Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: OVG 5 B 11.01
Rechtsgebiete: VwKostG, AMG, GG, Richtlinie 75/319/EWG, AMNG


Vorschriften:

VwKostG § 11 Abs. 1
VwKostG § 20
VwKostG § 20 Abs. 1 Satz 1
VwKostG § 20 Abs. 1 Satz 3
VwKostG § 16
VwKostG § 20 Abs. 3
VwKostG § 14
VwKostG § 20 Abs. 1 Satz 2
VwKostG § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2
VwKostG § 11
AMG § 105 b
AMG § 105 Abs. 1
AMG § 105 Abs. 3
AMG § 33
AMG § 33 Abs. 1
AMG § 33 Abs. 3
AMG § 105 Abs. 3 Satz 1
GG Art. 103 Abs. 2
GG Art. 82 Abs. 2
Richtlinie 75/319/EWG Art. 39
AMNG Art. 3 § 7 Abs. 2
AMNG Art. 3 § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Urteil Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Arzneimittelherstellerin. Im Dezember 1989 beantragte sie beim Institut für Arzneimittel des Bundesgesundheitsamtes für sieben pflanzliche/homöopathische Arzneimittel die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Sie machte dabei jeweils Angaben über die Bestandteile des Arzneimittels, die Darreichungsform, die Anwendungsgebiete und die Wirkungen. Zwischen September 1994 und September 1995 gab das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) der Klägerin Gelegenheit, bestimmte, im Einzelnen benannte Mängel binnen drei Jahren zu beheben. Zu diesem Zweck reichte die Klägerin im September 1996 Unterlagen ein. Nachdem ihr das BfArM die Verlängerung der Zulassung (Nachzulassung) erteilt hatte, gab es der Klägerin mit den hier angegriffenen Bescheiden vom 18. August 1997 ("G 8208"), vom 20. Oktober 1997 ("G 8373") und vom 12. Januar 1998 ("G 8573") auf, für die Entscheidung über die Verlängerung Gebühren in Höhe von 2 500 DM pro Arzneimittel zu entrichten. Die Gebühr beruhe auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 b der Kostenverordnung für die Zulassung von Arzneimitteln vom 20. Juni 1990.

Mit den gegen die Kostenbescheide gerichteten Widersprüchen machte die Klägerin geltend: Die Gebühren seien bereits mit dem Ende des Jahres 1993 verjährt. Sie habe in ihren Anträgen die bis Ende 1989 geforderten Angaben übermittelt. Für die Anforderung weiterer Angaben habe sich die Bundesoberbehörde spätere sog. Taktaufrufe vorbehalten. Deshalb hätten zu Ende 1989 gültige, eine Gebührenschuld auslösende Anträge vorgelegen, die für die Berechnung der Vierjahresfrist gemäß § 11 Abs. 1, § 20 VwKostG ausschlaggebend seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 wies das BfArM die Widersprüche mit der Begründung zurück, die Verjährung trete nach der speziellen Regelung des § 105 b AMG erst ein, wenn nach der Bekanntgabe der abschließenden Entscheidung vier Jahre abgelaufen seien. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor.

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt sinngemäß beantragt,

die Gebührenbescheide des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte mit den Bezeichnungen G 8208, G 8373 und G 8573 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufzuheben, soweit mit ihnen Gebühren in Höhe von 2 500 DM pro Arzneimittel auferlegt wurden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 23. November 2000 hat das Verwaltungsgericht die bezeichneten Bescheide wie beantragt aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte sei zur Gebührenerhebung nicht ermächtigt. Der Anspruch auf Zahlung der Gebühr sei gemäß § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 3 VwKostG verjährt und erloschen. Zwar sei die dreijährige Verjährungsfrist, die ab Bekanntgabe des Kostenbescheides zähle, noch nicht verstrichen, weil die Kostenbescheide erst 1997 bzw. 1998 bekannt gegeben worden seien. Jedoch sei die vierjährige Verjährungsfrist, die mit Entstehung des Gebührenanspruchs beginne, mit dem Jahr 1993 abgelaufen. Denn der Anspruch sei bereits mit der Einreichung der sog. Kurzanträge im Dezember 1989 entstanden. Die Entstehung setze nicht die Fälligkeit voraus. Wenn nach § 11 Abs. 1 VwKostG der Zeitpunkt der Antragseinreichung zugleich der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs sei, so verjähre der Gebührenanspruch der Beklagten selbst dann, wenn sie bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung noch keine Sachentscheidung getroffen habe. Der Einwand der Beklagten gegen die Verjährung, der Gesetzgeber habe die Behörden nicht kostenlos arbeiten lassen wollen, gehe am Zweck der Verjährungsvorschriften vorbei. Hier habe es der Beklagten freigestanden, rechtzeitig einen Gebührenvorschuss gemäß §§ 16, 20 Abs. 3 VwKostG einzufordern.

Auch § 105 b AMG in der Fassung des 8. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 7. September 1998 habe den Eintritt der Verjährung nicht gehindert. Diese Vorschrift sei hier nicht anzuwenden, weil bei ihrem In-Kraft-Treten die von der Beklagten geltend gemachte Gebührenforderung bereits verjährt und erloschen gewesen sei. Ein erloschener Anspruch könne nicht durch die Neuregelung von Verjährungsvorschriften wieder aufleben.

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte im Wesentlichen wie folgt begründet:

Maßgebende Vorschrift für die Frage der Verjährung der streitigen Gebührenforderung sei § 105 b AMG. Diese Vorschrift sei für die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Kosten für die Verlängerung der Zulassung im Sinne des § 105 Abs. 1 AMG lex specialis gegenüber der allgemeinen Regelung des § 20 VwKostG. Da die angefochtenen Gebührenbescheide jeweils rund zwei Monate nach Bekanntgabe der Zulassungsverlängerungen ergangen seien, sei die Verjährung des Kostenanspruchs nach § 105 b AMG nicht eingetreten. Unzutreffend sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts, diese Vorschrift sei nicht anwendbar, weil bei ihrem In-Kraft-Treten die Verjährung bereits eingetreten und der Anspruch damit erloschen sei. Die Vorschrift erfasse nämlich nicht nur die bei ihrem In-Kraft-Treten noch nicht gemäß § 20 VwKostG verjährten Gebührenansprüche, sondern solle alle Verlängerungsverfahren in der arzneimittelrechtlichen Nachzulassung erfassen, in denen eine bestandskräftige Kostenentscheidung noch nicht getroffen worden sei. Aus der Begründung des Regierungsentwurfes zu § 105 b AMG ergebe sich ausdrücklich, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 105 b AMG als Spezialvorschrift im Hinblick auf die noch offenen Nachzulassungsanträge geschaffen habe. Zumindest mittelbar lasse sich aus der Entwurfsbegründung der Rückwirkungswille entnehmen. Außerdem sei mit Bekanntgabe der betreffenden Kostenbescheide ein wirksamer und auch vollziehbarer "Anspruch" auf Zahlung von Kosten begründet worden, der folglich auch der Regelung des § 105 b AMG unterfalle. Das Verwaltungsgericht begründe mit einer vom Gesetzgeber gerade nicht geteilten Bewertung, dass der Gesetzgeber eine andere als die hier vorliegende Fallgruppe habe regeln wollen. Zwar verwende die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 105 b AMG den Begriff "klargestellt", es sei aber nicht verständlich, warum eine "Klarstellung" nicht auch eine Neuregelung darstellen könne. Es existiere kein Rechtssatz, der den Gesetzgeber bei der Einführung von Neuregelungen dahin beschränken würde, zwischen zuvor streitig diskutierten Alternativen auszuwählen. Vielmehr könne der Gesetzgeber eine von ihm für richtig erachtete Regelung treffen. Aus der Gesetzesbegründung, insbesondere aber aus der Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin B.-P., ergebe sich deutlich die Absicht der Bundesregierung, den Besonderheiten des Nachzulassungsverfahrens durch Einführung einer abweichenden Verjährungsregelung Rechnung zu tragen.

Wenn man die Vorschrift des § 105 b AMG so auslegen wolle, dass sie für diejenigen Fälle keine Anwendung finden solle, in denen eine Verjährung nach § 20 Abs. 1 VwKostG bereits eingetreten sei, dann wäre § 105 b AMG auf keinen Fall der Nachzulassung anwendbar und würde komplett leerlaufen. Da alle Anträge auf Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 AMG, die sog. Kurzanträge, bis spätestens zum 30. April 1990 hätten gestellt werden müssen, würde dies bedeuten, dass bei unterstellter absoluter vierjähriger Verjährungsfrist ab Antragstellung zum Zeitpunkt der Einfügung des § 105 b in das AMG, nämlich am 11. September 1998, alle Kostenforderungen für Verlängerungsanträge bereits verjährt gewesen seien. Die Gerichte seien nicht befugt, ein Gesetz in der Weise auszulegen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt werde. Abgesehen von der auf den Bereich der Strafgesetze beschränkten Regelung in Artikel 103 Abs. 2 GG existiere verfassungsrechtlich kein uneingeschränktes Verbot für den Gesetzgeber, Vorschriften mit Rückwirkung zu erlassen. Selbst die intensivste Form der Rückwirkung, die sog. echte Rückwirkung, begegne u.a. dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sie eine unklare und verworrene Rechtslage bereinige. Entscheidend sei, ob der Aufhebungsanspruch der Klägerin im gerichtlichen Verfahren zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides noch fortbestehe. Im Erschließungsbeitragsrecht werde ein mangels Rechtsgrundlage erlassener und damit zunächst rechtswidriger Abgabenbescheid mit ex-nunc-Wirkung geheilt, wenn nachträglich eine wirksame Beitragssatzung erlassen worden sei, und zwar auch dann, wenn diese keine ausdrückliche Rückwirkungsanordnung enthalte. Somit würden alle zeitlich nach der Gesetzesänderung erlassenen Kostenbescheide von der neuen Rechtslage erfasst. Gleiches gelte für Kostenbescheide, die - wie hier - zwar vor dieser Änderung erlassen worden seien, deren Rechtmäßigkeit jedoch auf Grund ihrer fehlenden Bestandskraft erst nach der Gesetzesänderung abschließend zu beurteilen sei. Die Frage, ob der Gesetzgeber mit der Einfügung von § 105 b AMG eine Rückwirkung bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Kostenbescheide habe treffen wollen, sei für die Frage der Geltung des § 105 b AMG zum jetzigen Beurteilungszeitpunkt rechtlich irrelevant.

Gegen die Anwendung von § 105 b AMG sprächen auch sonst keine durchgreifenden Bedenken. So habe die Vorschrift keine unzulässige echte Rückwirkung. Zur Begründung einer gegenüber dem Bürger verbindlichen Zahlungspflicht bedürfe es stets einer hoheitlichen Festsetzung in Form eines Kostenbescheides nach § 14 VwKostG. Erst mit dem Abschluss des behördlichen Kostenfestsetzungsverfahrens entstehe im Rechtssinne eine konkrete Kostenforderung, die gegenüber dem Kostenschuldner verbindlich und durchsetzbar sei. Zum Zeitpunkt der Einfügung des § 105 b AMG sei das Gebührenschuldverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten noch nicht vollständig abgeschlossen gewesen, da die Klägerin die Kostenbescheide angefochten habe.

Die in § 105 b AMG enthaltene Regelung bewirke nicht etwa rückwirkend den Eintritt einer Rechtsfolge, sondern mache lediglich den Eintritt einer künftigen Rechtsfolge - hier die noch vorzunehmende Gebührenerhebung - von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehindert, für die Zukunft die Folgen eines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens (hier die Stellung eines Antrages auf Nachzulassung) zu verschärfen.

Zum Zeitpunkt der Einfügung von § 105 b AMG sei die Kostenforderung nach § 20 Abs. 1 VwKostG nicht verjährt gewesen. Die beiden in § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwKostG genannten Verjährungsfristen würden sich in ihrem Anwendungsbereich überschneiden und verlangten nach einer korrigierenden Auslegung, wonach die Verjährung nicht an das Entstehen des Anspruchs, sondern an dessen Fälligkeit anknüpfe. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht aus der Formulierung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwKostG ("spätestens mit Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung") eine absolute Verjährungsgrenze abgeleitet. Der Eintritt der Verjährung von Kostenforderungen trotz eines noch fortdauernden Verwaltungsverfahrens sei weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck von § 20 Abs. 1 VwKostG zu vereinbaren.

Die Tatsache, dass die fristgemäße Stellung des Antrags Voraussetzung für den Fortbestand der fiktiven Zulassung über den 30. April 1990 hinaus gewesen sei, führe keineswegs dazu, den Kurzantrag als verjährungsauslösenden Antrag im Sinne des Verwaltungskostengesetzes zu behandeln. Der Kurzantrag habe nur der Wahrung der EG-rechtlich vorgeschriebenen Übergangsfrist und dem weiteren Bestand der fiktiven Zulassung gedient, wohingegen das Verwaltungskostenrecht zum Ziel habe, das gebührenrechtliche Rechtsverhältnis zu regeln. Eine inhaltliche Bearbeitung der Anträge habe erst mit dem Einreichen der vollständigen Unterlagen, des sogenannten Langantrags, beginnen können. Wenn der Antrag noch nicht bearbeitungsfähig sei und daher noch keine Kosten verursache, könne er auch nicht die Verjährung des hypothetischen Gegenleistungsanspruchs beginnen lassen. Soweit das Verwaltungsgericht den Verjährungseintritt materiell damit rechtfertige, es habe der Beklagten freigestanden, die Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen so zügig aufzurufen, dass genügend Zeit verblieben wäre, die Unterlagen innerhalb der vierjährigen Frist zu prüfen, beruhe dies auf einem grundlegenden Fehlverständnis von der gesetzlichen Konzeption des § 105 AMG zur arzneimittelrechtlichen Nachzulassung. Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 habe der Gesetzgeber für alle Arzneimittel eine grundsätzliche Zulassungspflicht eingeführt sowie eine 12-jährige Übergangsfrist für die bereits auf dem Markt vorhandenen Arzneimittel bestimmt. Die Ausgestaltung des arzneimittelrechtlichen Ordnungsrahmens einschließlich der hierzu erforderlichen Übergangsbestimmungen sei ausschließlich Sache des hierzu berufenen Gesetzgebers. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagten sei auch eine schnellere Förderung der Nachzulassung möglich gewesen, treffe nicht zu und missachte die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers. Das zeitlich gestufte Nachzulassungsverfahren sei nicht nur im Interesse der Beklagten geschaffen worden.

Die Klägerin habe auch nicht darauf vertrauen können, dass der Gesetzgeber es bei der unklaren Regelung des § 20 VwKostG belassen würde und dass sie für die erbrachten Verwaltungsleistungen nicht zu Gebühren herangezogen werde. Gebühren würden als konkrete Gegenleistung zur Deckung von Kosten für eine Amtshandlung erhoben, die von dem Schuldner beantragt oder von diesem zurechenbar veranlasst worden sei. Sie seien Entgelte für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung. Ein Vertrauensschutz des Begünstigten, dass eine ihrem Wesen nach kostenpflichtige Leistung der öffentlichen Hand kostenfrei gewährt werde, könne aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit und der Beitragsgerechtigkeit grundsätzlich nicht anerkannt werden. Es gebe auch keinen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch darauf, dass Ansprüche in einer bestimmten (kurzen) Frist verjährten. Die Klägerin habe auf Grund der Regelung des § 33 AMG sowie der hierzu ergangenen Kostenverordnungen von Anfang an damit rechnen müssen, zu Gebühren für die beantragte Verlängerung herangezogen zu werden. Es habe sich ihr aufdrängen müssen, dass die gesetzliche Konzeption der sog. Nachzulassung in den §§ 105 ff. AMG mit den hierfür zu erzielenden Gebühreneinnahmen geradezu "steht und fällt". Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass Antragstellern in der Nachzulassung im Vergleich mit sonstigen Antragstellern durch die übergangsweise gewährte Rechtsstellung der fiktiven Zulassung ein erheblicher Sondervorteil zugeflossen sei, der es ihnen ermöglicht habe, das Arzneimittel vom 1. Januar 1978 an bis zur endgültigen Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung bereits gewinnbringend zu vermarkten. Unter diesen Umständen widerspräche es allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn die Klägerin sich nunmehr - nach erfolgter Prüfung und Erteilung der Verlängerung - auf einen angeblich bereits Jahre zurückliegenden Verjährungseintritt berufen könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. November 2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die an-gegriffenen Bescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufgehoben. Die Beklagte kann von der Klägerin die in diesen Bescheiden geforderte Gebühr für die Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassungen nicht verlangen, denn diese Gebühr ist verjährt und erloschen.

1. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren ist § 33 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG -). Nach § 33 Abs. 1 AMG erhebt die zuständige Bundesoberbehörde für Entscheidungen über die Zulassung nach diesem Gesetz Kosten. Zu den Kosten zählen der Klammerdefinition zufolge Gebühren und Auslagen. Die kostenrechtlichen Einzelheiten sind nicht in § 33 AMG geregelt. Vielmehr ermächtigt § 33 Abs. 2 AMG zum Erlass einer Rechtsverordnung, die die gebührenpflichtigen Tatbestände näher bestimmt und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorsieht. Im Übrigen erklärt § 33 Abs. 3 AMG das Verwaltungskostengesetz (VwKostG) ohne Einschränkung für anwendbar. Einschlägige Vorschrift für die Verjährung von Gebühren im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren ist deshalb § 20 VwKostG. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG verjährt der Anspruch auf Zahlung von Kosten "nach drei Jahren, spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung". Dieser Satz für sich genommen legt nicht fest, für welche Fälle die dreijährige und für welche die vierjährige Frist gilt. Klärung hierzu bringt der nachfolgende Satz (Abs. 1 Satz 2), der bestimmt, dass die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Nach dieser Regel knüpft der Verjährungsbeginn an die Fälligkeit des Anspruchs an. Auf diese Regel muss sich die dreijährige Frist beziehen, da sie in § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG keinen eigenen Anknüpfungspunkt hat, während die vierjährige Frist bereits nach Satz 1 mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen beginnt. Die Auffassung der Beklagten, auch die vierjährige Frist setze die Fälligkeit des Gebührenanspruchs voraus (ebenso Kloesel/Cyran, Kommentar zum Arzneimittelrecht, Stand November 2002, § 33 AMG, Anm. 14: Jede Verjährungsregelung setze die Fälligkeit der Forderung voraus), übergeht die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung von Entstehung und Fälligkeit und steht schon deshalb mit § 20 Abs. 1 VwKostG nicht im Einklang.

Die Zeitpunkte, wann ein Kostenanspruch entsteht und wann er fällig wird, sind in je eigenen Vorschriften geregelt. Für die Entstehung der Kostenschuld gilt § 11 VwKostG. Die Gebührenschuld entsteht, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde (§ 11 Abs. 1 Alt. 1 VwKostG). Die Fälligkeit dagegen tritt erst ein, wenn die Kostenentscheidung dem Kostenschuldner bekannt gegeben wird (§ 17 VwKostG). In gesetzessystematischer Auslegung bedeutet dies, dass der Anspruch auf Zahlung der Gebühr grundsätzlich drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gebührenentscheidung dem Gebührenschuldner bekannt gegeben wurde, verjährt; bleibt aber die Gebührenentscheidung aus, so verjährt der Anspruch jedenfalls mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung (im Ergebnis wohl ebenso von Dreising, Verwaltungskostengesetz, 1971, § 20, Anm. 1b: Die Regelung wirke sich nur in Extremfällen eines Zeitunterschiedes von mehr als drei Jahren zwischen Entstehung und Fälligwerden der Kostenschuld aus). Eine zuverlässige Hilfe bei der Auslegung des § 20 Abs. 1 VwKostG ist der in Satz 1 enthaltene Begriff "spätestens". Er bezeichnet eine von mehreren Möglichkeiten auf der Zeitachse und setzt eine eindeutige zeitliche Grenze, die nicht überschritten werden darf. Dabei heißt es nicht "vier Jahre nach der Entstehung", sondern "mit Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung", was dafür spricht, dass nach der Entstehung vier Kalenderjahre abgelaufen sein müssen.

Die teleologische Auslegung führt ebenso zu dem Ergebnis, dass die Verjährung der Gebührenforderung auch dann eintreten kann, wenn eine Gebührenentscheidung nicht bekannt gegeben worden ist. Dem Gesetzgeber geht es bei der Schaffung einer Verjährungsnorm darum, eine angemessene Zeit festzulegen, nach deren Ablauf die Verjährung eintritt. Mit der Verjährung ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 VwKostG das Erlöschen des Gebührenanspruchs verbunden. Beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG maximal ("spätestens") vier Jahre nach der Entstehung des Gebührenanspruchs, so richtet sich der Zweck der Vorschrift darauf, dass der Bürger nach Ablauf dieser Frist nicht mehr zur Gebührenzahlung herangezogen werden darf.

Auch die historische Auslegung ergibt nichts anderes. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 6/330) sah für die Verjährung vor (§ 20 Abs. 1):

"Der Anspruch auf Zahlung von Kosten erlischt durch Verjährung nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist".

Die davon abweichende Gesetzesfassung beruht auf einem Änderungsvorschlag des Bundesrates (BT-Drs. a.a.O., Anl. 2 S. 19 f.). Er begründete seinen - von der Bundesregierung angenommenen (BT-Drs. a.a.O., S. 22) - Vorschlag damit, zwischen dem Eintritt der Verjährung und dem Erlöschen des Anspruchs werde klar unterschieden und im Gegensatz zur Regierungsvorlage werde primär auf die Fälligkeit des Kostenanspruchs abgestellt. Das bedeutet: Ursprünglich sollte der Lauf der Verjährungsfrist nur an die Entstehung des Anspruchs, später in der Gesetz gewordenen Fassung primär an dessen Fälligwerden und nur sekundär ("spätestens") an dessen Entstehen anknüpfen. Auslegungszweifel bestehen deshalb nicht.

Die vierjährige Verjährungsfrist lief hier bereits mit dem 31. Dezember 1993 ab. Zu diesem Zeitpunkt waren vier Kalenderjahre nach der Entstehung des Gebührenanspruchs abgelaufen, ohne dass in dieser Zeit eine der in § 20 Abs. 3 VwKostG genannten verjährungsunterbrechenden Handlungen vorgenommen worden waren.

Der Gebührenanspruch war gemäß § 11 Abs. 1 Alt. 1 VwKostG ("Die Gebührenschuld entsteht, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde") mit dem Eingang des Antrags der Klägerin bei der Beklagten im Jahre 1989 entstanden. Dabei handelt es sich um den gemäß § 105 Abs. 3 Satz 1 AMG für die Ingangsetzung der Verwaltungstätigkeit notwendigen Antrag im Verfahren über die Nachzulassung von Arzneimitteln. Für den Übergang vom AMG 1961 zum AMG 1976 hatte der Gesetzgeber Überleitungsvorschriften geschaffen (§§ 99 ff. AMG), denen zufolge Arzneimittel, die sich sowohl am 1. September 1976 wie auch am 1. Januar 1978 im Verkehr befanden, zunächst als zugelassen galten (§ 105 Abs. 1 AMG). Um nach Ablauf der fiktiven Zulassung am 30. April 1990 weiterhin am Markt teilnehmen zu können, war gemäß § 105 Abs. 3 Satz 1 AMG ein bis dahin zu stellender Antrag auf Verlängerung der Zulassung (sog. Kurzantrag) erforderlich. Ihm waren zunächst die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AMG beizufügen, später waren auf Anforderung der Behörde weitere Unterlagen, u.a. nach Nr. 7 bis 15 der Vorschrift, (sog. Langantrag) einzureichen (§ 105 Abs. 4 Sätze 1 bzw. 2 bis 6 AMG).

Die Auffassung der Beklagten, nicht der sog. Kurzantrag, sondern erst der sog. Langantrag könne die Verjährungsfrist beginnen lassen, vermag nicht zu überzeugen. Selbst wenn der "Kurzantrag", wie sie meint, nur der Wahrung der EG-rechtlich vorgeschriebenen Übergangsfrist und dem weiteren Bestand der fiktiven Zulassung zu dienen hatte, ist der vom Gesetzgeber in § 105 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 AMG gewählte Ausdruck "Antrag auf Verlängerung der Zulassung" bereits vom Wortlaut her nicht dahin auslegungsfähig, es handele sich nicht um einen Antrag. Es mag sein, dass dieser Antrag, der aus Gründen der Wahrung der in Artikel 39 der Richtlinie 75/319/EWG bestimmten Übergangsfrist erforderlich war, aus Sicht der Beklagten letztlich keine andere Funktion hatte als die Verkehrsanzeige nach Artikel 3 § 7 Abs. 2 AMNG/§ 105 Abs. 2 AMG, doch nötigt die ggf. gleiche Funktion nicht zur Umdeutung des gesetzlichen Begriffs "Antrag" in "Anzeige", und dies umso weniger, wenn eine solche Umdeutung zu einem dem Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufenden Ergebnis führen würde.

Dem Ansatz, den sog. Kurzantrag als verjährungsauslösenden Antrag im Sinne des Verwaltungskostengesetzes anzusehen, liegt auch kein "grundlegendes Fehlverständnis von der gesetzlichen Konzeption des § 105 AMG zur arzneimittelrechtlichen Nachzulassung" zugrunde. Wenn die Beklagte damit andeuten will, dass bei einem solchen Verständnis das Nachzulassungsverfahren von vornherein auf die Verjährung etwaiger Gebührenansprüche angelegt gewesen wäre, bedarf es folgender Klarstellung: Die ursprüngliche Konzeption des Nachzulassungsverfahrens nach Art. 3 § 7 AMNG 1976 sah das Erlöschen der fiktiven Zulassung zwar erst nach Ablauf von zwölf Jahren vor. Damit war die Verjährung von Gebührenforderungen nach §§ 33 Abs. 3 AMG, 20 VwKostG jedoch keineswegs vorgezeichnet. Denn für den - der Systematik des § 31 AMG entsprechend - "vor dem Erlöschen" der (fiktiven) Zulassung zu stellenden Verlängerungsantrag war seinerzeit kein Zeitpunkt bestimmt. Dafür, dass das zuständige Fachministerium jedenfalls drei Jahre vor dem Auslaufen der Zwölfjahresfrist trotz der unerwarteten Flut von 140.000 Verkehrsanzeigen noch der Auffassung war, die Zulassungsbehörde werde in der Lage sein, die bis zum Ablauf des 30. April 1990 eingehenden Nachzulassungsanträge einer zügigen Bearbeitung zuzuführen, spricht die Tatsache, dass es im November 1987 erstmals einen Gebührentatbestand für die Nachzulassung in die Kostenverordnung aufgenommen hat. Die Konzeption der Nachzulassung ist erst in dem Moment gleichsam zur conditio sine qua non für die (absolute) Verjährung von Gebührenansprüchen geworden, als es der Gesetzgeber in Kenntnis des Zulassungsstaus mit der 4. AMG-Novelle vom 11. April 1990 dem Bundesgesundheitsamt überlassen hat, ungeachtet des bereits zum 30. April 1990 zu stellenden Verlängerungsantrages die für die Beurteilung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erforderlichen Zulassungsunterlagen erst nachträglich und vor allem zeitlich unbegrenzt von den pharmazeutischen Unternehmen abzufordern. Die Möglichkeit der Verjährung von Gebührenforderungen war damit greifbar geworden. Unter diesen Umständen kann von einer Missachtung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers keine Rede sein.

Nicht stichhaltig ist auch das Argument der Beklagten, eine inhaltliche Bearbeitung der Anträge habe erst mit dem Einreichen der vollständigen Unterlagen, des sog. Langantrags, anlaufen können, und wenn der Antrag noch nicht bearbeitungsfähig sei und daher noch keine Kosten verursache, könne er auch nicht die Verjährung der Gebührenforderung beginnen lassen (ebenso Kloesel/Cyran, a.a.O., § 33 AMG, Anm. 14: Die Verjährungsfrist für Gebührenforderungen im Bereich der Nachzulassung beginne frühestens mit Vorlage der vollständigen Entscheidungsunterlagen, weil erst dann ein sachlich bearbeitbarer Antrag und damit ein Antrag im Sinne des § 11 Abs. 1 VwKostG vorliege). Richtig ist vielmehr, dass bereits der sog. Kurzantrag alle verwaltungsverfahrensrechtlichen Merkmale eines Antrags enthält, nämlich die Bitte an eine Behörde um Vornahme einer hinreichend bestimmten Amtshandlung (vgl. Clausen in: Knack, VwVfG, 8. Aufl. 2004, § 22 Rn. 12; Gusy, BayVBl. 1985, 484 [485]; Obermayer, VwVfG, 3. Aufl. 1999, § 22 Rn. 83; Stelkens, NuR 1985, 213 [214]; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 22 Rn. 15: Antrag ist eine empfangsbedürftige verwaltungsrechtliche Willenserklärung; von Dreising, a.a.O. § 11 Anm. 1: Der Antrag muss, ohne dass es dieses Wortes bedarf, eindeutig das eine Amtshandlung auslösende Begehren erkennen lassen; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Mai 2000 - BVerwG 1 C 1.00 - NJW 2000, 3728 [3729]: Annahme eines Antrags selbst dann, wenn das Begehren nur konkludent zu erschließen ist), hier um Verlängerung der Zulassung. Darauf, dass diesem Antrag nach der insbesondere aus § 105 Abs. 4 AMG ersichtlichen Konzeption des Nachzulassungsverfahrens noch nicht sämtliche für die Erteilung einer arzneimittelrechtlichen (Voll-) Zulassung erforderlichen Unterlagen beizufügen waren, kommt es nicht an. Denn die Rechtsnatur als Antrag ist - von hier nicht interessierenden Ausnahmen (vgl. etwa § 117 Abs. 4 ZPO) abgesehen - grundsätzlich nicht davon abhängig, dass ihm Unterlagen beigegeben werden. Im Übrigen hat die Klägerin, soweit dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung gemäß § 105 Abs. 4 Satz 1 AMG Unterlagen beizufügen waren, diese mit ihrem Antrag vorgelegt. Die Wortwahl des § 105 Abs. 4 AMG, in dem von Unterlagen die Rede ist, die beizufügen und einzureichen seien, zeigt, dass es sich dabei um Vorgänge handelt, die hinzukommen, nicht aber die Qualifizierung als Antrag bedingen. Im Einklang damit regelt die allgemeine Vorschrift über die Zulassungsunterlagen, dass dem Antrag auf Zulassung bestimmte "Angaben ... beigefügt werden" müssen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 AMG). Es entspricht auch allgemeinen verwaltungspraktischer Erfahrung, dass zunächst Anträge gestellt und sodann Unterlagen nachgereicht werden. Die später eingereichten Unterlagen dienen dazu, dass der bereits gestellte Antrag möglichst zu Gunsten des Antragstellers entschieden wird.

Gegen die Auffassung der Beklagten spricht weiter, dass sich der Begriff "Langantrag" nicht im Gesetz findet. Für die später einzureichenden Unterlagen verwendet § 105 Abs. 4 Sätze 2 bis 6 AMG nicht den Begriff "Antrag". Der sog. Langantrag ist deshalb nicht selbst ein Antrag, sondern nur die Anlage zum - bereits gestellten - Antrag. Darüber hinaus trifft es auch nicht zu, dass der sog. Kurzantrag noch nicht bearbeitungsfähig sei. Enthält er nämlich nicht fristgemäß die nach § 105 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AMG erforderlichen Unterlagen, so kann er bereits deshalb abgelehnt werden. Schließlich kann der Lauf einer gesetzlichen Verjährungsfrist nicht zur Disposition der Verwaltungsbehörde stehen. Wäre es Voraussetzung eines verjährungsauslösenden Antrags im Sinne des Verwaltungskostengesetzes, dass er "bearbeitungsfähig" ist, so hätte es die Verwaltung in der Hand, mit der Bewertung der Unterlagen als unvollständig das Vorliegen des Antrags zu verneinen und damit den Lauf der Verjährungsfrist hinauszuschieben, ganz abgesehen davon, dass bis dahin kein Antrag vorläge und ein Gebührenanspruch im Sinne von § 11 Abs. 1 VwKostG noch nicht entstanden wäre. Im Arzneimittelbereich könnten wegen des fortschreitenden Erkenntnisstandes der Wissenschaft Unterlagen bei Einreichung sogar vollständig sein, später aber unvollständig werden. All dies wäre mit der gebotenen Rechtssicherheit und dem Sinn einer gesetzlichen Verjährungsfrist nicht vereinbar.

Zu Unrecht wendet die Beklagte ein, die Entstehung des Anspruchs auf Zahlung von Kosten, die die Verjährungsfrist des § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG in Lauf setzt, sei nicht identisch mit dem Entstehen der Gebührenschuld im Sinne des § 11 Abs. 1 Alt. 1 VwKostG, weil bis zum Zeitpunkt der Einreichung der vollständigen sog. Langanträge ein über die Registrierung der Anträge hinausgehender Aufwand nicht entstanden sei und künftige Anpassungen der Kostenverordnung dann noch nicht berücksichtigt werden könnten. Gleiches gelte für die Ermäßigungstatbestände bei vollständiger oder teilweiser Bezugnahme auf Unterlagen eines Vorantragstellers oder auf eine nach § 25 Abs. 7 AMG a.F. bekannt gemachte Aufbereitungsmonographie. In der Tat mag es je nach Fassung der Gebührentatbestände der Kostenverordnung Probleme bereiten, die zu erhebende Gebühr zur Zeit der Antragstellung bereits in vollem Umfang zu konkretisieren. Dies ist indessen auch nicht erforderlich, weil gemäß § 11 Abs. 1 Alt. 1 VwKostG die Gebührenschuld jedenfalls dem Grunde nach entsteht, was nur die Kehrseite des Anspruchs auf Zahlung von Kosten dem Grunde nach ist. Das Gesetz selbst sieht in § 16 VwKostG vor, dass eine antragsabhängige Amtshandlung von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses bis zur Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhängig gemacht werden kann. Die Möglichkeit der Veranschlagung der voraussichtlich entstehenden Kosten geht sogar über die Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung von Kosten dem Grunde nach hinaus.

Die etwaige Schwierigkeit, bereits zur Zeit der Antragstellung die zu erhebende Gebühr zu konkretisieren, beruht auf einer Entscheidung des Gesetzgebers. Mit der Vorverlegung des Entstehens der Gebührenschuld auf die Zeit der Antragstellung in § 11 Abs. 1 VwKostG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, schon zu liquidieren, wenn die Behörde noch gar nicht "geleistet" (insbesondere durch Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung) hat. War aber rechtspolitisch und fiskalisch gewollt, dass die Gebühr nicht erst mit Ergehen der Sachentscheidung oder sonstigen Amtshandlung, sondern schon mit der Stellung des Antrages entsteht, so hat der Gesetzgeber etwaige Probleme der Konkretisierung der Gebühr hingenommen. Überdies hat seine Entscheidung auch zur Folge, dass die Gebührenforderung früher verjährt, sofern die Verjährung an das Entstehen der Forderung anknüpft. Auch wenn die Behörde die Gebühr nicht konkret berechnen und gemäß § 14 VwKostG festsetzen kann, bevor sie ein Prüfungsverfahren abschließt, so kann sie aber doch gemäß § 16 VwKostG einen Gebührenvorschuss anfordern. Dabei kommt es entgegen dem Einwand der Beklagten nicht darauf an, ob sie weiß, welche Antragsteller bis zum Einreichen der vollständigen Antragsunterlagen auf Taktaufruf gemäß § 105 Abs. 4 AMG willens oder dauerhaft in der Lage sind, das Verlängerungsverfahren für das von ihnen vertriebene, fiktiv zugelassene Arzneimittel weiter zu betreiben. Denn solange der Antrag aufrechterhalten war, konnte ohne weiteres ein Gebührenvorschuss erhoben werden.

An der Verjährung der streitigen Gebührenforderung vermögen Gesichtspunkte von Treu und Glauben schon deshalb nichts zu ändern, weil die Verjährung hier nicht auf Einrede, sondern schon von Gesetzes wegen zu berücksichtigen ist. Im Falle des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen erlischt der Gebührenanspruch von Gesetzes wegen. Die Beklagte hat von der Möglichkeit, die Verjährung zu unterbrechen, insbesondere durch Aufforderung zur Zahlung eines Vorschusses (§ 20 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 VwKostG), keinen Gebrauch gemacht. Das muss sie sich entgegenhalten lassen.

2. § 105 b AMG ändert an der bereits eingetretenen Verjährung nichts. Nach dieser Vorschrift verjährt der Anspruch auf Zahlung von Kosten, die (...) für die Verlängerung der Zulassung oder die Registrierung eines Fertigarzneimittels im Sinne des § 105 Abs. 1 AMG zu erheben sind, mit Ablauf des vierten Jahres nach der Bekanntgabe der abschließenden Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung an den Antragsteller. Die Sondervorschrift lässt die Verjährung nicht mit der Stellung des Antrags anlaufen, sondern erst nach beendeter Sachprüfung mit Bekanntgabe der Entscheidung. Als Sondervorschrift hat sie Vorrang vor der allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 20 Abs. 1 VwKostG.

a) § 105 b AMG erfasst jedoch nicht den vorliegenden Fall, weil die Vorschrift erst durch das Achte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2649, ausgegeben am 10. September 1998) in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden ist; zu diesem Zeitpunkt waren die mit den hier angefochtenen Bescheiden vom 18. August und 20. Oktober 1997 sowie vom 12. Januar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 geltend gemachten Gebührenforderungen bereits nach der vorstehend dargelegten Rechtslage erloschen.

b) Das Achte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes wirkt sich auf bereits verjährte und somit erloschene Ansprüche nicht aus. Es legt sich keine Rückwirkung bei. Nach seinem Artikel 4 Abs. 1 ist es am Tag nach der Verkündung, also am 11. September 1998, in Kraft getreten; ausgenommen ist in Artikel 4 Abs. 2 des Gesetzes nur Artikel 1 Nr. 50, der nicht die Verjährung von Kostenansprüchen betrifft. Die Inkrafttretensregelung eines Gesetzes bestimmt dessen zeitlichen Geltungsbereich, d.h. von welchem Zeitpunkt ab die Rechtsfolgen des Gesetzes für die Normadressaten eintreten und seine Bestimmungen von den Behörden und Gerichten anzuwenden sind (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976, E 42, 263 [283]). Artikel 82 Abs. 2 GG stellt sicher, dass über den Zeitpunkt der Normverbindlichkeit Klarheit herrscht. Die Bestimmung des zeitlichen Geltungsbereichs einer Rechtsvorschrift bedarf im Hinblick auf die vielfach weit tragende Wirkung einer hinreichend genauen Fixierung, damit der Normadressat den Beginn seines Berechtigt- oder Verpflichtetseins in ausreichender Weise erkennen kann. Auch Exekutive und Rechtsprechung müssen auf möglichst einfache Weise feststellen können, von wann ab die neue Vorschrift anzuwenden ist. Die Bestimmung des Tages des In-Kraft-Tretens dient somit den rechtlichen Geboten der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die zeitliche Geltung des Rechts (zum Vorstehenden BVerfG, a.a.O. [285]). Das bedeutet, dass sich das rechtliche Schicksal von Gebührenansprüchen erst seit dem 11. September 1998 nach § 105 b AMG richtet. Sie müssen zu diesem Zeitpunkt bestanden haben oder später entstanden sein. Ansprüche, die zuvor erloschen sind, unterfallen der neuen Regelung nicht. Werden sie gleichwohl mit Bescheid geltend gemacht, so ist der Bescheid rechtswidrig, auch wenn das Kostenfestsetzungsverfahren bei In-Kraft-Treten des § 105 b AMG noch nicht abgeschlossen war. Der Vergleich, den die Beklagte mit kommunalen Beitragssatzungen zieht, passt nicht, weil das durch die Korrektur einer Satzung verzögerte Entstehen einer kommunalrechtlichen Beitragspflicht nicht dem Wiederauflebenlassen einer von Gesetzes wegen verjährten Forderung gleichsteht.

c) Anders läge es, wenn sich das Achte Änderungsgesetz Rückwirkung beigelegt hätte; das ist jedoch nicht der Fall. Denn Rückwirkung hat eine Norm nur, wenn sie eine im ursprünglichen Zeitraum geltende Rechtsfolgenlage nachträglich ändert (BVerfGE 72, 200 [253]), mit anderen Worten die früher maßgebliche Regelung nachträglich austauscht und der Vergangenheit fiktiv eine Regelung unterschiebt, die seinerzeit nicht gegolten hat und daher auch von niemandem beachtet werden konnte (Maurer in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band III, 2. Aufl. 1996, § 60 RdNr. 14). Das Achte Änderungsgesetz hat aber sein In-Kraft-Treten gerade nicht rückdatiert. Auch der Wortlaut des § 105 b AMG gibt keinerlei Anhaltspunkt für eine Rückwirkung. Im Gegenteil deutet die Wortfolge "Kosten, die ... für die Verlängerung der Zulassung ... zu erheben sind" (nicht: "oder zu erheben waren") in ihrer nur präsentischen Fassung darauf hin, dass Kosten, die bereits zu erheben waren, von der Normgeltung nicht erfasst sind.

d) Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 105 b AMG gibt ebenfalls keinen Anlass dazu, der Vorschrift eine Rückwirkung beizulegen. Die Begründung der Entwurfsverfasser lautet:

"Durch die Änderung wird wegen der insoweit nicht ganz eindeutigen Vorschriften des § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Verwaltungskostengesetzes klargestellt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Verjährungsfrist die Bekanntgabe der abschließenden Entscheidung über die Nachzulassung oder Nachregistrierung an den Antragsteller ist. Es hat sich gezeigt, dass die abschließende Bearbeitung der Nachzulassungsanträge angesichts eines 'Altmarktes' von über 40 000 Arzneimitteln durchgängig nicht innerhalb weniger Jahre erfolgen kann, zumal dem Antragsteller durch das Arzneimittelgesetz bei Mängeln der Nachzulassungsunterlagen eine Nachbesserungsfrist von drei Jahren, ab 1. Januar 1996 von 18 Monaten, eingeräumt wurde. Deshalb ist die Einfügung einer speziellen Regelung für den Bereich der Nachzulassung und Nachregistrierung sinnvoll. Diese Regelung ist auch deshalb sachgerecht, weil dem Antragsteller auf Grund der langen Bearbeitungszeit kein Nachteil entsteht. Denn das Arzneimittel bleibt in dem Zeitraum der Bearbeitung des Nachzulassungsantrages auf Grund der fiktiven Zulassung weiter verkehrsfähig." (wiedergegeben in Kloesel/Cyran, a.a.O. zu § 105 b AMG).

Diese Begründung erläutert nur, weshalb eine spezielle Regelung für den Beginn der Verjährungsfrist bei Nachzulassungsanträgen geschaffen werden solle, nicht aber dass und weshalb ihr Rückwirkung zukommen müsse. Freilich gehen die Entwurfsverfasser in der Begründung nicht darauf ein, dass wegen Verjährung von Gebührenforderungen die Geltung dieser beabsichtigten Regelung eingeschränkt ist oder entfällt. Wenn sie insofern einem Rechtsirrtum unterlegen waren - ebenso wie offenbar die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. B.-P. beim Bundesminister für Gesundheit in ihrem Schreiben vom 21. März 1997, in dem sie ausführt, die Verjährungsfrist für Kostenforderungen im Bereich der Nachzulassung beginne erst mit Vorlage der vollständigen Entscheidungsunterlagen, weil erst dann ein sachlich bearbeitbarer Antrag und damit ein Antrag i.S.d. VwKostG vorliege - und der Gesetzgeber sich diese Fehlwürdigung der Rechtslage zu Eigen gemacht hat, bietet das allerdings noch keinen Grund für die Annahme, dass die verkannte Rechtslage geändert werden sollte, also mit der Einfügung des § 105 b AMG die verjährten Ansprüche wieder aufleben sollten. Der aus der Begründung eines Gesetzentwurfs mittelbar zu schließende Rückwirkungswille, auf den sich die Beklagte hilfweise berufen hat, reicht für die Annahme der Rückwirkung eines Gesetzes nicht aus. Denn die Rückwirkung eines Gesetzes ist die Ausnahme von der Regel, wonach Gesetze nur für die Zeit nach ihrer Verkündung gelten und so für gegenwärtige und künftige Rechtsverhältnisse zur Anwendung kommen. Demgemäß muss der Wille des Gesetzgebers, dass der Geltungsbereich des Gesetzes auch auf in der Vergangenheit liegende Vorgänge erstreckt werden solle, im Gesetz selbst zum Ausdruck kommen (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31. Januar 1997 - BVerwG 1 B 2.97 - Buchholz 130 § 4 RuStAG Nr. 7). § 105 b AMG drückt wie ausgeführt einen solchen Rückwirkungswillen gerade nicht aus. In rechtsähnlicher Weise können auch materiellrechtliche Vorschriften des Steuerrechts nicht auf Steuerentstehungstatbestände vor ihrem In-Kraft-Treten angewendet werden. Denn materiellrechtliche Rechtsverhältnisse unterstehen in Bezug auf Wirkung und Inhalt in Ermangelung abweichender gesetzlicher Regelungen dem Recht, das zu der Zeit galt, als sich ihr Entstehungstatbestand verwirklichte. Steuerbescheide, die erst nach In-Kraft-Treten einer Neuregelung ergehen, haben die Neuregelung nicht auf Tatbestände anzuwenden, die bereits vor dem In-Kraft-Treten entstanden waren (Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17. März 2003 - VII B 269.02 - [Juris]).

Die Frage, ob die von der Beklagten behauptete Rückwirkung verfassungsmäßig wäre, stellt sich deshalb ebenso wenig wie die Frage, ob die Mängelbeseitigungsfrist des § 105 Abs. 5 AMG die Verjährung hemmt. Beides ist hier unerheblich, weil § 105 b AMG keine Rückwirkung hat und weil die streitigen Gebührenforderungen schon mit Ablauf des Jahres 1993 verjährt waren, als die Aufforderungen zur Mängelbeseitigung zwischen September 1994 und September 1995 ergingen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.

Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.



Ende der Entscheidung

Zurück