokoll der Besprechung über Fragen des Absatzes im Büromaschinensektor auf dem Markt Österreich vom 4. März 1953). Ab Juli 1954 war F. erstmals Gesellschafter der Klägerin (Abtretungsvertrag vom 7. Juli 1954, Urkunde Nr. 265/1954 der Notarin I.G.).

Diese personelle Verflechtung hat der Zeuge B. bestätigt. Seine Aussage zeigt deutlich, dass von Anfang bis Mitte der 50er Jahre keine saubere Trennung zwischen der Tätigkeit der genannten Personen für die DEAG/DWV und die Klägerin stattfand, die Verflechtung im Einzelnen dem Zeugen nicht einmal bekannt war. So hat er bei seiner Vernehmung durch den Senat am 7. Dezember 2001 als Bestätigung seiner Aussage vom 7. März 1994 vor dem Bezirksgericht Döbling, Ri. habe ihm gegenüber wiederholt gesagt, dass es für Geschäfte mit Österreich wesentlich gewesen sei, dass die Novum da sei, Folgendes bekundet: Das sei so zu verstehen, dass angefangen von jedem Versuch seitens der DDR, mit Österreich in Geschäftsbeziehungen zu kommen, es für Ri. wertvoll gewesen sei, dass "wir vier Österreicher" in der Friedrichstraße gewesen seien in unserem Büro, nicht weit weg von seinem Büro in der Friedrichstraße. Dabei habe es sich um F., M., H. und ihn - B. - gehandelt. Sie seien die leitenden Angestellten der Novum gewesen, und zwar vom Zeitpunkt seines - B.'s - Beginn im August 1951 bis August 1956. Die anderen drei seien bereits vor ihm bei der Novum tätig gewesen. Zu seiner Zeit habe es bei der DWV keine österreichischen Mitarbeiter gegeben. Vorher, zu Beginn der Entwicklung des Geschäfts Österreich/DDR, sei vorübergehend eine Österreich-Abteilung in einem Raum der DWV geschaffen worden, in dem die drei anderen tätig gewesen seien, und zwar bevor die Novum ein Büro in der Friedrichstraße habe eröffnen können. Die letztgenannten Behauptungen treffen, was die oben dargestellte Tätigkeit von F. für die DWV bis 1953 betrifft, nicht zu. Sie machen die im Übrigen mit den aktenkundigen Tatsachen übereinstimmenden Angaben des Zeugen B. indes nicht unglaubhaft. Seine Unkenntnis in diesem Punkt belegt vielmehr die geringe Bedeutung, die einer personellen Trennung der Firmen zur damaligen Zeit beigemessen wurde.

Dass sämtliche Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin, mit Ausnahme des erst seit 1. Juli 1990 amtierenden letzten Geschäftsführers He., österreichische Staatsbürger waren, entsprach bzw. diente der Tarnung als KPÖ-Unternehmen. Denn alle seitens der KPÖ veranlassten personellen Veränderungen bei der Klägerin bedurften, wie ausgeführt, der Zustimmung der SED. Wenn es sich bei der Zulassung der Klägerin als einer privatrechtlich organisierten und im Außenhandel der DDR tätigen Firma tatsächlich nur um einen Akt sozialistischer Solidarität zur Unterstützung der Bruderpartei KPÖ gehandelt hätte, hätte für die SED kein Anlass bestanden, Einfluss auf Personalentscheidungen bei der Klägerin zu nehmen. Sie hätte ohnehin jederzeit die Möglichkeit gehabt, deren Geschäftstätigkeit zu untersagen. Im Hinblick auf die von der SED mit der Klägerin verfolgten Ziele war ihr aber gerade an der Zuverlässigkeit der die Geschicke der Klägerin maßgeblich bestimmenden Personen gelegen (s. Vermerk des Präsidenten der DDR-Außenhandelskammer Dr.L. an den Genossen Ri. vom 9. Dezember 1952).

(ee) Die Ausführungen von Rh. zur Funktion der Klägerin nach ihrer Gründung werden schließlich durch die Ausführungen der Zeugen B. , Dr.Kn. und Se. bestätigt.

Übereinstimmend mit und ergänzend zu seinen Angaben beim Bezirksgericht Döbling am 7. März 1994 hat der Zeuge B. bei seiner Vernehmung durch den Senat am 7. Dezember 2001 bekundet, es habe in der DDR den offiziellen Außenhandel der sog. Monopolgesellschaften mit den Ländern gegeben, die offizielle Beziehungen zur DDR hatten. Dieser planmäßige Außenhandel sei dann möglich gewesen, wenn es zwischen der DDR und anderen Ländern staatliche Handelsabkommen gegeben habe, durch die eine planmäßige Erfüllung ermöglicht worden sei, während es im Allgemeinen bei sonst getätigten Einzelgeschäften mit Partnern in verschiedenen Ländern manchmal vorgekommen sei, dass diese Verträge nicht eingehalten worden seien und dadurch eine planmäßige Erfüllung nicht ermöglicht worden sei. Um den Handel mit diesen Ländern zu betreiben, seien einige SED-Firmen geschaffen worden zu dem Zweck, dies als einen sozusagen inoffiziellen Außenhandel durchzuführen. Hauptsächlich sei das die DWV gewesen. Zu den Belangen ihres Hauptdirektors Ri. habe in diesem Sinn besonders der Handel mit Österreich gehört. In der Anfangszeit habe der Handel mit Österreich zum außerplanmäßigen Handel der DDR gehört. In diesem Bereich sei auch die Novum tätig gewesen. Ihr Hauptpartner sei die DWV gewesen. Diese habe nur Verträge vereinbaren können, die sie mit den DDR-Monopolgesellschaften, deren Kurzbezeichnung DIA's gewesen sei, geklärt habe, da bei den Monopolgesellschaften die planmäßige Festlegung für Importe und Exporte konzentriert gewesen sei. Nur insoweit habe die DWV die Verträge machen können, wenn diese von den Monopolgesellschaften bestätigt worden seien. Manchmal hätten sich Schwierigkeiten zwischen der DWV und den Monopolgesellschaften ergeben, wenn die Monopolgesellschaften in bestimmten Fällen der Meinung gewesen seien, dass sie mit den zur Verfügung stehenden planmäßigen Kontingenten andere Verträge mit anderen Ländern hätten ermöglichen können, und es sei im Sinne der DWV gewesen, dass die Novum Direktkontakte mit den Außenhandelsbetrieben der DDR und auch Kontakte mit Werken gehalten habe, um so eventuell zusätzliche Zusagen für Geschäfte mit Österreich zu erreichen. Solche Absprachen, die die Novum mit den Außenhandelsbetrieben und Produktionsbetrieben getroffen habe, habe sie an die DWV weitergeleitet, die das als Grundlage der für sie notwendigen Genehmigungen seitens der Monopolgesellschaften benützt habe. Die DDR sei interessiert gewesen, dass es Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich gegeben habe, und dass es KPÖ-Firmen gegeben habe, die die Durchführung dieser Geschäfte ermöglicht hätten und dass die Novum als Vertreter dieser KPÖ-Firmen diese sehr schwierige Situation ermöglicht habe. Schwierige Situation dadurch, dass durch diese bekannte Stellungnahme seitens der Bundesrepublik, nämlich keinen Handel mit der DDR zuzulassen, damit umgangen worden sei durch die Novum, durch die Beratung der DWV, welche Möglichkeiten notwendig gewesen seien, das zu ermöglichen und schließlich vor allem daran mitzuarbeiten, KPÖ-Firmen in der DDR wirklich in Geschäfte zu bringen. Hinsichtlich der Möglichkeiten der DWV, mit Österreich Verträge zu erreichen und zu realisieren, sei es für die Entwicklung des Handels der DDR mit Österreich wichtig gewesen, dass die Novum existiert habe.

Die Zeugin Dr.Kn. hat bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 7. Februar 2003 ausgesagt, sie sei von 1957 bis 1961 in der Genussmittel GmbH Leiterin der Einkaufsgruppe für Tee und Gewürze gewesen und habe in diesem Zusammenhang mit der Novum zu tun gehabt. Diese sei wie auch andere Firmen ein Geschäftspartner gewesen, der der Genussmittel GmbH geholfen habe, an der internationalen Börse von London sowie Amsterdam oder Rotterdam Waren, d.h. in diesem Fall Gewürze, zu erwerben. Der DDR sei es nicht möglich gewesen, eigenständig diese Käufe zu tätigen, weil sie einem Embargo unterworfen gewesen sei und zu den meisten Ländern in dieser Zeit auch noch keine diplomatischen Beziehungen gehabt habe. Es habe zwar Handelsabkommen gegeben, der Handel sei aber eingeschränkt gewesen.

Die Zugehörigkeit der Klägerin zum außerplanmäßigen Außenhandel der DDR ergibt sich auch aus der Aussage der Zeugin Se., die 1952/1953 Mitarbeiterin der Meletex GmbH und von 1953 bis 1956 bei der DWV beschäftigt gewesen ist. Diese hatte bereits bei ihrer Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 4. November 1996 erklärt, sie sei 1953 auf einer dreiwöchigen, von der DWV organisierten und geleiteten Schulungsveranstaltung für Mitarbeiter des Außenhandels gewesen, an der u.a. auch zwei Mitarbeiterinnen der Novum teilgenommen hätten; Gegenstand der Schulung sei der außerplanmäßige Außenhandel in der Gesamtökonomie der DDR gewesen. Bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 22. November 2002 hat die Zeugin zunächst richtig gestellt, dass die Schulungsveranstaltung im Februar 1954 stattgefunden habe. Ergänzend hat sie ausgeführt, Gegenstand der Schulung sei die diesem Lehrgang vorausgegangene massive Pressekampagne gegen den Betrieb Meletex, "auch so ein Parteibetrieb", gewesen. Da es sich um außerplanmäßige, am Rande der Legalität gelegene Geschäfte, nämlich den Handel mit Embargwaren, gehandelt habe, sei diese ganze Sache sehr spektakulär gewesen. Aufgrund der Presseveröffentlichung habe es bei den Mitarbeitern gewisse Zweifel an dem Sinn ihrer Arbeit oder an der Legalität gegeben. Zweck dieser Schulung sei gewesen, diese Zweifel zu beseitigen und die Überzeugung zu festigen, dass die Arbeit dieser Firmengruppe Bestandteil der gesamten Volkswirtschaft sei. Es sei erläutert worden, auf welchen Füßen ihre Arbeit stehe, d.h., dass sie ein Teil des DDR-Außenhandels seien, nämlich der außerplanmäßige. Sie hätten nicht mit dem allgemeinen Volksvermögen gearbeitet, sondern es habe sich um "extra Parteivermögen" gehandelt. Weiter sei über die verwaltungstechnische Angelegenheit ihres Exports bzw. Imports gesprochen worden, denn es sei "fleißig am Zoll vorbei" gearbeitet worden und trotzdem hätten Warenbegleitpapiere ausgestellt und von den volkseigenen Außenhandelsbetrieben gesiegelt werden müssen. Es sei darauf verwiesen worden, welche Zusammenarbeit mit den volkseigenen Außenhandelsunternehmen zweckmäßig und angebracht sei. Die Oberhoheit über die Schulungsveranstaltung habe die DWV als Leitbetrieb für den Abschnitt der Parteibetriebe gehabt. Sie wisse, dass auch zwei Mitarbeiterinnen der Novum teilgenommen hätten, weil von jedem der angeschlossenen Betriebe zwei Mitarbeiter dabei gewesen seien, nur von der DWV sei es eine größere Anzahl gewesen, und jeder Lehrgangsteilnehmer habe sich bei der Eröffnung vorstellen müssen.

(ff) Im Hinblick auf die aufgezeigten, durch zeitgeschichtliche Dokumente bestätigten Zusammenhänge und Verflechtungen der DEAG, DWV, Meletex und der Klägerin sowie der Aussagen der Zeugen B. , Dr.Kn. und Se. ist in den diesbezüglichen Aussagen in dem Bericht von Rh. vom 3. Februar 1952 eine zuverlässige Schilderung der Firmenpolitik der DEAG/DWV zu sehen. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass Rh. sich in dem Bericht darüber beklagt, dass Ri. die schärfste Isolationspolitik betreibe, er sämtliche Unterhaltungen mit Hl. verschlüsselt führe, sodass er - Rh. - sie nicht verstehen könne, und dass er zu Besprechungen wichtigster Art nicht hinzugezogen werde. Denn das schließt nicht aus, dass Rh. aufgrund seiner Tätigkeit und - wenngleich möglicherweise auch eingeschränkten - Kontakte in der DEAG/DWV handelstechnische und firmenpolitische Vorgänge erkennen und - ausweislich der sonstigen vorliegenden Dokumente - zutreffend einordnen konnte.

(b) Die Gründung der Klägerin beruhte auf einer schriftlich nicht fixierten Absprache zwischen SED und KPÖ.

Die Klägerin selbst hat in der "Tatbestandsaufnahme zur Entwicklung der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin" von Rechtsanwalt Dr.N. vom 10. Februar 1994 ausgeführt, es sei die politische Entscheidung der SED gewesen, sie als KPÖ-Firma zu gründen. Die Absprache lässt sich aber auch verschiedenen Zeugenaussagen entnehmen.

(aa) Eine solche ergibt sich insbesondere aus den Angaben von Fr. bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht sowie das Amtsgericht Tiergarten am 17. Dezember 1992 und das Bezirksgericht Innere Stadt Wien am 10. September 1993.

Danach habe es in der Anfangszeit viele Verhandlungen zwischen De. (KPÖ) und Ri. (DDR) zum Aufbau von Handelsbeziehungen gegeben. Die Gründung der Novum sei nur mit Zustimmung der maßgeblichen Leute bei der SED (Ulbricht, Matern u.a.) möglich gewesen. Ihr Zweck sei es gewesen, als Vertreter der KPÖ-Firmen Geschäfte zu vermitteln, deren Gewinn bei den KPÖ-Firmen angefallen sei. Außerdem habe die Möglichkeit bestanden, unter Mithilfe der Novum gewisse Außenhandelsfragen leichter zu lösen, als dies auf offiziellem Wege möglich gewesen wäre. Etwaige Probleme bei der Geschäftstätigkeit der Novum seien von Parteiinstanz zu Parteiinstanz, d.h. von der KPÖ zur SED zu bereinigen gewesen. Bei Schwierigkeiten habe es eine Vereinbarung zwischen SED und KPÖ gegeben, wonach anstehende Probleme auf direktem Weg in persönlichen Gesprächen mit Personen bzw. Instanzen der SED zu bereinigen gewesen seien. Als Verantwortlicher für den KPÖ-Wirtschaftsapparat habe De. im Zusammenhang mit der Novum aufgetretene Probleme lösen müssen, wie etwa der Vorwurf, die Firma einer kommunistischen Partei könne in einem Land, in dem der Außenhandel verstaatlicht sei, Geschäfte machen. Mit diesen Fragen habe sich das ZK bzw. Sekretariat der SED verschiedentlich zu befassen gehabt. Zur Bereinigung von Problemen seien mehrere Abmachungen mit der SED getroffen worden, von denen keine schriftlich festgehalten worden sei.

(bb) Damit übereinstimmend erklärte De., dass Ri. ihm gegenüber im Dezember 1950 in Berlin sein Interesse an einer Zusammenarbeit mit der KPÖ bekundet und die Möglichkeit, in Berlin eine KPÖ-Firma zu gründen, unter Zurverfügungstellung von Räumen in Aussicht gestellt habe; daraufhin sei im Februar 1951 der erste sog. Wagner-Vertrag zwischen der Firma Wagner in Wien und der DWV über vier Jahre mit einem Umfang von 400 000 000 Dollar zustande gekommen (eidesstattliche Erklärung vom 10. Juli 1992 für das Verwaltungsgericht). Nach Anlauf des Wagner-Vertrages habe Ri. ihm gegenüber betont, dass die KPÖ ihre Anwesenheit in Berlin dadurch festlegen solle, dass eine Firma gegründet werde; Ri. werde sich um die notwendigen Formalitäten für die Gründung in Berlin kümmern, um es der Novum zu ermöglichen, dass sie arbeiten könne (Protokoll der Vernehmung durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien vom 10. September 1993). Der genaue Grund für die Gründung der Novum sei ihm nicht bekannt; eines Tages sei jedenfalls Ke. gekommen und habe erklärt, es solle auch in Berlin eine Firma der KPÖ geben (Protokoll der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht vom 1. Dezember 1992).

(cc) Auch der Zeuge Prof. K. gab in seiner eidesstattlichen Versicherung für das Verwaltungsgericht vom 6. April 1992 und bei seiner Vernehmung am 4. November 1992 gegenüber der Staatsanwaltschaft beim Kammergericht an, die Gründung der Novum sei zwischen der Parteileitung der KPÖ und der SED abgesprochen gewesen. Dies hat er bei seiner Vernehmung durch den Senat am 14. Dezember 2001 dahin näher erläutert, dass er 1950 anlässlich eines Besuchs in Wien von einem alten Bekannten und Genossen (der KPÖ) gefragt worden sei, ob er bereit wäre, bei der Gründung einer Handelsfirma in Ost-Berlin mitzuwirken. Ihm sei gesagt worden, das sei natürlich mit der Parteiführung der Kommunistischen Partei, respektive SED, abgesprochen. Dabei habe es sich nicht um eine persönliche Absprache gehandelt, sondern es sei eine Selbstverständlichkeit gewesen. Wenn die KPÖ gekommen sei und gesagt habe, wir möchten gerne eine Firma gründen, die sowohl für die KPÖ als auch für die neu gegründete DDR Positives bringen werde, so sei dieser Bitte, soweit er informiert sei, ohne weitere Formalitäten stattgegeben worden. Die Beziehungen zwischen den Parteien, der KPÖ und der Kommunistischen Partei, respektive dann der SED, seien so gewesen, dass solche Bitten oder derartige Anliegen freundschaftlich erledigt worden seien.

(dd) F. führte bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 8. März 1994 zwar aus, dass Initiative und Wille zur Gründung der Novum von der KPÖ ausgegangen sei, da der SED-Wirtschaftsapparat damals erst im Aufbau gewesen sei, die KPÖ aber bereits mehrere Firmen besessen habe; sie habe in der DDR eine Firma haben wollen, um die wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen. Er bekundete aber ebenso, die Novum sei von der DWV, dem Wirtschaftsapparat der SED, in dem Sinne gegründet worden, dass es eine Parteivereinbarung zwischen der KPÖ und der SED gegeben habe, die u.a. die Gründung der Novum betroffen habe, wofür die Zustimmung der SED notwendig gewesen sei. Bestätigt und ergänzt werden diese Angaben durch einen Aktenvermerk des Vertreters der Beklagten in Österreich, Rechtsanwalt Dr.Kr., vom 14. Januar 1993 über ein Gespräch mit F. am selben Tag. In dem Vermerk, der das Gespräch nach den Angaben des Rechtsanwalts bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 29. März 1996 in seinem wesentlichen Verlauf wiedergibt und nur wenig von ihm strukturiert ist, heißt es, die Gründung der Novum habe auf einer Vereinbarung zwischen SED und KPÖ beruht, nach der die KPÖ das Kapital und die SED das Grundstück zur Verfügung stelle.

Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der KPÖ-Funktionäre und der ihr nahestehenden Gesellschafter der Klägerin über die Absprache zwischen SED und KPÖ bestehen nicht. Es ist nicht ersichtlich, warum die Zeugen zu diesem Punkt, der weder die vermögensmäßige Zuordnung der Klägerin noch die Wirksamkeit der Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag betrifft, falsche Angaben hätten machen sollen.

(c) Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Klägerin um eine als Unternehmen der KPÖ getarnte SED-Firma handelte und ihre Gründung auf einer Abmachung zwischen beiden Parteien beruhte, kann offen bleiben, ob, wie die ersten Gesellschafter der Klägerin in ihren Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag erklärt haben, das Stammkapital über die Zentrag von der SED, oder, wie die Klägerin behauptet, von der KPÖ zur Verfügung gestellt worden ist.

(3) Die Klägerin konnte ihre geschilderte wirtschaftspolitische Sonderrolle trotz des in der DDR geltenden Außenwirtschaftsmonopols wahrnehmen, weil ihre Tätigkeit spezifischen Interessen der SED diente.

Der Außenwirtschaftsverkehr der DDR war durch ein staatliches Außenwirtschaftsmonopol geprägt, festgeschrieben in der DDR-Verfassung. Es umfasste ein Außenhandelsmonopol, ein Devisen- oder auch Valutamonopol und ein Außenhandelstransportmonopol des Staates. Die Aufgaben des Monopols bestanden darin, die staatlich gewünschte Außenwirtschaftspolitik durchzusetzen, also die Handels- und Finanzierungsströme in die politisch präferierten Richtungen zu lenken (Prof. Dr. Gernot Gutmann, Der Einsatz der Volkswirtschaft der DDR für das Erreichen politischer Ziele der SED, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Band II/1, S. 646). Durch diese aufgezeigten wichtigen Elemente der planwirtschaftlichen Ordnung ließ sich die Wirtschaft der DDR für die Durchsetzung von Zielen einer politischen Führungskaste instrumentalisieren (Gutmann, a.a.O., S. 647). Selbst im Rahmen bzw. trotz der geltenden Eigentums- und Wirtschaftsordnung herrschte eine absolute Scheu davor, der Zentrale der SED die Hand zu binden (Prof. Dr. Wolfgang Seiffert, Entscheidungsstrukturen in der SED-Führung - Verknüpfung zwischen Partei und Staat in der DDR - Mittel und Wege der sowjetischen Einflussnahme in den 60er und 70er Jahren, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Band II/1, S. 461), d.h. nicht einmal innerhalb des Wirtschaftsrechts gab es eine Bindung der SED - und vor allen Dingen des Politbüros - an das Recht (Seiffert, a.a.O.). Unabhängig davon, was als Rechtsgrundsatz irgendwo stand, entschied im konkreten Fall der Parteiwille (Gutmann, a.a.O., S. 685). Das Verfassungsprinzip der "sozialistischen Gesetzlichkeit" hatte letztlich die Funktion, die Rechtsordnung zur Disposition der kommunistischen Partei zu stellen und damit zugleich die SED von rechtlichen Schranken freizustellen. Dabei wurde das Recht als ein politisches Gestaltungs- und Leitungsinstrument in den Händen von Partei und Staat begriffen, mit dessen Hilfe die SED-bestimmten Ziele des sozialistischen Aufbaus durchgesetzt werden sollten (Georg Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft in der DDR, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Band II/2, S. 1000).

(4) Ein Beleg für die nahezu perfekte Tarnung der Klägerin als KPÖ-Unternehmen ist der Bericht des "GI: Fritz Reinke" an die Hauptabteilung III/4/K des MfS vom 24. Februar 1956.

(a) Darin taucht eingangs in einer grafischen Darstellung die Klägerin in einer Reihe mit zwei ausländischen Firmen (Simpex-Mercante, Brüssel, und Anglo-Austrian, London) auf. Die übrigen, um ein Feld mit dem Namen Ri. gruppierten Firmennamen betreffen DDR-Firmen. In der Erläuterung zu der Darstellung heißt es, dass dort die Betriebe aufgeführt seien, die vom Genossen Ri., ausgenommen die ausländischen, geleitet würden. In den ausführlichen Erläuterungen zur Klägerin wird dann ausgeführt, dass schon seit 1950/51 die Intrac - das österreichische Parteiunternehmen - in Berlin eine Zweigstelle, die Novum, die von den österreichischen Genossen B. und F. geleitet würde, habe. Ihre Aufgabe habe darin bestanden, den Handel mit der DDR zu erweitern, besonders im Hinblick auf die damals noch bestehenden USIA-Betriebe. Die Novum habe in Übereinstimmung mit dem Genossen Ri., allerdings ohne dessen Weisungsbefugnis, gearbeitet.

(b) Der Bericht zeigt, dass selbst dem MfS nur begrenzte Informationen über Ri. zur Verfügung standen, der ersichtlich kaum einer Kontrolle unterlag. Denn aus anderen MfS-Berichten geht hervor, dass über die geschäftliche Tätigkeit von Ri. bei der DWV aufgrund seiner Sonderstellung, die ihm durch das ZK eingeräumt worden sei, nichts gesagt werden könne; ein genauerer Überblick über die Tätigkeit der DWV in illegalen Geschäften sowie die Art der Zusammenarbeit mit Firmen wie Mercanta in Brüssel sowie verschiedenen anderen von Ri. geschaffenen Stellen könne nicht gegeben werden, da von ihm keine Auskunft gegeben werde (Bericht der HA III/4 K über Ri. vom 14. Januar 1956 und Ergänzung). Selbst als "GI Priester" habe Ri. in seiner Zusammenarbeit mit dem MfS immer Schwierigkeiten bereitet und stets zum Ausdruck gebracht, dass er dem ZK rechenschaftspflichtig sei; so habe er z.B. die Herausgabe eines Strukturplans der DWV verweigert (Beurteilung des "GI Priester" durch Oberleutnant Bf., HA III, vom 9. September 1955; Beurteilung über den "GI Priester" vom 24. November 1953). Ri. mache eine vollkommen selbständige Kaderpolitik, ohne dass er in irgendeiner Form von einer übergeordneten Stelle kontrolliert werde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass er auch dem ZK gegenüber belastendes Material verschwinden lasse (Aktenvermerk vom 23. Januar 1956).

(5) Vor diesem Hintergrund bestätigen schließlich auch Äußerungen von Mitgliedern bzw. Funktionären der SED, Mitgliedern von Regierungsstellen und Behörden der DDR, ehemaligen KPÖ-Funktionären, Gesellschaftern und Geschäftsführern der Klägerin sowie deren Mitarbeitern die nahezu perfekte Tarnung der Klägerin als KPÖ-Firma.

So haben z.B. De., Fr., F., Ha. und M., der Zeuge K. sowie die vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen die Klägerin für eine der KPÖ gehörende Firma gehalten, wobei sie überwiegend angaben, zu dieser Einschätzung aufgrund von Mitteilungen oder Erzählungen Dritter gelangt zu sein bzw. darauf aus den ihnen im Rahmen ihrer jeweiligen Tätigkeit bekannten üblichen Abläufen geschlossen zu haben.

Die Äußerungen belegen zugleich, dass die Vereinbarung über die Tarnung der Klägerin und die Tarnung selbst nur in dem jeweiligen Macht- bzw. Entscheidungszentrum von SED und KPÖ bekannt war.

(a) Dass in weiten Kreisen der SED nicht bekannt war, dass es sich bei der Klägerin um eine zur SED gehörende Firma handelte, zeigt besonders deutlich die Aussage des verstorbenen M. beim Strafbezirksgericht Wien am 13. Oktober 1993. Er gab an, viele bewusste SED-Leute seien gegen die Novum gewesen und hätten geglaubt, dies sei ein schlechtes Geschäft für die DDR. Mittlere Kader hätten sozusagen gegen sie opponiert, weil DDR-Betriebe Geld an die Novum verloren hätten. Dort seien einige Leute zu dem Schluss gekommen, man habe selbst schon gute Kontakte und brauche die Novum eigentlich nicht mehr. Irgendwann sei aber gesagt worden, die Leute der Novum würden gebraucht.

(b) Diese Aussage sowie die zuvor erwähnten Äußerungen vermitteln das typische Bild einer unkritischen Übernahme erhaltener Informationen sowie einer Meinungsbildung anhand von Äußerlichkeiten und damit einhergehender verbreiteter Unkenntnis von tatsächlichen Gegebenheiten und Zusammenhängen, was im Staats- und Parteileben der DDR nichts Außergewöhnliches war. Denn die Abschottung von Institutionen, Stellen, Behörden und/oder Funktionsträgern untereinander und gegen den Einblick bzw. Einfluss Dritter sowie die systematische Steuerung des Informationsflusses war ein von der SED gezielt eingesetztes Instrument zur Ausübung politischer und wirtschaftlicher Macht. Dies belegen verschiedene Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Band II/1 und 2:

Das Herrschafts- und Machtzentrum der DDR bildete die Parteiführung der SED, die in institutioneller Hinsicht aus dem Politbüro als Beschlussorgan und dem ZK-Sekretariat als Exekutivorgan mit dem Generalsekretär (1953 - 1976: Erster Sekretär) an der Spitze bestand (Gutmann, S. 644; Brunner, S. 990/991; Thomas Ammer, Die Machthierarchie der SED, S. 831). Unter Berücksichtigung der personellen Verschmelzung der Institutionen konnte als das Herrschaftszentrum der DDR eine aus dreißig bis vierzig Personen bestehende oligarchische Gruppe identifiziert werden (Brunner, a.a.O. und S. 1028; Ammer, a.a.O.), deren institutioneller Mittelpunkt das aus zwanzig bis fünfundzwanzig Mitgliedern und Kandidaten bestehende Politbüro der SED bildete, das jede beliebige Frage an sich ziehen und entscheiden konnte (Brunner, S. 1005) und damit alle Macht bei sich konzentrierte (Seiffert, S. 438).

Ungeachtet dessen besaß der Generalsekretär eine Machtfülle, die ihn unter den übrigen Politbüromitgliedern und ZK-Sekretären weit heraushob. Entscheidende Faktoren dieser Macht waren seine Zuständigkeit für die Tagesordnung der Sitzungen von Politbüro und ZK-Sekretariat, sein Recht in die Tätigkeit aller Sekretariatsbereiche und ZK-Abteilungen unmittelbar einzugreifen und seine Befugnisse bei der Verteilung geheimer und anderer Informationen von besonderer Wichtigkeit (Ammer, S. 838/839). Mit Nuancen heißt es dazu, die wesentlichen Entscheidungen seien im Einvernehmen zwischen dem Generalsekretär und dem ressortmäßig jeweils zuständigen Mitglied getroffen und vom Politbüro routinemäßig zur Kenntnis genommen worden, sofern sie ihm unterbreitet worden seien (Brunner, S. 1028). Dies habe insbesondere auf dem Gebiet der inneren Sicherheit und der Wirtschaftspolitik gegolten (Ammer, a.a.O.). Das Politbüro sei nur eine Akklamationsmaschine für Honecker gewesen (Ulrich Schwarz, S. 488). Die wichtigsten Beschlüsse seien von einer kleinen Gruppe im Politbüro gefasst worden (Prof. Dr. Harry Maier, Errungenschaften der SED-Wirtschaftspolitik und ihre Bewertung unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, S. 656). Es sei insgeheim von einer "Viererbande" gesprochen worden, nämlich Honecker, Mittag, Mielke und Joachim Hermann (Dr. Manfred Uschner, S. 485). Zum Schluss habe der "assoziierte Verstand" - wie Marx die Planwirtschaft ansah - aus einem Dachdecker (Honecker) und einem Eisenbahner (Mittag) bestanden, die im Grunde genommen die wichtigsten Entscheidungen getroffen hätten. Selbst der Ministerpräsident habe eine Erlaubnis des Wirtschaftssekretärs der SED einholen müssen, wenn er eine Analyse der ökonomischen Situation der DDR habe anfertigen oder lesen wollen, obwohl Stoph selbst Politbüromitglied gewesen sei (Maier, S. 656).

Das Entscheidende war, dass die wichtigsten Informationen - nach einzelnen Ressorts - einzig und allein auf den Generalsekretär zuliefen. Er entschied, wer was erfahren und wer wozu hinzugezogen werden sollte. Dies betraf auch den Ministerpräsidenten und übrige Politbüromitglieder, und zwar völlig gleichgültig, ob es sich um Funktionäre des Staates oder der Partei handelte (Fritz Schenk, Entscheidungsstrukturen in der SED-Führung - Verknüpfung zwischen Partei und Staat in der DDR - Mittel und Wege der sowjetischen Einflussnahme in den 50er Jahren, S. 434). Es wurde eine manipulierte Informationspolitik in der DDR betrieben, und zwar nicht nur gegenüber der Bevölkerung, sondern auch gegenüber den einzelnen Machtgruppen im Politbüro (Maier, S. 665). Die wachsende Verschuldung der DDR war selbst nicht allen Politbüromitgliedern bekannt (Maier, S. 656). Denn es gab eine Reihe von Informationen z.B. über Verschuldung, KoKo usw., die ganz bewusst als Machtmittel von Honecker und Mittag geheim gehalten wurden. Selbst Dr. Sch.-Golodkowski war als Institution in der DDR völlig unbekannt (Maier, S. 665).

Dem entspricht die Einschätzung des Zeugen Mu. bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 27. Juni 1996. Danach war Honecker die bestimmende Person in Staat und Partei. Wenn er etwas entschied, war dies für alle Partei- und Staatsstellen verbindlich.

Von Bedeutung ist ferner, dass es schon frühzeitig strenge Sitte der einzelnen Mitglieder des Politbüros und aller übrigen Ressortchefs war, sich ganz konsequent auf die Probleme ihrer Ressorts zu konzentrieren und nach Möglichkeit nichts Wesentliches über ihre jeweilige Ressortverantwortung hinaus zu erfahren (Schenk, S. 432, 433/434). Wegen der großen Zahl der Tagesordnungspunkte und des Umfangs der mit ihnen vorgelegten Materialien war den Politbüromitgliedern und -kandidaten eine gründliche Beschäftigung mit jedem einzelnen Tagesordnungspunkt unmöglich, und sie beschränkten sie daher auf diejenigen ihres Zuständigkeitsbereiches (Ammer, S. 832). Dies war auf ein ausgeprägtes Ressortdenken zurückzuführen: Jeder war eifersüchtig darauf bedacht, Alleinherrscher in seinem Revier zu bleiben und mischte sich dafür in die Angelegenheiten der anderen nicht ein. Außer dem Generalsekretär, dem die Gesamtleitung oblag, und vielleicht dem designierten Nachfolger schien keiner der Spitzenoligarchen an den Richtlinien der Politik mitzuwirken und an der Gesamtverantwortung beteiligt werden zu wollen. Diese eigentlich unpolitische und bürokratische Grundeinstellung der meisten Spitzenoligarchen versetzte den jeweiligen Parteichef nach Konsolidierung seiner Vormachtstellung - also Walter Ulbricht seit Ende der 50er Jahre und Honecker seit Mitte der 70er Jahre - in die Lage, bestimmte Angelegenheiten sogar unter Umgehung des Politbüros zu regeln. So wird berichtet, dass jedenfalls in der späteren Honecker-Ära das Politbüro nicht mit Fragen der inneren Sicherheit befasst worden sei. Sie wurden zwischen Parteichef Honecker und Stasi-Chef Mielke bilateral geregelt, und dieses Verfahren wurde von den anderen im Zeichen des Ressortdenkens hingenommen. Eine ähnlich große Bedeutung kam auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik den bilateralen Absprachen zwischen dem Generalsekretär und dem zuständigen ZK-Sekretär Mittag zu (Brunner, S. 1005).

Im Hinblick darauf wird entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deren behauptete KPÖ-Zugehörigkeit durch die Anlage Nr. 16 zum Protokoll Nr. 49 der Sitzung des Politbüros des ZK der SED vom 8. Dezember 1987 belegt, in der festgehalten ist, dass entsprechend der von Mu.geäußerten Bitte die Zusammenarbeit mit der "Firma der KPÖ Novum" weitergeführt werde; ihre Vertretung in der DDR bleibe bestehen. Auch ihr Einwand, das Protokoll nebst Anlage sei für den internen Gebrauch bestimmt gewesen, sodass kein Grund bestanden habe, sie zu tarnen, verfängt nicht. Denn die Abschottung als ein von der SED-Spitze gezielt eingesetztes Instrument zur Ausübung politischer und wirtschaftlicher Macht zielte nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, wobei der Generalsekretär als Machtzentrum die Verteilung geheimer und anderer Informationen steuerte.

(c) Die aufgezeigten Strukturen, insbesondere die Abschottung der Ressorts untereinander und die gezielte Steuerung des Informationsflusses, gelten in ähnlicher Weise für die KPÖ. Dies ergibt sich aus den Ausführungen von Josef Meisel in dem Buch "Die Mauer im Kopf, Erinnerungen eines ausgeschlossenen Kommunisten 1945-1970", 1986, und den hier exemplarisch anzuführenden Angaben von Fr. Meisel führte aus, neben Politbüro und Organisationsbüro habe es noch etwas ganz Wichtiges in der Parteiführung gegeben, nämlich die sogenannte Finanzkommission. Das sei eine Institution gewesen, die in ihren Entscheidungsmöglichkeiten über die des Politbüros und des Sekretariats hinausgeragt habe. Dort seien Entscheidungen getroffen worden, die nach der damaligen Auffassung nicht allgemein in der Partei hätten zur Diskussion gestellt werden können, etwa die ganzen Fragen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten und der Parteibetriebe. Mit diesen Dingen habe sich nie das Politbüro oder das Sekretariat beschäftigt, sondern nur diese enge Institution. Die Finanzkommission sei eine Entscheidungsinstanz gewesen. Sie sei eigentlich dem Politbüro und dem Zentralkomitee rechenschaftspflichtig gewesen, sei aber dieser Pflicht faktisch nie nachgekommen (S. 59). Tatsache sei, dass die Finanzkommission nie eine Information über die wirkliche Finanzgebarung der Partei gegeben habe. Seiner Information nach seien zwar fallweise im Politbüro bestimmte Mitteilungen über die finanzielle Situation der Partei gemacht worden, besonders wenn sich Schwierigkeiten ergeben hätten, aber auch das in einer Weise, dass die Politbüromitglieder damit nichts hätten anfangen können. Jemand, der nicht wirklich informiert gewesen sei, habe sich kein Bild über die echte Finanzlage der Partei machen können. Es sei aber auch so gewesen, dass eigentlich alle, die dieser Institution nicht angehört hätten, ganz froh gewesen seien, mit diesen Geldgeschichten nichts zu tun haben und sie trotz allem Unbehagen gerne der zuständigen Instanz überlassen hätten (S. 60).

Es sei mit dem Aufbau einer Kaderabteilung begonnen worden, deren Leiter Fr. von 1945 bis 1953 gewesen sei. Diese Abteilung habe ihre Hauptaufgabe nicht in der Erziehung der Kader gesehen, sondern bis 1955, bis zum Abschluss des Staatsvertrages, eine wichtige Rolle bei der Besetzung von Positionen in den USIA- und SMV-Betrieben gespielt. Auch auf die Leitung der Parteifirmen sei von ihr maßgeblicher Einfluss genommen worden. Später sei sie immer mehr zu einer Geheimabteilung geworden, in die keiner von ihnen, der nicht direkt dort tätig gewesen sei, wirklichen Einblick gehabt habe und die eigentlich niemandem außer der unmittelbaren Führung der Partei, also Fürnberg und Koplenig, verantwortlich gewesen sei (S. 61). Die herausgehobene wirtschaftliche Situation der Leute, die in den Parteifirmen leitend tätig gewesen seien, habe zu schlimmen Auseinandersetzungen in der Partei geführt. Das sei oftmals auf den Sitzungen des Zentralkomitees aufgerollt, aber von der Parteiführung alles unterdrückt worden, und es sei für alle tabu gewesen, über diese Firmen zu sprechen oder sich mit diesen Firmen zu beschäftigen. Nur die Leute, die unmittelbar damit zu tun gehabt hätten, also Fr., Fürnberg und Richter, nur die hätten sich mit diesen Dingen beschäftigen dürfen (S. 75).

Diese Ausführungen werden bestätigt durch die Angaben von Fr. bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht sowie das Amtsgericht Tiergarten am 17. Dezember 1992 und das Bezirksgericht Innere Stadt Wien am 10. September 1993. Seine Bekundung, er habe erst nach und nach durch Bestätigung einzelner Personen der KPÖ herausbekommen, dass die Novum eine KPÖ-Firma sei, und auch seitens seiner Gesprächspartner bei der SED sei nie bezweifelt worden, dass es sich um eine KPÖ- und nicht um eine DDR-Firma handele, belegt die bewusste Tarnung der Klägerin als KPÖ-Firma sowie die Tatsache, dass dies im Wesentlichen nur in den jeweiligen Macht- und Entscheidungszentren von KPÖ und SED bekannt war. Dies ergibt sich auch aus der Angabe, dass Details über Abmachungen der Novum mit DDR-Behörden in der Parteiführung der KPÖ nicht bekannt gewesen seien. Selbst Fr. als Leiter der Kaderabteilung der KPÖ und später mehrjähriger Angehöriger bzw. Vorsitzender der Finanzkommission der KPÖ wusste nach seinen Bekundungen nichts von den Treuhanderklärungen der Gesellschafter der Novum zugunsten der Zentrag und war davon überzeugt, dass diese Treuhanderklärungen zugunsten der KPÖ abgegeben hätten. Die Treuhanderklärungen der Repräsentanten der ca. zwanzig KPÖ-Firmen seien im Sekretariat des Generalsekretärs aufbewahrt worden. Dazu passt schließlich, dass Fr. zunächst behauptete, erst später erfahren zu haben, dass es in finanzieller Hinsicht gewisse Abkommen zwischen DDR-Behörden und der Novum gegeben habe. Zwar änderte er dies später dahin, im Einzelnen keine Kenntnis von der seit Anfang der 70er Jahre bestehenden Vereinbarung zwischen der Novum und der DDR-Firma Transinter über die Teilung der infolge der Vertretertätigkeit angefallenen Provisionen gehabt zu haben, aber die Abmachung als solche sei ihm bekannt gewesen. Aber selbst dies zeigt, dass der Informationsfluss gezielt gesteuert wurde.

Schließlich hat auch Frau St. bestätigt, dass die Vorgehensweise der KPÖ für deren Mitglieder und Mitarbeiter nicht transparent war. So hat sie im Rahmen ihrer Vernehmung am 8. April 2003 angegeben, es sei bei der KPÖ immer sehr konspirativ zugegangen. Als sie für P. (laut Klägervortrag Mitarbeiter im KPÖ-Wirtschaftsapparat) eine Zusammenstellung über die Treuhandfirmen der KPÖ gemacht habe, habe sie nicht einmal gewusst, wo dieser sein Büro gehabt habe. Das sei, so ähnlich wie in der ehemaligen DDR, alles immer geheim gewesen.

(d) Der Feststellung, dass die Vereinbarung über die Tarnung der Klägerin und die Tarnung selbst nur in dem jeweiligen Macht- und Entscheidungszentrum von SED und KPÖ bekannt war, stehen die Angaben der beiden Generalsekretäre Honecker und Mu. nicht entgegen.

Honecker erklärte in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 14. Juni 1993, es sei ein besonderes Anliegen der SED gewesen, internationale Solidarität gegenüber den Bruderparteien zu üben. Im Falle Österreichs sei dies dadurch geschehen, dass es der KPÖ ermöglicht worden sei, ein Unternehmen in der DDR zu gründen und auf diese Weise am Handel zwischen der DDR und Österreich teilzunehmen. Dies habe für die DDR zudem den Vorteil gehabt, den gegenseitigen Wirtschaftsverkehr trotz der damaligen internationalen Störungen, wie z. B. der Embargomaßnahmen, zu stärken. Er sei darüber informiert worden, dass die Novum von Österreichern gegründet worden sei und durchweg bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1989 österreichische Gesellschafter und Geschäftsführer gehabt habe. Dies wäre für eine SED-Firma mit Sitz in der DDR undenkbar gewesen. Er habe keine Kenntnis von den Treuhanderklärungen gehabt, die die Gesellschafter der Novum zugunsten der Zentrag abgegeben haben.

Der inzwischen ebenfalls verstorbene Zeuge Mu., von 1965 bis 1990 Vorsitzender der KPÖ und Mitglied der Finanzkommission, erklärte, als Vorsitzender des ZK der KPÖ habe er mit dem Generalsekretär des ZK der SED Honecker, dem Sekretär des ZK der SED Axen, dem Außenhandelsminister Bl. sowie anderen Partei- und Staatsfunktionären der DDR wiederholt politische Aussprachen über Fragen von beiderseitigem Interesse, einschließlich der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs mit der DDR geführt (eidesstattliche Erklärung für das Verwaltungsgericht Berlin vom 7. Juli 1992 sowie Ergänzung vom 7. August 1992). Die erwähnten Spitzenfunktionäre und alle seine Gesprächspartner aus dem Bereich der SED und der Regierung der DDR hätten gewusst, dass die Novum der KPÖ gehöre und für die Finanzierung ihrer politischen Aufgaben von sehr großer Bedeutung gewesen sei; bei zahlreichen Gesprächen sei dies seitens der SED nie in Zweifel gezogen worden; bei der damaligen straffen Führung in der DDR sei es völlig ausgeschlossen gewesen, dass Honecker und andere führende Parteifunktionäre nicht über den wirklichen Status der Novum unterrichtet gewesen wären; Entsprechendes gelte auch für ihn (eidesstattliche Erklärung vom 7. August 1992, Protokolle der Vernehmungen durch das Bezirksgericht Floridsdorf vom 12. Oktober 1993 und das Verwaltungsgericht vom 27. Juni 1996). Es hätte der Politik von SED und KPÖ sowie dem Prinzip der Selbständigkeit der Parteifinanzierung widersprochen, wenn der KPÖ eine ihr nicht gehörende Firma unterstellt worden wäre; einer solchen Konstruktion hätte er nicht zugestimmt (Protokoll der Vernehmung durch das Verwaltungsgericht vom 27. Juni 1996).

Der Senat hält die Angaben von Honecker und Mu. zur vermögensmäßigen Zuordnung der Klägerin nicht für glaubhaft.

Honecker hatte aufgrund seiner Funktion als ehemaliger langjähriger Generalsekretär der SED ein erhebliches Interesse daran zu verhindern, dass deren Vermögen an die Bundesrepublik Deutschland fällt, und damit mittelbar ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Seiner politischen Überzeugung kam es naturgemäß näher, wenn das hier streitige Vermögen der KPÖ zufällt. Insbesondere seine Behauptung, er habe von den Treuhanderklärungen der Gesellschafter der Klägerin zugunsten der Zentrag nichts gewusst, hält der Senat angesichts der geschilderten starken Stellung des Generalsekretärs im Machtgefüge der DDR nicht für wahrheitsgemäß.

Auch bei dem Zeugen Mu. steht seine Funktion als KPÖ-Vorsitzender über einen Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren der Glaubhaftigkeit seiner diesbezüglichen Angaben entgegen. Allein aufgrund dieser Position hatte er zum Nutzen seiner Partei ein ganz erhebliches wirtschaftliches Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits.

Zu dieser Würdigung ist der Senat berechtigt, weil Honecker und Mu. für eine erstmalige bzw. erneute Vernehmung nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 96 Rnr. 8).

cc) Schließlich geht aus der Aussage des Zeugen K. vom 26. Juli 2002 eindeutig hervor, dass die von Frau St. abgegebene Treuhanderklärung von der SED verlangt worden ist.

Im Rahmen seiner Vernehmung zu dem Beweisthema "Einfluss der SED auf die Besetzung der Führungspositionen der Novum" ist der Zeuge u.a. gefragt worden, was Herr Wi. im Falle eines Ablebens von Frau St. hätte zugunsten der KPÖ machen sollen, wenn die Gesellschafter- und Geschäftsführerposition verwaist gewesen wäre und sich ggf. Erben von Frau St. gemeldet hätten, um Ansprüche auf die Novum anzumelden. Er hat darauf geantwortet, wenn das in Österreich eingetreten wäre, wo die KPÖ - bei inländischen KPÖ-Firmen - eine Treuhandvereinbarung in anständiger Form gehabt habe, hätte er sich als Verantwortlicher damit beschäftigen müssen, und zwar mit Anwälten, um die Interessen und Rechte der Partei zu wahren. Er hätte das in Österreich nach österreichischen Gesetzen, nach österreichischer Rechtslage machen müssen. Herr Wi. hätte das dann nach DDR-Gesetzen damals machen müssen, innerhalb der DDR, mit dortigen Anwälten usw. Auf die anschließende Frage, was die SED mit den Treuhanderklärungen gegenüber den Erben hätte machen sollen, wie sie diese hätte einsetzen sollen, hat der Zeuge K. weiter angegeben, er könne nicht für die SED, schon gar nicht für die Rechtssituation in der DDR sprechen. Er habe schon gesagt, dass das dann natürlich bei den Verantwortlichen der SED gelegen habe, wenn sie so etwas verlangt hätten.

dd) Im Hinblick darauf, dass das Angebot der Zentrag/SED in der Form des konkludenten Verlangens auf Abgabe einer Treuhanderklärung feststeht und Frau St. als dessen Adressatin mit ihrer notariellen Erklärung vom 16. März 1978 ein gewichtiges Indiz dafür geliefert hat, war es nicht erforderlich aufzuklären, wer genau das Verlangen geäußert hat. Denn der Treuhandvertrag ist nicht zwischen Frau St. und einer einzelnen Person, sondern zwischen ihr und der Zentrag/SED zustande gekommen.

ee) Das Angebot der Zentrag/SED ist Frau St. in dem Moment zugegangen, als Dr.G. ihr die Treuhanderklärung zur Unterschrift vorlegte. Außerdem hatte sie ausweislich Ziffer 1 ihrer Treuhanderklärung vom 16. März 1978 Kenntnis von der Weisung der Zentrag an Ha. Ihre Behauptung bei der Vernehmung am 8. April 2003, sie habe die Treuhanderklärung nicht gelesen, bevor sie sie unterschrieben habe, steht dem nicht entgegen. Denn Dr.G. hat auf der Niederschrift der Treuhanderklärung bestätigt, dass er Frau St. diese vorgelesen hat, wofür die Urkunde (Nr. 91/1978) gemäß § 415 Abs. 1 ZPO-DDR den vollen Beweis erbringt. Den Gegenbeweis hat die Klägerin, wie bei der Frage der Wirksamkeit der Treuhanderklärung noch auszuführen sein wird, nicht geführt.

b) In der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 liegt die erforderliche Annahmeerklärung von Frau St.

aa) Ziffer 2 und 3 der Treuhanderklärung enthalten die rechtsgeschäftlich relevante Annahmeerklärung. Diese erfüllt die an ein Treuhandverhältnis zu stellenden Anforderungen (vgl. dazu Liebich/Mathews, a.a.O., S. 68). Frau St. hat sich verpflichtet, bei Ausübung der ihr nach außen zustehenden Gesellschafterrechte ausschließlich als Treuhänder der Zentrag VOB, d.h. in deren Interesse, zu handeln und sich zu diesem Zweck an deren Weisungen zu halten (Ziff. 2) sowie ihren Geschäftsanteil an der Klägerin jederzeit entschädigungslos an eine von der Zentrag VOB benannte Person oder Firma abzutreten (Ziff. 3).

bb) Frau St. gab die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 mit dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein ab, d.h. mit dem Willen, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.

Die Tatsache, dass sie - wie bereits ausgeführt - in Kenntnis des an sie gerichteten konkludenten Angebots der Zentrag/SED auf Abschluss eines Treuhandvertrages und von Ha. auf die Notwendigkeit der Unterzeichnung der Erklärung hingewiesen die ihr von Dr.G. als Notarvertreter vorgelesene und mit der Aufforderung zur Unterschrift vorgelegte Treuhanderklärung unterschrieben hat, belegt dies in ausreichendem Maße.

Auf entsprechende Fragen zu den Umständen sowie ihren Vorstellungen bei Unterzeichnung der Treuhanderklärung hat Frau St. zwar bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 8. April 2003 bekundet, Dr.G. habe ihr gesagt, sie solle die Treuhanderklärung unterschreiben und das sei der Anwalt und Notar der Novum gewesen, dem sie volles Vertrauen entgegengebracht habe. Sie könne nicht mit Sicherheit sagen, dass sie gewusst habe, was sie unterschreibe, nicht einmal, ob sie es gelesen habe, denn das Vertrauen in den eigenen Notar sei so groß gewesen. Sie glaube nicht, dass sie sich viel Gedanken gemacht habe. Bei Unterzeichnung der Erklärung habe sie die Zentrag nicht gekannt, sie habe sich auch nicht erkundigt. Sie könne sich weder daran erinnern, ob sie Dr.G., als er ihr die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 vorgelegt habe, gefragt habe, warum sie diese Erklärung unterschreiben solle, noch ob Ha. ihr gesagt habe, dass sie die Treuhanderklärung unterschreiben solle, noch ob ihr vor der Unterzeichnung eine andere Erklärung gezeigt worden sei. Letzteres hat sie allerdings bei ihrer Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich am 8. Februar 1993 bestätigt. Dort gab sie nämlich an, in dem Glauben, ihr "Notar der KPÖ" werde sie nicht hereinlegen, habe sie sich nicht nach dem Verwendungszweck der Treuhanderklärung erkundigt. Dr.G. habe ihr wohl die Erklärung ihres Vorgängers gezeigt, sodass für sie alles in Ordnung gewesen sei. Zwar sei ihr die Zentrag nicht bekannt gewesen, sie habe aber gewusst, dass es keine KPÖ-Firma sei. Die Frage, ob sie sich wegen des erheblichen Risikos, eine solche Erklärung zugunsten eines Unbekannten auszustellen, nicht rückversichert habe, verneinte Frau St. erst und gab dann an, sich nicht erinnern zu können: "Vielleicht, vielleicht auch nicht."

Dass Frau St. sowohl Ha. als auch Dr.G. nahezu blind vertraut und sich in dem Wissen, dass es sich bei der Zentrag nicht um eine KPÖ-Firma handelte, nicht näher erkundigt und auch weiter keine Gedanken gemacht haben will, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Unbeachtlich ist ebenso, dass sie Dr.G. nicht für einen SED-Mann, sondern den "Vertrauensanwalt/notar" der Novum gehalten hat und davon ausgegangen ist, er wisse, dass die Novum der KPÖ gehöre und werde sie nicht hereinlegen (Protokoll der Vernehmung vom 8. April 2003). Denn falsche Erwartungen oder unrichtige Vorstellungen von Lebenssachverhalten bzw. deren subjektiv gefärbte Wahrnehmung beseitigen nicht das Erklärungsbewusstsein.

Hinzu kommt, dass Frau St. 1978 die Bedeutung einer Treuhanderklärung bekannt war. Denn sie hat bei ihrer Vernehmung am 8. April 2003 angegeben, sie habe Ende der 60er Jahre eine Treuhandaufstellung für Herrn P. gemacht über alle Wiener Firmen und Geschäftsführer und Teilhaber, die Treuhänder der KPÖ gewesen seien. Sie habe gewusst, dass Herr Ma. (ein Treuhänder der KPÖ) gemäß dieser Treuhanderklärung jederzeit das Treugut habe herausgeben müssen. Zu diesem Zweck sei es ja abgefasst worden. Unter einem Treuhandverhältnis habe sie damals verstanden, dass die Firmen bzw. die von KPÖ-Treuhändern gehaltenen Firmenanteile nicht Eigentum der Treuhänder gewesen seien, sondern sowohl das Kapital wie die Erträge der KPÖ gehört hätten. Die Treuhanderklärungen seien auch nicht in den Firmen gelegen oder bei Anwälten, die seien in der KPÖ verwahrt worden.

Der Annahme eines Erklärungsbewusstseins steht schließlich nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Klägerin keiner ihrer Gesellschafter, insbesondere nicht Frau St., ein Treuhandverhältnis mit der Zentrag habe begründen wollen. Alle hätten sich stets als Treuhänder der KPÖ verstanden. Dies entspricht den Angaben von Frau St. bei der Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich am 8. Februar 1993, wonach sie der Unterzeichnung der ihr vom Notar Dr.G. vorgelegten Treuhanderklärung keine Bedeutung beigemessen und es als reine Formsache angesehen habe. Für sie sei klar gewesen, dass die Klägerin der KPÖ gehöre. Auch bei ihrer Vernehmung am 8. April 2003 hat sie angegeben, ihr sei klar gewesen, dass es keine Auswirkungen habe, dass sie da unterschreibe. Sie hätte nie etwas unterschrieben, was das Treugut der KPÖ gefährdet hätte, das hätte sie nie getan, weil die hätten sie ja haftbar machen können. Das wäre eine Untreue gewesen. Weiter hat sie erklärt, sie habe niemals akzeptiert, Weisungen der SED oder Zentrag zu akzeptieren.

Die Treuhanderklärung wäre aber selbst dann wirksam, wenn Frau St. die treuhänderische Anbindung der Klägerin an die Zentrag/SED tatsächlich nicht gewollt haben sollte. Denn ein nach außen nicht erkennbarer entgegenstehender Wille beseitigt nicht die Rechtsfolgen einer inhaltlich eindeutigen, einem Dritten gegenüber abgegebenen Erklärung (Kommentar-ZGB, Anm. 1.1 zu § 63; Göhring/Posch, a.a.O., S. 206/207).

Dass ihr entgegenstehender Wille nach außen erkennbar gewesen wäre, hat Frau St. selbst nicht behauptet. Denn auf die Frage bei ihrer Vernehmung am 8. April 2003, ob sie bei der Unterzeichnung der Treuhanderklärung darauf hingewiesen habe, dass sie Treuhänderin der KPÖ sei bzw. dass die Novum aus ihrer Sicht eine KPÖ-Firma sei, hat sie lediglich angegeben, Dr.G. habe ja gewusst, dass die KPÖ Eigentümerin der Novum sei. Dies reicht jedoch nicht aus. Insoweit trägt Frau St. das Risiko des behaupteten uneingeschränkten Vertrauens zu Dr.G.

cc) Die Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 ist der Zentrag/SED zugegangen.

aaa) Ein wirksamer Zugang ist bereits dadurch bewirkt worden, dass Dr.G. die Treuhanderklärung im Rahmen des Beurkundungsvorganges entgegengenommen hat. Dies reicht aus, denn mit dem Büro G. arbeitete die Zentrag/SED - wie dargestellt - neben anderen vorzugsweise zusammen. Mit dieser besonderen Stellung war jedenfalls im Falle der Klägerin die Funktion einer "Empfangsstelle" der Partei verbunden. Dr.G. konnte daher als berechtigt und geeignet angesehen werden, im Rahmen seines Aufgabenbereichs an die Partei oder eines ihrer Unternehmen gerichtete Erklärungen entgegenzunehmen und weiterzuleiten (vgl. dazu Kommentar-ZGB, Anm. 2.2 zu § 64). Dass die Wahrnehmung einer solchen Funktion in der DDR keinen Widerspruch zur Stellung eines Notars im Bereich der Rechtspflege darstellte, wurde ebenfalls bereits ausgeführt.

Ob Dr.G. die Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 tatsächlich und in der gebotenen Form an die Zentrag/SED weitergeleitet hat, ist entgegen der Ansicht der Klägerin für einen wirksamen Zugang der Erklärung unerheblich. Denn im Falle der Aushändigung bzw. Abgabe einer Erklärung an einen zum Empfang berechtigten und zur Übermittlung geeigneten Dritten ging die eventuell unterbliebene Weiterleitung der Erklärung zu Lasten des Empfängers. Dies galt erst recht für eine etwaige nicht formgerechte Übermittlung der Erklärung.

bbb) Selbst wenn der Zugang der Treuhanderklärung nicht schon mittels deren Entgegennahme durch Dr.G. bewirkt war, ist sie jedenfalls dadurch zugegangen, dass sie in den direkten Zugriffsbereich der Zentrag/SED gelangt ist, sodass deren Verantwortliche sie unter normalen Umständen zur Kenntnis nehmen konnten. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an (Kommentar-ZGB, a.a.O.; Göhring/Posch, a.a.O., S. 207; Posch, a.a.O., S. 50).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie aufgrund der Vermerke der Rechtsanwälte J., Schr. und E. vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 sieht es der Senat als erwiesen an, dass sowohl die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 als auch eine Mitteilung des Notariats G. über deren Abgabe in den Unterlagen der Zentrag vorhanden waren. Selbst Letzteres reicht für einen wirksamen Zugang aus, weil auch dadurch Verantwortliche der Zentrag/SED in jedem Fall die Möglichkeit hatten, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen.

Fest steht, dass die Klägerin betreffende Unterlagen bei der Zentrag existierten und in einem der zwei dem Senat vorliegenden Aktenordner "Gesell schafterakten - Ordner 1 -" und "- Ordner 2 -" abgelegt waren. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Zeugin Mi., der einzigen Mitarbeiterin des Justiziars der Zentrag, des Zeugen Sch. Sie gehörte der Zentrag insgesamt von 1951 bis zu ihrem altersbedingten Ausscheiden im März 1993 an und war seit 1975 als verantwortliche Sachbearbeiterin in der Rechtsabteilung tätig.

(1) Die Zeugin Mi.hat bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 11. Dezember 2001 berichtet, dass sich zu DDR-Zeiten in ihrem Dienstzimmer in den Räumen der Zentrag ein Aktenordner in einem verschlossenen Blechschrank befunden habe, wo unter anderen Gesellschafterakten auch eine Akte "Novum" enthalten gewesen sei. Bekannt geworden sei ihr die Novum erst 1990. Bei dem Umzug der Zentrag in die Räume in der Mauerstraße, etwa im Juni, habe sie die in ihrem bisherigen Dienstzimmer vorhandenen Unterlagen und Aktenordner mitgenommen. Dazu habe auch der Ordner gehört, in dem sich die in einem kleinen Hefter zusammengefassten Unterlagen zur Novum befunden hätten.

Zum Inhalt des Hefters hat die Zeugin wie bereits bei ihrer Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 22. August 1996 im Einzelnen keine näheren Angaben machen können. Sie hat lediglich bekundet, dass ihr bekannt sei, dass sich bei diesen Vorgängen notarielle Verträge, Beurkundungen o.ä. befunden hätten, worauf auch die zusammenfassende Bezeichnung als Gesellschafts- oder Gesellschafterakten beruhe.

Das entspricht im Wesentlichen dem Inhalt des Vermerks von Kriminalhauptkommissar Da. vom 15. Dezember 1992 über ein am Vortag mit der Zeugin geführtes Gespräch, wonach diese das von ihr angesprochene, die Klägerin betreffende "Schriftstück" nicht näher bezeichnen konnte. Soweit in dem Vermerk der Staatsanwältin Bu. vom 12. Dezember 1992 und in dem Protokoll vom 11. Dezember 1992 über die Vernehmung der Zeugin die Begriffe "Gesellschaftsvertrag Novum aus der Vorwendezeit" und "ein Aktenstück - möglicherweise ein Vertrag - im Zusammenhang mit der Novum" verwendet wurden, können hieraus nur bedingt Rückschlüsse gezogen werden. Den Begriffen kommt nur begrenzter Beweiswert zu, weil es sich insoweit nur um eine, wenn auch auf Tatsachen gründende Schlussfolgerung der Zeugin handelt. Denn sie hat die ihr bei ihrer Vernehmung am 22. August 1996 vorgehaltenen Begriffe zunächst dahingehend erläutert, dass sie in jedem Fall immer mehrere Schriftstücke zur Firma Novum, die in einem Halbhefter zusammengefasst waren, gemeint habe. Dass es sich dabei um einen Vertrag oder Gesellschaftsvertrag zur Klägerin gehandelt habe, hat sie aus eigenem Wissen und eigener Erinnerung nicht bestätigen können, sondern dies als eigene Schlussfolgerung auf eine entsprechende Frage der Staatsanwältin hin bezeichnet. Diese Angaben hat sie bei ihrer Vernehmung durch den Senat insoweit ergänzt, als Gesellschafter- oder Gesellschaftsakten ihrer Ansicht nach in der Regel notarielle Urkunden, Beglaubigungen und was dazugehöre beinhalten würden. Daher gehe sie davon aus, dass sich darin gar nichts anderes befunden haben könne, denn sonst wäre es nicht in diese Aktenzusammenfassung geraten. Sie wolle damit nur sagen, dass sich auch ihrer Auffassung nach nur notarielle Verträge, Beglaubigungen etc. darin befunden haben können, z.B. keinerlei Versicherungsunterlagen o.ä. Im Hinblick darauf, dass die Zeugin von Anfang an keine genauen Angaben zu den bei der Zentrag zur Klägerin vorhandenen Unterlagen machen konnte, ist diese Erklärung glaubhaft.

(2) Auch der Zeuge Sch. hat von die Klägerin betreffenden Unterlagen bei der Zentrag berichtet.

(a) Er hat bei seiner Vernehmung am 11. Dezember 2001 bekundet, in den 80er Jahren sei bei ihm im Postkasten eine Akte aufgetaucht, die Novum betroffen habe. Er habe mit dieser Akte nichts anzufangen gewusst, weil er mit Novum bis zu diesem Zeitpunkt nichts zu tun gehabt habe und auch mit dem Namen selbst nicht vertraut gewesen sei. Er habe nicht gewusst, was dahinterstehe. Er habe den damaligen Generaldirektor, wobei er nicht wisse, ob zu diesem Zeitpunkt noch Herr Kb. oder schon Herr Wü. tätig gewesen sei, gefragt, was er mit dieser Akte anfangen solle. Es seien nur einige Blätter, keine Akte in dem Sinne gewesen. Er habe damals die Antwort erhalten, dass er die Akte ablegen solle, er damit weiter nichts zu tun habe, für ihn damit keine Aufgaben verbunden seien. Er habe die Akte damals abgelegt oder auch Frau Mi., er wisse nicht, wer konkret den Auftrag erledigt habe, und zwar in den Ordner Gesellschafterakten. In ihrem Stahlschrank in der Rechtsabteilung in ihrem Zimmer habe sich ein Ordner Gesellschafterakten befunden, in dem eben die Unterlagen Zimex, Merkuria, Weltbühne und nach Übernahme auch Panorama nach Buchstaben abgelegt gewesen seien. In dem Ordner sei ein alphabetisches Register gewesen, und dann sei das unter dem jeweiligen Buchstaben abgelegt worden. Er könne sich noch entsinnen, dass er auf die Akte handschriftlich Novum draufgeschrieben habe, um die Einordnung dort auch sicherzustellen. Mehr habe er mit Novum nicht zu tun gehabt bei seiner Tätigkeit in der Zentrag. Auf entsprechende Nachfragen hat der Zeuge weiter erklärt, es seien auf jeden Fall Gesellschafterunterlagen gewesen, aber an den konkreten Inhalt könne er sich nicht entsinnen. Er würde sagen, es seien notarielle Unterlagen gewesen, sonst hätten sie sie nicht in diesen Ordner eingeheftet. Er könne sich aber nicht erinnern, aus welchem Notariat der Vorgang gekommen sei.

Dies stimmt im Wesentlichen mit den Angaben des Zeugen bei seinen früheren Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 16. August 1996, 3. September 1996 und 11. März 1998, das Verwaltungsgericht am 14. Oktober 1996 sowie den Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages am 2. Oktober 1997 überein, wobei er damals erst bei den zwei letztgenannten Vernehmungen meinte sich nunmehr erinnern zu können, dass es sich um notarielle Unterlagen gehandelt habe. Außerdem hat er beim Verwaltungsgericht angegeben, er wisse, dass er in dem Ordner keine anderen Vorgänge zu Novum gefunden hätte.

(b) Dennoch kommt auch dieser Aussage des Zeugen Sch. kein Beweiswert zu, denn der Senat hält ihn, wie bereits ausgeführt, nicht für glaubwürdig.

Die schon geschilderten Auffälligkeiten seines Aussageverhaltens, die zu dem Gesamteindruck der Unglaubwürdigkeit geführt haben, waren ebenfalls bei den Vernehmungen zu dem die Unterlagen der Novum bei der Zentrag betreffenden Beweisthema festzustellen.

(aa) Das gilt zunächst für das angeblich fehlende Erinnerungsvermögen des Zeugen bei konkret die Klägerin betreffenden Fragen.

So fällt auf, dass der Zeuge Sch., dessen Gedächtnis die Zeugin Mi. bei ihrer Vernehmung am 11. Dezember 2001 als exzellent bezeichnet hat, sich als langjähriger und damit erfahrener Justiziar an den Inhalt eines Vorgangs, mit dem er nichts anzufangen wusste, angeblich nicht erinnern kann, obwohl er ihn gelesen und selbst mit dem Namen der Novum beschriftet hat, auch noch weiß, wo er ihn abgeheftet hat, und es nicht nur das einzige Mal war, dass er mit der Klägerin zu tun gehabt haben will, sondern auch das einzige Mal, dass er mit einem Vorgang, der auf seinen Schreibtisch kam, nichts anfangen konnte. Mit der Merkuria hatte er seinen Angaben bei der Vernehmung am 3. September 1996 zufolge ebenfalls nur in einem Fall zu tun, konnte sich aber an die Einzelheiten genau erinnern. Auch erscheint es wenig überzeugend, dass dem Zeugen nach seinen Angaben bei der Vernehmung am 14. Oktober 1996 der Name Novum unabhängig von dem abgelegten Vorgang aus einem Artikel in der Zeitschrift für den Außenhandel der DDR, in dem die Klägerin als eine auf dem Gebiet der DDR tätige Außenhandelsfirma erwähnt worden sei, bekannt gewesen und ihm auch immer deren Bürogebäude in Lichtenberg aufgefallen sei, er aber dennoch keinen Bezug zu dem Vorgang bei der Zentrag hergestellt haben will. Auf den Vorhalt des Senats, dass dies seiner Angabe bei der Vernehmung am 11. Dezember 2001 widerspreche, er sei bis zu dem Vorgang in den 80er Jahren auch mit dem Namen Novum selbst nicht vertraut gewesen, hat der Zeuge ausweichend geäußert, er habe zwar den Namen Novum gekannt, aber inhaltlich damit nichts anzufangen gewusst, und als Grund dafür wieder stereotyp den Satz vorgetragen, er habe nichts mit der Firma zu tun gehabt. Auf weitere Nachfrage hat der Zeuge dann eingeräumt, dass er aufgrund der Lektüre der Zeitschrift zumindest gewusst habe, dass die Novum auf dem Gebiet des Außenhandels der DDR tätig gewesen sei.

(bb) Weiter sind die schon dargestellten wechselhaften und letztlich unklar bleibenden Bekundungen des Zeugen Sch. zum Inhalt seines(r) Gesprächs(e) mit dem Zeugen S. bei diesem Beweisthema in gleicher Art festzustellen gewesen. Auch hier ist ein Widerspruch zwischen dem Inhalt der Gesprächsnotiz des Zeugen S. vom 13. September 1993 und den Aussagen des Zeugen Sch. zu registrieren. Ausweislich der Notiz erklärte Sch. gegenüber S., er halte es für ausgeschlossen, dass - wie eine frühere Angestellte der Zentrag behauptet habe - sich bei der Zentrag 2 Aktenordner über die Novum Handelsgesellschaft befunden hätten. Sch. selbst gab beim Bundestagsuntersuchungsausschuss am 2. Oktober 1997 an zu wissen, dass er Rechtsanwalt S. nichts von dem über die Novum Anfang der 80er Jahre angelegten Ordner erzählt habe. Auf die Frage, ob er danach gefragt worden sei, antwortete der Zeuge wieder einmal ausweichend. Bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin am 11. März 1998 konnte er dann nicht sagen, aber auch nicht ausschließen, dass er Rechtsanwalt S. von dem Vorgang Anfang der 80er Jahre erzählt habe. Auf Vorhalt der Gesprächsnotiz einschließlich der Passage bezüglich der Aktenordner durch den Senat im Dezember 2001 und die Frage, ob er sich an den Inhalt des Gesprächsverlaufs erinnern könne, hat der Zeuge sich wieder auf seine fehlende Erinnerung zurückgezogen.

Ähnliches gilt für das Verhältnis der Aussagen des Zeugen zu diesem Beweisthema und zu dem bereits erwähnten Treffbericht IM "Werner Ullrich" vom 11. Mai 1977. Auch hier ist der Zeuge eine nachvollziehbare Erklärung für die Unvereinbarkeit seiner Angaben schuldig geblieben. Einerseits hat er immer gesagt, dass der Vorgang mit der Novum bei der Zentrag in den 80er Jahren gewesen sei und dass er bis zu diesem Zeitpunkt nichts mit der Novum zu tun gehabt habe. Andererseits hat er auf Vorhalt des Treffberichts bei seiner Vernehmung im Dezember 2001 erklärt, er könne sich nicht erinnern, ob er bei dem Treffen mit Dr.G. am 3. Mai 1977 die Novum erwähnt habe. Er hat gerade nicht darauf hingewiesen, dass er die Novum nicht erwähnt haben könne, weil er erstmals in den 80er Jahren mit ihr zu tun gehabt habe, obwohl dies - die Richtigkeit seiner Aussage zu den die Novum betreffenden Unterlagen bei der Zentrag unterstellt - nahe gelegen hätte. Erst auf mehrfachen Vorhalt des Widerspruchs hat der Zeuge bei seiner Vernehmung am 15. Februar 2002 erklärt, dass er darin keinen Widerspruch sehe und mehrmals ausgeführt, warum er sich im Zusammenhang mit dem Treffbericht an den Berliner Verlag, nicht aber an die Novum erinnern könne. Dabei hat er allerdings nun versucht, eine Verbindung zwischen seinen Aussagen zum Treffbericht und zu dem Vorgang in den 80er Jahren herzustellen, indem er erklärt hat, zu Novum selbst müsse er hier wirklich sagen, dass ihm das nicht in Erinnerung sei, weil er mit Novum nie etwas zu tun gehabt habe bis zu diesem Zeitpunkt, als die Akte aufgetaucht sei und er offensichtlich - wenn das gefallen sein sollte - es im Unterbewusstsein verdrängt habe, weil das für ihn keine Sache gewesen sei, die er weiter habe verfolgen müssen.

(cc) Schließlich hat der Zeuge Sch. bei einem der Kernpunkte auch dieses Beweisthemas durch eine deutlich wahrnehmbare, nicht durch die Vernehmung veranlasste Aggressivität den Eindruck vermittelt, als sei er in Bedrängnis geraten und müsse sich wehren bzw. weitere Fragen abwehren.

Auf die einfache Frage, ob sich zusätzlich zu der die Klägerin betreffenden vermutlich notariellen Urkunde auch ein an ihn gerichtetes Begleitschreiben in der Post befunden habe, hat er erst verworren geantwortet: "Auf welchen Inhalt die Urkunde, auf die Sie anspielen, hat" und dann herausfordernd erklärt: "Wenn es diese Urkunde gewesen wäre, wäre bestimmt kein Anschreiben an mich dabeigewesen, weil das dann gegebenenfalls den Generaldirektor zu interessieren gehabt hätte und nicht mich." Die folgende Frage, ob er näher erläutern könne, auf welche Urkunde er anspiele und welchen Inhalt diese gehabt habe, hat der Zeuge dahin beantwortet, ihm sei mal eine Urkunde vorgelegt worden vom Notariat G., aus der hervorgehen solle, dass Frau St. die Anteile an der Novum für die Zentrag halten solle. Um diese Urkunde gehe es doch hier. Er wisse nicht, ob diese Urkunde der Zentrag zugestellt worden sei. Denn er habe ja auch die Presse gelesen und die ganzen Dinge, die dazu veröffentlicht worden seien. Als dann bei der Vernehmung noch einmal bezüglich eines etwaigen Begleitschreibens nachgehakt worden ist, hat der Zeuge erneut sehr aggressiv und abwehrend mit den Worten reagiert: "Das Wenn und Hätte und Würde und Kann, können Sie rumdrehen diese Fragen, wie Sie wollen. Ich weiß nicht, welchen Inhalt diese Urkunde hatte. Warum soll ich das auch verschweigen, wenn ich es wüsste. Ich habe keinen Vorteil und keinen Nachteil davon."

Bei allem Verständnis dafür, dass der Zeuge Sch., bedingt allerdings auch durch sein Aussageverhalten, mehrmaligen Vernehmungen zu denselben Fragen ausgesetzt war, hätte dennoch zu einer solchen Reaktion kein Anlass bestanden, wenn er vollständig und richtig ausgesagt hätte.

Dass zu den bei der Zentrag vorhandenen, die Klägerin betreffenden Unterlagen auch ein Exemplar der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 und eine Mitteilung über deren Abgabe gehörten, ergibt sich aus den Vermerken der Rechtsanwälte J. , Schr. und E. vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993.

(1) Die in dem Ermittlungsverfahren gegen Frau St. durch Beschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Juli 1997 - 353 Gs 2761/97 - und 5. August 1997 - 353 Gs 2900/97 - sowie in dem Vermögensfeststellungsverfahren gegen die PDS durch Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 8. August 1997 - 352 Gs 2883/97 - beschlagnahmten Vermerke sind im vorliegenden Verfahren verwertbar.

(a) Ein Verwertungsverbot ergibt sich zunächst nicht aus einer nach Ansicht der Klägerin durch das PartG-DDR nicht gerechtfertigten Informationsbeschaffung durch die Beklagte.

Dabei kann offen bleiben, ob das Vorgehen der Beklagten deshalb als rechtswidrig zu betrachten ist, weil ein an der Erstellung der Vermerke beteiligter Rechtsanwalt unter Verstoß gegen seine anwaltliche Schweigepflicht die Beklagte im Hinblick auf die "Belohnungsregelung der Bundesregierung bezüglich der Vermögenswerte der DDR" auf die Existenz der Vermerke hingewiesen und dadurch ihre Beschlagnahme ermöglicht hat.

Denn die Beklagte ist weder ausschließlich und unmittelbar durch ihren Informanten noch durch die rechtswidrige Beschlagnahme in dem gegen Frau St. gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. August 1997 - 353 BI 80/97 -, bestätigt durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1997 - 534 Qs 111/97 -) in den Besitz der anwaltlichen Vermerke gelangt, sondern auch durch die rechtmäßige Beschlagnahme in dem Vermögensfeststellungsverfahren gegen die PDS (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. September 1997 - 352 BL 62/97 -, bestätigt durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 1. Oktober 1997 - 512 Qs 89/97 -). Diese weitere Erlangung der Informationen in rechtlich zulässiger Weise führt zur Verwertbarkeit der Unterlagen im vorliegenden Verfahren (vgl. für das Verwaltungsverfahren Hüsch, Verwertungsverbote im Verwaltungsverfahren, 1991, S. 386 ff). Abgesehen davon hat die Staatsanwaltschaft I beim Landgericht Berlin die Erhebung der öffentlichen Klage wegen des Vorwurfs der Verletzung von Privatgeheimnissen gegen Mitarbeiter der Beklagten abgelehnt (vgl. Beschluss des Kammergerichts vom 1. März 1999 - Zs 2021/98).

(b) Ein Verwertungsverbot besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht, weil die Beschlagnahme der Unterlagen in dem gegen Frau St. gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen die anwaltliche Schweigepflicht (§ 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO) rechtswidrig war und der Schutz von Frau St. vor Geheimnisverrat für alle Rechtsstreite gelte, an deren Ausgang sie als Betroffene unmittelbar ein Interesse habe.

Gegen die Beachtlichkeit dieses Einwands spricht bereits, dass Klägerin des vorliegenden Verfahrens nicht Frau St., sondern die Novum GmbH ist. Zwar mag Frau St. als deren Gesellschafterin am Ausgang dieses Rechtsstreits ein Interesse haben, dennoch ist die Klägerin eine juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) und insbesondere bezüglich ihrer Rechte und Pflichten eine von den Gesellschaftern unabhängige Rechtspersönlichkeit. Selbst ... etwaige Rechte der Gesellschafter wirken sich nicht unmittelbar auf die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft aus. So können z.B. Gesellschafter im Prozess gegen die GmbH Zeugen sein. Ihr wirtschaftliches Interesse ist zwar für die Beweiswürdigung wichtig, begründet aber kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 1 ZPO (Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2000, § 13 Rnr. 6).

Aber selbst wenn im Einzelfall Rechte von Gesellschaftern in einem von der Gesellschaft geführten Rechtsstreit zu berücksichtigen wären, gilt für ein sich aus etwaigen Rechten von Frau St. ergebendes und im vorliegenden Rechtsstreit zu berücksichtigendes Verwertungsverbot Folgendes:

(aa) Die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme führt im Strafverfahren zu einem Verwertungsverbot (Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl. 1988, § 97 Rnr. 2; Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl. 2003, § 97 Rnr. 9), welches sich aber zunächst allein auf den Strafprozess erstreckt und selbst dort im Einzelfall Geltung nur in dem Verfahren beanspruchen kann, in dem die Beschlagnahme stattfand und - im Fall anwaltlicher Vermerke - der Mandant Beschuldigter war. Ob sich ein solches Beschlagnahme- und Verwertungsverbot auf ein weiteres Verfahren auswirkt und dort aus anderen Rechtsgrundsätzen, insbesondere aus Art. 1 und 2 GG, zugunsten des Betroffenen gilt, wird auch im Strafprozess im Einzelfall im Wege einer Güterabwägung entschieden. So hat das Amtsgericht Tiergarten, wie bereits ausgeführt, in dem Vermögensfeststellungsverfahren gegen die PDS festgestellt, dass die in diesem Verfahren erfolgte Anschlussbeschlagnahme der anwaltlichen Vermerke auch unter Berücksichtigung der Rechte der in dem Ermittlungsverfahren beschuldigten Frau St. aus Art. 1 und 2 GG rechtmäßig war.

(bb) Für den Verwaltungsprozess gilt nichts anderes. Auch hier schlägt das in dem gegen Frau St. gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestehende Beschlagnahme- und Verwertungsverbot nicht ohne weiteres auf das vorliegende Verwaltungsstreitverfahren durch. Vielmehr ist im Einzelfall nach den im Verwaltungsprozess geltenden Grundsätzen zu prüfen, ob die von dem Betroffenen geltend gemachten Rechte auch im verwaltungsrechtlichen Streitverfahren zu einem Verwertungsverbot führen. Dies ist hier nicht der Fall.

Auch im Verwaltungsprozess gilt zumindest ein aus der Verfassung ableitbares Verwertungsverbot (Kopp/Schenke, a.a.O., § 98 Rnr. 4). Zwar enthält die VwGO ebenso wie die ZPO keine Regelungen zu diesem Fragenkomplex, die dazu im Zivilprozessrecht entwickelten Grundsätze sind aber auf den Verwaltungsprozess übertragbar. Nach der herrschenden zivilprozessrechtlichen Auffassung greifen aus der Verfassung abzuleitende Beweisverwertungsverbote ein, wenn durch die Beweiserhebung in ein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht eingegriffen wurde und die Verwertung nicht ausnahmsweise durch eine Güterabwägung gerechtfertigt wird (Zöller, a.a.O., § 286 Rnr. 15a; BGH, NJW 1982, 277 <278>; NJW 1991, 1180; OLG Köln, NJW-RR 1993, 1073 <1074>; KG, NJW 1994, 462). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach liegt in der gerichtlichen Verwertung von Beweismitteln, die unter Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht erlangt sind, regelmäßig ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (BVerfG, NJW 1992, 815 <816>). Ob dieser gerechtfertigt sei, richte sich nach dem Ergebnis der Abwägung zwischen dem gegen die Verwertung streitenden Persönlichkeitsrecht und einem dafür sprechenden Interesse des Beweisführers (BVerfG, a.a.O.).

(cc) Die beschlagnahmten anwaltlichen Vermerke sind trotz der Position von Frau St. als Gesellschafterin der Klägerin in diesem Verfahren verwertbar.

(aaa) Bei den zu verwertenden Unterlagen handelt es sich um Gesprächsnotizen von Rechtsanwälten, die Frau St. außergerichtlich bzw. in Zivil-, Verwaltungs- und Strafverfahren vertreten bzw. vertraten. Gegenstand dieser Gespräche war die Vorgehensweise der Rechtsanwälte in dem hiesigen Verwaltungsrechtsstreit gegen die Beklagte. Ausweislich der Vermerke dienten die Gespräche nicht dazu, dass Frau St. als Mandantin ihre Prozessvertreter und sonstigen Berater mit Informationen versorgte, sondern es sollte von den offiziellen Verfahrensbevollmächtigten und den sonstigen Beratern die Prozesstaktik festgelegt werden. Frau St. war bei den beiden Gesprächen, die Gegenstand der drei zu verwertenden Vermerke sind, anwesend, hat sich aber ausweislich der Notizen nicht geäußert.

(bbb) Als durch die Verwertung der anwaltlichen Vermerke verletztes verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht kommt das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau St. in der Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) in Betracht.

Ein Eingriff in dieses Recht liegt allerdings nicht darin, dass durch die Verwertung der von Gesprächsteilnehmern angefertigten, mehr oder minder ausführlichen Vermerke und Notizen der Inhalt der ohne Zweifel vertraulichen Gespräche wiedergegeben wird.

Zwar verletzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verbreitung eines ungenehmigten Tonbandmitschnitts eines vertraulichen Gesprächs grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer, weil die persönliche Eigensphäre nicht gegen den Willen der Betroffenen auf diese Weise verdinglicht und verfügbar gemacht werden darf (BGH, JZ 1981, 705 <709> m.w.N). Diese Grundsätze schützen aber nicht vor der Wiedergabe eines vertraulichen Gesprächs, das ein Teilnehmer aus der Erinnerung - sei es auch unterstützt durch ein Gedächtnisprotokoll - wiedergibt, die Wiedergabe also zwar Genauigkeit, nicht aber die Authentizität einer Gesprächskonserve beansprucht (BGH, a.a.O.; ebenso Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 284 Rnr. 72; Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1997, § 284 VI Rnr. 60; Zöller, a.a.O., Rnr. 15b). In diesem Fall fehlt es nicht nur am Eindringen heimlicher Zuhörer in den Vertraulichkeitsbereich durch den Tonträger, sondern vor allem an einer Verdinglichung des gesprochenen Worts, die die Persönlichkeit zu einem Objekt herabwürdigt (BGH, a.a.O.). Ein Verbot auch solcher wörtlicher Wiedergabe von Äußerungen würde dem Betroffenen einen (verfassungskräftigen) Bestandsschutz für sein Vertrauen in den Gesprächspartner einräumen, der sich aus der Gewährleistung seines Persönlichkeitsrechts nicht herleiten lässt (BGH, a.a.O.).

Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau St. könnte darin zu sehen sein, dass die Gesprächsnotizen von Rechtsanwälten in dieser Eigenschaft gefertigt wurden und die Verwertung erst durch entsprechende Hinweise eines dieser Rechtsanwälte auf die Notizen ermöglicht wurde. Darin liegt ein Verstoß gegen die anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit, einer berufsspezifischen Pflicht von hohem Rang, die auf dem Treueverhältnis zum Mandanten beruht (KG, NJW 1994, 462 <463>). Dieser darf auf eine Geheimhaltung des gesprochenen Worts vertrauen und kann selbst bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen es vom Rechtsanwalt verbreitet wird (KG, a.a.O.). Ob der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht hier zu einem Grundrechtseingriff führt, kann indes dahinstehen, weil die Verwertung der Gesprächsnotizen selbst bei Annahme eines Grundrechtseingriffs durch eine Güterabwägung gerechtfertigt ist.

(ccc) Das gegen die Verwertung streitende allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau St. muss hinter den dafür sprechenden Interessen der Beklagten zurücktreten.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt keinen absoluten Schutz vor Eingriffen, sofern es nicht um die Intimsphäre des Betroffenen und damit um den Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung geht (BVerfGE 34, 239 <246>; 80, 367 <373>; BGH, NJW 1988, 1016 <1017>). Als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener Bürger muss vielmehr jedermann staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit [()] unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots [()] getroffen werden, soweit sie nicht den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung beeinträchtigen [()]; BVerfG, NJW 1992, 815 <816>; BVerfGE 44, 353 <372/373>).

Der sich aus den anwaltlichen Vermerken ergebende Sachverhalt ist nicht der ausnahmslos geschützten Intimsphäre von Frau St. zuzuordnen.

Ob ein Sachverhalt dem Kernbereich zugeordnet werden kann, hängt davon ab, ob der Betroffene einen Lebenssachverhalt geheimhalten will oder nicht, ob er seinem Inhalt nach höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfGE 80, 367 <374>).

Zwar war die Unterhaltung der Rechtsanwälte vertraulich und Frau St. hat ihrer Auswertung zu Beweiszwecken widersprochen. Der Inhalt der Gespräche betraf aber nicht den Kernbereich ihrer privaten Lebensgestaltung, denn höchstpersönliche Dinge, die der unantastbaren Intimsphäre zugerechnet werden könnten, kamen dabei nicht zur Sprache.

Die Verwertung der anwaltlichen Vermerke liegt im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit.

Zunächst besteht ein allgemeines Interesse daran, den erheblichen finanziellen Verlust zu verhindern, der der Bundesrepublik Deutschland entstünde, wenn die Klägerin zu Unrecht obsiegte. Grundsätzlich sind auch die Fiskalinteressen des Staates "notwehrfähig" (Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 32 Rnr. 6; § 34 Rnr. 11) und müssen als bloße Vermögenswerte gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht grundsätzlich zurücktreten (Roxin, Jus 1976, 505 <510>). Maßgebend für die Abwägung ist vielmehr die konkrete Schwere des Eingriffs in Persönlichkeitswerte, sodass das Übergewicht durchaus auch beim Vermögenswert liegen kann (Roxin, a.a.O., S. 511).

Das ist hier der Fall. Der Vermögenswert von mehreren 100 Mio. Euro, der für die Beklagte auf dem Spiel steht, verdrängt im konkreten Fall allein schon wegen seiner Höhe das vergleichsweise geringfügig beeinträchtigte und nur auf unterster Stufe schutzbedürftige allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau St. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Erörterungen der Rechtsanwälte über die weitere Verfahrensweise der Verschleierung eines Prozessbetrugs und strafrechtlich relevanter Manipulation von Notariatsakten dienten. Das über das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mandanten verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt, das Ausdruck eines rechtsstaatlichen Prozessrechts ist, ist hier zum Prozessbetrug missbraucht worden. Dies senkt die Schutzbedürftigkeit bzw. die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Frau St. im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung erheblich.

Als weiteres überwiegendes Gemeinwohlinteresse ist die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW 1994, 1718; DVBl. 1991, 1139; BVerfGE 93, 213 <236>). Hierüber ist das Beweisführungsinteresse der Beklagten geschützt.

Das Grundgesetz misst nicht nur dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, sondern auch den Erfordernissen einer wirksamen, an rechtsstaatlichen Garantien ausgerichteten Rechtspflege eine besondere Bedeutung bei (BVerfGE 34, 238 <248>). Soweit der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit die Idee der Gerechtigkeit als wesentlichen Bestandteil enthält, verlangt er auch die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege, ohne die Gerechtigkeit nicht verwirklicht werden kann (BVerfGE 44, 353 <374>; 80, 367 <375>).

Die Beklagte wird im vorliegenden Verfahren als gesetzlich berufene Amtswalterin des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Aufklärung des Verbleibs von SED-Vermögen und dessen rechtmäßiger Zuordnung tätig. Die Gesprächsnotizen können zu dieser Aufklärung beitragen, ihnen kommt ein hoher Beweiswert zu. Die Verwertung der beschlagnahmten Unterlagen ist ein taugliches und - wie Verlauf und Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens gezeigt haben - auch ein wichtiges Mittel, um das Bestehen eines Treuhandverhältnisses zur SED zu belegen.

Das dargestellte öffentliche Interesse an der Verwertung der Gesprächsnotizen wird nicht dadurch geschmälert, dass auch das Vertrauen in die Verschwiegenheit der Angehörigen bestimmter Berufe und damit der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Interesse der Allgemeinheit liegt. Denn nicht jedes berufsspezifische Vertrauensverhältnis ist in gleichem Umfang schutzwürdig. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie ausgeführt - die Erörterungen der Rechtsanwälte von strafrechtlicher Relevanz sind.

Die mit der Verwertung der Unterlagen entstehenden Nachteile für Frau St. stehen schließlich nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten und erreichbaren Erfolg. Denn die Verwertung führt nur zur Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die Manipulation der Notariatsakten bestanden hätte, nämlich zu dem der Beklagten möglichen Nachweis eines Treuhandverhältnisses zwischen Frau St. und der Zentrag/SED.

(2) Aus den drei anwaltlichen Vermerken geht hervor, dass in der die Klägerin betreffenden Handakte der Notarin I.G. ursprünglich eine Verfügung, nach der der Zentrag die Treuhanderklärung übersandt werden sollte, sowie an die Zentrag gerichtete Mitteilungen über die Abgabe von Treuhanderklärungen vorhanden waren und diese Dokumente von dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dem Zeugen S., entfernt wurden.

Die Rechtsanwälte J., Schr. und E. hielten in ihrem gemeinsamen Vermerk vom 23. November 1992 über eine Besprechung in Wien am 20. November 1992 fest, Rechtsanwalt Dr.N. habe berichtet, dass Rechtsanwalt S. das Büro der Notarin U.G. aufgesucht, die die Novum betreffende Handakte des Notariats erbeten und erhalten, sie alsdann durchgesehen und "bereinigt" zurückgegeben habe. Er habe fünf Seiten "belastender Art" entnommen und die Akte "solcherart bereinigt" an die Notarin zurückgegeben. Dr.N. habe Rechtsanwalt S. gesagt, er solle diese Unterlagen nicht vernichten. Ob diese entnommenen Unterlagen vernichtet seien oder nicht, sei nicht bekannt. Über den Inhalt der entnommenen Unterlagen habe Rechtsanwalt S. Dr.N. berichtet, es sei beispielsweise eine Verfügung darin, "wonach die Treuhanderklärung an die Zentrag, z. Hd. eines Buchhalters, geschickt werden sollte". Von diesem Buchhalter werde berichtet, dass er alkoholabhängig und offenbar auch der PDS bekannt sei.

Rechtsanwalt J. legte unter dem 19. März 1993 über ein am Vortag in Wien geführtes Gespräch in Stichworten nieder, dass dem persönlichen Handakt der Großmutter G., nicht durchnummeriert, Mitteilungen der Frau G. an die Zentrag, gerichtet an Sch., über Geschäftsführerbestellungen und Treuhanderklärungen, drei oder vier aus dem Zeitraum, wo die Großmutter tätig gewesen sei, 70er Jahre, entnommen worden seien. Die Fragen, wer aus welchem Grund entnommen habe, seien nicht beantwortet worden. Die Frage, ob die Unterlagen noch vorhanden seien, habe Rechtsanwalt S. verneint, allerdings so etwas verzögert oder hinhaltend, nicht völlig eindeutig.

Über das gleiche Gespräch vermerkte Rechtsanwalt Schr. am 21. März 1993, dass auch über die Handakte der Notarin I.G. gesprochen und insbesondere Rechtsanwalt S. über den Inhalt und den Adressaten der aus der Handakte entfernten Schreiben befragt worden sei. Nach seiner Auskunft habe es sich "um Schreiben der Notarin G. an den Justitiar der Zentrag, Herrn Sch.", gehandelt, "in denen unter anderem auch die Treuhanderklärungen von Frau St. zugunsten der Zentrag erwähnt werden". Seitens der Rechtsanwälte N., Go. und S. sei in dieser Runde erwähnt worden, es sei nicht bekannt, wer die Schreiben aus der Akte entfernt habe. Auf die Frage von Rechtsanwalt J. an Rechtsanwalt S., was die Motivation für die Entfernung gewesen sei oder gewesen sein könnte, und wer die Schreiben entfernt habe, sei von den Herren N., Go. und S. der Wunsch geäußert worden, dies solle in der Runde nicht erörtert werden.

(3) Den anwaltlichen Vermerken lässt sich nicht entnehmen, ob es sich bei der zu übersendenden Treuhanderklärung um die von Frau St. vom 16. März 1978 handelte und die Handakte der Notarin einen entsprechenden Absendevermerk enthielt. Ebenso bleibt unklar, ob in der Handakte Mitteilungen über alle vier in den 70er Jahren von den Gesellschaftern der Klägerin abgegebenen Treuhanderklärungen vorhanden waren, oder, wenn es nur drei waren, ob eine der Mitteilungen die Treuhanderklärung von Frau St. betraf.

Der Versuch, diese Fragen durch Vernehmung der Zeugin U.G., die das Notariat von Dr.G. übernommen hat und im Besitz der originalen Handakte der Notarin I.G. war, aufzuklären, ist ohne Erfolg geblieben. Denn die Zeugin ist gemäß § 384 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 98 VwGO berechtigt gewesen, die Antwort auf die Fragen zu verweigern, ob sie die Originalhandakte der Notarin I.G. an Rechtsanwalt S. herausgegeben hat, wenn ja, wann und wann die Handakte von Rechtsanwalt S. zurückgegeben wurde sowie ob sie bei der Rückgabe noch vollständig war, wenn nicht, welche Unterlagen gefehlt haben, und wie und wann die Originalhandakte der Notarin I.G. in den Besitz von Frau St. gekommen ist. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der Zwischenurteile vom 12. März 2002 Bezug genommen. Der Senat ist jedoch im Rahmen freier Beweiswürdigung befugt, den Schluss zu ziehen, dass die genannten Unterlagen die Zentrag erreicht haben [(a)], weil die Klägerin durch pflichtwidrige Beseitigung von Beweismitteln schuldhaft die weitere Aufklärung des Sachverhalts verhindert hat [(b)].

(a) Grundsätzlich trifft bei Anfechtungsklagen die Behörde die materielle Beweislast für die Voraussetzungen des Eingriffs, es sei denn, der Rechtssatz selbst trifft eine besondere Regelung (Kopp/Schenke, a.a.O., § 108 Rnr. 15 m.w.N.; BVerwGE 18, 66 <71>; BVerwGE 47, 365 <375>), was vorliegend nicht der Fall ist. Das Gericht kann aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Umstand berücksichtigen, dass eine Partei schuldhaft die Aufklärung des Sachverhalts erschwert hat, ohne dass dies eine Umkehrung der materiellen Beweislast bewirkt (BVerwGE 10, 270, <LS>). Denn der in § 444 ZPO enthaltene allgemeine Rechtsgedanke räumt ihm die Befugnis ein, das beweisvereitelnde Verhalten einer Partei als einen für die Wahrheit des Vorbringens des Gegners zeugenden Umstand zu berücksichtigen und daraus den Schluss zu ziehen, dass der Beweis geführt sei (BVerwG, a.a.O., S. 271; BayVBl. 1984, 87; BayVBl. 1988, 505 <506>; InfAuslR 1990, 99 <102>; DVBl. 1998, 197; ebenso OVG Koblenz, PersR 1996, 122 ff; Nierhaus, Beweismaß und Beweislast: Untersuchungsgrundsatz und Beteiligtenmitwirkung im Verwaltungsprozess, 1989, S. 352). Es soll eine Lücke in der Beweisführung verhindert werden, die die beweispflichtige Seite nicht verschuldet hat (BVerwG, a.a.O., S. 271). § 444 ZPO ist gemäß § 98 VwGO auch im Verwaltungsprozess anwendbar.

(b) Ein solches beweisvereitelndes Verhalten der Klägerin liegt vor, denn ausweislich des oben dargestellten Inhalts der anwaltlichen Vermerke vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 hat ihr seinerzeitiger Prozessbevollmächtigter, der Zeuge S., aus der Handakte der Notarin I.G. unbefugt Dokumente entnommen. Dieses Verhalten muss sich die Klägerin zurechnen lassen.

Zwar bestreitet sie, dass S. die Handakte der Notarin I.G. bereinigt hat. Dies ist aber durch die anwaltlichen Vermerke bewiesen. Die von Frau St. im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - OVG 3 S 10.96 - vorgelegten bzw. zitierten Stellungnahmen von Dr. Go., Wiener Anwalt der KPÖ, und der Zeugen S. und Dr.N., Wiener Anwalt von Frau St., sowie die Aussagen dieser Zeugen vor dem Senat sind nicht geeignet, den Beweiswert der anwaltlichen Vermerke zu mindern.

(aa) Rechtsanwalt Dr. Go. bestätigt in seiner Stellungnahme vom 11. November 1997 den Inhalt der anwaltlichen Vermerke. Er äußert sich zwar nicht zu Inhalt und Adressat der entfernten Dokumente, bestreitet aber auch nicht, dass der Zeuge S. von der Existenz von Unterlagen der in den Vermerken beschriebenen Art in der Handakte gesprochen hat.

Er gibt an, Rechtsanwalt Dr.N. habe bei der Besprechung vom 20. November 1992 über ein zwischen ihm und Rechtsanwalt S. am Vortag stattgefundenes Gespräch berichtet, bei dem Rechtsanwalt S. ihm erzählt habe, dass er aus einem Akt der Notarin G. einige Schriftstücke entnommen habe. Im Verlauf der Konferenz vom 18. März 1993 sei Rechtsanwalt S. noch einmal auf die Unterlagen aus dem Handakt G. angesprochen worden.

Die Behauptung von Dr. Go., er habe die von Rechtsanwalt S. gemachten Mitteilungen nicht geglaubt, ist unerheblich. Denn für die Beurteilung der Richtigkeit der anwaltlichen Vermerke kommt es nicht darauf an, ob er die Angaben des Zeugen S. für glaubhaft hält oder nicht.

(bb) Der Zeuge S. ist sowohl in seiner Erklärung vom 22. August 1997 als auch bei seiner Vernehmung durch den Senat dem Vorwurf der Aktenbereinigung entgegengetreten. Seinen Angaben kommt indes kein Beweiswert zu, weil der Zeuge nicht glaubwürdig ist.

(aaa) Dies ergibt sich zum einen aus Art und Inhalt der Aussage des Zeugen, die von wechselhaften und letztlich unklar bleibenden Bekundungen geprägt war, sodass seine Aussage trotz zahlreicher Nachfragen und Vorhalte diffus geblieben ist. Zum anderen steht der Zeuge S. nach wie vor im Lager der Klägerin und fühlt sich ihr ungeachtet der Tatsache, dass das Mandatsverhältnis im Unfrieden beendet worden ist, ersichtlich nach wie vor verpflichtet. Denn er hat sich, wie noch auszuführen sein wird, als ein beeinflussbarer Zeuge erwiesen.

Bereits in dem an Frau St. gerichteten Schreiben vom 22. August 1997 bestreitet der Zeuge S., Unterlagen aus der Handakte der Notarin I.G. entfernt zu haben. Er gibt an, er habe dem Akt G. nichts, aber auch gar nichts entnommen. Die ihm von Frau G. übergebene Akte sei in seiner Kanzlei fotokopiert und genauso, wie er sie erhalten habe, auch wieder an Frau G. zurückgegeben worden. Seine Mitteilung an Dr.N., dass die Akte möglicherweise nicht vollständig sei, beruhe auf einer Fehlinformation seinerseits, wie er erst viel später erfahren habe. Sollte Dr.N. Rechtsanwalt J. bei einem Gespräch, bei dem er nicht anwesend gewesen sei, in der Weise informiert haben, er - S. - habe die Akte "bereinigt", könne es sich nur darum handeln, dass Dr.N. seine damalige Information zu diesem Thema missverstanden und aus diesem Missverständnis heraus die Information weitergegeben habe. Bei dem Gespräch am 18. März 1993 sei er von niemandem einer solchen Aktion beschuldigt worden, sodass er keine Veranlassung gesehen habe, dazu Stellung zu nehmen.

Auch bei seiner Vernehmung durch den Senat am 14. Dezember 2001 hat der Zeuge S. eine Aktenbereinigung bestritten.

Er hat aber zugegeben, die Zeugin U.G. aufgesucht, auf seine Bitte hin die Handakte der Notarin I.G. erhalten und die Entnahme einzelner Aktenstücke in Erwägung gezogen zu haben. In diesen Punkten sowie bezüglich der Tatsache, dass die Handakte nicht durchnummeriert war, stimmt die Aussage des Zeugen mit dem Inhalt der anwaltlichen Vermerke überein.

Er hat dazu im Zusammenhang zunächst im Wesentlichen bekundet, er sei bei der Notarin U.G. gewesen und habe sich dort nach der Novumakte erkundigt. Frau G. habe eine solche Akte gehabt. Er habe dann gefragt, ob er die Akte mitnehmen, durchsehen und eventuell auch Aktenstücke entnehmen könne, die eventuell für eine Rechtsverfolgung im Hinblick auf die Novum von Bedeutung seien. Frau G. habe sinngemäß gesagt, "machen Sie mit der Akte, was Sie wollen", und habe ihm die Akte mitgegeben. Er wisse nicht mehr genau, ob er damals allein oder mit jemandem zusammen bei Frau G. gewesen sei, beides halte er für möglich. Aus diesem Grund wisse er auch nicht, ob er die Akte sofort mit nach München genommen oder ob sie erst irgendjemand anders durchgesehen habe. Jedenfalls sei die Akte in seine Kanzlei gekommen und dort fotokopiert worden. Er habe dann mit Dr.N. darüber gesprochen, ob er eventuell aus der Akte Unterlagen entnehmen solle, die später vielleicht vor Gericht vorgelegt werden sollen. Dr.N. habe ihm damals gesagt, er solle das selber entscheiden. Allerdings, wenn er irgendwelche Stücke da aus der Akte nehme, solle er sie gut aufbewahren. Er habe sich dann aber dagegen entschieden, etwas aus der Akte zu entnehmen, weil es auf der einen Seite sehr schwierig gewesen wäre, den Nachweis zu erbringen, dass sie aus der Akte stammen. Die Akte sei jedenfalls aus seiner Sicht etwas ungewöhnlich als Notariatshandakte gewesen, denn die einzelnen Blätter seien nicht durchnummeriert gewesen und außerdem könne er sich erinnern, dass auch Briefwechsel enthalten gewesen sei, der mit der Novum im eigentlichen Sinne nichts zu tun gehabt habe und irgendeinen Ausflug betreffe, den Frau G. mit einem Geschäftsführer der Novum unternommen und für den sie sich dann bedankt habe. Man hätte auch nicht sagen können, dass nun aus der Akte die Nummern z.B. 30 bis 32 entnommen seien und dann darstellen können, dass die jetzt fehlten. Aus diesem Grunde habe er die gesamte Akte, soweit er sich erinnere, per Post an Frau G. zurückgeschickt. Zusammenfassend sage er dazu Folgendes: Er habe in der Handakte G. weder Durchschläge von Schreiben an die Zentrag vorgefunden noch solche der Handakte entnommen. Das Ganze hätte auch nicht den geringsten Sinn gemacht, weil die Originale bei der Zentrag hätten sein müssen, wenn sich in der Handakte Durchschläge befunden hätten. Die Zentrag sei lange vor der Novum der damaligen Treuhandanstalt unterstellt worden, sodass die Zentrag Zugriff auf alle Zentragunterlagen gehabt habe und diese auch bei der Zentrag hätte finden müssen, wenn solche Schreiben vorhanden gewesen wären.

Bereits hier fällt auf, dass der Zeuge S. an den entscheidenden Punkten angibt, sich nicht erinnern zu können, obwohl er ansonsten detailgenau auszusagen vermochte und von sich selbst im Laufe der Vernehmung allerdings in anderem Zusammenhang gesagt hat, er sei durchaus in der Lage, lange zurückliegende Ereignisse präzise im Gedächtnis zu behalten, wenn sie von großer Bedeutung seien. Bei seinem Kontakt zu der Zeugin U.G. und der Tatsache, dass sich die originale Handakte der Notarin I.G. zumindest vorübergehend in seinem Besitz befand, handelt es sich um den Kernpunkt des Beweisthemas und damit seiner Aussage. Die Handakte ist eines der Hauptbeweisstücke dieses Prozesses, sodass die Tatsache, dass der Zeuge S. sie zu freier Verfügung ausgehändigt bekommen hat, ein außergewöhnlicher Vorgang ist. Vor diesem Hintergrund muss er nicht nur wissen, ob er die Akte allein abgeholt und als Erster eingesehen hat, sondern auch, wohin er sie zurückgegeben hat.

Dass der Zeuge bemüht gewesen ist, seine Aussage bewusst vage zu halten, zeigen auch seine weiteren Antworten auf Nachfragen zu diesen Punkten. Er steigert sein Vorbringen sogar, indem er mehrere denkbare Möglichkeiten aufzeigt, andere Personen ins Spiel bringt und sich dadurch alle Hintertüren offen hält.

So hat der Zeuge auf die Frage nach einer etwaigen Begleitung sowie, ob er die Akte mitgenommen habe, angegeben, er sei, soweit er sich erinnere, mehrfach bei Frau G. gewesen. Einmal sei Dr. Go. dabei gewesen, er glaube, einmal auch ein Anwalt, der aus Ost-Berlin und auch für die Novum tätig gewesen sei, der Name falle ihm jetzt nicht ein, und er glaube, einmal sei auch Herr He. dabei gewesen, der Geschäftsführer in der Zeit nach der Wende. Und einmal sei er auch allein bei Frau G. gewesen. Er wisse im Augenblick nicht mehr, ob er damals allein gewesen sei, als er die Akte geholt habe oder ob noch jemand dabei gewesen sei. Was er heute nicht mehr wisse sei, ob er die Akte sofort mit nach München genommen habe oder ob sie erst noch irgendeiner von seinen möglichen Begleitern gehabt habe. Er halte es allerdings für am wahrscheinlichsten, dass er die Akte selber gleich mit nach München genommen habe. Er könne das aber nicht mehr genau sagen.

Zu der Frage der Rückgabe der Akte hat der Zeuge bei seiner Vernehmung am 22. Februar 2002 sogar eine neue Version geliefert, indem er erklärt hat, nachdem er die Akte fotokopiert habe, habe er sie seiner Erinnerung nach wieder zurückgeschickt. Er könne aber heute auch nicht ausschließen, dass er sie - er glaube es eher nicht, aber es wäre denkbar - nach Wien gegeben habe. Aber das wisse er heute nicht mehr sicher. Nach seiner Erinnerung habe er sie wieder selber an die Notarin G. zurückgeschickt, aber aufgrund der allgemeinen Zusammenarbeit wäre es nicht völlig ausgeschlossen, dass die Akte auch nach Wien gegangen sei, bevor sie an Frau G. zurückgegangen sei.

Das gleiche Aussageverhalten zeigt sich grundsätzlich bei Zeitangaben, d.h. bei der Chronologie der Ereignisse.

So hat der Zeuge S. keine genauen Angaben gemacht, wann er das Gespräch mit dem Zeugen Dr.N. und dasjenige bei der Staatsanwaltschaft, auf dessen Inhalt später noch eingegangen wird, geführt haben will. Insoweit hat er erklärt, sich an die einzelnen Vorgänge heute nicht mehr so genau erinnern zu können, und sich auf vage Vermutungen beschränkt. Das Gleiche gilt für die zeitliche Einordnung seines Besuchs bei der Zeugin U.G. und die Frage, wie lange er im Besitz der Handakte war. Auch hier zieht er sich auf sein angeblich fehlendes Erinnerungsvermögen zurück, um jede wie auch immer geartete Nachprüfung seiner Angaben zu verhindern. Er hat sich nicht einmal in der Lage gesehen anzugeben, ob er erst bei der Staatsanwaltschaft gewesen sei und dann bei Frau G. bzw. am gleichen Tag. Ferner hat er trotz mehrerer Nachfragen jeweils erklärt, nicht mehr zu wissen, wann er die Akte abgeholt und wann er sie zurückgeschickt habe, und dann immer stereotyp geantwortet, dass er die Handakte seines Wissens nur sehr kurzzeitig bzw. nur wenige Tage gehabt habe. Durch diese gleichförmige, keinen Angriffspunkt bietende Antwort hat er erfolgreich weitere Nachfragen zwecks Aktivierung seines Erinnerungsvermögens verhindert. Dass ihm dies ein wichtiges Anliegen gewesen ist, ist besonders deutlich geworden ab dem Zeitpunkt, als der Zeuge Kenntnis davon hatte, dass die Oberstaatsanwältin Bu.als ebenfalls geladene Zeugin vor dem Saal gewartet hat. Danach hat er z.B. erklärt, weder auch nur in etwa zu wissen, wieviele Gespräche er 1992 bei der Staatsanwaltschaft geführt haben will, noch im Rahmen welcher Verfahren noch wann überhaupt.

Auch die Angaben des Zeugen S. zum Verlauf der Wiener Beratungen machen deutlich, dass der Zeuge nicht bereit gewesen ist, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen.

Dabei hat er zunächst in Übereinstimmung mit den anwaltlichen Vermerken bestätigt, dass bei der Besprechung 1993 darüber gesprochen worden sei, dass die Handakte der Notarin I.G. nicht vollständig sei. Er hat bekundet, im Februar/März, jedenfalls Anfang des Jahres 1993, habe in Wien eine Anwaltsbesprechung stattgefunden. Bei dieser Besprechung, bei der er nur am Vormittag anwesend gewesen sei, sei auch immer von der nicht vollständigen Handakte G. gesprochen worden. Allerdings hat er dies sofort dahin eingeschränkt, dass in seiner Anwesenheit in keiner Weise von irgendjemandem gesagt worden sei, er hätte irgendetwas aus der Handakte entnommen.

Die weiteren Ausführungen des Zeugen sind von einem auffallend ausweichenden Aussageverhalten geprägt, indem erst mehr oder minder eindeutige Angaben gemacht, Dinge zum Teil sogar ausgeschlossen werden, um dann bei entsprechenden Vorhalten deutliche bis feinsinnige Einschränkungen vorzunehmen. Vor dem Hintergrund der dem Zeugen bekannten anwaltlichen Vermerke wird darüber hinaus erneut deutlich, dass er sich bei Fragen, die ihn in Bedrängnis bringen, weil seine Antworten möglicherweise einer Nachprüfung zugänglich wären, wieder auf sein angeblich fehlendes Erinnerungsvermögen zurückgezogen hat.

So hat der Zeuge auf Vorhalt des bereits erwähnten Vermerks von Rechtsanwalt Schr. vom 21. März 1993 betreffend seine Befragung zu Inhalt und Adressat der aus der Handakte entfernten Schreiben und seine konkrete Auskunft dazu erklärt, er könne sich an so was nicht erinnern. Er hätte auch keine entsprechenden Antworten geben können, denn er habe ja nichts von irgendwelchen verschwundenen Seiten gewusst. Auf den folgenden Vorhalt des Vermerks von Rechtsanwalt J. vom 19. März 1993, der die Frage an den Zeugen, ob die Unterlagen noch da seien, und dessen Antwort dazu betrifft, hat er angegeben, auch dazu könne er nichts sagen, er wisse nicht einmal, ob solche Äußerungen von irgendjemandem gemacht worden seien. Die Frage, ob er ausschließen könne, dass die ihm aus den Vermerken vorgehaltenen Äußerungen so gefallen seien, hat er dahin beantwortet, wenn gemeint sei, ob sie durch ihn gefallen seien, dann könne er das ausschließen, er könne aber nicht ausschließen, ob sie überhaupt gefallen seien. Die weitere Frage, ob er etwas dazu sagen könne, ob er überhaupt in der Besprechung im März 1993 zur Handakte G. befragt worden sei, hat er mit nein beantwortet und ergänzt, er könne sich nicht erinnern, dass er, also jetzt er persönlich, zur Handakte G. befragt worden sei.

Die dargestellten Bekundungen führen zu dem bemerkenswerten Ergebnis, dass der Zeuge S. zwar hat ausschließen können, die in den Vermerken festgehaltenen Äußerungen gemacht zu haben, er sich aber nicht hat erinnern können, ob er gefragt wurde.

Entsprechend vorsichtig ist er auch bei der weiteren Vernehmung vorgegangen. Auf Vorhalt der Passage aus dem Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Go. vom 11. November 1997, dass der Zeuge am 18. März 1993 noch einmal auf die Unterlagen aus dem Handakt G. angesprochen worden sei, hat er angegeben, er könne sich durchaus daran erinnern, dass über die Vollständigkeit der Akte bzw. Nichtvollständigkeit gesprochen worden sei, aber es habe immer keinen Bezug zu ihm gehabt, jedenfalls in der Zeit, in der er anwesend gewesen sei. Weiter hat er auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass er über Mitteilungen der Frau G. an die Zentrag betreffend vier Treuhanderklärungen gesprochen habe, erklärt, er denke, dass er das ausschließen könne. Das hätte er mit Sicherheit in Erinnerung, das wäre eine völlige Veränderung des damaligen Wissensstandes gewesen.

Weiter ist der Zeuge S. sowohl am 14. Dezember 2001 als auch am 22. Februar 2002 ausführlich dazu befragt worden, woher die sich aus den anwaltlichen Vermerken ergebenden Informationen über die Unvollständigkeit der Handakte sowie über Art und Adressat der Schreiben der Notarin I.G. an die Zentrag stammen.

Dazu hat er zunächst am 14. Dezember 2001 zweimal mit nahezu gleicher Wortwahl bekundet, er sei seinerzeit u.a. auch Vertreter von Frau St. in einem Ermittlungsverfahren gewesen und in diesem Zusammenhang mehrmals auch bei der damaligen Staatsanwältin Bu. bzw. deren Mitarbeitern gewesen. Eines Tages, er wisse jetzt nicht mehr, ob von Frau Bu. oder den Mitarbeitern, sei gesagt worden, sie hätten Schreiben von Frau G. an die Zentrag. Es sei nicht gesagt worden, dass die Schreiben die Novum beträfen, sondern nur, dass Schreiben von Frau G. an die Zentrag entdeckt worden wären. Er habe gleichzeitig auch erfahren, dass beabsichtigt sei, gegen alle, die bis dahin eidesstattliche Versicherungen abgegeben hatten, dass die Novum ein KPÖ-Betrieb sei, Ermittlungsverfahren einzuleiten wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Er habe das Ganze dann in irgendeinen Zusammenhang gebracht und gedacht, die hätten eventuell Schreiben von Frau G., die die Novum betreffen. Er hat weiter ausgeführt, er habe seinen Verdacht damals auch dem Wiener Kollegen Dr. Dr.N. mitgeteilt. Dabei habe er ihm auch gesagt, dass solche Schreiben in der Handakte nicht vorhanden wären, sodass wenn es diese Schreiben tatsächlich gäbe, die Handakte insofern nicht vollständig wäre. Er wisse nun nicht, ob Dr. Dr.N. nach allem, was er - S. - über die möglicherweise vorhandenen Schreiben an die Zentrag berichtet habe, den Schluss gezogen habe, er hätte etwas aus der Handakte entnommen.

Der Zeuge hat ferner angegeben, er habe den anwaltlichen Vermerken, die er dann auch selber gelesen habe, entnommen, dass es sich bei einem Adressaten um einen alkoholisierten Buchhalter handele, von dem er bis zum Einblick in diese (1997 beschlagnahmten) Schreiben nie etwas gehört habe. Auf Nachfrage hat er uneingeschränkt erklärt, ihm sei bei der Staatsanwaltschaft allein mitgeteilt worden, dass es Briefe aus dem Notariatsbüro G. an die Zentrag gegeben habe. Auf die Frage, wie er aus dieser Information auf die Unvollständigkeit der Handakte habe schließen können, hat er angegeben, nur die Kombination der beiden Dinge, es lägen Schreiben vor und es würden Strafverfahren eingeleitet, diese Kombination habe ihn zu dieser Schlussfolgerung veranlasst. Ihm selbst seien zwar die Namen von Sch. und von Wü. aus der Zentrag bekannt gewesen, er habe aber nie etwas von einem angeblich alkoholsüchtigen Buchhalter gehört. Auf nochmalige Nachfrage hat der Zeuge erneut unmissverständlich und uneingeschränkt angegeben, bei der Staatsanwaltschaft sei ihm 1992 von Schreiben der Notarin G. an die Zentrag berichtet worden, ohne dass ihm Genaueres über diese Schreiben bekannt gemacht worden sei. Die weitere Frage, ob ihm Genaueres über den Adressaten dieser Schreiben gesagt worden sei, hat er letztlich mit "Nein. Soweit ich mich erinnere" beantwortet.

Insbesondere die letzte Antwort zeigt, dass der Zeuge S. bei durch beharrliches Nachfragen ausgeübtem Druck und wenn sich Vorhalte abzeichneten, entsprechend seinem bereits in anderem Zusammenhang geschilderten Aussageverhalten zunächst eindeutige Antworten durch Einschränkungen abgeschwächt hat. Denn der Zeuge hatte die Frage, ob ihm Genaueres über den Adressaten dieser Schreiben gesagt worden sei, zunächst nur mit "Nein" beantwortet. Den Zusatz: "Soweit ich mich erinnere" hat er erst beim Vorlesen seiner Antwort zwecks Genehmigung gemacht, und zwar nach mehrmaligen Unterbrechungen der mündlichen Verhandlung und dadurch bedingter Unterbrechung auch seiner Vernehmung und nachdem die Beigeladene einen Ausdruck der von ihm gefertigten Datei mit der Überschrift "Bereinigte Akten" vorgelegt hat, die von der Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Zeugen auf Grund des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. August 1997 (352 Gs 2917/97; 2904/97) in der Kanzlei des Zeugen in München sichergestellt worden ist. Der erste Absatz dieser Datei lautet: "Im Spätherbst des Jahres 1992 war ich bei der Staatsanwaltschaft Berlin. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich (Ich weiß nicht mehr, ob von dort tätigen Beamten oder Frau Staatsanwältin Bu.), daß es angeblich 3 oder 4 Briefe von Frau Notarin G. an Herrn Sch. und einen an einen Buchhalter gäbe, in denen es auch um Treuhanderklärungen ginge".

Die danach abgebrochene Vernehmung ist am 22. Februar 2002 fortgesetzt worden. Dabei hat der Zeuge wieder das bereits beschriebene ausweichende und von Erinnerungslücken geprägte Aussageverhalten an den Tag gelegt. Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass er bei erforderlich werdenden Korrekturen seiner Aussage nicht mehr eingeräumt hat, als aufgrund der ihm vorgehaltenen Quellen bereits bekannt war.

So sind dem Zeugen am 22. Februar 2002 seine Angaben in der Vernehmung am 14. Dezember 2001 bezüglich Art und Adressat der Schreiben der Notarin I.G. an die Zentrag sowie die vorstehend zitierte Passage aus der Datei "Bereinigte Akten" vorgehalten worden. Daraufhin hat der Zeuge erklärt, da müsse er etwas korrigieren. Also er glaube sich erinnern zu können, dass nicht gesagt worden sei, dass es um Treuhanderklärungen ginge, sondern nur um Schreiben der Notarin G. an die Zentrag. Er habe sich in Vorbereitung auf die heutige Vernehmung ebenfalls seine Aufzeichnungen zu diesem Punkt nochmals angesehen. Dabei wolle er dazu bemerken, dass er diese unmittelbar nachdem ihm zur Kenntnis gekommen sei, dass gegen ihn der Vorwurf erhoben werde, Unterlagen aus den Akten entnommen zu haben, angefertigt habe. Diese Aufzeichnungen lägen Jahre zurück, sodass er auch davon ausgehe, dass sie viel konkreter seien als das, was ihm heute noch frei in Erinnerung sei. In diesem Zusammenhang mit seinen eigenen Aufzeichnungen sei ihm auch wieder eingefallen, dass er das Wort Buchhalter vermutlich schon im Zusammenhang mit dem Gespräch bei der Staatsanwaltschaft gehört habe und dass sein Erstaunen über den Buchhalter erst daraus resultiert habe, als er später in Wien gehört habe, dass es sich dabei angeblich um einen Alkoholiker handele, dessen Krankheit auch der SED bekannt gewesen sei. Er müsse also seine Aussage vom Dezember insoweit korrigieren, als er diese beiden Informationen den Buchhalter betreffend, nämlich dass ein Schreiben an einen Buchhalter gegangen sei und dass es sich dabei um einen alkoholkranken Mann handele, dessen Krankheit auch der SED bekannt gewesen sei, miteinander vermischt habe.

Zu Letzterem ist zunächst festzustellen, dass der Zeuge S. bei seiner Aussage im Dezember 2001 nichts "vermischt", sondern kategorisch ausgeschlossen hat, bis 1997 etwas von einem Buchhalter gehört zu haben. Auf die von dem Zeugen erwähnte Vorbereitung auf seine Vernehmung durch Einsicht in seine Aufzeichnungen wird an späterer Stelle der Beweiswürdigung noch genauer eingegangen. Bereits an dieser Stelle ist allerdings festzuhalten, dass ein Vergleich der Aussage vom 14. Dezember 2001 mit der Datei "Bereinigte Akten" ergibt, dass er diese auch schon zur Vorbereitung auf jenen Termin angesehen haben muss, weil seine damalige Aussage nahezu wörtlich mit seinen Aufzeichnungen übereinstimmt mit Ausnahme der oben zitierten Passage, die er durchgängig bei seinen Ausführungen weggelassen hat.

Auf nochmaligen Vorhalt dieser Passage unter ausdrücklichem Hinweis auf die dort erwähnten Treuhanderklärungen und die Frage, was er korrigieren wolle, hat der Zeuge erklärt, er habe eigentlich nur korrigieren wollen, dass er, er glaube bei seiner letzten Vernehmung, darauf sei er aufmerksam gemacht worden, dass er gesagt hätte, er hätte von einem Buchhalter nichts gehört, also damals bei der Staatsanwaltschaft. Und aufgrund seiner Aufzeichnungen und der dadurch wieder aufgefrischten Erinnerung glaube er heute, dass von einem Buchhalter die Rede gewesen sei. Insofern wolle er sich korrigieren. Dass die angeblich wieder aufgefrischte Erinnerung des Zeugen im Ergebnis nicht weit reichte, zeigt der weitere Verlauf der Vernehmung. Denn der Zeuge hat auf entsprechende Fragen bekundet, ansonsten habe er damals bei der Staatsanwaltschaft nichts weiter über den Buchhalter gehört. Lediglich, dass an diesen ein Schreiben der Notarin G. gegangen sein solle. Er müsse aber hinzufügen, dass seine Erinnerung daran nach 10 Jahren nicht mehr übermäßig präzise sei, denn die Tatsache, dass irgendetwas an einen Buchhalter gegangen sei, habe damals praktisch keine Rolle gespielt. Über den Inhalt der Schreiben nicht nur an den Buchhalter sei ihm überhaupt nichts gesagt worden. Wenn er in seinen Aufzeichnungen geschrieben habe, dass dabei auch von Treuhanderklärungen die Rede gewesen sei, so sei das wahrscheinlich richtig. Er habe heute nur noch in Erinnerung, dass es um Schreiben der Notarin G. an die Zentrag gegangen sei.

Als Erklärung für sein nur partiell wiedergewonnenes Erinnerungsvermögen hat der Zeuge also versucht, die Bedeutung der den Gegenstand der Vernehmung bildenden Informationen herunterzuspielen. Hinzu kommt, dass bereits direkt aufeinanderfolgende Sätze sich nicht nur widersprechen, sondern sich gegenseitig ausschließen. Denn entweder ist ihm über den Inhalt der Schreiben nichts gesagt worden oder der Inhalt seiner Aufzeichnungen ("Treuhanderklärungen") ist richtig. Beides kann nicht zutreffen.

Auch der weitere Verlauf der Vernehmung zu diesem Komplex belegt die mangelnde Glaubwürdigkeit des Zeugen S., weil er sich als beeinflussbar erwiesen hat.

Nach der wiederholten Erklärung, es sei richtig, dass er in Wien von dieser Alkoholkrankheit und dem Bekanntsein bei der SED gehört habe, hat der Zeuge auf die Frage des Beigeladenenvertreters, was er in Wien gehört habe, geantwortet, nur das, was er eben gesagt habe. Obwohl er wieder nicht mehr zugegeben hat, als aufgrund seiner bisherigen Aussage bereits bekannt war, sah sich der Klägervertreter Dr. K. veranlasst einzugreifen und den Zeugen trotz nachhaltiger Intervention des Senats darauf hinzuweisen, dass er von der Klägerin eine eingeschränkte, sich ausschließlich auf das Beweisthema beziehende Schweigepflichtsentbindungserklärung erhalten habe. Ungeachtet des Hinweises des Senats, dass die Fragen des Beigeladenenvertreters zum Beweisthema gehören, hat der Zeuge S. daraufhin erklärt, er werde im Hinblick auf den Hinweis des Klägervertreters sich künftig auf die Beantwortung von Fragen beschränken, die unmittelbar mit dem Beweisthema zusammenhingen, weil sich die Befreiung von der Schweigepflicht ersichtlich nur auf das Kernthema beziehe und über den Umfang der Schweigepflicht eines Anwalts nur der Anwalt selber entscheiden könne. Dementsprechend hat er auf die folgende Frage, von wem er über den alkoholkranken Buchhalter gehört habe, die Aussage verweigert. Es ist ein Zwischenurteil erforderlich gewesen, um seine weitere Aussage zu erzwingen. Seine Antwort nach der durch das Zwischenurteil bedingten Unterbrechung der Vernehmung stand aber weiter unter dem Eindruck der Beeinflussung durch den Klägervertreter. Der Zeuge ist in sein altes Aussagemuster, ausweichen, aufzeigen verschiedener denkbarer Möglichkeiten sowie fehlendes Erinnerungsvermögen, zurückgefallen und hat eine "Korrektur der Korrektur" vorgenommen. Denn auf die wiederholte Frage nach dem alkoholkranken Buchhalter hat er erklärt, er habe jetzt in der Pause darüber nachgedacht, sei sich aber nicht schlüssig geworden. Es könne sogar sein, dass er darüber erst aus den bei einem Notar hinterlegten Aufzeichnungen der Anwälte erfahren habe. In diesem Zusammenhang habe er auch noch mal über die Frage nachgedacht, wann er zum ersten Mal überhaupt von einem Buchhalter gehört habe und müsse nach nochmaligem intensiven Nachdenken einräumen, dass er sich trotz der Korrektur, die er heute habe anbringen lassen, nach wie vor nicht sicher sei, dass er bei der Staatsanwaltschaft von dem Buchhalter erfahren habe. Bei der ergänzenden Frage, ob er von jemand anderem von dem Buchhalter erfahren habe, hat der Zeuge sich wieder auf seine fehlende Erinnerung zurückgezogen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem Zeugen S. spätestens seit der Unterbrechung der Vernehmung durch das Zwischenverfahren über sein Zeugnisverweigerungsrecht bekannt war, dass sämtliche seiner Ausführungen bezüglich der Staatsanwaltschaft einer Überprüfung durch Vernehmung der Oberstaatsanwältin Bu. zugänglich sein würden, weil diese gleichfalls zum Termin am 22. Februar 2002 geladene Zeugin zu diesem Zeitpunkt bereits vor dem Sitzungssaal gewartet hat.

Dass dem Zeugen S. jegliche Glaubwürdigkeit fehlt, wird schließlich besonders anhand seiner Ausführungen zur Vorbereitung auf die Vernehmungstermine sowie bei einem Vergleich seiner Aussage vom 14. Dezember 2001 mit dem Inhalt der Datei "Bereinigte Akten" deutlich.

Dabei fällt auf, dass, wie bereits oben angesprochen, der Zeuge im Dezember 2001 mehrfach ausgesagt hat, ihm sei zu den Schreiben der Notarin G. an die Zentrag, von denen ihm die Staatsanwaltschaft im Jahre 1992 berichtet habe, Genaueres nicht bekannt, obwohl die genannte, von ihm selbst verfasste Datei im ersten Absatz Ausführungen dazu enthält und die restliche Aussage des Zeugen vom Dezember 2001 nahezu wörtlich mit dem sonstigen Inhalt der Datei "Bereinigte Akten" übereinstimmt. Trotz Nachfragen durch den Senat ist der Zeuge auch nicht ansatzweise in der Lage gewesen, eine Erklärung dafür zu liefern.

Auf Vorhalt dieser Auffälligkeiten hat er erklärt, er habe diesen Vermerk nur als so eine Art Gedächtnisprotokoll für sich nach fünf Jahren angefertigt. Er habe sich natürlich vor seiner Vernehmung diese damalige Aufzeichnung nochmals durchgelesen. Es sei ja wohl Aufgabe eines Zeugen, vor allen Dingen, wenn er zu einer weit zurückliegenden Gegebenheit befragt werde, zu versuchen, sich die damaligen Ereignisse wieder ins Gedächtnis zu rufen und zur Unterstützung habe er sich dieser Aufzeichnungen bedient, sodass durchaus eine weitgehende Übereinstimmung bestehen könne mit dem, was er sich aus seinem Gedächtnisprotokoll wieder herausgeholt habe. Ergänzend hat er angegeben, bei der Einsicht in diese seinerzeitigen Aufzeichnungen "Bereinigte Akten" vor dem Termin vom 14. Dezember 2001 sei es ihm eigentlich in erster Linie darum gegangen, sich die Daten wieder vor Augen zu führen. Er habe dann aber feststellen müssen, dass da nicht sehr viele Daten drin enthalten seien. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nicht das beschriebene Aussageverhalten erklärt, widerspricht es der vorangegangen Behauptung des Zeugen, er habe sich erst bei der Vernehmung am 22. Februar 2002 daran erinnert, dass er das Wort Buchhalter vermutlich schon im Zusammenhang mit dem Gespräch bei der Staatsanwaltschaft gehört hatte, weil er sich in Vorbereitung auf diesen Termin seine Aufzeichnungen zu diesem Punkt noch einmal angesehen habe. Auf die sich daraus ergebende Frage, warum er sich trotz der geschilderten Vorbereitung an den im ersten Absatz der Datei "Bereinigte Akten" angesprochenen Inhalt der Schreiben von Frau G. und deren Adressaten bei seiner Aussage am 14. Dezember 2001 durchgängig nicht mehr habe erinnern können, hat der Zeuge bekundet, das wisse er nicht. Es gebe Dinge, an die erinnere man sich besser und es gebe Dinge, an die erinnere man sich halt nicht so gut. Gerade was das Gespräch da (bei der Staatsanwaltschaft) betreffe, es sei nicht etwas gewesen, wo man hingegangen sei, um irgendetwas festzuklopfen, zu vereinbaren, da sei auch geflachst worden, da sei auch alles nicht so ernst gewesen. Aus diesem Grunde sei es ihm auch nicht mehr so in Erinnerung, denn das sei mit Sicherheit kein bedeutender Tag in seinem Leben gewesen und er habe ja auch damals nicht gewusst, dass diese Frage jemals eine Rolle spielen werde. Die weitere Frage, wenn er sich beim Durchlesen vor dem Termin vom 14. Dezember 2001 nicht mehr an den genauen Inhalt des Gesprächs bei der Staatsanwaltschaft habe erinnern können, warum er sich dann bei seiner Aussage nicht an den ersten Absatz seiner Aufzeichnungen gehalten habe, hat er dahin beantwortet, die Aufzeichnung zu den bereinigten Akten habe er damals in seiner ersten Wut ganz schnell aufgeschrieben. Es habe für ihn ja nur eine Gedächtnisstütze sein sollen, und wenn er jetzt manchmal etwas intensiver darübergehe oder versuche, sich an die damalige Zeit zu erinnern, dann sei er sich eben nicht mehr so sicher, ob das in allen Einzelheiten, wie er das damals aufgeschrieben habe, richtig gewesen sei.

Auch dies stellt keine nachvollziehbare Erklärung für das widersprüchliche Aussageverhalten des Zeugen dar, denn es würde bedeuten, dass seine Erinnerung 2001/2002 besser war als 1997. Gerade insofern ist er aber in beiden Vernehmungsterminen bemüht gewesen, den gegenteiligen Eindruck zu vermitteln.

(bbb) Unabhängig von der Unglaubwürdigkeit des Zeugen S. ist seine Einlassung, er habe keine Unterlagen aus der Handakte der Notarin I.G. entfernt, nicht glaubhaft.

Festzuhalten ist: Wenn tatsächlich keine "Bereinigung" der Handakte stattgefunden haben sollte, weil entsprechende Unterlagen darin nicht vorhanden waren und der Zeuge S. nichts entfernt hat, bleibt unerklärlich, warum er ausweislich der anwaltlichen Vermerke vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 über die Gespräche in Wien am 20. November 1992 bzw. 18. März 1993 gegenüber dem Zeugen Dr.N. Entsprechendes geäußert und Angaben zu Inhalt und Adressat der besagten Schreiben gemacht hat. Der von ihm in seinem Schreiben vom 22. August 1997 angegebene Grund, die Mitteilung an Dr.N. über eine eventuelle Unvollständigkeit der Akte und die möglicherweise vorhandenen Schreiben an die Zentrag habe zum einen auf einer Fehlinformation seinerseits, von der er erst viel später erfahren habe, und zum anderen auf einem Missverständnis auf Seiten von Dr.N. beruht, hat keinerlei Wahrscheinlichkeit für sich. Trotz eingehender Befragung ist es dem Zeugen S. nicht gelungen, seine Darstellung der Ereignisse mit konkreten nachvollziehbaren Tatsachen zu untermauern. Vielmehr werden seine Angaben zumindest teilweise durch die Aussage der Zeugin Bu. widerlegt.

Bereits bei der angeblichen Fehlinformation handelt es sich um eine wenig glaubhafte Einlassung. Wie schon dargestellt hat der Zeuge bekundet, bei der Staatsanwaltschaft erfahren zu haben, diese habe Schreiben von Frau G. an die Zentrag und beabsichtige, gegen alle, die eidesstattliche Versicherungen bezüglich der KPÖ-Zugehörigkeit der Novum abgegeben hätten, Ermittlungsverfahren einzuleiten. Aus beidem habe er geschlossen, die Staatsanwaltschaft habe eventuell die Novum betreffende Schreiben von Frau G., und darüber habe er Dr.N. unterrichtet.

Abgesehen davon, dass trotz mehrstündiger Vernehmung völlig unklar geblieben ist, von wem, wann und bei welcher Gelegenheit der Zeuge diese Informationen erhalten haben will, stehen seine Ausführungen zumindest in einem Punkt nicht im Einklang mit den glaubhaften Bekundungen der Zeugin Bu. Diese hat zwar nicht ausschließen können, über die eidesstattlichen Versicherungen und die Einleitung von Ermittlungsverfahren mit dem Zeugen S. gesprochen zu haben, sie ist sich aber hinreichend sicher gewesen, dass während ihrer Tätigkeit bei der Berliner Staatsanwaltschaft keine Schreiben der Notarin I.G. an die Zentrag vorgelegen hätten.

Die Zeugin Bu. hat bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Berlin vor dem 20. November 1992, dem in dem anwaltlichen Vermerk vom 23. November 1992 erwähnten Gesprächstermin in Wien, Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung im Zusammenhang mit der Novum eingeleitet hatte. Bei ihrer Vernehmung am 22. Februar und 5. März 2002 hat sie zusammengefasst im Wesentlichen bekundet, dass über den Inhalt der bereits längere Zeit vor September 1992 bei den Ermittlungsakten befindlichen verschiedenen eidesstattlichen Versicherungen diskutiert worden sei bzw. diese bereits vor September 1992 Thema von Telefonaten oder möglicherweise auch zu den Akten gereichten Schriftsätzen gewesen seien. Bei solchen Gesprächen sei sicherlich auch auf den unterschiedlichen Text der einzelnen Versicherungen eingegangen worden und sicherlich auch von ihr zum Ausdruck gebracht worden, dass sie Zweifel bzw. teilweise Zweifel an der Richtigkeit der von den betreffenden Personen in den Versicherungen dargestellten Sachverhalte gehabt habe. An ein entsprechendes Gespräch mit dem Zeugen S. hat sich die Zeugin konkret, auch nach Vorhalt des Vermerks "Bereinigte Akten" nicht erinnern, sie hat es aber letztlich auch nicht ausschließen können. Sie hat weiter angegeben, die mit ihr zusammenarbeitenden Polizeibeamten seien theoretisch in der Lage gewesen, eine entsprechende Mitteilung an Rechtsanwalt S. zu machen. Sie habe es jedoch niemals erlebt und während der Zeit ihrer Tätigkeit auch keine Kenntnisse und Anhaltspunkte dafür gewonnen, dass die Beamten selbst und allein verfahrensrelevante Erörterungen mit Rechtsanwälten abgehalten hätten.

Weiter hat die Zeugin Bu. bei ihrer Vernehmung am 22. Februar 2002 angegeben, 1992 mindestens zweimal mit Rechtsanwalt S. persönlich gesprochen zu haben. Die Frage, ob sie oder einer ihrer Mitarbeiter Rechtsanwalt S. gesagt habe, dass die Staatsanwaltschaft Schreiben von Frau G. an die Zentrag habe, hat sie mit "ich denke, nein", beantwortet. Dazu hat sie ausgeführt, dass ihrer Erinnerung nach die aus der Durchsuchung des Notariats G. im Mai 1992 stammenden Unterlagen nicht vollständig gewesen seien und die Staatsanwaltschaft bis zum Ende ihrer - der Zeugin - Tätigkeit in Berlin von der Zentrag direkt keine Unterlagen erhalten habe. Soweit sie nicht hat ausschließen können, von dem im Mai/Juni 1992 von der Treuhandanstalt eingesetzten Geschäftsführer der Zentrag, Dr. Sk., Unterlagen bekommen zu haben, war es ihrer Erinnerung nach nichts für das Ermittlungsverfahren Wesentliches. Auf Vorhalt des Vermerks "Bereinigte Akten" und die Frage, ob ein solches Gespräch mit dem geschilderten Inhalt bei der Staatsanwaltschaft Berlin stattgefunden habe, hat die Zeugin erklärt, an solche zitierten Schreiben der Notarin G. an Sch. und an einen Buchhalter könne sie sich überhaupt nicht erinnern und die eingesetzten Polizeibeamten hätten insgesamt weniger Kenntnisse gehabt als sie. Auch bei ihrer Vernehmung am 5. März 2002 hat die Zeugin auf Vorhalt der Aussage des Zeugen S. vom 14. Dezember 2001, sie oder ihre Mitarbeiter hätten gesagt, sie hätten Schreiben von Frau G. an die Zentrag, bekundet, aus der Erinnerung sei sie ziemlich sicher, dass es solche Schreiben zu der Zeit, als sie den Verfahrenskomplex geführt habe, nicht gegeben habe.

Als Beleg für die Unrichtigkeit seiner Schlussfolgerung aus den angeblichen Informationen der Staatsanwaltschaft hat sich der Zeuge S. auf Gespräche mit Wü. und dem Zeugen Sch.berufen. Er hat erklärt, seine Schlussfolgerungen die Treuhanderklärungen betreffend oder überhaupt die Schreiben von Frau G. an die Zentrag, seien ganz offensichtlich falsch gewesen, wie er später durch die Aussagen von Wü. und Sch. festgestellt habe. Er habe einmal noch ein Gespräch mit Wü. und wie er glaube auch mit Sch., das könne er aber nicht mehr sicher sagen, geführt, denn er habe damals sehr viele Gespräche mit einzelnen Leuten gehabt, und bei Wü. wisse er es ganz genau, aber sei jetzt nicht sicher, ob er das aus dem Gespräch mit Sch. habe oder durch dessen Zeugenaussage in der ersten Instanz, dass solche Schreiben der Notarin G. die Novum betreffend bei der Zentrag nie eingegangen und auch nie vorhanden gewesen seien. Dabei fällt auf, dass die nach Angaben des Zeugen sichere Informationsquelle nicht mehr nachprüfbar ist, weil Wü. verstorben ist, und die einer eventuellen Überprüfung zugängliche Quelle (Sch.) nur als möglich in Betracht gezogen wird.

Bei dem angeblichen Missverständnis des Zeugen Dr.N. hat der Zeuge S. in weiten Teilen nur Vermutungen geäußert, sodass seine Aussage in hohem Maße vage geblieben ist. Er hat den Zeugen Dr.N. als möglichen Urheber des gegen ihn gerichteten Vorwurfs der Aktenbereinigung bezeichnet, dabei aber für denkbar gehalten, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt haben könnte, und gleichzeitig die Darstellung so angelegt, dass diesen keine Schuld trifft. Er hat nämlich erklärt, er wisse nicht, ob Dr.N. nach alledem, was er über die möglicherweise vorhandenen Schreiben an die Zentrag berichtet habe, den Schluss gezogen habe, er hätte etwas aus der Handakte entnommen. Seine Kommunikation mit dem Zeugen Dr.N. sei in der Regel telefonisch erfolgt. Dr.N. sei der seiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisenden Auffassung gewesen, dass sein Telefon abgehört werde, sodass sie manchmal etwas verklausuliert gesprochen hätten. Darauf könne es - es sei nur eine Vermutung - zurückzuführen sein, dass er möglicherweise aus seinen Mitteilungen falsche Schlüsse gezogen habe.

Um etwaigen Nachfragen zum Inhalt der Telefonate zu begegnen, hat der Zeuge im Laufe der Vernehmung seine Angaben dahin relativiert, er habe aus den besagten Informationen eben seine Schlussfolgerungen gezogen. Wie das im Einzelnen an den Kollegen N. gelangt sei, könne er nicht mehr sagen, denn es hätten damals - er wolle nicht sagen täglich - mindestens wöchentlich Telefongepräche zwischen ihm und dem Kollegen N. stattgefunden. Und was dann im Einzelnen an diesen weitergegeben worden sei, könne er heute nicht mehr sagen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Frage, woher die in den anwaltlichen Vermerken festgehaltenen konkreten Detailinformationen stammen.

Auch hier ist der Zeuge von seinen früheren Bekundungen abgerückt, als er bei der Vernehmung am 22. Februar 2002 gefragt worden ist, wie er sich erkläre, dass nach dem anwaltlichen Vermerk vom 21./22. März 1993 behauptet werde, er habe sich detailgenau zu den Adressaten von Schreiben der Notarin G. geäußert, die aus der Handakte entfernt worden seien, obwohl es sich nach seiner Aussage vom Dezember 2001 um Informationen aus Quellen von Dr.N. gehandelt habe.

Dazu hat er angegeben, er könne sich nicht erinnern, dass ihn nach diesem Punkt irgendjemand speziell gefragt haben sollte. Soweit er sich erinnere, sei er zum damaligen Zeitpunkt lediglich von der Möglichkeit ausgegangen, dass die Handakte nicht vollständig sei. Eine so detaillierte Erklärung, wie von Rechtsanwalt Schr. notiert, halte er jedenfalls für sich für unmöglich. Bedenken müsse man, dass es bei dieser Sitzung ungeheuer turbulent und feindlich zugegangen sei, sodass da schon manches durcheinander geraten sein könne. Er habe nicht oder habe jedenfalls nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass diese Information über die angebliche Entfernung von Unterlagen auf Informationen des Kollegen N. zurückgehe. Er habe nur generell zum Ausdruck bringen wollen, dass es in dem ganzen Verfahren sehr verschiedene Informationsstränge gegeben habe, und dass die Informationen nicht immer zusammengelaufen seien.

Zusätzlich fällt auf, dass der Zeuge sich wieder auf sein angeblich fehlendes Erinnerungsvermögen zurückgezogen und seine Aussage bewusst vage gehalten hat, obwohl er eigentlich wissen muss, ob er bei den anwaltlichen Besprechungen befragt worden ist und entsprechend Auskunft gegeben hat.

(cc) Schließlich stellen auch die Angaben des Zeugen Dr.N. die Richtigkeit der anwaltlichen Vermerke nicht in Frage.

(aaa) Wie Dr. Go. hat der Zeuge in seiner Stellungnahme vom 13. November 1997 den Inhalt der anwaltlichen Vermerke bestätigt. Auch er hat sich zu Inhalt und Adressat der entfernten Dokumente nicht geäußert, aber gleichfalls nicht bestritten, dass der Zeuge S. von der Existenz von Unterlagen der in den Vermerken beschriebenen Art in der Handakte berichtet hat.

Er hat ausgeführt, es treffe zu, dass er im Rahmen der Besprechung vom 20. November 1992 über die Mitteilungen von Rechtsanwalt S. berichtet habe, wie das Rechtsanwalt J. in seinem Vermerk festgehalten habe. Dem habe zu Grunde gelegen, dass Rechtsanwalt S., vermutlich am Vortag, entsprechende Bemerkungen gemacht habe, die er so verstanden habe, als habe S. selbst Unterlagen aus dem Handakt G. entnommen. Seiner Erinnerung nach habe er Rechtsanwalt S. jedenfalls ersucht, in seinem Besitz befindliche Urkunden nicht zu vernichten und ihm zumindest Kopien zu übergeben, die er allerdings nie erhalten habe. Am 18. März 1993 sei von einem der Gesprächsteilnehmer noch einmal die Frage der angeblich dem Handakt G. entnommenen Urkunden angeschnitten und Rechtsanwalt S. dazu befragt worden. Dieser habe sich hierzu diffus geäußert und im Übrigen erklärt, ihm sei nicht bekannt, von wem Unterlagen aus dem Akt entfernt worden seien und was eine Motivation für eine derartige Handlungsweise gewesen sein könnte.

(bbb) Bei seiner Vernehmung am 9. September 2003 ist der Zeuge Dr.N. bemüht gewesen, den Senat davon zu überzeugen, dass er an den Inhalt der in den anwaltlichen Vermerken erwähnten Urkunden keine Erinnerung habe. Er hat - teils auf Vorhalt - erklärt, zu den in den Vermerken enthaltenen Beschreibungen des angeblichen Inhalts der Urkunden könne er nur sagen, dass er sich nicht erinnern könne, dass am 20. November 1992 über deren Inhalt gesprochen worden sei, er könne es auch nicht ausschließen. Er habe an den Inhalt der Urkunden keine Erinnerung. Auf die Frage, ob er den Zeugen S. nicht nach dem Inhalt der Urkunden gefragt habe, hat der Zeuge angegeben, er könne sich buchstäblich nicht daran erinnern. Es sei ein sehr kurzes Gespräch und so eine Weggehatmosphäre im Mantel zwischen dem Klo und der Ausgangstür gewesen und er habe zurück in die Besprechung gewollt. Die Frage, ob er sich auch nicht erinnern könne, dass bei dem zweiten Gespräch im März 1993 in Wien über den Inhalt der Urkunden gesprochen worden sei, hat er dahin beantwortet, dass seine Erinnerung an das zweite Gespräch eigentlich noch schlechter sei als an das erste. Das Wesentliche, an was er sich erinnern könne bei diesem zweiten Gespräch, sei diese lautstarke Auseinandersetzung zwischen dem schreienden J. und dem S. und dem Lk., der dazwischen gefahren sei. Mehr könne er dazu nicht sagen.

Entsprechend hat der Zeuge seine Stellungnahme vom 13. November 1997 - teils auf Vorhalt - dahin eingeschränkt, er habe lediglich bestätigt, dass er im Rahmen der Besprechung am 20. November 1992 über die Mitteilungen des Rechtsanwalts S. berichtet habe. Das heiße aber nicht, dass jedes Detail oder jeder Punkt des anwaltlichen Vermerks richtig sei. Er habe in seiner Stellungnahme geschildert, wie es sich in den wesentlichen Punkten aus seiner Erinnerung zugetragen habe. An was er sich nicht habe erinnern können, habe er nicht erwähnt.

Die Angaben des Zeugen sind angesichts der auf der Hand liegenden Relevanz von Unterlagen aus der Handakte der Notarin I.G. für die Rechtsposition der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht glaubhaft. Festzustellen ist, dass der Zeuge Dr.N. sein Verhältnis zu dem Zeugen S., den konkreten Ablauf sowie die sonstigen Randumstände des mit diesem am 20. November 1992 geführten Gesprächs sowie Einzelheiten des Gesprächs am 18. März 1993 detailgenau hat schildern können, während ihn beim Kern des Beweisthemas, dem konkreten Inhalt des erwähnten Gesprächs sowie Adressat und Inhalt der entnommenen Unterlagen jeweils sein Erinnerungsvermögen verließ. Hinzu kommt, dass der Zeuge Autor der über 200seitigen, damals noch nicht fertig gestellten "Tatbestandsaufnahme zur Entwicklung der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin" vom 10. Februar 1994 ist, in der er eine Vielzahl von Dokumenten verwertet hat, die nach seiner Aussage der Klarstellung bzw. Aufklärung der Vorgänge betreffend die Klägerin dienten, und sich durchgängig als Sammler von Urkunden bezeichnet hat. So hat er u.a. erklärt, er sammle überhaupt gerne Urkunden und habe versucht, auch aus den Urkunden Sachverhalte zu rekonstruieren, die auch noch vor der Zeit von Frau St. gewesen seien. Er habe sich schon für den Inhalt dieser angeblichen Urkunden interessiert bzw. habe er ja von S. Kopien davon verlangt. Auch die Brisanz einer solchen "Aktenbereinigung" ("höchst schwerwiegendes Problem in vielerlei Richtung", "ergeben sich daraus weitreichendste Konsequenzen") hatte der Zeuge erkannt.

Den Beweis dafür, dass er nicht vollständig und wahrheitsgemäß ausgesagt hat, hat der Zeuge schließlich selbst geliefert, indem er sich trotz der angeblich fehlenden Erinnerung an den wesentlichen Inhalt der Wiener Gespräche zu dem Adressaten der entfernten Dokumente geäußert hat. Er hat auf Vorhalt des Vermerks vom 23. November 1992 angegeben, über einen alkoholabhängigen Buchhalter sei definitiv nie gesprochen worden. Das sei einmal ganz sicher unrichtig. Im Zuge der bereits erwähnten Einschränkung seiner Stellungnahme vom 13. November 1997 hat der Zeuge erklärt, der alkoholabhängige Buchhalter, über den tatsächlich nicht gesprochen worden sei, sei ihm in diesem Zusammenhang nicht als wesentlich erschienen. Nebenbei wolle er zu dem Buchhalter noch bemerken, dass ihm dieser Punkt gerade deshalb erinnerlich sei, weil die einzige Person, soweit er sich erinnern könne, von der gesagt worden sei, dass möglicherweise eine Alkoholabhängigkeit bestehe, dieser Justiziar Sch.gewesen sei, aber nicht ein Buchhalter. Damit räumt der Zeuge ein, dass er sich durchaus an einzelne in den Vermerken geschilderte Details erinnern kann. Er hat auch nicht ausgeschlossen, dass bei den in den Vermerken festgehaltenen Besprechungen über Sch. gesprochen worden ist, er will sich daran nur nicht erinnern können. Dass er auf Nachfrage erklärt hat, er wisse nicht, wann er von Sch. und dessen Alkoholabhängigkeit erfahren habe, ist unlogisch. Es zeigt, dass der Zeuge nicht bereit gewesen ist, weitere Informationen preiszugeben.

Mit seinen Angaben zu Sch. hat der Zeuge gleichzeitig inzident die Richtigkeit der anwaltlichen Vermerke bestätigt. In den Vermerken vom 19. bzw. 21. März 1993 ist Sch. als Adressat von Schreiben der Notarin I.G. bezeichnet worden. Der Vermerk vom 23. November 1992 ist zwar hinsichtlich der Funktion von Sch., der nicht Buchhalter der Zentrag war, nicht korrekt, auch wird er dort nicht namentlich erwähnt, dafür aber die Alkoholabhängigkeit.

Dass der Zeuge Dr.N. es lediglich nachträglich wertend für möglich gehalten hat, dass er den Zeugen S. in Kenntnis von dessen - nach der dargestellten Auffassung des Senats nicht glaubhaften - Aussage vor dem Senat insoweit missverstanden habe, ist unerheblich. Denn - wie bereits ausgeführt - kommt es für die Beurteilung der Richtigkeit der anwaltlichen Vermerke nicht darauf an, ob der Zeuge die Angaben des Zeugen S. für glaubhaft hält oder nicht.

Abschließend sei zu der Aussage des Zeugen Dr.N. auf folgenden bemerkenswerten Umstand hingewiesen:

Die Rechtsanwälte J., E. und Schr. hielten das in Wien Gehörte für so schwerwiegend, dass sie es in Aktenvermerken festgehalten und einem Notar in Verwahrung gegeben haben. Der Zeuge Dr.N. dagegen, der, wie ausgeführt, die Brisanz der Aktenbereinigung gleichfalls erkannt hat, konnte sein Erinnerungsvermögen nicht anhand von Vermerken auffrischen, weil er "in dieser causa" keine Aufzeichnungen über den Inhalt von Telefonaten und Besprechungen geführt habe, wo er habe nachschauen können, wie er das sonst tue. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass der Zeuge an der Aktenbereinigung beteiligt war (s. dazu Vermerk vom 23. November 1992) oder jedenfalls davon wusste. Dies würde auch das von dem Zeugen geschilderte konspirative Verhalten des Zeugen S. erklären, als er dem Zeugen Dr.N. unter vier Augen von der Aktenbereinigung berichtet hat. Aufzeichnungen über ein solches kollusives Zusammenwirken könnten deren Urheber bzw. die daran Mitwirkenden nur belasten. Letztlich kann dieser Aspekt aber dahinstehen, weil - wie dargelegt - schon wegen des behaupteten fehlenden Erinnerungsvermögens des Zeugen Dr.N. die Richtigkeit der anwaltlichen Vermerke nicht in Frage gestellt ist.

(4) Soweit maßgebliche Vertreter der Zentrag/SED bei ihren Vernehmungen erklärten, keine Kenntnis von der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 und der Mitteilung darüber gehabt zu haben, spricht dies nicht gegen deren Existenz bei der Zentrag.

(a) Insoweit kommt es aus dem Bereich der Zentrag in erster Linie auf die Angaben von Kb. an, weil er von 1967 bis 1983 und damit bei Zustandekommen des Treuhandvertrages von 1978 deren Generaldirektor war. Er erklärte zwar bei seiner Vernehmung durch den Polizeipräsidenten in Berlin am 18. März 1993, bis Mai 1991 von Treuhanderklärungen der Gesellschafter der Novum zugunsten der Zentrag nichts gewusst, keinen der Gründer oder späteren Gesellschafter der Novum gekannt und bis zu seinem Ausscheiden auch an keiner der Übertragungen der Geschäftsanteile als Generaldirektor der angeblichen Treugeberin mitgewirkt zu haben. Weiter sei ihm nicht bekannt gewesen, dass noch 1990 Unterlagen der Novum in den Geschäftsräumen der Zentrag vorhanden gewesen seien. Derartige Unterlagen habe er nie gesehen. Kb. hielt es aber für möglich, dass in der Rechtsabteilung der Zentrag solche Unterlagen abgelegt gewesen seien, die ihm bei seinem Amtsantritt nicht übergeben worden seien. Er verwies insoweit auf die Kenntnisse des Zeugen Sch. als Justiziar der Zentrag. Weiter äußerte er die Vermutung, Rb., Leiter der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe des ZK der SED, habe ihm diese Treuhanderklärungen aus ihm nicht bekannten Gründen nicht zur Kenntnis gebracht.

An der Richtigkeit dieser Ausführungen zu zweifeln, besteht insoweit kein Anlass. Sie passen im Gegenteil zu der bereits geschilderten systematischen Steuerung des Informationsflusses als ein von der SED gezielt eingesetztes Instrument zur Ausübung politischer und wirtschaftlicher Macht. Anhaltspunkte dafür, Kb. selbst könnte nicht glaubwürdig sein, liegen nicht vor.

(b) Dass die Erkenntnislage von Kb. kein Einzel- bzw. Ausnahmefall war, zeigen die Aussagen seines Vorgängers, des Zeugen Ky. Trotz seiner verantwortlichen Stellung als Generaldirektor der Zentrag war dem Zeugen laut seiner Aussagen sowohl beim Senat am 4. Dezember 2001 als auch beim Verwaltungsgericht am 13. Mai und 13. Juni 1996 weder bekannt, dass nicht im Verlagswesen tätige Firmen treuhänderisch an die Zentrag angebunden gewesen, noch dass zu seiner Zeit außer ihm und Ho., von 1954 bis 1967 Leiter der Zentrag, auch andere Personen für die Zentrag treuhänderisch tätig geworden sind. Beides ist aber durch zahlreiche dem Senat vorliegende Treuhanderklärungen, wie z. B. die von Pd. vom 23. Februar 1954 bezüglich der Meletex GmbH (Urkunde Nr. 78/1954 der Notarin I.G.), von M.-K. vom 6. Januar 1956 bezüglich der Debotrans GmbH (Urkunde Nr. 16/1956 der Notarin I.G.) und von Li. vom 6. Januar 1956 bezüglich der Merkuria GmbH (Urkunde Nr. 33/1956 der Notarin I.G.), nachgewiesen.

Der Zeuge konnte sich bei seiner Vernehmung durch den Senat zunächst sogar nicht einmal erinnern, dass er gegenüber der Partei eine Treuhanderklärung unterschrieben hat, noch dass andere Personen Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag abgegeben hatten, noch konnte er sich an eine der ihm vorgehaltenen, von ihm selbst abgegebenen Treuhanderklärungen entsinnen. Er hat ferner auf Vorhalt seiner Angaben beim Verwaltungsgericht, dass er nicht wisse, was mit von ihm zugunsten der Zentrag abgegebenen Treuhanderklärungen geschehen sei, insbesondere ob und wie derartige Treuhanderklärungen bei der Zentrag aufbewahrt worden seien, erklärt, es müsse sich dabei um Protokolle der Gesellschafterversammlungen gehandelt haben. Wenn er das damals so gesagt habe, dann sei das ein Missverständnis, Treuhanderklärungen habe er auf keinen Fall abgegeben. Den weiteren Ausführungen des Zeugen lässt sich aber entnehmen, dass seine Angaben vor dem Senat nicht auf ein eingeschränktes Erinnerungsvermögen zurückzuführen sind, sondern vielmehr darauf, dass die Abgabe einzelner schriftlicher Treuhanderklärungen für den Zeugen Ky. ersichtlich damals keine Bedeutung hatte. So hat er im Anschluss an die vorgehaltenen Treuhanderklärungen bekundet, er habe sich nie als Treuhänder beworben, er habe Aufträge bekommen und die habe er durchgeführt. Weil die Gründung von Betrieben mit Parteigeldern erfolgt sei, habe zur Sicherung eine bestimmte Form gefunden werden müssen. Er sei von der Partei beauftragt worden, die Erklärungen als Vertreter der Zentrag abzugeben. Er habe erklärt, dass Geld eingezahlt worden und dass es nicht sein Geld sei. Er habe kein Geld vorgezeigt und habe die Beträge nie gesehen, er habe nur unterschrieben. Die Partei habe alles schon bei der Notarin geklärt gehabt. Dort habe nur noch der Vollzug stattgefunden. Er habe im Auftrag von Rb., dem Leiter der Abteilung Finanzen, gehandelt. Das mit dem Geld habe die Abteilung Finanzen geregelt.

(c) Ebenso wenig sprechen die eidesstattlichen Versicherungen von Wü.gegen die Existenz der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 bei der Zentrag.

Wü. war zum damaligen Zeitpunkt Leiter des Sektors für Parteibetriebe in der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED und später Generaldirektor der Zentrag (1984-1989). In der eidesstattlichen Versicherung vom 19. Februar 1992 gab er an, er glaube nicht, dass sich jemals eine solche Treuhanderklärung im Besitz der Zentrag befunden habe. Zwar verstärkte er diese bloße Vermutung in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 27. Mai 1993 dahin, er sei sicher, dass eine solche oder ähnliche Erklärung nie im Besitz der Zentrag gewesen bzw. nie mit ihr gearbeitet worden sei.

Der Senat misst beiden Erklärungen jedoch keinen Beweiswert bei. Abgesehen davon, dass unklar bleibt, worauf die spätere sichere Kenntnis von Wü. beruht, bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit der Erklärungen. So hat Wü.in der eidesstattlichen Versicherung vom 19. Februar 1992 angegeben, die Treuhanderklärung zum ersten Mal bei der Vorlage durch die Treuhandanstalt (laut Erklärung vom 27. Mai 1993 im Mai 1991) gesehen und sofort darauf hingewiesen zu haben, dass er sie nicht kenne, ohne seine Kontakte zu der Zeugin U.G. und Frau St. im März/April 1990 in dieser Sache sowie sein Schreiben an Letztere vom 6. April 1990 zu erwähnen, in dem er ihr vorgeschlagen hat, eine Rückzahlung der eingelegten 50 000 M vorzunehmen, womit die abgegebenen Treuhanderklärungen für Novum und T. gegenstandslos und die Firmen ihr alleiniges Eigentum würden. Weiter gab er in der Erklärung vom 19. Februar 1992 an, dass es keinerlei geschäftliche oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen der Zentrag und der Novum, weder realer noch formaler Art, gegeben habe, und stellte so gesellschaftsrechtliche Beziehungen auch zumindest formaler Art in Abrede, obwohl er zu diesem Zeitpunkt von Frau St. bereits über deren Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag vom 16. März 1978 unterrichtet war. Zu diesem Komplex machte er erst in der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Mai 1993 Angaben, nachdem das Schreiben vom 6. April 1990 bei einer Durchsuchung der Büroräume der Klägerin am 26. Mai 1992 gefunden worden war. Er räumte nunmehr ein, von der Treuhanderklärung erstmalig Anfang April 1990 erfahren zu haben. Gesehen haben will er sie damals aber nicht. Dieser Erklärungsversuch ist indes im Hinblick auf seine fehlende Bereitschaft, sein Wissen von Anfang an komplett preiszugeben, nicht glaubhaft.

(d) Schließlich sprechen auch die Aussagen des Zeugen Wi., von 1972 bis 1982 stellvertretender Leiter der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED, nicht gegen einen Zugang der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 bei der Zentrag/SED. Zwar hat der Zeuge bei seinen Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht am 26. Mai 1993 und das Verwaltungsgericht am 4. Juni 1996 bekundet, es habe in dem ihm unterstellten Bereich keine Unterlagen zur Novum gegeben und er habe von den Treuhanderklärungen der Gesellschafter der Novum dienstlich keine Kenntnis erlangt, sondern von ihnen erst 1989 aus der Presse erfahren. Die behauptete fehlende Kenntnis von der Treuhanderklärung ist unbeachtlich, da der Zeuge zum Zeitpunkt ihrer Abgabe nur Vertreter des Abteilungsleiters Rb. war und Kb. immerhin die Vermutung äußerte, dieser habe Kenntnis gehabt.

Unabhängig davon ist für einen wirksamen Zugang der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 nicht erforderlich, dass diese in Unterlagen des ZK der SED vorhanden war, solange sie derart in den Verantwortungsbereich der Partei gelangt ist, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand. Dies ist durch die Existenz in den Unterlagen der Zentrag der Fall, weil letztere als Parteiunternehmen unstreitig zum direkten Einflussbereich der SED gehörte.

(e) Ob im Bereich der SED tatsächlich jemand Kenntnis von der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 oder der Mitteilung über ihre Abgabe erlangt hat, brauchte der Senat nicht weiter aufzuklären, da beide Schriftstücke als Bestandteil der Zentrag-Unterlagen in den Verantwortungsbereich der SED gelangt waren und für den wirksamen Zugang die Möglichkeit, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen, ausreicht. Unabhängig hiervon ist der insoweit in erster Linie in Betracht kommende Rb. bereits verstorben.

(5) Bei dieser Beweislage steht der Feststellung, dass die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 in Unterlagen der Zentrag vorhanden war, auch die Aussage von Frau St. vom 8. April 2003 nicht entgegen. Zwar hat sie angegeben, Dr.G. habe ihr auf die Frage, wo diese Erklärungen überall aufliegen und ob so was zu einer amtlichen Stelle weitergegeben worden sei, versichert, das liege nur bei ihm und bei der Novum. Dieser Bekundung folgt der Senat jedoch nicht, da sie im Widerspruch zum Inhalt der Handakte der Notarin I.G. steht, wie er sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dazu unter Berücksichtigung der anwaltlichen Vermerke vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 darstellt.

(6) Der Senat ist aus den oben genannten Gründen im Rahmen freier Beweiswürdigung nicht nur befugt, den Schluss zu ziehen, dass die Treuhanderklärung von Frau St. und eine Mitteilung über deren Abgabe die Zentrag erreicht haben, sondern darüber hinaus, dass die Zentrag eine Ausfertigung dieser Treuhanderklärung erhalten hat. Denn es steht fest, dass zumindest eine Ausfertigung der Treuhanderklärung erteilt worden ist, nämlich an die Klägerin. Diese hat Dr.G. ihr mit Schreiben vom 21. April 1978 übersandt, was sich aus dem Inhalt des Schreibens ergibt. Dass der Inhalt des Übersendungsschreibens an die Zentrag nicht geklärt werden kann, beruht, wie bereits dargestellt, auf dem beweisvereitelnden Verhalten der Klägerin.

(7) Der Annahme eines Zugangs steht schließlich nicht entgegen, dass weder eine Ausfertigung von der Treuhanderklärung noch die Mitteilung über ihre Abgabe bei der Zentrag gefunden wurden. Denn es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Akten der Zentrag zur Zeit der Prüfung durch die Beklagte und die Staatsanwaltschaft nicht bzw. nicht mehr vollständig waren. Hierfür spricht zunächst die Hausmitteilung der SED vom 7. Dezember 1989. Daraus geht hervor, dass alle Abteilungsleiter des ZK der SED angewiesen wurden, durch die zuständigen Abteilungen, u.a. die Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, die vom Zentralkomitee herausgegebenen Dokumente von im Einzelnen aufgeführten Organen, u.a. der Zentrag, einzuziehen und der VS-Stelle des ZK zur Vernichtung zu übergeben.

Weiter hat der Zeuge Lg. bei seiner Vernehmung durch den Senat am 4. Dezember 2001 bekundet, dass es zur Zeit des Umzugs der Zentrag in die Mauerstraße 1990 keine ordnungsgemäße Aktenführung gegeben habe. Die Unterlagen seien nicht ordnungsgemäß übergeben worden, sie seien nur

c) Der Treuhandvertrag zwischen der Zentrag/SED und Frau St. ist wirksam.

aa) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG a.F. bedurfte eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird, der notariellen Form.

aaa) Dennoch ist unschädlich, dass nur die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 in notariell beurkundeter Form vorliegt. Denn für die Bestimmung des Anwendungsbereichs und der Auslegung der genannten Norm ist auf die reichsgerichtliche und alte bundesdeutsche Rechtsprechung zurückzugreifen, weil es in der DDR trotz Gültigkeit des GmbHG dazu keine Rechtspraxis gab (Woltz, Kurzkommentar zum GmbH-Gesetz, Kammer für Außenhandel der DDR, 1990, S. 1). Der Rückgriff ist möglich, da der Wortlaut der Norm auch im bundesrepublikanischen Recht bis heute unverändert geblieben ist. Nach der genannten Rechtsprechung waren Treuhandverträge, die den Geschäftsanteil an einer GmbH betrafen, formfrei, weil sich die Pflicht zur Abtretung des Geschäftsanteils bei Beendigung des Treuhandverhältnisses aus dem Gesetz oder bloß als mittelbare Folge aus dem Treuhandvertrag ergab (RGZ 124, 371 <376> m.w.N.; BGHZ 19, 69 <70> m.w.N.; offen gelassen von BHGZ 35, 272 <277>).

bbb) Aber selbst bei Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage leidet der hier zu beurteilende Treuhandvertrag nicht an einem Formfehler.

Zwar gilt danach das Formerfordernis von § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nun grundsätzlich auch für eine den Geschäftsanteil an einer GmbH betreffende Treuhandabrede (BGH, NJW 1999, 2594 <2595>). Dennoch kann diese Rechtsprechung nicht zur Auslegung von § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG a.F. und damit zur Beurteilung der Gültigkeit einer in der DDR geschlossenen Treuhandvereinbarung herangezogen werden, weil das darin geregelte Beurkundungserfordernis nicht mit der dortigen Rechtswirklichkeit in Einklang stand.

Zum einen erforderte bereits der mit der Formvorschrift verfolgte Zweck nicht, dass unter den damaligen Verhältnissen eine Treuhandabrede der hier vorliegenden Art in notarieller Form geschlossen wurde. Denn § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG soll nach wie vor u.a. verhindern, dass GmbH-Geschäftsanteile Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden (BGH, a.a.O., m.w.N. aus der früheren Rechtsprechung). Ein solcher Markt, der einen freien und spekulativen Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen ermöglicht hätte, existierte in der DDR nicht, da die in der Rechtsform einer GmbH auftretenden Firmen nahezu ausschließlich im Eigentum des Staates bzw. der SED standen. Dem weiteren Zweck des § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG, den Nachweis der Anteilsinhaberschaft zu gewährleisten (BGH, a.a.O.), ist durch die notarielle Beurkundung der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 genügt worden.

Zum anderen sah die Rechtspraxis in der DDR für die Dokumentation von Treuhandverhältnissen an Parteifirmen anders aus. In diesen Fällen wurden von den Treuhandverträgen nur die Erklärungen des jeweiligen Treuhänders notariell beurkundet. Die Erklärenden verpflichteten sich, bei der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte ausschließlich als Treuhänder der SED oder ihr zuzurechnender Organisationen zu handeln und sich in dieser Eigenschaft ausschließlich an deren Weisungen zu halten. Dies ergibt sich aus zahlreichen dem Senat vorliegenden, andere Firmen als die Klägerin betreffenden Treuhanderklärungen zugunsten der SED oder ihr zuzurechnender Organisationen. In einer Vielzahl von Fällen wurden die Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag abgegeben, wobei es sich bei den betreffenden Firmen - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - nicht nur um Verlags- und Druckereibetriebe handelte, sondern auch um andere wichtige Wirtschaftsbetriebe der SED wie z. B. die DEAG, die Meletex GmbH, die Merkuria GmbH und die Fundament Gesellschaft für Grundbesitz mbH (vgl. Treuhanderklärungen von Be. und Eb. vom 11. November 1949, Urkunden Nr. 875/1949 und 876/1949 der Notarin I.G.; Treuhanderklärungen von Rh. und Le. vom 1. Dezember 1950, Urkunden Nr. 2014/1950 und 2015/1950 der Notarin I.G.; Treuhanderklärungen von Ky. und Li. vom 6. Januar 1956, Urkunden Nr. 32/1956 und 33/1956 der Notarin I.G.; Treuhanderklärung von Lh. vom 22. Februar 1949, Urkunde Nr. 109/1949 der Notarin I.G.).

Diese Praxis wurde auch bezüglich der Klägerin angewandt. Die von Frau St. als Gesellschafterin der Klägerin abgegebene Treuhanderklärung vom 16. März 1978 entspricht in Wortlaut und Form allen der für andere Firmen vorliegenden Treuhanderklärungen, die gleichfalls nahezu ausnahmslos durch das Notariat G. beurkundet wurden. Auch einige dieser Erklärungen weisen wie die von Frau St. keinen Ausfertigungsvermerk zugunsten der Zentrag auf (vgl. Treuhanderklärungen von Lh. vom 22. Februar 1949, Urkunde Nr. 109/1949 der Notarin I.G., und vom 21. Februar 1949 bezüglich Kongress-Verlag GmbH und Verlag Einheit GmbH, Urkunden Nr. 105/1949 und 107/1949 der Notarin I.G., von Bg. vom 8. Januar 1949 bezüglich Konzentration GmbH Sozialdemokratische Druckerei und Verlagsbetriebe, Urkunde Nr. 15/1949 der Notarin I.G., von Pä. vom 23. Februar 1954 bezüglich Meletex GmbH, Urkunde Nr. 78/1954 der Notarin I.G.). Für keinen dieser Fälle ist vorgetragen oder aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich, dass auch die korrespondierende Erklärung der SED oder ihr zuzurechnender Organisationen in notariell beurkundeter Form vorlag.

Die Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 91/1978) ist auch nicht gemäß § 23 Nr. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Notariatsgesetzes nichtig. Denn die Niederschrift vom 16. März 1978 erfüllt die bereits im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Annahmeerklärung von Frau St. vom gleichen Tage (Urkunde Nr. 90/1978) dargestellten Anforderungen des § 19 Abs. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB. Ausweislich der Urkunde Nr. 91/1978 hat sich Dr.G. am 16. März 1978 nach Leipzig, Messegelände, begeben und dort die Treuhanderklärung der erschienenen Frau St. aufgenommen. Er hat in der Urkunde weiter bestätigt, dass das Protokoll der Erschienenen vorgelesen, von ihr genehmigt und eigenhändig unterschrieben wurde. Für diese Tatsache erbringt auch diese notarielle Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 ZPO-DDR den vollen Beweis.

Der gemäß § 415 Abs. 2 ZPO-DDR zulässige Gegenbeweis, dass der Beurkundungsvorgang unrichtig beurkundet worden sei, Frau St. die Erklärung nämlich nicht wie in der Urkunde vermerkt vorgelesen worden ist, ist nicht geführt. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf die Ausführungen zur Formwirksamkeit der Annahmeerklärung von Frau St. vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 90/1978) Bezug genommen.

bb) Bei dem zwischen Frau St. und der Zentrag/SED zustande gekommenen Treuhandvertrag handelt es sich auch nicht um ein Scheingeschäft.

aaa) Das Zivilrecht der DDR enthielt zwar keine dem § 117 BGB entsprechende Bestimmung. Die mit Kenntnis der anderen Seite nur zum Schein abgegebenen Willenserklärungen wurden aber nach den allgemeinen Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 60 ff ZGB), die an den beiderseitigen Rechtsfolgewillen anknüpften, ebenso als unwirksam angesehen wie zum Schein abgeschlossene Verträge (BGH für das DDR-Recht, DtZ 1993, 249 <251>; Göhring/Posch, a.a.O., S. 206; OG, NJ 1967, 91 <92>). Kennzeichnend für ein Scheingeschäft war danach das Fehlen des Rechtsbindungswillens. Wichtigstes Indiz dafür ist eine nachvollziehbare Erklärung, warum die Vertragsparteien die mit dem Rechtsgeschäft üblicherweise verbundenen Rechtsfolgen einverständlich nicht eintreten lassen wollten, d.h. welcher Zweck bei Vertragsschluss mit dem Scheingeschäft verfolgt wurde (Beschluss des Senats vom 29. April 1994 - OVG 3 S 2.93 -). Wird durch die notarielle Beurkundung einer Erklärung der Rechtsschein der Ernsthaftigkeit in besonderem Maße hervorgerufen, so sind an den Nachweis eines Scheingeschäfts erhöhte Anforderungen zu stellen.

bbb) Die Voraussetzungen für die Annahme eines Scheingeschäfts erfüllt der hier zu beurteilende Treuhandvertrag nicht. Entsprechende Tatsachen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Jedenfalls für Frau St. kann nicht festgestellt werden, dass sie ihre Treuhanderklärung vom 16. März 1978 in Kenntnis eines bestimmten Zwecks abgegeben hat. Insoweit kommt es auf die korrespondierende Erklärung der Zentrag/SED nicht an.

Der Vortrag der Klägerin spricht gegen das Vorliegen einer Scheinerklärung. Denn es bleibt völlig unklar, welchem Zweck die Erklärung vom 16. März 1978 als "Scheinerklärung" bei ihrer Abgabe gedient haben soll, zumal Frau St. der Grund für diese Vorgehensweise nach dem Vorbringen der Klägerin sowie nach ihren eigenen, von der Klägerin in Bezug genommenen Angaben nicht bekannt war. Die Klägerin selbst räumt ein, dass sich die Gründe für die Abgabe sämtlicher Treuhanderklärungen ihrer Gesellschafter nicht mehr mit letzter Sicherheit feststellen lassen, und liefert lediglich nachträgliche Erklärungsversuche.

Die Klägerin behauptet, dass ihre Gesellschafterin St. sich bei der Unterzeichnung ihrer ersten Treuhanderklärung keine Gedanken gemacht habe und ihr deren Zweck nicht klar bzw. bekannt gewesen sei. Sie könne nicht etwas erklären, was sie nicht wisse. Sie habe sich in ganz besonderem Maße auf die Zuverlässigkeit ihres Rechtsanwalts Dr.G. verlassen müssen, weil sie sich in der DDR im Ausland mit ihr unbekannten Rechtsvorschriften, einem anderen politischen und fremden Wirtschaftssystem, dessen Spielregeln sie als Außenstehende nicht ohne weiteres habe durchschauen können, befunden habe. Nach einem entsprechenden Hinweis des Notars Dr.G. und ihres Mitgesellschafters Ha., dass sie die Treuhanderklärung abgeben müsse, habe sie die ihr vom Notar G. vorgelegte Treuhanderklärung unterschrieben. Wegen des Ausscheidens des Gesellschafters F. infolge von Kontroversen mit der KPÖ habe zwischen diesem und dem Wirtschaftsapparat der KPÖ kein Kontakt mehr bestanden, sodass dieser seinen Nachfolgern als Gesellschafter keine Erläuterungen zum Zweck der Treuhanderklärungen habe geben können. Den Gesellschaftern, die die Treuhanderklärungen unterzeichnet hätten - ausgenommen F. 1974 - sei vor der Unterzeichnung von dem Notariat G. und/oder dem vorherigen Gesellschafter erklärt worden, die Unterzeichnung der Treuhanderklärungen sei aus formalen Gründen notwendig, habe aber keine Auswirkungen auf die Zugehörigkeit der Novum zur KPÖ.

Dies stimmt im Wesentlichen mit den Angaben von Frau St. bei ihrer Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich am 8. Februar 1993 überein, auf die die Klägerin in diesem Zusammenhang ausdrücklich Bezug nimmt. Danach war ihr der Verwendungszweck der Erklärung vom 16. März 1978 damals unbekannt. In dem Glauben, ihr "Notar der KPÖ" werde sie nicht hereinlegen, habe sie sich nicht erkundigt. Dr.G. habe ihr wohl die Erklärung ihres Vorgängers gezeigt, sodass für sie alles in Ordnung gewesen sei. Zwar sei ihr die Zentrag nicht bekannt gewesen, dass es keine KPÖ-Firma sei, habe sie aber gewusst. Die Frage, ob sie sich wegen des erheblichen Risikos, eine solche Erklärung zugunsten eines Unbekannten auszustellen, nicht rückversichert habe, verneinte Frau St. erst und gab dann an, sich nicht erinnern zu können: "Vielleicht, vielleicht auch nicht".

Bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 8. April 2003 hat Frau St. nur noch angeben können, die Zentrag bei der Unterzeichnung der Treuhanderklärung nicht gekannt, sich aber auch nicht erkundigt zu haben. Ob sie Dr.G. nach dem Grund für die gewünschte Abgabe der Treuhanderklärung gefragt und ob Ha. ihr die Notwendigkeit der Unterzeichnung einer solchen Erklärung dargelegt hat, hat sie dagegen ebenso wenig zu sagen vermocht wie, ob ihr vor der Unterzeichnung eine andere Treuhanderklärung gezeigt worden ist.

Vor diesem Hintergrund, insbesondere den Angaben bei der Vernehmung am 8. Februar 1993, kommt der eidesstattlichen Erklärung von Frau St. vom 3. Februar 1992 keine Bedeutung zu. Sie betrifft lediglich Erwägungen und Schlussfolgerungen, die Frau St. später nach Abgabe der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 angestellt bzw. gezogen haben will. Außerdem hat Frau St. durch ihre Prozessvertreter vortragen lassen, nach Abgabe der Treuhanderklärung die Nützlichkeit für die österreichischen Steuerbehörden erkannt zu haben, weshalb sie immer eine Kopie der Erklärung in ihrem Wiener Büro aufbewahrt habe. Erst viel später, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Zubau weiterer Büroflächen auf dem Grundstück Wönnichstraße 1987/88, habe sie anhand früherer Bauunterlagen gesehen, dass die Zentrag 1974 vorgeschoben worden sei, um die Baugenehmigung zu erhalten. Daraus habe sie geschlossen, dass dies möglicherweise damals ein Grund für die Abgabe der Treuhanderklärung gewesen sei, und entsprechende Ausführungen in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 3. Februar 1992 gemacht.

Darin hatte sie angegeben, die Treuhanderklärung "diente ausschließlich dazu, eine mit ausländischem Kapital, durch ausländische Gesellschafter und Geschäftsführer betriebenen GmbH und die Errichtung eines Bürogebäudes für diese durch eine österreichische Baufirma in der DDR zu ermöglichen. Eine solche Privatfirma zu betreiben, wäre sonst nach geltendem DDR-Recht nicht möglich gewesen. Um den Betrieb dieses Unternehmens, das ausländische Firmen in der DDR repräsentierte und deren Vorhandensein auch im Interesse der DDR lag, zu ermöglichen, wurde der Weg der einseitigen Erklärung gewählt, wobei beide Seiten davon ausgingen, daß ohne eine entsprechende Annahme durch die Zentrag eine Scheinerklärung vorlag."

Der weitere Vortrag der Klägerin, die Gründe für die Abgabe der Treuhanderklärungen in den 50er und 70er Jahren seien zwar unterschiedlich gewesen - auch wenn sie sich nicht mehr mit letzter Sicherheit feststellen ließen -, immer sei es jedoch darum gegangen, dass gerade der Schein eines Treuhandverhältnisses mit der Zentrag unter bestimmten Umständen für ihre Zwecke habe eingesetzt werden sollen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die darin liegende Behauptung einer ständigen Übung der prophylaktischen Abgabe von Treuhanderklärungen zum Schein reicht nämlich nach den oben dargestellten Grundsätzen für die Annahme, dass auch die Treuhanderklärung vom 16. März 1978 nur zum Schein abgegeben worden sei, schon deshalb nicht aus, weil Frau St. die Erklärung nicht in Kenntnis dieser Praxis und der Prophylaxe abgeben hat. Hinzu kommt, dass völlig unklar war, unter welchen Umständen die Treuhanderklärung wem und mit welcher Aussicht auf Erfolg vorgelegt werden sollte. Tatsächlich ist unbestritten keine der Treuhanderklärungen je zum Einsatz gekommen.

ccc) Aber selbst wenn man die Vorstellung der jeweiligen Vertragsparteien vom späteren Einsatzzweck einer Scheinerklärung für entbehrlich erachten wollte, wäre erforderlich, dass der Zweck aufgrund entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte zumindest theoretisch erkennbar bzw. denkbar wäre.

Selbst daran fehlt es hier. Denn die beiden von der Klägerin nachträglich als mögliche Erklärung angegebenen Motive, die überhaupt als Grund für die Abgabe der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 vorstellbar wären, weil sie sich nicht auf bestimmte zeitlich fixierte Ereignisse in der Vergangenheit beziehen, liefern keine stichhaltige Begründung für die behauptete Abgabe als Scheinerklärung.

Dies gilt zunächst für die Behauptung der Klägerin, man habe mit den Treuhanderklärungen Vorsorge für künftige Todesfälle von Gesellschaftern treffen wollen und sich zu diesem Zweck des Namens der Zentrag GmbH bedient, die davon nichts gewusst habe. Die Treuhanderklärungen seien ausschließlich im Handakt der Notarin I.G. geblieben, weil sie darüber hinaus keine Rechtswirkung hätten entfalten sollen.

Hintergrund dieser Argumentation ist der Tod des früheren Gesellschafters der Klägerin R. am 15. Juli 1951. Durch Vertrag vom 13. September 1951 (Urkunde Nr. 603/1951 der Notarin I.G.) trat die Erbin von R. jeweils die Hälfte des ursprünglichen Geschäftsanteils von R. an M. und den Zeugen B. ab. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1951 teilte die Notarin I.G. dem Handelsregister zu der Abtretung der Geschäftsanteile u.a. mit, dass die Beschaffung des Erbscheins für die Erben nach R. Schwierigkeiten bereite; mit Rücksicht darauf, dass es sich bei der Novum um eine Gesellschaft handele, deren Gesellschafter nur Treuhänder seien, wurde darum gebeten, die Eintragung des neuen Geschäftsführers vorzunehmen und die Nachreichung des Erbscheins zu gestatten. Auf eine entsprechende Auflage des Handelsregisters gaben M. sowie die Zeugen B. und Prof. K. am 28. Januar 1952 eine Erklärung des Inhalts ab, dass R. seinen Geschäftsanteil an der Novum nur treuhänderisch besessen habe und dies auch für die Erwerber des Geschäftsanteils M. und B. gelte.

Dieser Vorfall erklärt nicht, warum in Zukunft angebliche Scheintreuhanderklärungen gerade zugunsten der Zentrag abgegeben wurden, zumal in der seinerzeitigen Erklärung der Gesellschafter M., B. und Prof. K. ein Treugeber nicht angegeben worden war. Aus Sicht der Klägerin hätte es vielmehr nahe gelegen, in künftigen Treuhanderklärungen die KPÖ als Treugeber zu benennen.

Auch die Behauptung, mit den nach einer Pause von sechzehn Jahren erstmals 1974 wieder abgegebenen Treuhanderklärungen der Gesellschafter F. und Ha. sei u.a. beabsichtigt gewesen, den Fragen der österreichischen Steuerbehörden nach den Einkünften der Gesellschafter der Klägerin zu begegnen, ohne die Eigentümerstellung der KPÖ offenlegen zu müssen, überzeugt den Senat als denkbarer Grund für die Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 nicht.

Im Einzelnen trägt die Klägerin dazu vor: Ab Anfang der 70er Jahre habe sie Gewinne erwirtschaftet, die von ihren Gesellschaftern in Österreich als Einkünfte zu versteuern gewesen wären. Diese Steuerpflicht wäre bei Aufdeckung der Treuhänderstellung der Gesellschafter für die KPÖ entfallen, da nach österreichischem Recht nur der Treugeber steuerpflichtig und die KPÖ als politische Partei wie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zu behandeln und bezüglich ausländischer Kapitalerträge nicht körperschaftssteuerpflichtig sei. Die Aufdeckung der Treuhänderstellung habe die KPÖ aber vermeiden wollen, weshalb für Einnahmen aus österreichischen KPÖ-Firmen deren Gesellschafter in Österreich Einkommenssteuer entrichtet hätten. Fest stehe aber, dass ihre - der Klägerin - Gesellschafter für die in der DDR erzielten Einnahmen keine Steuern in Österreich gezahlt hätten. Zwar habe bezüglich der Eigentümerstellung der KPÖ keine Steuerverkürzung vorgelegen, aber wenn die österreichischen Steuerbehörden Kenntnis davon erlangt hätten, wäre dies ein erklärungsbedürftiger Umstand gewesen, der durch die Treuhanderklärungen erklärbar gewesen wäre. Daher sei der seinerzeitige Gesellschafter F. Ende 1973 auf die Idee gekommen, fingierte Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag abzugeben. Ob ein entsprechendes Vorgehen bei den österreichischen Steuerbehörden Erfolg gehabt hätte, stehe zwar nicht fest, für die Rekonstruktion des damals verfolgten Zwecks seien aber nur die Idee und die Gedanken von F. relevant.

(1) Begründete Zweifel daran, dass dieses Motiv für die Abgabe der Treuhanderklärungen ab 1974 maßgeblich war, ergeben sich bereits daraus, dass die oben dargestellte Argumentation von der Klägerin erst relativ spät in den Prozess eingeführt worden ist.

So findet sich in der eidesstattlichen Erklärung von Frau St. vom 3. Februar 1992 für das Verwaltungsgericht kein Hinweis auf steuerliche Gründe für die Abgabe der Treuhanderklärungen. Auch im Schriftsatz vom 8. März 1993 in ihrem eigenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren OVG 3 S 2.93 wird im Zusammenhang mit der Treuhanderklärung des Gesellschafters F. vom 27. Juni 1974 nur der Inhalt des Aktenvermerks der Notarin I.G. vom 21. Dezember 1973, auf den unten näher eingegangen wird, geschildert, in dem allgemein von "steuerlichen Fragen" die Rede ist, sowie auf das ebenfalls noch zu erörternde Schreiben der Notarin an F. vom 26. Juni 1974 Bezug genommen, worin eine mögliche "Schenkungssteuer" "in Wien" erwähnt wird. Auf eine Einkommenssteuerpflicht der Gesellschafter der Klägerin als tragendes Motiv wird nicht abgestellt. Dieser angebliche Grund für die Abgabe der Treuhanderklärungen wird erstmals in der "Tatbestandsaufnahme von Rechtsanwalt Dr.N. zur Entwicklung der Novum Handelsgesellschaft mbH Berlin" vom 10. Februar 1994 sowie in der Haftbeschwerde von Frau St. vom 7. Oktober 1994 in den Vordergrund gerückt und dann auch in das Vorbringen im vorliegenden Verwaltungsprozess aufgenommen.

(2) Außerdem ist der geschilderte Vortrag der Klägerin zu diesem Punkt bereits in sich nicht schlüssig.

Zunächst leuchtet nicht ein, warum im Fall der Klägerin notariell beurkundete Treuhanderklärungen zugunsten eines ausländischen Parteiunternehmens abgegeben worden sein sollen, nur um zu vermeiden, dass die Gesellschafter wegen der von der Klägerin erzielten Gewinne in Österreich Steuern zahlen müssen, wenn demgegenüber nach dem Vortrag der Klägerin bei inländischen KPÖ-Firmen die Steuerpflicht der Gesellschafter im Interesse der Geheimhaltung der Eigentümerstellung der KPÖ in Kauf genommen worden ist.

Hinzu kommt, dass auch das angebliche Geheimhaltungsinteresse der KPÖ als Grund für das geschilderte Vorgehen nicht glaubhaft ist. Die Klägerin selbst hat in anderem Zusammenhang vorgetragen, dass die von ihr behauptete treuhänderische Anbindung an die KPÖ z.B. den Verantwortlichen ihrer österreichischen und Schweizer Kunden, außerhalb der KPÖ stehenden Personen des öffentlichen Lebens sowie der Presse bekannt gewesen sei. Bestätigt wird dies durch mehrere von der Klägerin eingereichte Dokumente. So nannte der FPÖ-Abgeordnete Gredler in seiner Rede vom 6. Dezember 1961 vor dem österreichischen Nationalrat in der Aufzählung von "Geschäftsführern des kommerzkommunistischen Kartells" u.a. "Herr(n) Ba. von der Firma Novum" aus Berlin (Stenographisches Protokoll der 85. Sitzung des Nationalrats der Republik Österreich vom 6. Dezember 1961). In einem Artikel des österreichischen Wirtschaftsmagazins "Trend" vom März 1981 wird unter der Überschrift "Die linken Kapitalisten" die Novum als Auslandsfirma der KPÖ genannt. Ein Mitarbeiter der VA., Jo., gab in seiner undatierten eidesstattlichen Erklärung für das Kammergericht Berlin an, in der Branche habe es als bekannt gegolten, dass die Novum der KPÖ gehöre. In diesem Sinne äußerten sich auch Ku., von 1977 bis 1987 Leiter der Stabsabteilung Konzernwerbung/Repräsentation der Generaldirektion der VA., in seiner eidesstattlichen Versicherung für das Verwaltungsgericht vom 21. August 1992, Sh., von 1982 bis 1986 Generalsekretär der VA., in seiner eidesstattlichen Versicherung für das Verwaltungsgericht vom 31. August 1992 und Rt., von 1973 bis 1976 Handelsattaché an der Österreichischen Botschaft in Budapest, von 1976 bis 1979 Referat für Osteuropa in Wien und seit 1979 Leiter des Büros des Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer, in seiner eidesstattlichen Erklärung für das Kammergericht Berlin vom 6. Juni 1992. Schließlich war nach Meinung von Dr.St., von Mai 1983 bis Januar 1987 Handelsminister und Vizekanzler der Republik Österreich und in dieser Eigenschaft für die Belange des österreichischen Außenhandels u.a. mit der DDR zuständig, allen hieran interessierten Personen bekannt, dass Frau St. als Treuhänderin der KPÖ verschiedene Firmenbeteiligungen, u.a. an der Novum gehalten habe (eidesstattliche Erklärung vom 3. Juli 1992).

Weiterhin wären die Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag nicht das einzige Mittel zur Erreichung des angeblich verfolgten Zwecks gewesen, sondern es hätten auch weniger aufwendige und risikoärmere Möglichkeiten, wie z.B. eine interne Freistellung der Gesellschafter von der Steuerpflicht durch die KPÖ, bestanden. Insbesondere im Hinblick darauf, dass aus Sicht der Klägerin nicht einmal klar war, ob der beschrittene Weg bei den österreichischen Steuerbehörden auch Erfolg gehabt hätte, ist es für den Senat nicht überzeugend, dass die mit einem nicht unerheblichen Risiko für die KPÖ behafteten Treuhanderklärungen zugunsten der Zentrag aus steuerlichen Gründen abgegeben worden sein sollen. Dagegen spricht auch, dass dieses Vorbringen im Widerspruch zum sonstigen Vortrag der Klägerin steht. Sie hat nämlich in anderem Zusammenhang behauptet, sie habe sämtliche Gewinne an den KPÖ-Wirtschaftsapparat bzw. dessen Firmen in Österreich abgeführt. Danach hätten ihre Gesellschafter keine Einkünfte aus GmbH-Anteilen als Kapitalvermögen gehabt und wären insoweit auch nicht einkommenssteuerpflichtig gewesen.

(3) Ebenso wenig kann sich die Klägerin zum Nachweis von steuerlichen Erwägungen als Motiv für die Treuhanderklärungen mit Erfolg auf die Aktenvermerke aus dem Notariat G. vom 21. Dezember 1973 und 28. Mai 1974 sowie das Schreiben der Notarin I.G. an F. vom 26. Juni 1974 berufen.

(a) Der Vermerk vom 21. Dezember 1973 stammt unzweifelhaft von der Notarin I.G., was sich aus dem Diktatzeichen "G" und der von der Zeugin U.G. , der Enkelin von I.G., abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 23. Oktober 1992 ergibt. Nach dem Inhalt des Vermerks war F. am 20. Dezember 1973 bei der Notarin I.G. und besprach mit ihr "die Frage der Kapitalbeteiligung unter Berücksichtigung des österreichischen Rechts, insbesondere der steuerlichen Fragen". Ihm sei eine ältere Treuhanderklärung B. vom November 1953 übergeben worden, da er habe prüfen wollen, ob etwa eine ähnliche Erklärung habe erneut aufgenommen werden müssen und können. Er werde sich "nach Fühlungnahme mit seinen eigenen Auftraggebern" bei ihr wieder melden.

Zunächst ist aus dem Aktenvermerk nicht herzuleiten, dass F. der Initiator für die erneute Abgabe von Treuhanderklärungen war und das Interesse daran allein bei der Klägerin bzw. der KPÖ lag. Denn der Hinweis auf die eigenen Auftraggeber macht deutlich, dass F. die Notarin nicht von sich aus aufgesucht hat. Dass er dies im Auftrag der KPÖ getan hat, kann entgegen der Ansicht der Klägerin aus dem Vermerk aber nicht zwingend geschlossen werden, da er keinerlei Anhaltspunkte enthält, wer diese Auftraggeber waren. Das Gleiche gilt für die steuerlichen Probleme als Zweck für die Treuhanderklärungen. Zwar wurde ausweislich des Vermerks über steuerliche Fragen gesprochen, diese werden aber weder näher bezeichnet noch lässt sich dem Vermerk mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass es sich dabei überhaupt um das Motiv für eine mögliche Wiederaufnahme von Treuhanderklärungen gehandelt hat.

(b) Nach einem weiteren Vermerk in der Handakte vom 28. Mai 1974, Diktatzeichen tz/schü, sollte das Büro der Notarin I.G. eine der Erklärung von B. vergleichbare Erklärung vorbereiten und dabei "die Zentrag unter der heutigen offiziellen Firmenbezeichnung wiedergeben". Als Datum der Erklärung sah der Vermerk den 8. April 1970 vor, Erklärende sollten Ha. und F. sein. Außerdem enthält der Vermerk die Anweisung, eine "alte Nr. der Urkundenrolle" zu nehmen.

Die danach ursprünglich geplante Rückdatierung der Treuhanderklärungen gibt für die Argumentation der Klägerin ebenfalls nichts her. Unabhängig davon, dass diese selbst auch nur vermutet, dass der Zweck darin gelegen haben könnte, nicht deutlich werden zu lassen, dass Anlass für die Abgabe der Erklärungen ihre zunehmenden Gewinne in den Jahren 1973/74 gewesen seien, ist dieser Schluss nicht zwingend. Der Inhalt des Vermerks liefert keinerlei Hinweise in diese Richtung und im Hinblick auf das vorgeschobene Datum 8. April 1970 liegt es näher anzunehmen, dass die Rückdatierung auf den Zeitpunkt erfolgen sollte, zu dem F. seinen Geschäftsanteil übernommen hatte. Denn die Treuhanderklärungen seiner Vorgänger, einschließlich seiner eigenen vom 7. Juli 1954, als F. zum ersten Mal Gesellschafter der Klägerin wurde, wurden jeweils am Tag der Übernahme des Geschäftsanteils bzw. in engem zeitlichem Zusammenhang und nicht wie in diesem Fall erst Jahre später abgegeben.

(c) Das Schreiben der Notarin I.G. an F. vom 26. Juni 1974 enthält im Zusammenhang mit der Treuhanderklärung die Bemerkung der Notarin, sie habe "die Angelegenheit mit der Treuhanderklärung usw. [...] durchgesehen", es sei "ja der viele Jahre lang üblich gewesene Text", sowie die Einschätzung: "Meiner Meinung nach ist die Urkunde in Ordnung." Weiter heißt es dann: "Eine Schenkungssteuer kann doch wohl in Wien nicht entstehen? Denn in der Urkunde wird ausdrücklich betont, dass die Abtretung ohne Gegenleistung vorgenommen wird bzw. wurde."

In diesem Dokument geht es nicht um die Abgabe der Treuhanderklärung als solcher oder die ihr zugrunde liegende Motivation, sondern um ihre inhaltliche Formulierung und etwaige daraus folgende Konsequenzen. Gegenstand der zitierten Passage ist auch nicht die Einkommenssteuerpflicht der Gesellschafter aufgrund zunehmender Gewinne der Klägerin, sondern nur eine möglicherweise einmalig entstehende Schenkungssteuer, deren Hintergrund die unentgeltliche Übernahme des Geschäftsanteils ist.

(4) Schließlich kann die Klägerin auch aus der Ausfertigung der von F. am 27. Juni 1974 abgegebenen Treuhanderklärung nichts für sich herleiten. Denn entgegen ihrer Behauptung ist die Ausfertigung der Urkunde ausweislich des notariellen Vermerks vom 27. Juni 1974 nicht F. persönlich, sondern der Klägerin erteilt worden. Aber selbst wenn er dadurch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer in der Lage war, über die Ausfertigung zu verfügen und sie bei Bedarf zu seinen Gunsten einzusetzen, ist der von der Klägerin geltend gemachte Kausalzusammenhang zwischen der Erteilung der Ausfertigung und den behaupteten steuerlichen Problemen nicht plausibel. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass unstreitig zu keiner Zeit ein konkreter Anlass bestand, die Treuhanderklärung bei den österreichischen Steuerbehörden vorzulegen, und sie auch nicht vorgelegt worden ist, wäre die Ausfertigung, wenn der Hintergrund steuerlicher Natur gewesen sein sollte, nur rein vorsorglich erteilt worden. In diesem Fall stellt sich die Frage, warum nicht ab 1974 sämtlichen Gesellschaftern der Klägerin Ausfertigungen von deren Treuhanderklärungen erteilt worden sind, wenn es - wie die Klägerin behauptet - um die persönliche Steuerpflicht der Gesellschafter ging. Auch Frau St. hat keine Ausfertigung ihrer Treuhanderklärung vom 16. März 1978 erhalten, sondern nur eine Kopie davon in ihrem Wiener Büro aufbewahrt, nachdem sie, wie die Klägerin an anderer Stelle behauptet, nach Abgabe der Treuhanderklärung deren Nützlichkeit für die österreichischen Steuerbehörden erkannt haben will.

(5) Aus den unter (1) bis (4) genannten Gründen konnte offen bleiben, ob und ggf. in welchem Umfang die Gesellschafter der Klägerin als einer GmbH mit Sitz im Ausland in Österreich überhaupt steuerpflichtig waren und welche Auswirkungen darauf ggf. die zugunsten der Zentrag abgegebenen Treuhanderklärungen gehabt hätten. In diesem Zusammenhang sei lediglich angemerkt, dass die KPÖ als eine den Körperschaften des öffentlichen Rechts gleichgestellte politische Partei entgegen der Ansicht der Klägerin durchaus einer, wenn auch beschränkten, Körperschaftssteuerpflicht unterlag und unterliegt, nämlich mit bestimmten Kapitalerträgen wie z.B. mit Gewinnen aus einer GmbH-Beteiligung (vgl. dazu Doralt-Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 7. Aufl. 2000, S. 305, 309, 350/351).

Den weiteren von der Klägerin nachträglich als mögliche Erklärung für die Abgabe der Treuhanderklärungen als Scheinerklärungen angeführten Motiven kommt keine Bedeutung zu, da sie sich auf bestimmte zeitlich fixierte, bis 1975 reichende Ereignisse beziehen, die sich in jedem Fall mit Abgabe einer der vorherigen Treuhanderklärungen erledigt hätten. Für den zu entscheidenden Rechtsstreit ist jedoch ausschlaggebend, ob der mit der Erklärung von Frau St. vom 16. März 1978 zustande gekommene Treuhandvertrag zwischen ihr und der Zentrag/SED wirksam ist.

Unabhängig hiervon liegen allerdings gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass keines der seinerzeit angeblich verfolgten Ziele geeignet ist, die Abgabe der konkret betroffenen vormaligen Treuhanderklärungen als Scheinerklärungen plausibel zu begründen. Von weiteren Ausführungen dazu sieht der Senat aber mangels Entscheidungserheblichkeit ab.

ddd) Schließlich führen auch die weiteren von der Klägerin angeführten Umstände, aus denen sich ergeben soll, dass die Treuhanderklärungen generell Scheinerklärungen waren, zu keinem anderen Ergebnis.

Die Tatsache, dass Ha. für seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 DM, den er mit notariellem Abtretungsvertrag vom 13. Juli 1956 übernahm (Urkunde Nr. 485/1956 der Notarin I.G.) und für den er an demselben Tag bereits eine Treuhanderklärung abgegeben hatte (Urkunde Nr. 487/1956 der Notarin I.G.), am 29. Oktober 1974 erneut eine Treuhanderklärung unterzeichnete (Urkunde Nr. 578/1974 des Notarvertreters Dr.G.), lässt entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Rückschluss auf den behaupteten generellen Scheincharakter seiner Treuhanderklärungen zu.

Die mehrfache Abgabe inhaltlich gleicher Willenserklärungen ist kein zwingendes Indiz für eine mangelnde Ernsthaftigkeit der jeweiligen Erklärung.

Einem solchen Vorgehen können die verschiedensten Erwägungen zugrunde liegen. Im vorliegenden Fall ist z.B. denkbar, dass die 1974 anstehende Unterzeichnung einer Treuhanderklärung durch F. zum Anlass genommen worden ist, die seinerzeitige Treuhanderklärung von Ha., die noch zugunsten der Zentrag GmbH abgegeben worden war, wegen deren zwischenzeitlich geänderter Firmenbezeichnung durch Abgabe einer Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag VOB zu aktualisieren. Zwar war die Zentrag schon seit Juni 1953 im Handelsregister C mit der bloßen Bezeichnung "Zentrag" eingetragen und als "Zentrag, Zentrale Druckerei-, Einkaufs- und Revisionsgesellschaft mbH" im September 1955 in der Abteilung B des Handelsregisters gelöscht worden (Schreiben des Magistrats von Groß-Berlin an die Zentrag vom 8. Juni 1953; Schreiben des Handelsregisters an die Zentrag mbH vom 26. September 1955), die Firmenbezeichnung "Zentrag - Vereinigung Organisationseigener Betriebe -" führte sie aber erst seit 1. November 1965 (Statut für die Zentrag - Vereinigung Organisationseigener Betriebe - vom 30. Oktober 1965). Für diese Überlegung als Grund für die erneute Abgabe einer Treuhanderklärung durch Ha. spricht insbesondere der bereits erwähnte Vermerk in der Handakte der Notarin I.G. vom 28. Mai 1974, wonach das Büro der Notarin eine der Erklärung von B. vergleichbare Erklärung vorbereiten und dabei "die Zentrag unter der heutigen offiziellen Firmenbezeichnung wiedergeben" sollte.

Ebenso wenig lässt sich aus der Ausfertigungspraxis des Notariats G. etwas zugunsten des behaupteten Scheincharakters der Treuhanderklärungen herleiten.

Die Ansicht der Klägerin, der Umstand, dass entgegen der sonst bei Treuhanderklärungen üblichen Praxis im Fall der Novum von allen diese betreffenden Treuhanderklärungen nur in drei Fällen und dann nicht zugunsten der Zentrag als Treugeber eine Ausfertigung erteilt worden ist, zeige, dass es sich um Scheinerklärungen ohne Wirkung im Rechtsverkehr gehandelt habe, überzeugt nicht.

Die Erteilung von Ausfertigungen notarieller Urkunden sagt nichts über die Ernsthaftigkeit der darin beurkundeten Erklärungen aus. Dies würde allenfalls und nur zusammen mit weiteren Umständen darauf hindeuten, dass von der Urkunde im Rechtsverkehr Gebrauch gemacht worden ist, was vorliegend unstreitig nicht der Fall ist.

Hiervon abgesehen ist die sich aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergebende Ausfertigungspraxis des Notariats G. durchaus nicht einheitlich in dem Sinn, dass stets der Treugeber eine Ausfertigung der Treuhanderklärung erhalten hätte. Bei den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15. März 1995 eingereichten dreiundzwanzig in der Zeit von 1948 bis 1956 durch die Notarin I.G. beurkundeten Treuhanderklärungen, in denen die Zentrag als Treugeberin bezeichnet worden ist, erhielt die Treugeberin nur in ca. 2/3 der Fälle, nämlich sechzehnmal, eine Ausfertigung; in sieben Fällen wurde keine Ausfertigung erteilt. Die ausgewerteten Treuhanderklärungen beziehen sich zwar nicht auf die Ausfertigungspraxis der 70er Jahre, sondern auf die der Anfangszeit der DDR bis etwa Mitte der 50er Jahre. Aber auch noch später ist entsprechend verfahren worden wie die Treuhanderklärungen von We. vom 23. Juli 1963 zugunsten des ZK der SED bezüglich Geschenkdienst und Kleinexport GmbH (Urkunde Nr. 612/1963 der Notarin I.G.) sowie von Dh., Bö. und Ks. vom 30. November 1971 zugunsten der Bezirksleitung Berlin der SED bezüglich Planet Verlag GmbH (Urkunden Nr. 1367/1971, 1368/1971 und 1369/1971 der Notarin I.G.) zeigen.

eee) Dass es sich bei dem zwischen Frau St. und der Zentrag/SED geschlossenen Treuhandvertrag nicht um ein Scheingeschäft handelt, geht zu Lasten der Klägerin.

Das Vorliegen eines wirksamen Treuhandvertrages ist nach den Feststellungen des Senats bewiesen. Frau St. hat als Gesellschafterin der Klägerin den ersten Geschäftsanteil treuhänderisch für die Zentrag/SED gehalten mit der Folge, dass die Klägerin in diesem Umfang eine mit einer Partei der DDR verbundene juristische Person im Sinne des § 20 b Abs. 1 und 2 PartG-DDR ist. Soweit sich die Klägerin hiergegen mit der Behauptung wendet, die Vereinbarung sei wegen des Scheincharakters der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 nichtig, handelt es sich dabei um eine für sie günstige Tatsache, deren Unerweislichkeit nach allgemeinen Grundsätzen zu ihren Lasten geht (Schoch/Schmidt -Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Februar 1998, § 132 Rnr. 91; Kuhla/Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozess, 3. Aufl. 2002, E Rnr. 230, 233). Insoweit ist eine Anwendung der zu § 117 BGB entwickelten zivilrechtlichen Beweislastregel entbehrlich.

d) Allein durch das Zustandekommen des Treuhandvertrages zwischen Frau St. und der Zentrag/SED ist bezüglich des ersten Geschäftsanteils an der Klägerin in Höhe von 25 000 M ein Treuhandverhältnis begründet worden. Dabei kann hier offen bleiben, wem die Rechte an der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zustanden bzw. ob zwischen ihren vorherigen Gesellschaftern und der Zentrag/SED bereits ein wirksames Treuhandverhältnis bestand. Denn der Begründung eines Treuhandverhältnisses zwischen Frau St. und der Zentrag/SED steht nicht entgegen, dass sie den Geschäftsanteil als Treugut nicht unmittelbar von der Zentrag/SED übertragen bekommen hat. Ausreichend ist vielmehr, dass sie zunächst Gesellschafterin der Klägerin geworden und anschließend bezüglich dieser Position eine vertragliche Treuhandbindung gegenüber der Zentrag/SED eingegangen ist.

Für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses ist nicht die unmittelbare Übereignung des Treuguts vom Treugeber auf den Treuhänder erforderlich, sondern möglich ist z.B. auch, durch entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärungen ein Treuhandverhältnis an einer eigenen Sache zu begründen (vgl. dazu Liebich/Mathews, a.a.O., S. 24, 56/57f m.w.N.; Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 2. Aufl. 1933, S. 109; Thomas, Die rechtsgeschäftliche Begründung von Treuhandverhältnissen, NJW 1968, 1705 <1708>; Beuthien, a.a.O., S. 29, 77). Zwar verlangt die zivilrechtliche Rechtsprechung im Sinne eines juristischen Treuhandbegriffs überwiegend die unmittelbare Vollrechtsübertragung vom Treugeber auf den Treuhänder (RGZ 84, 214 <217>; 91, 12 <16>; 127, 341 <344>; 133, 84 <87>; BGH, WM 1960, 325 <326>; WM 1965, 173 <174>; WM 1972, 383 <383/384>) doch wird der Treuhandbegriff zunehmend in einem weiteren, wirtschaftlichen Sinn angewandt. Dies zeigen einige Entscheidungen des Reichsgerichts und auch die vom Bundesgerichtshof zugelassenen Ausnahmen vom Unmittelbarkeitsprinzip (RG, JW 1926, 1700 <1700/1701>, 2571 <2572>; RGZ 121, 294 <296>; RGZ 69, 44 <48>; Konkurs- und Treuhandwesen 1929, 86 <87>; BGH, NJW 1971, 559 <560>; vgl. auch die Rechtsprechungsnachweise bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 771 Stichwort Treuhand). Eine ungleiche Behandlung des Treuguts wegen der unterschiedlichen Art seiner Begründung ist auch nicht zu rechtfertigen (Liebich/Mathews, a.a.O., S. 24, 57 m.w.N.; Siebert, a.a.O., S. 109; Thomas, a.a.O.; Beuthien, a.a.O., S. 29). Denn da die vertragliche Bindung Begriffsmerkmal der Treuhand ist, richtet sich die Frage, ob eine Erwerbshandlung treuhänderisch ist, nach dem Parteiwillen, der im obligatorischen Vertrag zum Ausdruck kommt (Liebich/Mathews, a.a.O., S. 37; Siebert, a.a.O., S. 188, 191; Beuthien, a.a.O.). Wegen der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit muss es möglich sein, die Treuhand unabhängig von der Art der Treugutbegründung dem wirtschaftlichen Zweck im Innenverhältnis genau anzupassen.

Gegen die Anwendung des engeren juristischen Treuhandbegriffs spricht unabhängig von den vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen im vorliegenden Fall auch, dass dieser in der Rechtswirklichkeit der DDR nicht praktiziert wurde. Dies zeigt die Art der Begründung zahlreicher Treuhandverhältnisse an staats- bzw. parteieigenen Gesellschaften oder Betrieben, bei der der jeweilige Treugeber ausweislich der Treuhanderklärungen immer das Stammkapital zur Verfügung gestellt hatte. Durch einen solchen sog. Ersterwerb eines Vermögensgegenstandes durch den Treuhänder wäre, auch wenn er im Auftrag und für Rechnung des Treugebers erfolgte, nach dem juristischen Treuhandbegriff ein Treuhandverhältnis nicht begründet worden. Dennoch bestand nie ein Zweifel an der Wirksamkeit dieser Treuhandverhältnisse.

V. Zweiter Geschäftsanteil:

1. Frau St. ist durch den wirksam zustande gekommenen Abtretungsvertrag vom 28. April/25. Mai 1983 auch bezüglich des zweiten Geschäftsanteils Gesellschafterin der Klägerin geworden.

Entsprechend den Anforderungen von § 15 Abs. 3 GmbHG a.F. liegen sowohl die Abtretungserklärung von Ha. vom 28. April 1983 (Urkunde Nr. 90/1983 des Notars Dr.G.) als auch die Annahmeerklärung von Frau St. vom 25. Mai 1983 (Urkunde Nr. 230/1983 des Notars Dr.G.) in notariell beurkundeter Form vor.

a) Die Annahmeerklärung ist auch nicht gemäß § 23 Nr. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Notariatsgesetzes nichtig. Denn die Niederschrift vom 25. Mai 1983 erfüllt die bereits im Zusammenhang mit der Urkunde Nr. 90/1978 des Notarvertreters Dr.G. dargestellten Anforderungen des § 19 Abs. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB.

Ausweislich der Urkunde Nr. 230/1983 hat sich Dr.G. am 25. Mai 1983 in die Geschäftsräume der Klägerin begeben und dort die Annahmeerklärung der erschienenen Frau St. aufgenommen. Er hat in der Urkunde weiter bestätigt, dass das Protokoll der Erschienenen vorgelesen, von ihr genehmigt und eigenhändig unterschrieben wurde.

Für diese Tatsachen erbringt die notarielle Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 ZPO-DDR den vollen Beweis.

b) Der gemäß § 415 Abs. 2 ZPO-DDR zulässige Gegenbeweis, dass der Beurkundungsvorgang unrichtig beurkundet worden sei, ist demgegenüber nicht geführt. In Anbetracht der dem Senat zu diesem Komplex vorliegenden weiteren Unterlagen und Erkenntnisse ist es in keiner Weise ausgeschlossen, dass die in der Urkunde Nr. 230/1983 festgestellten Tatsachen richtig sind.

aa) Zunächst ist nicht bewiesen, dass Frau St. die Annahmeerklärung vom 25. Mai 1983 blanko unterschrieben hat.

Die Klägerin behauptet, Frau St. habe an Dr.G. mehrere ihre Unterschrift tragende, im Übrigen aber leere Blätter übersandt, weil sie wegen einer schweren Erkrankung ihres Ehemannes nicht habe nach Berlin reisen können. Einer dieser Unterschriftsbögen sei von Dr.G. zur Erstellung der zweiten Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 (Urkunde Nr. 231/1983) verwendet worden. Diese Behauptung entspricht der Aussage von Frau St. bei ihrer Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich am 8. Februar 1993, auf die die Klägerin Bezug nimmt. Bei ihrer Vernehmung durch den Senat am 8. April 2003 hat Frau St. bekundet, 1983 einen Anruf aus Berlin, wohl von der Novum, bekommen zu haben, dass Dr.G. Unterschriften von ihr brauche. Sie habe dann Unterschriften auf Blankopapiere in verschiedener Höhe geleistet und an die Novum nach Berlin geschickt.

Daraus würde sich zwar ergeben, dass Frau St. auch die Annahmeerklärung vom 25. Mai 1983 blanko unterzeichnet hat, da diese die der Treuhanderklärung vorangehende Urkundennummer der Urkundenrolle des Notars Dr.G. aufweist und beide Erklärungen dasselbe Datum tragen. Der Beweis für die Richtigkeit der dahingehenden Behauptung ist jedoch nicht geführt.

aaa) Die von der Klägerin dafür angeführten Argumente überzeugen nicht. Zwar bezieht sich ihr diesbezüglicher Vortrag an sich nur auf die Unterzeichnung der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983, er ist aber der Sache nach auf den Beurkundungsvorgang bezüglich der Annahmeerklärung übertragbar.

) So kann die Klägerin aus den nachgewiesenen Schreibspuren auf der letzten Seite der Urkunde Nr. 232/1983, die ebenfalls vom 25. Mai 1983 datiert und die Erteilung einer Vollmacht für Str. zur Wahrnehmung der Gesellschafterrechte von Frau St. an der T., insbesondere zur Abtretung von Kapitalanteilen an Frau St., betrifft, nichts für ihre Behauptung herleiten.

Ausweislich des von der Staatsanwaltschaft II beim Landgericht Berlin im Strafverfahren gegen Frau St. (24 Js 1019/92) eingeholten Gutachtens des Landeskriminalamtes Berlin, Institut für Polizeitechnische Untersuchungen - PTU-Gutachten - vom 18. März 1996 in der Fassung vom 13. Juni 1996 über die polizeitechnische Untersuchung der Urkunden Nr. 230/1983, 231/1983 und 232/1983 vom 25. Mai 1983 ist auf der letzten Seite der Urkunde Nr. 232/1983 der Durchdruck folgenden Textes festgestellt worden:

"Anteile auf R St.

Treuhanderklärung

T. Treuhänder f. Novum

(...) kommt".

Durch Augenscheinseinnahme der Anlagen zu dem PTU-Gutachten und durch Vergleich mit einer handschriftlichen Notiz von Dr.G. zu dem Vermerk für Hd. vom 4. November 1971 hat der Senat festgestellt, dass die vom Institut für Polizeitechnische Untersuchungen teils nicht entzifferte Passage der als Durchdruck sichtbar gemachten Notiz von Dr.G. auf der letzten Seite der Urkunde Nr. 232/1983 insgesamt "Paß-Nr. kommt" lautet und dass sich die im PTU-Gutachten als Durchdruck auf der letzten Seite der Urkunde Nr. 232/1983 entzifferte Notiz in schwächerer Form mindestens auch auf einer der dritten Seiten der Urkunden Nr. 230/1983 oder 231/1983 als Durchdruck feststellen lässt.

Der daraus von der Klägerin gezogene Schluss, es könne sich dabei nur um die Pass-Nummer von Frau St. gehandelt haben, woraus sich ergebe, dass dem Notar die Unterschriftenblätter bereits vorgelegen hätten, bevor er die für die Erstellung der Urkunden erforderlichen Daten gekannt habe, ist indes nicht zwingend. Ebensogut ist denkbar, dass sich die Notiz auf die Pass-Nummer von Ha. bezog. Denn am 8. September 1983 beurkundete Dr.G. die Abtretung des Geschäftsanteils an der T. von Ha. an Frau St. (Urkunde Nr. 490/1983), nachdem auch Ha. am 2. August 1983 Str. Vollmacht zu seiner Vertretung bei der Abtretung erteilt hatte. Dies wird bestätigt durch einen Vermerk, den Dr.G. am 2. Juni 1983, also wenige Tage nach den Beurkundungen vom 25. Mai 1983, diktierte. Darin heißt es: "Sobald die Vollmacht Ha. auf Str. da ist, schließt dieser einen notariellen Vertrag mit sich selbst, in welchem er die Ha.-Anteile an St. überträgt. Gleichzeitig gibt er als Bevollmächtigter von Frau St. nachstehende weitere Treuhanderklärung ab: Ich bestätige, von der Novum M 20.000.- erhalten zu haben (wie Ziffer 1) T. Auch hinsichtlich dieser Anteile halte ich mich an meine Erklärungen wie zu Nr. 212/82 UR G. gebunden." Danach spricht viel dafür, dass die als Durchdruck sichtbar gemachte Notiz der Vorbereitung des Beurkundungsvorgangs vom September 1983 bezüglich der T. diente, darüber anlässlich der Beurkundungen am 25. Mai 1983 gesprochen wurde und mit der noch ausstehenden Pass-Nummer die von Ha. gemeint war.

Keinen Beweiswert haben ferner die auf den Seiten 2 der Urkunden Nr. 230/1983 (Annahmeerklärung) und 232/1983 (Vollmacht) befindlichen sog. "Nasen", die vorhandenen Raum für weiteren Text streichen und zeigen, dass dort genug Platz für die Unterschriften vorhanden gewesen wäre. Der daraus von der Klägerin gezogene Schluss, dass die Urkunden auf diesen Seiten und nicht auf der jeweils nachfolgenden Seite unterschrieben worden wären, wenn sie bei der Unterschriftsleistung vorgelegen hätten, ist nicht zwingend.

So sind die notariellen Verhandlungen vom 31. Mai 1951 über den Gesellschaftsvertrag der Klägerin (Urkunde Nr. 341/1951 der Notarin I.G.), vom 8. April 1970 über die Abtretung des Geschäftsanteils der Klägerin von Ba. an F. (Urkunde Nr. 660/1970 des Notarvertreters Dr.G.) und vom 8. September 1983 über die Abtretung des Geschäftsanteils an der T. von Ha. an Frau St. sowie deren Treuhanderklärung zugunsten der T. (Urkunden Nr. 491/1983 und 492/1983 des Notars Dr.G.) ebenfalls auf den Seiten 3 bzw. 4 und 6 unterzeichnet worden, obwohl ausweislich der vorhandenen "Nasen" auf den vorangehenden Seiten ausreichend Platz für die Unterschriften gewesen wäre, ohne dass die Klägerin behauptet, dass auch diese Urkunden blanko unterschrieben worden wären oder Anhaltspunkte dafür vorlägen. Das gleiche Phänomen weist im Übrigen auch die Treuhanderklärung von Pä. vom 23. Februar 1954 bezüglich Meletex GmbH (Urkunde Nr. 78/1954 der Notarin I.G.) auf.

Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Avisierungen von Einreisen von Frau St. in die DDR berufen. Die dem Senat dazu vorliegenden Unterlagen lassen nicht erkennen, ob Frau St. tatsächlich eingereist ist oder nicht. Aus der Tatsache, dass in dem Formular der Avisierung 743568 für die Einreise von Frau St. in die DDR am 24. und die Ausreise am 25. Mai 1983, jeweils über den Flughafen Berlin-Schönefeld, die Spalte "Vollzugsmeldung/Vorkommnisse" nicht ausgefüllt worden ist, ergibt sich nicht, dass sie nicht ein- und ausgereist ist. Denn dies ist bei sämtlichen zweiundvierzig Avisierungsformularen bezüglich Ein- und Ausreisen von Frau St. nach Berlin über den Flughafen Berlin-Schönefeld oder den Übergang Friedrichstraße der Fall, während die zwölf Formulare bezüglich Ein- und Ausreisen nach Leipzig über Schkeuditz Eintragungen in dieser Spalte enthalten. Im Hinblick darauf spricht die Avisierung ihrer Ein- und Ausreise am 24./25. Mai 1983 eher dafür, dass sich Frau St. zu dieser Zeit in Berlin aufgehalten hat.

bbb) Lediglich das auf der Seite drei der Urkunde Nr. 230/1983 vorhandene Wasserzeichen "Neusiedler Japanpost" sowie die Tatsache, dass diese Seite in mindestens zwei unterschiedlichen Arbeitsgängen gefertigt wurde, könnten für eine Blanko-Unterschrift sprechen.

Die die Unterschrift von Frau St. tragende Seite 3 der Urkunde Nr. 230/1983 weist (ebenso wie die Seiten 3 der Urkunden Nr. 231/1983 und 232/1983) das Wasserzeichen "Neusiedler Japanpost" auf, während es sich bei den Seiten 1 und 2 ausweislich des PTU-Gutachtens um industrielle Massenware handelt. Dies lässt aber nicht den zwingenden Schluss zu, dass Frau St. ihre Unterschrift in Wien und damit blanko geleistet hat. Denn das in der Handakte des Notariats G. im Original vorhandene Schreiben der Klägerin vom 16. November 1982 an das Anwaltsbüro Dr.G. (betrifft: Ausarbeitung eines Nutzungsvertrages) trägt das gleiche Wasserzeichen. Bei der dafür von der Klägerin vorgebrachten Erklärung, solche Blätter seien bei ihr nur mit einem vorgefertigten Briefkopf, nicht aber unbedruckt, verwandt worden, handelt es sich um eine bloße Behauptung, für die sie keinen Beweis angeboten hat. Aber selbst wenn dies tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, wäre auch denkbar, dass Frau St. in den Räumen der Klägerin in Berlin auf in ihren persönlichen Unterlagen befindlichen, aus Wien mitgebrachten Blättern unterzeichnet hat.

Ausweislich des PTU-Gutachtens ist die Seite 3 der Annahmeerklärung (Urkunde Nr. 230/1983) in mindestens zwei unterschiedlichen Arbeitsgängen gefertigt worden, weil die Positionierung der Punktreihe unter der Unterschrift "St." eindeutig von der der Schriftzeichen der übrigen Textteile abweicht.

Die Punktreihe könnte aber auch bei einer Unterschriftsleistung durch Frau St. in Anwesenheit des Notars Dr.G. nachträglich eingefügt worden sein, wenn diese nämlich ihre Unterschrift nicht auf einem vom Notar vorbereiteten Blatt, sondern einem in ihrem persönlichen Besitz oder im Besitz der Klägerin befindlichen geleistet hat. Dies würde auch zu den nach dem PTU-Gutachten auf den jeweils letzten Seiten der Urkunden Nr. 230/1983 und 231/1983 festgestellten Schreibspuren der Unterschrift "St." passen, weil die drei Blätter bei der Unterzeichnung übereinander gelegen haben können. Denkbar wäre, dass Dr.G. die drei an diesem Tag von Frau St. unterzeichneten Urkunden vorbereitet, aber die letzten Seiten, auf denen die Unterschriften geleistet werden sollten, nicht mit in die Büroräume der Klägerin gebracht hat, Frau St. ihre drei Unterschriften auf gesonderten, in ihrem persönlichen Besitz oder im Besitz der Klägerin befindlichen Blättern geleistet und Dr.G. die Urkunden später in der üblichen Form fertiggestellt hat. Aufgrund einer Vielzahl dem Senat aus dem Notariat G. vorliegender Urkunden bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Unterschriften jeweils auf einer neuen Seite geleistet wurden, auf der sich kein Text der eigentlichen notariellen Erklärung mehr befand, obwohl auf der vorangehenden Seite noch ausreichend Platz gewesen wäre (vgl. Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 31. Mai 1951, Urkunde Nr. 341/1951; Erklärung von Dp. vom 6. Januar 1956, Urkunde Nr. 18/1956; Abtretungsvertrag zwischen Ba. und F. vom 8. April 1970, Urkunde Nr. 660/1970; Abtretungsvertrag zwischen Ha. und Frau St. vom 16. März 1977, Urkunde Nr. 105/1977; Annahmeerklärung von Frau St. , vertreten durch Str., bezüglich Geschäftsanteil an T. vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 491/1983; Treuhanderklärung von Frau St. , vertreten durch Str., vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 492/1983). Die die Unterschriften tragenden Seiten beginnen jeweils mit dem Vermerk: "Das Protokoll ist den/dem Erschienenen vorgelesen, von ihnen/ihm genehmigt und eigenhändig unterschrieben worden", teils in formularmäßig vorgedruckter, teils - wie bei den drei hier in Rede stehenden Urkunden - in maschinenschriftlicher Form, und zwar unabhängig davon, ob der Beurkundungsvorgang im Notariat G. oder an einem anderen Ort stattfand.

Eine Aufklärung der geschilderten Besonderheiten war nicht erforderlich, denn es handelt sich nur um Indizien, die nicht den zwingenden Schluss auf eine Blanko-Unterschrift zulassen. Sie begründen allenfalls Zweifel an der Richtigkeit der Beurkundung, sind aber nicht geeignet, den gebotenen vollen Beweis für eine Blanko-Unterschrift zu erbringen, weil eine solche, wie aufgezeigt, nicht die einzig denkbare Erklärung für die erwähnten Feststellungen ist.

Hinzu kommt, dass der mit der notariellen Urkunde Nr. 230/1983 geführte Beweis der Ordnungsmäßigkeit des Beurkundungsvorganges durch weitere Umstände untermauert wird.

Neben dem Text der Urkunde beweisen auch die Eintragung im Terminkalender des Notars Dr.G. sowie sein - undatiertes - Schreiben an die Klägerin die Erstellung des Dokuments in Anwesenheit von Frau St. Im Terminkalender ist für Mittwoch, den 25. Mai 1983, 8.00 Uhr, eingetragen "Novum mit Hund". Dieser Termin ist zudem in der nachfolgenden Spalte des Kalenders abgehakt. In dem Schreiben teilt der Notar mit, dass er beiliegend "... beglaubigte Abschrift der 3 durch Frau St. am 25. Mai 1983 unterzeichneten Urkunden ..." übersende.

bb) Weiter ist nicht bewiesen (§ 415 Abs. 2 ZPO-DDR), dass Dr.G. der erschienenen Frau St. die Annahmeerklärung vom 25. Mai 1983 nicht wie in der Urkunde Nr. 230/1983 vermerkt vorgelesen hat. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Formwirksamkeit der Annahmeerklärung von Frau St. vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 90/1978) Bezug genommen.

2. Den zweiten Geschäftsanteil an der Klägerin hat Frau St. treuhänderisch für diese selbst gehalten.

Durch die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983, Urkunde Nr. 231/1983 des Notars Dr.G., ist nach dem Recht der DDR bezüglich des zweiten Geschäftsanteils in Höhe von ebenfalls 25 000 M ein wirksamer Treuhandvertrag zwischen Frau St. und der Klägerin zustande gekommen. Denn nach der Übernahme dieses Anteils von Ha. hat sie sich - anders als in der Erklärung vom 16. März 1978 - verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte ausschließlich als Treuhänder der Klägerin zu handeln und sich in dieser Eigenschaft ausschließlich an deren Weisungen zu halten.

a) Der Abschluss dieses Treuhandvertrages stellt ein rechtlich nicht zu beanstandendes In-Sich-Geschäft dar. Frau St. hat als Gesellschafterin und gleichzeitig alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Klägerin (§ 8 Abs. 2 der Satzung der Klägerin in der Fassung vom 8. Juni 1959) mit Abgabe der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 den Treuhandvertrag bezüglich des zweiten Geschäftsanteils abgeschlossen.

aa) Dies war zulässig. § 35 GmbHG a.F. sah im Gegensatz zu § 35 Abs. 4 GmbHG in der Fassung vom 18. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2206) kein entsprechendes Verbot für den geschäftsführenden Alleingesellschafter vor.

bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung zivilrechtlicher Normen. Nach § 56 Abs. 3 ZGB war die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, das ein Vertreter mit sich selbst abschloss, lediglich von der vorherigen oder nachträglichen Zustimmung des Vertretenen abhängig (Kommentar-ZGB, Anm. 3 zu § 56). Mit der von Frau St. als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Klägerin abgegebenen Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 lag auch die Zustimmung der Klägerin vor, sodass offen bleiben kann, ob § 56 Abs. 3 ZGB im Hinblick auf § 35 GmbHG a.F. hier überhaupt anwendbar ist.

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der Angabe der Klägerin als Treugeberin in der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 nicht um eine sog. "falsa demonstratio" oder einen Schreibfehler bzw. Irrtum des Notars.

Gegen eine Falschbezeichnung und für eine absichtliche Gestaltung spricht bereits die zweite bezüglich der T. abgegebene Treuhanderklärung von Frau St., vertreten durch Str., vom 8. September 1983, Urkunde Nr. 492/1983 des Notars Dr.G. Auch in dieser Erklärung verpflichtete sie sich, den übernommenen Geschäftsanteil an der betroffenen Firma treuhänderisch für diese selbst zu halten.

Der von der Beklagten als Erklärung für eine "falsa demonstratio" behauptete chronologische Ablauf der notariellen Vorbereitungen zur Aufnahme der die Klägerin und die T. betreffenden Treuhanderklärungen lässt sich den dem Senat vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Zwar diente die erste bezüglich der Klägerin von Frau St. abgegebene Treuhanderklärung vom 16. März 1978 als Vorlage für ihre erste die T. betreffende Treuhanderklärung vom 28. Mai 1982 (Urkunde Nr. 212/1982 des Notarvertreters Dr.G.). Dies wird belegt durch ein in den Notariatsunterlagen vorhandenes Exemplar der Erklärung vom 16. März 1978, in dem handschriftlich neben weiteren Änderungen jeweils die Klägerin als betroffene Firma durch die T. und die Zentrag VOB als Treugeberin durch die Klägerin ersetzt ist. Es ist aber weder durch Unterlagen belegt noch sonst ersichtlich, dass die erste die T. betreffende Treuhanderklärung vom 28. Mai 1982 als Vorlage für die zweite die Klägerin betreffende Treuhanderklärung von Frau St. vom 25. Mai 1983 und diese wiederum als Muster für die zweite die T. betreffende Treuhanderklärung vom 8. September 1983 gedient hat. Gegen ein Versehen und für eine bewusste Änderung des Inhalts der zweiten Treuhanderklärung sprechen auch das PTU-Gutachten und der Vermerk des Notars Dr.G. vom 2. Juni 1983. Aus beiden geht hervor, dass trotz Vorliegens der zweiten Treuhanderklärung bezüglich der Klägerin der Text der zweiten die T. betreffenden Erklärung ursprünglich anders lauten sollte. Die zweite Erklärung sollte nämlich wie die erste zugunsten der Klägerin abgegeben werden. Denn ausweislich des PTU-Gutachtens ist, wie bereits dargestellt, auf der letzten Seite der Urkunde Nr. 232/1983 des Notars Dr.G. vom 25. Mai 1983 (Vollmacht von Frau St. für Str. bezüglich der Abtretung von Geschäftsanteilen an T.) u.a. der Durchdruck des Textes

"Anteile auf R St.

Treuhanderklärung

T. Treuhänder f. Novum"

festgestellt worden und nach dem Vermerk vom 2. Juni 1983 sollte Frau St. bestätigen, "von der Novum M 20 000 erhalten zu haben (wie Ziffer 1) T. Auch hinsichtlich dieses Anteils halte ich mich an meine Erklärungen wie zu Nr. 212/82 UR G. gebunden".

Diese beiden Dokumente wie auch die Tatsache, dass Frau St. sowohl bei der Klägerin als auch bei der T. jeweils nach der Übernahme der zweiten Geschäftsanteile die diese betreffenden Treuhanderklärungen zugunsten der jeweiligen Firmen abgegeben hat, spricht vielmehr für eine bewusste Wahl dieser Konstruktion, zumal sie treuhand- und gesellschaftsrechtlich möglich und zulässig ist, wie noch auszuführen sein wird. Im Hinblick hierauf kann offen bleiben, aus welchen Gründen die Konstruktion gewählt worden sein könnte.

b) Die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 erfüllt die an ein Treuhandverhältnis zu stellenden Anforderungen. Insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen zu Ziffer 2 und 3 der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 Bezug genommen. Dass statt der Zentrag die Klägerin als Treuhänderin genannt wird, macht keinen Unterschied.

c) Auch diese Treuhanderklärung hat Frau St. mit dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein, d.h. mit dem Willen abgegeben, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen.

Zwar behauptet die Klägerin, Frau St. habe für diese Erklärung eine Blanko-Unterschrift an den Notar Dr.G. übersandt, was durch die Angaben von Frau St. bei ihren Vernehmungen durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich am 8. Februar 1993 und den Senat am 8. April 2003 bestätigt wird. Dies trifft jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht zu, was noch auszuführen sein wird.

Aber selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dem entgegen der Ansicht der Klägerin nicht entnommen werden, dass Frau St. ohne Erklärungsbewusstsein gehandelt hätte. Denn auch eine solche Unterschrift hätte sie in dem Bewusstsein geleistet, eine Treuhanderklärung abzugeben.

Dies geht klar aus ihrer Aussage vom 8. Februar 1993 hervor. Danach habe Dr.G. sie seinerzeit im Zusammenhang mit dem zweiten Geschäftsanteil an der Klägerin um einige Blanko-Unterschriften ersucht. Während sie zunächst bekundete, nicht daran gedacht zu haben, dass es um einen Treuhandvertrag gehe, erklärte sie im Verlauf der Vernehmung, man habe ihr gesagt, die Unterschriften sollten für Treuhanderklärungen geleistet werden. Sie könne allerdings nicht sagen, zu wessen Gunsten, dies sei für sie ohne Bedeutung gewesen.

Etwas anderes ergibt sich letztlich auch nicht aus ihren Angaben bei der Vernehmung am 8. April 2003. Zwar hat sie dort unter Hinweis auf den Gesundheitszustand ihres Ehemannes, der damals im Sterben gelegen habe, bekundet, man hätte ihr ihr Todesurteil vorlegen können, sie hätte es unterschrieben, sie hätte es nicht bemerkt. Sie hat aber auf die Frage, ob man ihr gesagt habe, wofür die Unterschriften gebraucht würden, auch erklärt, davon gehe sie aus, sie könne sich nicht erinnern. Anschließend hat sie auf Vorhalt die Richtigkeit ihrer geschilderten Aussage vom 8. Februar 1993 bestätigt und lediglich erläuternd hinzugefügt, sie habe nicht gewusst, warum das so gehandhabt worden sei. Für sie, für jeden, mit dem sie zu tun gehabt habe, habe immer außer Zweifel gestanden, dass die Novum KPÖ-Eigentum sei.

Dies zeigt, dass Frau St. nicht nur klar war, dass die Unterschrift für eine rechtsgeschäftliche Erklärung verwendet werden sollte, sondern sie darüber hinaus auch wusste, dass es sich um eine Treuhanderklärung handelte, deren Bedeutung ihr, wie bereits im Zusammenhang mit ihrem Erklärungsbewusstsein bei Abgabe der Erklärung vom 16. März 1978 ausgeführt, bekannt war. Dass es für Frau St. ohne Bedeutung gewesen sein soll, zu wessen Gunsten sie die Treuhanderklärung abgibt, beseitigt das Erklärungsbewusstsein nicht. Gleichfalls unerheblich ist, dass die Klägerin für sie immer KPÖ-Eigentum gewesen sei. Insoweit wird zur weiteren Begründung auf die obigen Ausführungen zur Unbeachtlichkeit eines inneren Vorbehalts Bezug genommen.

d) Der zwischen der Klägerin und Frau St. zustande gekommene Treuhandvertrag ist wirksam.

aa) Die in notariell beurkundeter Form vorliegende Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 (Urkunde Nr. 231/1983) erfüllt die an sie zu stellenden Formerfordernisse.

aaa) Nach der für die Formwirksamkeit einer den Geschäftsanteil an einer GmbH betreffenden Treuhandabrede maßgeblichen Rechtspraxis in der DDR war es erforderlich, aber auch ausreichend, dass nur die Verpflichtungserklärung des jeweiligen Treuhänders notariell beurkundet wurde, denn mangels Anwendbarkeit von § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG a.F. war - wie bereits ausgeführt - die korrespondierende Erklärung formfrei.

bbb) Die von dem Notar Dr.G. vorgenommene Beurkundung ist wirksam, da entgegen der Ansicht der Klägerin ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 NG, der gemäß § 23 Nr. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB zur Formnichtigkeit führen würde, nicht vorliegt.

Es steht fest, dass Frau St. die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 nicht blanko unterschrieben hat. Zur Begründung wird insoweit auf die oben gemachten Ausführungen zur Formwirksamkeit der die Abtretung des Geschäftsanteils betreffenden Annahmeerklärung von Frau St. vom 25. Mai 1983 (Urkunde Nr. 230/1983) Bezug genommen. Mit den von der Klägerin für ihren Rechtsstandpunkt vorgetragenen Argumenten hat sich der Senat dort bereits auseinander gesetzt und die Erwägungen, aufgrund derer er für die Urkunde Nr. 230/1983 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Beurkundung wirksam ist, sind identisch mit den hier anzustellenden. Dies gilt auch für die Bewertung des in dem PTU-Gutachten festgehaltenen Ergebnisses zur Untersuchung der Schreibreihenfolgen bezüglich der Urkunde Nr. 231/1983. Anders als bei der Urkunde Nr. 230/1983 ergibt sich die nachträgliche Einfügung von Textteilen bei der Urkunde Nr. 231/1983 daraus, dass in den Kreuzungsbereichen der Maschinenschrift und der Unterschrift "St." die maschinenschriftlichen Schreibleistungen auf der Handschrift aufliegen. Diesem Umstand kommt aber aus den oben dargestellten, auch hier geltenden Gründen keine Bedeutung zu.

Weiter steht fest, dass Dr.G. Frau St. die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983, wie in der Urkunde Nr. 231/1983 vermerkt, vorgelesen hat. Zur Begründung wird insoweit auf die Ausführungen zur Formwirksamkeit der Annahmeerklärung von Frau St. vom 16. März 1978 (Urkunde Nr. 90/1978) Bezug genommen.

bb) Die mit dem Treuhandvertrag gewählte Konstruktion, dass eine GmbH eigene Geschäftsanteile durch einen Treuhänder hält, ist gesellschaftsrechtlich zulässig.

Nach § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. ist der Erwerb eigener Geschäftsanteile, auf welche die Stammeinlage vollständig eingezahlt ist, durch die GmbH möglich, wenn der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann. Der Erwerb für die GmbH kann auch mittels eines Treuhänders erfolgen, denn für den Erwerb durch Dritte auf Rechnung der GmbH gelten die allgemeinen Regeln, d.h. im Außenverhältnis erwirbt der Dritte und wird Gesellschafter, im Innenverhältnis gilt § 33 GmbHG a.F. mit der Folge, dass die GmbH gegenüber dem Dritten nur berechtigt und verpflichtet ist, wenn der Erwerb nach dieser Vorschrift zulässig ist (vgl. dazu die aktuelle Kommentierung, deren Heranziehung möglich ist, weil der geschilderte Kern der Regelung von § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. erhalten geblieben ist und die später hinzugefügten Einschränkungen nicht den Fall des Erwerbs durch Dritte auf Rechnung der GmbH betreffen: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl. 2000, § 33 Rnr. 10; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl. 2003, § 33 Rnr. 31). Nichts anderes gilt, wenn ein Gesellschafter sich nachträglich verpflichtet, den Geschäftsanteil treuhänderisch für die GmbH zu halten, sofern die für den Erwerb durch die GmbH in § 33 GmbHG a.F. aufgestellten Anforderungen erfüllt sind, d.h. keine Umgehung vorliegt.

Dies ist hier der Fall. Auf sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin war die Stammeinlage bereits bei deren Gründung 1951 vollständig eingezahlt worden. Der Erwerb des zweiten Geschäftsanteils in Höhe von 25 000 M durch Frau St. ist nicht mit von der Klägerin zur Verfügung gestelltem Kapital erfolgt, weil der Erwerb ausweislich Ziffer 1 der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 ohne Gegenleistung stattfand.

cc) Schließlich handelt es sich bei dem zwischen Frau St. und der Klägerin zustande gekommenen Treuhandvertrag nicht um ein Scheingeschäft.

Hinsichtlich der allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze und der maßgeblichen Beurteilungskriterien wird auf die obigen Ausführungen zu diesem Punkt Bezug genommen. Auch für die Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 kann nach dem Vorbringen der Klägerin und den von ihr in Bezug genommenen Angaben von Frau St. nicht festgestellt werden, dass Letztere die Treuhanderklärung in Kenntnis eines bestimmten, mit dem Scheingeschäft verfolgten Zwecks abgegeben hat. Bei ihrer Vernehmung durch die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich vom 8. Februar 1993 erklärte sie, dass ihr der Zweck der Erklärung unbekannt gewesen sei. Diese habe zu den Firmenakten der Novum kommen sollen. Sie habe sich das nicht angeschaut. Auch bei ihrer Vernehmung am 8. April 2003 hat sie angegeben, nicht gewusst zu haben, warum das so gehandhabt worden sei.

Weiter fehlt es auch für diese Treuhanderklärung an einer nachvollziehbaren Erklärung, welcher Zweck mit dem Scheingeschäft verfolgt worden sein soll. Soweit die von der Klägerin für die behauptete Abgabe der Treuhanderklärung vom 16. März 1978 als Scheinerklärung nachträglich vorgetragenen Motive theoretisch auch noch für die Erklärung von 1983 Geltung beanspruchen könnten, liefert keines eine auf Tatsachen gestützte plausible Erklärung für die damit angeblich verfolgten Zwecke. Zur Begründung wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Treuhanderklärung vom 16. März 1978 verwiesen. Andere, ausschließlich den Zweck der Treuhanderklärung vom 25. Mai 1983 betreffende Tatsachen oder Erwägungen hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Entgegen ihrer Ansicht ergibt sich auch aus der Tatsache, dass sie nach dem Inhalt der Treuhanderklärung von Frau St. Treugeberin ihrer eigenen Geschäftsanteile ist, nicht, dass die Treuhanderklärung keine rechtliche oder tatsächliche Wirkung entfalten sollte, d.h. nur simuliert war. Denn das Halten eigener Geschäftsanteile durch eine GmbH mittels eines Treuhänders stellt, wie ausgeführt, eine gesellschaftsrechtlich zulässige und nicht von vornherein unsinnige Konstruktion dar.

e) Allein durch das Zustandekommen des Treuhandvertrages zwischen Frau St. und der Klägerin ist auch bezüglich des zweiten Geschäftsanteils an der Klägerin in Höhe von 25 000 M ein Treuhandverhältnis begründet worden, obwohl Frau St. den Geschäftsanteil als Treugut nicht unmittelbar von der Klägerin übertragen bekommen hat. Denn es ist - wie bereits ausgeführt - ausreichend, dass sie zunächst Gesellschafterin der Klägerin geworden und anschließend bezüglich dieser Position eine vertragliche Treuhandbindung gegenüber dieser eingegangen ist.

3. Auch bei dem zweiten Geschäftsanteil an der Klägerin handelt es sich letztlich um Vermögen der Zentrag/SED, obwohl er von Frau St. als Treuhänderin für die Klägerin gehalten wurde. Denn der wirtschaftliche Nutzen dieses Anteils kommt genauso, als würde der Anteil unmittelbar von der Klägerin gehalten, dem Inhaber des anderen Geschäftsanteils und damit der SED als dessen wirtschaftlichem Eigentümer zugute.

a) Hielte die Klägerin die zweite Hälfte ihrer Geschäftsanteile unmittelbar selbst, so würden die darauf entfallenden Vermögenswerte im Falle einer Verteilung dem Anteil des anderen Gesellschafters, also wirtschaftlich der Zentrag/SED, zugeschlagen.

Denn bei einem rechtswirksamen Erwerb eigener Anteile durch eine GmbH geht der Anteil nicht unter (vgl. Scholz, GmbH-Gesetz, 9. Aufl. 2000, § 33 Rnr. 32; Roth/Altmeppen, a.a.O., § 33 Rnr. 21; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 33 Rnr. 17), es ruhen nur die aus dem Geschäftsanteil fließenden Mitverwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht (allg. Meinung, s. Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 33 Rnr. 20; Roth/Altmeppen, a.a.O., § 33 Rnr. 24; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 33 Rnr. 18, 19; Scholz, a.a.O., § 33 Rnr. 37 m.w.N.) mit der Folge, dass die übrigen Gesellschafter mittels ihres Stimmrechts die Geschicke der Gesellschaft bestimmen.

Aus dem Anteil folgt eine Gewinnberechtigung der Gesellschaft. Sie kann jedoch nur in der Weise geltend gemacht werden, dass alle Gesellschafter den ihnen gebührenden Gewinnanteil erhalten, d.h. der von der Gesellschaft nicht zu vereinnahmende Betrag fließt sofort den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile zu (vgl. Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 33 Rnr. 20; Scholz, a.a.O. § 33 Rnr. 33; Roth/Altmeppen, a.a.O., § 33 Rnr. 24; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 33 Rnr. 20).

Das gleiche gilt im Falle der Liquidation. Eigene Geschäftsanteile der GmbH werden bei der nach § 72 GmbHG a.F. unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Anteile vorzunehmenden Verteilung des Vermögens nicht berücksichtigt; sie erhöhen aber die auf die übrigen Geschäftsanteile entfallenden Anteile (vgl. dazu die aktuelle Kommentierung, deren Heranziehung möglich ist, weil der Text von § 72 GmbHG seit 1892 unverändert ist, s. Michalski, GmbHG, 2002, § 72 Rnr. 1: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 72 Rnr. 5; Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 72 Rnr. 11; Scholz, a.a.O., § 33 Rnr. 35).

b) Nichts anderes gilt bei der Einschaltung eines Treuhänders auf Seiten der Klägerin, weil sie auch dann in ihrer Eigenschaft als Treugeberin wirtschaftliche Eigentümerin des Geschäftsanteils ist. Nach den oben dargestellten Grundsätzen stehen die auf diesen Anteil entfallenden Vermögenswerte im Falle einer Verteilung letztlich der Zentrag/SED zu und diese übt auch das aus diesem Anteil folgende Weisungsrecht gegenüber dem Treuhänder aus.

Unerheblich ist, dass die aus dem Geschäftsanteil fließenden Mitverwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht, im vorliegenden Fall nicht ruhen, weil mit Frau St. als Treuhänderin der Klägerin ein nach außen mit allen Rechten ausgestatteter Gesellschafter vorhanden ist, der grundsätzlich in Höhe des betreffenden Anteils verfügen und abstimmen kann. Sie unterliegt nämlich auch insoweit den Weisungen des Treugebers des anderen Geschäftsanteils, der Zentrag/SED.

Die Klägerin kann als GmbH das ihr als Treugeberin an sich zustehende Weisungsrecht nicht ausüben, weil dieses Weisungsrecht aus dem ihr aufgrund der Treuhandabrede wirtschaftlich weiterhin zustehenden Geschäftsanteil folgt und sie insoweit so zu behandeln ist, als hielte sie den Geschäftsanteil auch rechtlich unmittelbar selbst. In diesem Fall wird die Willensbildung der GmbH von den übrigen Gesellschaftern bestimmt, sodass diese bei einem Treuhandverhältnis, bei dem die GmbH Treugeberin eigener Geschäftsanteile ist, das daraus folgende Weisungsrecht gegenüber dem Treuhänder ausüben. Sind die übrigen Gesellschafter, wie hier Frau St. bezüglich des ersten Geschäftsanteils, ihrerseits treuhänderisch gebunden, steht das Weisungsrecht deren Treugeber, hier der Zentrag/SED, zu.

Ein anderes Rechtsverständnis würde dazu führen, dass bei einer Konstruktion wie der in Rede stehenden der Treuhänder in seinem Abstimmungsverhalten und seinen Verfügungen entgegen den in der Treuhandabrede getroffenen Vereinbarungen frei wäre. Dies stünde auch mit Sinn und Zweck des PartG-DDR nicht in Einklang. Die Zentrag/SED könnte nämlich dadurch, dass sie denselben Treuhänder einen Teil der Anteile einer GmbH nicht für sich, sondern für die GmbH selbst halten lässt, deren wirtschaftlicher Eigentümer sie aber letztlich ist, einen Teil ihres Vermögens gesellschaftsrechtlich verselbständigen, obwohl sie darauf über den ihr intern verbundenen Treuhänder jederzeit hätte zugreifen können.

4. Selbst wenn Frau St. die Erklärungen vom 25. Mai 1983 tatsächlich blanko unterschrieben hätte, änderte dies nichts an der Verbundenheit der Klägerin im Sinne von § 20 b PartG-DDR. Denn auch dann würde der zweite Geschäftsanteil an der Klägerin treuhänderisch für die Zentrag/SED gehalten.

Zwar wäre Frau St. dann wegen der sich aus §§ 19 Abs. 2, 23 Nr. 2 NG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 DB ergebenden Formnichtigkeit des Abtretungsvertrages zwischen ihr und Ha. vom 28. April/25. Mai 1983 bezüglich des zweiten Geschäftsanteils nicht Gesellschafterin der Klägerin geworden, aber zwischen Ha. und der Zentrag/SED bestand ein Treuhandverhältnis.

Soweit die in dem Bescheid vom 14. Januar 1992 unter Ziffer 1 und 2 getroffene Feststellung, das Vermögen der Klägerin unterliege der treuhänderischen Verwaltung, auch bezüglich des zweiten Geschäftsanteils der Klägerin auf die Gesellschafter- und Treuhänderstellung von Frau St. gestützt wird, betrifft dies nur die Begründung des Bescheides und wirkt sich nicht auf dessen Rechtmäßigkeit aus. Denn das Vermögen der in § 20 b PartG-DDR genannten Parteien und Organisationen ist bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen bereits von Gesetzes wegen der treuhänderischen Verwaltung unterstellt (BVerwGE 92, 196 <198>). Die im Wege eines Verwaltungsakts vorzunehmende konkretisierende Umsetzung im Einzelfall ist rechtmäßig, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu dem in der Norm festgelegten Stichtag vorlagen, unabhängig davon, auf welchen Erkenntnissen oder welcher rechtlichen Bewertung die Einzelfallregelung beruhte.

a) Durch wirksamen notariellen Vertrag vom 16. März 1977, Urkunde Nr. 105/1977 des Notarvertreters Dr.G., trat F. , vertreten durch Frau St. , seinen Geschäftsanteil in Höhe von 25 000 M an Ha. ab, der dadurch Alleingesellschafter wurde.

b) Mit seiner Treuhanderklärung vom gleichen Tage, Urkunde Nr. 106/1977 des Notarvertreters Dr.G., ist Ha. für diesen gerade erworbenen Anteil eine schuldrechtliche Treuhandbindung gegenüber der Zentrag/SED eingegangen.

aa) Auch dieser Erklärung ist ein entsprechendes Angebot der Zentrag/SED vorausgegangen, obwohl ein solches in einer der Treuhanderklärung vergleichbaren Form nicht vorliegt.

aaa) Ebenso wie bei Frau St. ist Ha. das zumindest konkludent geäußerte Verlangen der Zentrag/SED auf Abgabe einer Treuhanderklärung jedenfalls dadurch zur Kenntnis gelangt, dass die Erklärung von dem Notarvertreter Dr.G. vorbereitet und ihm bei der Leipziger Frühjahrsmesse 1977 zur Unterschrift vorgelegt wurde, ohne dass zuvor eine entsprechende Anweisung durch ihn, Verantwortliche der Klägerin oder der KPÖ ergangen war. Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass die Initiative zur Vorbereitung und Abgabe der Erklärung vom 16. März 1977 von ihr oder der KPÖ ausgegangen sei. Entsprechendes erklärte auch Ha. weder in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 16. März 1992 noch bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 10. März 1994. Vielmehr gab er bei der genannten Vernehmung an, er habe wiederum eine Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag unterschreiben müssen.

Dr.G. fungierte dabei als Bote der Zentrag/SED, denn der Rechtsanwältin und Notarin I.G., als deren Vertreter er tätig wurde, kam - wie bereits ausgeführt - im Verhältnis zur Zentrag/SED eine besondere Funktion zu.

bbb) Unabhängig von dieser besonderen Funktion des Büros G. ist ein von Dr.G. als Bote überbrachtes Verlangen der Zentrag/SED nach Abgabe der Treuhanderklärung schon deshalb anzunehmen, weil Dr.G. anderenfalls ohne irgendeinen Auftrag, also von sich aus, von Ha. eine Treuhanderklärung zugunsten des SED-Betriebs Zentrag hätte unterzeichnen lassen, obwohl er angeblich wusste, dass die Klägerin ein Unternehmen der KPÖ war. Auch insoweit wird zur Begründung auf die entsprechenden Ausführungen zum Treuhandvertrag zwischen Frau St. und der Zentrag/SED vom 16. März 1978 Bezug genommen.

ccc) Die Forderung der Zentrag/SED auf Abgabe einer Treuhanderklärung wird zusätzlich durch den Wortlaut der Erklärung vom 16. März 1977 dokumentiert.

Auch Ha. hat ausweislich von Ziffer 1 der Treuhanderklärung erklärt, dass F. den Geschäftsanteil auf Weisung der Zentrag an ihn abgetreten habe. Aus dieser Weisung der Zentrag gegenüber F., den Geschäftsanteil an Ha. abzutreten, ergibt sich, dass es ein an diesen gerichtetes konkludentes Verlangen auf Abgabe einer Treuhanderklärung gab. Im Einzelnen wird zur Begründung für das Vorliegen eines Angebots der Zentrag/SED an Ha., insbesondere der Existenz einer Weisung, auf die Ausführungen zum Angebot der Zentrag/SED an Frau St. Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.

Der Annahme einer Weisung steht nicht entgegen, dass Ha. 1954 und 1976 (richtig: 1977) sowohl die Geschäftsanteile an der Klägerin als auch deren Geschäftsführung auf Vorschlag bzw. Weisung der KPÖ übernommen haben will (eidesstattliche Erklärung vom 16. März 1992; Protokoll der Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. März 1994). Denn ein Auftrag seitens der KPÖ an Ha. schließt einen bestimmenden Einfluss der SED auf dessen Auswahl als Gesellschafter der Klägerin nicht aus, er spricht nicht einmal dagegen. Auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

ddd) Im Hinblick darauf, dass das Angebot der Zentrag/SED in der Form des konkludenten Verlangens auf Abgabe einer Treuhanderklärung feststeht und Ha. als dessen Adressat mit seiner notariellen Erklärung vom 16. März 1977 ein gewichtiges Indiz dafür geliefert hat, kommt es wie bei der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 nicht darauf an, wer genau das Verlangen geäußert hat.

eee) Das Angebot der Zentrag/SED ist Ha. in dem Moment zugegangen, als Dr.G. ihm die Treuhanderklärung zur Unterschrift vorlegte. Außerdem hatte Ha. ausweislich Ziffer 1 seiner Treuhanderklärung vom 16. März 1977 Kenntnis von der Weisung der Zentrag an F.

bb) In der Treuhanderklärung vom 16. März 1977, insbesondere in den Ziffern 2 und 3, liegt die erforderliche Annahmeerklärung von Ha. Diese erfüllt die an ein Treuhandverhältnis zu stellenden Anforderungen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu der insoweit wortgleichen Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 Bezug genommen.

Auch Ha. gab die Treuhanderklärung vom 16. März 1977 mit dem erforderlichen Erklärungsbewusstsein ab. Dies ergibt sich aus seinen Angaben bezüglich der ersten Treuhanderklärung vom 13. Juli 1956 zugunsten der Zentrag, die hier heranzuziehen sind, weil aus der Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 10. März 1994 deutlich wird, dass Ha. die Erklärung vom 16. März 1977 vor dem Hintergrund seiner unveränderten Vorstellungen und Kenntnisse von 1956 abgegeben hat. Er gab an, seinerzeit Herrn St., dem Personalchef der KPÖ, von der Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag berichtet zu haben. Dieser habe ihn beruhigt und erklärt, dass die Novum der KPÖ gehöre. Er könne in Berlin alles ruhig unterschreiben, er müsste sich keine Sorgen machen. Herr St. habe ihn nicht weiter gefragt, wer oder was die Zentrag sei. Es sei ihm - Ha. - damals nicht eingefallen, sich mehr Gedanken darüber zu machen und mehr zu wissen, als unbedingt notwendig. Er habe in Berlin bei der Notarin G. mehrere Papiere unterschrieben. Sie habe ihn auf die Zentrag aufmerksam gemacht, ihm aber erklärt, dass dies keine Auswirkungen auf die Novum habe und für die DDR-Behörden unbedingt erforderlich sei. Er habe sich nichts dabei gedacht, zumal ihm auch Herr St. zuvor erklärt habe, dass er alles unterschreiben könne. Auch der damalige Minister Wß. (1954-1965 stellvertretender Minister für Außenhandel und Innerdeutschen Handel) habe ihm erklärt, dass das notwendig sei.

Die Kenntnis von Ha. von der Notwendigkeit der Treuhanderklärung, auch wenn er sich im Einzelnen keine Gedanken gemacht haben sollte, belegt in ausreichendem Maße sein Erklärungsbewusstsein. Hinzu kommt, dass er wusste, dass es sich bei der Zentrag um einen SED-Betrieb handelte. Denn er gab weiter an, dass bei einem Gespräch mit Minister Wß. das Wort "Zentrag" gefallen und ihm auf seine Frage erklärt worden sei, dass diese zum Bereich der SED gehöre. Zwar erklärte er dann im Laufe der Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, bei Abgabe der Treuhanderklärung nicht gewusst zu haben, dass die Zentrag zur SED gehöre, was allerdings im Hinblick auf seine vorherige konkrete Erinnerung an ein Gespräch mit dem Minister nicht glaubhaft ist. Aber selbst wenn seine Behauptung wahr sein sollte, änderte es nichts an seinem Erklärungsbewusstsein. Ha. gab nämlich auf den anschließenden Vorhalt, dann eine Erklärung zugunsten einer Firma unterschrieben zu haben, von der er nicht einmal gewusst habe, wem diese gehöre, an, er habe die Instruktion von Herrn St. gehabt, dass er alles unterschreiben könne; das habe ihm gereicht.

Unerheblich sind schließlich der bereits erwähnte Hinweis von Ha., nach Auskunft der Notarin G. habe die Treuhanderklärung zugunsten der Zentrag keine Auswirkungen auf die Novum, sowie seine weiteren Ausführungen, Treugeber sei für ihn die Zentrag gewesen, was aber nur eine fiktive Sache gewesen sei, für ihn sei die KPÖ Eigentümerin der Novum gewesen. Die Erklärung wäre selbst dann wirksam, wenn Ha. die treuhänderische Anbindung der Klägerin an die Zentrag/SED tatsächlich nicht gewollt haben sollte. Denn ein sich aus dieser Äußerung etwa ergebender entgegenstehender Wille in dem Sinne, dass Ha. die treuhänderische Anbindung der Klägerin an die Zentrag/SED nicht gewollt hat, ist unbeachtlich. Insoweit gilt das oben zur Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 Ausgeführte entsprechend. Darauf wird verwiesen.

cc) Auch die Treuhanderklärung von Ha. st der Zentrag/SED zugegangen.

Ein wirksamer Zugang ist bereits dadurch bewirkt worden, dass Dr.G. die Treuhanderklärung im Rahmen des Beurkundungsvorganges entgegengenommen hat.

Unabhängig davon ist sie zusätzlich in den direkten Zugriffsbereich der Zentrag/SED gelangt. Ebenso wie bei der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 sieht es der Senat aufgrund des Inhalts der Vermerke der Rechtsanwälte J., Schr. und E. vom 23. November 1992, 19. und 21. März 1993 als erwiesen an, dass zu den bei der Zentrag vorhandenen, die Klägerin betreffenden Unterlagen auch ein Exemplar der Treuhanderklärung von Ha. vom 16. März 1977 gehörte. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Vermerk von Rechtsanwalt J. vom 19. März 1993. Zur weiteren Begründung sowohl hinsichtlich der Funktion von Dr.G. als "Empfangsstelle" der SED als auch bezüglich der Zentrag-Unterlagen verweist der Senat auf seine Ausführungen zum Zugang der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978.

dd) Der zwischen der Zentrag/SED und Ha. zustande gekommene Treuhandvertrag ist wirksam.

aaa) Die obigen die Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 betreffenden Ausführungen zur Frage der Formbedürftigkeit eines solchen Vertrages gelten uneingeschränkt auch hier.

bbb) Weiter handelt es sich bei dem zwischen Ha. und der Zentrag/SED zustande gekommenen Treuhandvertrag nicht um ein Scheingeschäft. Wegen der allgemeinen zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Scheingeschäftes wird auf die zum Treuhandvertrag von Frau St. gemachten Ausführungen Bezug genommen. Auch der hier zu beurteilende Treuhandvertrag erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Entsprechende Tatsachen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Jedenfalls für Ha. kann nicht festgestellt werden, dass er seine Treuhanderklärung vom 16. März 1977 in Kenntnis eines bestimmten, mit dem Scheingeschäft verfolgten Zwecks abgegeben hat. So erklärte er bei seiner Vernehmung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 10. März 1994, eine genaue Begründung, warum die Zentrag als Treugeberin habe anscheinen müssen, sei ihm nicht genannt worden. Die Klägerin selbst räumt ein, dass sich die Gründe für die Abgabe sämtlicher Treuhanderklärungen ihrer Gesellschafter nicht mehr mit letzter Sicherheit feststellen lassen, und liefert lediglich nachträgliche Erklärungsversuche. Insoweit kommt es auf die korrespondierende Erklärung der Zentrag/SED nicht an. Die weiteren im Zusammenhang mit der Treuhanderklärung von Frau St. vom 16. März 1978 gemachten Ausführungen zu der Behauptung der Klägerin von einer ständigen Übung der prophylaktischen Abgabe von Treuhanderklärungen zum Schein sowie zu den weiteren, von ihr nachträglich als mögliche Erklärung für die behauptete Abgabe von Scheinerklärungen angegebenen Motiven gelten uneingeschränkt auch hier.

VI. Die Verbundenheit der Klägerin mit der Zentrag/SED im Sinne von § 20 b PartG-DDR steht fest, weil für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt 7. Oktober 1989 bewiesen ist, dass bezüglich der beiden Geschäftsanteile an der Klägerin Treuhandverträge zugunsten der Zentrag/SED bzw. der Klägerin selbst, was - wie dargelegt - ausreicht, bestehen.

Deshalb sei nur angemerkt, dass auch für die Zeit vor 1978, auf die es wegen des entscheidungserheblichen Zeitpunkts nicht ankommt, eine nahezu lückenlose Kette von Treuhanderklärungen bezüglich der Klägerin zugunsten der Zentrag/SED vorliegt, nämlich die Erklärungen von H. und B. vom 27. November 1953, von F. vom 7. Juli 1954, von Ha. vom 13. Juli 1956, von F. vom 27. Juni 1974 sowie von Ha. vom 29. Oktober 1974 und 16. März 1977. Von Ba. fehlt eine solche Erklärung. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass er keine Treuhanderklärung abgegeben hat, sondern möglicherweise ist sie nur nicht gefunden worden. Dafür spricht die Treuhanderklärung von F. vom 27. Juni 1974, wonach Ba. auf Weisung der Zentrag VOB seinen Geschäftsanteil an der Klägerin an ihn abgetreten habe.

Demgegenüber fehlen entsprechende Treuhanderklärungen bezüglich der Klägerin zugunsten der KPÖ. Keiner der Gesellschafter der Klägerin, insbesondere nicht Frau St. hat vor dem gesetzlichen Stichtag 7. Oktober 1989 eine Treuhanderklärung zugunsten der KPÖ abgegeben, obwohl die Gesellschafter - wie die Klägerin behauptet - ausschließlich Treuhänder der KPÖ gewesen und die Erklärungen zugunsten der Zentrag/SED nur zum Schein abgegeben worden sein sollen. Die von Frau St. bezüglich der Klägerin zugunsten der KPÖ abgegebene Treuhanderklärung vom 19. Februar 1992 ist insoweit unbeachtlich. Aus welchen Gründen Treuhanderklärungen zugunsten der KPÖ fehlen, ist nicht entscheidungserheblich. Im Hinblick hierauf bedarf es auch keiner weiteren Ausführungen dazu, dass die dafür gegebenen Begründungen nach Aktenlage nicht überzeugen.

Auch ansonsten liegen keine Dokumente aus dem Bereich der KPÖ vor, die deren behauptete Treugeberstellung bezüglich der Klägerin beweisen.

Bei diesem Ergebnis und dem oben unter I. dargestellten maßgeblichen rechtlichen Ansatz kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang etwaige tatsächliche Anhaltspunkte auf eine Zugehörigkeit der Klägerin zur KPÖ bzw. deren behaupteten Wirtschaftsapparat hinzuweisen scheinen. Hierzu gehören insbesondere die weiteren vom Verwaltungsgericht festgestellten bzw. von den Beteiligten dargelegten Umstände, die die Geschäftstätigkeit der Klägerin, ihre Behandlung durch offizielle Stellen der DDR sowie ihr Verhältnis zur KPÖ betreffen. Insoweit bedurfte es keiner weiteren Aufklärung.

1. Dies gilt namentlich für die Aspekte, aus denen sich nach Ansicht der Klägerin ihre Zugehörigkeit zur KPÖ ergibt, z.B. die Niederschrift über das Gespräch des Generalsekretärs des ZK der SED Honecker mit dem Vorsitzenden der KPÖ Mu. am 30. November 1987, das Schreiben von Dr.Bl. an Dr.Wß. vom 1. November 1968, die Aussage von Dr.Bl. zu der Vereinbarung über die Entwicklung der Zusammenarbeit auf ökonomischem Gebiet zwischen der SED und der KPÖ vom 26. Juni 1973, das in Wien zwischen einem Konsortium Volkseigener Außenhandelsbetriebe der DDR und einem Konsortium von Unternehmen der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft geschlossene Abkommen über wirtschaftliche, industrielle und technisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit vom 13. Dezember 1988, die Informationen für Staatssekretär Dr.Bl. vom 18. und 20. März 1974 zum Stand des Stahl-Kali-Gremiums, die in den 80er Jahren entstandenen Berichte des MfS und des BND, die fehlenden regelmäßigen Gewinnabführungen der Klägerin an die SED, die Staatsangehörigkeit ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer, die Art der Finanzierung ihres Geschäftsbetriebs, die Dokumente, in denen die Klägerin als KPÖ-Unternehmen bezeichnet wird, die - vom Verwaltungsgericht festgestellte - fehlende Anbindung der Klägerin an eine Abteilung des ZK der SED sowie ihre engen Verbindungen zu österreichischen Firmen, und hierbei insbesondere die Behauptung der Klägerin, die ihr zustehenden Provisionen aus der Vertretung der Firma C. seien auf Konten der Firma Wagner & Co. eingegangen.

Selbst diese Vorgänge sowie weitere Dokumente, die den Anschein erwecken, es habe sich bei der Klägerin um eine KPÖ-Firma gehandelt, passen zu ihrer festgestellten SED-Anbindung, weil es sich - wie ausführlich dargestellt - bei der Klägerin um eine als KPÖ-Unternehmen getarnte Firma der SED handelte.

2. Soweit die Klägerin ihre Ansicht, sie sei eine KPÖ-Firma gewesen, darauf stützt, sie habe regelmäßig Abführungen an die KPÖ geleistet und bei ihren vorwiegend ausländischen Konten habe es sich um Sammelkonten des KPÖ-Wirtschaftsapparates gehandelt, kommt dem aus den oben dargelegten Gründen gleichfalls keine Bedeutung zu.

Unabhängig hiervon sind beide Behauptungen nicht hinreichend belegt.

Die Klägerin selbst hat im vorliegenden Verfahren eingeräumt, dass ihr der Nachweis einzelner Zahlungsvorgänge nicht möglich sei.

Das Verwaltungsgericht hatte ihr mit Verfügung vom 9. Oktober 1995 aufgegeben, substanziiert unter Vorlage entsprechender Aufstellungen darzulegen, welche Beträge wann und auf welchen Wegen in der Vergangenheit von der Novum GmbH und der T. an die KPÖ weitergeleitet wurden, sowie substanziiert und unter Vorlage entsprechender Aufstellungen die von ihr behauptete KPÖ-Herkunft der auf Konten der Novum GmbH und T. festgestellten Guthaben im Gesamtwert von über 500 Mio. DM im Einzelnen darzulegen.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 1995 hat die Klägerin erklärt, es sei ihr nicht möglich, jeden einzelnen Betrag, den sie an die KPÖ abgeführt habe und jede einzelne Zahlung und Abverfügung von den auf sie und T. lautenden Konten des KPÖ-Wirtschaftsapparates darzustellen. Dies liege daran, dass es sich um eine Vielzahl von Buchungsvorgängen auf einer Vielzahl von Konten des KPÖ-Wirtschaftsapparates, die unter den Namen verschiedener KPÖ-Treuhänder bzw. KPÖ-Firmen geführt worden seien, über einen längeren Zeitraum handele. Allein wegen der Komplexität dieses Geflechts von Konten und Firmen des KPÖ-Wirtschaftsapparates und des Zeitablaufs könnten die einzelnen Zahlungsvorgänge nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen werden. Eine solche Darstellung werde auch dadurch erschwert, dass es auch zwischen den verschiedenen Konten des KPÖ-Wirtschaftsapparates zu zahlreichen Zahlungsflüssen gekommen sei. Eine Darstellung der einzelnen Buchungsvorgänge sei ihr weiterhin deshalb nicht möglich, weil das im Schriftsatz vom 21. Dezember 1994 dargestellte Geheimhaltungsinteresse der KPÖ dazu geführt habe, dass schriftliche Unterlagen über die Zugehörigkeit einzelner Firmen und Konten zur KPÖ und über die einzelnen Zahlungsvorgänge auf den Konten entweder nie existiert hätten oder jeweils nach Abschluss des Geschäftsjahres vernichtet worden seien. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass Frau St. erst ab 1976 die Leitung des Wirtschaftsapparates, seit Frühjahr 1977 zusammen mit dem Zeugen So., übernommen habe, sodass es ihr auch insoweit nicht möglich sei, sämtliche Zahlungsvorgänge seit Gründung des KPÖ-Wirtschaftsapparates vollständig nachzuvollziehen und darzustellen. Sie beschränke sich daher auf eine grundsätzliche Darstellung der aus einer Vielzahl von Konten bestehenden Kasse des KPÖ-Wirtschaftsapparates, der Guthaben auf den auf ihren und T. lautenden Konten des KPÖ-Wirtschaftsapparates und der Gewinnabführung an die KPÖ.

In der Berufungserwiderung hat die Klägerin auf diese Erklärung Bezug genommen und bestätigend ausgeführt, dass es aufgrund der Komplexität des KPÖ-Wirtschaftsapparates, der Vielzahl der damit verbundenen finanziellen Transaktionen und des ständigen Bemühens der KPÖ, ihre finanziellen Ressourcen in der Öffentlichkeit nicht bekannt werden zu lassen, kaum mehr möglich sei, für die vergangenen vierzig Jahre im Einzelnen ihre Gewinnabführungen an die KPÖ nachzuweisen.

3. Auf die Vermögensaufstellung des OEB Fundament, die 100-Millionen-DM-Anlage bei der DABA, die Arbeitsordnung der Klägerin von 1985, den Betreuungsvertrag der Klägerin mit Rechtsanwalt Dr.G., die Korrespondenzen im Zusammenhang mit dem Arbeitsgerichtsprozess Dü., die Pkw-Beschaffung durch die Klägerin, die überstürzte Abreise von F. aus der DDR im September 1976, die Beschaffung von Materialien für den Ministerrat der DDR durch die Klägerin sowie die Aussage des Zeugen Schl. bei seiner Vernehmung durch das Verwaltungsgericht am 31. Oktober 1996 war ebenfalls nicht näher einzugehen. Unabhängig von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit enthalten diese Vorgänge entweder keine Anhaltspunkte für die vermögensmäßige Zuordnung der Klägerin oder aber sie stützen die aufgrund der Treuhandverträge bereits festgestellte Verbundenheit der Klägerin mit der Zentrag/SED.

Letzteres gilt in gleichem Maße für die steuerliche Behandlung der Klägerin in der DDR, die seit Mitte der 70er Jahre bestehende Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma Transinter über die Teilung der infolge der Vertretertätigkeit angefallenen Provisionen sowie insbesondere die Ereignisse im Zuge der Wende, nämlich den Versuch von Frau St., 1990 sämtliche von ihr und den Gesellschaftern der Klägerin abgegebenen Treuhanderklärungen vernichten zu lassen, den Abschluss des Nutzungsvertrags zwischen dem OEB Fundament und Frau St. bezüglich der Grundstücke Wönnichstraße 69 und 71 sowie die anschließende Unterverpachtung an die Klägerin, den "Rückkauf" der Klägerin von der Zentrag durch Frau St. im April 1990, die Einbeziehung der Klägerin in den zwischen der Staatlichen Versicherung der DDR und dem ZK der SED bestehenden globalen Versicherungsvertrag sowie die Tatsache, dass gerade im Juli 1990 zum ersten Mal kein österreichischer Staatsangehöriger, sondern der frühere Protokollchef des Ministeriums für Außenhandel He. zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt wurde.

Schließlich kommt es auf die von Frau St. ab Ende 1989 vorgenommenen bzw. veranlassten Kontenbewegungen und sonstigen finanziellen Transaktionen nicht an, da diese Vorgänge die Zeit nach dem maßgeblichen gesetzlichen Stichtag (7. Oktober 1989) betreffen.

B. Die in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides zu Recht festgestellte Verbundenheit der Klägerin mit der Zentrag/SED führt gemäß § 20 b Abs. 1 PartG-DDR zu dem in Ziffer 2 des Bescheides ausgesprochenen Zustimmungsvorbehalt für Vermögensveränderungen und berechtigt die Beklagte gemäß § 20 b Abs. 2 PartG-DDR zu Maßnahmen der treuhänderischen Verwaltung. Dazu gehören die Anordnungen in Ziffer 3 und 4 des Bescheides, die zur sachgerechten Verwaltung des Vermögens der Klägerin geboten sind und keinen rechtlichen Bedenken unterliegen. Dasselbe gilt für die in Ziffer 5 gemäß § 12 VwVG angedrohte Durchsetzung der Anordnungen in den Ziffern 3 und 4 im Wege unmittelbaren Zwangs.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zweiter Instanz aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene dort durch die Antragstellung dem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat. Soweit die Beigeladene erstinstanzlich dieses Risiko nicht eingegangen ist, hat sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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