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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.04.2003
Aktenzeichen: OVG 4 E 9.03
Rechtsgebiete: BDG, VwGO, DRiG


Vorschriften:

BDG § 3
BDG § 45 Satz 1
BDG § 45 Satz 2
BDG § 47 Abs. 2
BDG § 50 Abs. 1 Nr. 3
BDG § 50
BDG § 54
VwGO § 20
VwGO § 21
VwGO § 22
VwGO § 23
VwGO § 24 Abs. 1
VwGO § 24 Abs. 2
VwGO § 24 Abs. 3
VwGO § 24 Abs. 3 Satz 1
VwGO § 24 Abs. 4
VwGO § 24 Abs. 5
VwGO § 24
VwGO § 27
VwGO § 28
VwGO § 30 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 34
VwGO § 49
VwGO § 50
DRiG § 44 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

Aktenzeichen: OVG 4 E 9.03

In dem Verfahren gemäß § 3 des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) in Verbindung mit § 24 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)

Gründe:

Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts hat beim 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts beantragt, den zum Bundeskriminalamt in Wiesbaden versetzten Beamtenbeisitzer von seinem Amt zu entbinden.

1. Für die Entscheidung über den Antrag ist gemäß § 3 BDG i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts zuständig.

Das Bundesdisziplinargesetz verlangt gerichtliche Entscheidung über die Entbindung von Beamtenbeisitzern. § 50 BDG lässt erkennen, dass das Amt eines Beamtenbeisitzers bei Eintritt der dort bezeichneten Umstände nicht automatisch endet, es vielmehr einer besonderen Entscheidung bedarf. Während die frühere Regelung des § 54 BDG für vergleichbare Fälle das Erlöschen des Amtes (kraft Gesetztes, vgl. Weiß in Fürst GKÖD Bd. II K § 54 Rdnr. 5) vorsah, bestimmt § 50 BDG nunmehr, dass der Beamtenbeisitzer "zu entbinden" ist. Dies muss durch ein Gericht erfolgen. Gemäß § 44 Abs. 2 DRiG kann ein ehrenamtlicher Richter vor Ablauf seiner Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen seinen Willen nur durch Entscheidung eines Gerichts abberufen werden. Da § 50 BDG nicht auf das Einverständnis des Beamtenbeisitzers abstellt, nicht entsprechend differenziert, ist die Entbindung in allen Fällen dem Gericht vorbehalten.

Welches Gericht zu befinden hat, ist dem Bundesdisziplinargesetz nicht unmittelbar zu entnehmen. Weder regelt § 50 BDG Zuständigkeit und Verfahren noch gehört die Entbindung ehrenamtlicher Richter zu den im BDG ausdrücklich bezeichneten Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit, die durch § 45 Sätze 1 und 2 BDG besonderen Spruchkörpern der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen sind.

Die Zuständigkeit des (für die Entbindung ehrenamtlicher Richter zuständigen Senats des) Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus analoger Anwendung des § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO (ebenso VGH Mannheim, Beschluss vom 27. November 2002 - 1 S 2080/02 - bei Juris; Gänsen, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, § 50 BDG Rdnr. 3; a.A. wohl Köhler in Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. 2003, § 50 Rdnr. 7 sowie Rdnr. 2 i.V.m. § 47 Rdnr. 8).

Nach § 3 BDG sind zur Ergänzung dieses Gesetzes die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist. Ein solcher Vorbehalt besteht hier nicht, auch wenn § 47 Abs. 2 BDG vorsieht, dass die §§ 20 bis 24, 27, 28, 30 Abs. 1 Satz 2 und § 34 VwGO auf die Beamtenbeisitzer nicht angewandt werden. Denn die Einbeziehung des § 24 Abs. 3 VwGO erweist sich nach dem Zusammenhang der Vorschriften über die Disziplinargerichtsbarkeit und nach der Entstehungsgeschichte des Bundesdisziplinargesetzes als offenkundiges Versehen, dem durch einschränkende Auslegung Rechnung zu tragen ist. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 14/ 4659, S. 47 zu § 46) sollten diejenigen Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung über ehrenamtliche Richter von der Anwendbarkeit ausgeschlossen werden, die "auf Beamtenbeisitzer nicht passen". Dies trifft etwa auf § 24 Abs. 1, 2, 4 und 5 VwGO zu, da das Bundesdisziplinargesetz diese Sachverhalte in den §§ 49 und 50 eigenständig regelt, nicht aber auf § 24 Abs. 3 VwGO; denn die nach dem Konzept des Bundesdisziplinargesetzes nötige Zuständigkeitsregelung ist - wie ausgeführt - nicht erfolgt. Die offenbar unbeabsichtigte Regelungslücke ist durch eine dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers Rechnung tragende Auslegung des § 47 Abs. 2 BDG, die die Anwendung des § 24 Abs. 3 VwGO zulässt, zu schließen. § 50 BDG nimmt mit dem Begriff der Entbindung die Terminologie der Verwaltungsgerichtsordnung auf, die für vergleichbare Konstellationen in § 24 Abs. 3 Satz 1 die Zuständigkeit eines Senats des Oberverwaltungsgerichts vorsieht. Dasselbe gilt im Übrigen für die ehrenamtlichen Richter in den Fachkammern und Fachsenaten für Personalvertretungssachen (§ 84 Abs. 2 Satz 4 BPersVG bzw. § 92 Abs. 2 Satz 4 PersVG Bln i.V.m. § 21 Abs. 5 Satz 2 ArbGG) sowie in der Kammer und dem Senat für Heilberufe (§ 23 Berliner Kammergesetz i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

2. Der Beamtenbeisitzer ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 BDG von seinem Ehrenamt zu entbinden, weil er in ein Amt außerhalb des Bezirks, für den das Oberverwaltungsgericht Berlin zuständig ist, versetzt worden ist.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 3 BDG i.V.m. § 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

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