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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.10.2004
Aktenzeichen: OVG 5 NC 44.04
Rechtsgebiete: VwGO, VorschaltG, UniMedG, NOGZ, KapVO, LVVO, ÄAppO


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VorschaltG § 3 Abs. 1
VorschaltG § 3 Abs. 2
VorschaltG § 3 Abs. 3
VorschaltG § 22 Abs. 2 Satz 1
UniMedG § 9
UniMedG § 9 Abs. 3
NOGZ § 3
KapVO § 5 Abs. 2
KapVO § 10
KapVO § 14 Abs. 3 Nr. 3
KapVO § 16
LVVO § 5 Satz 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
ÄAppO § 2 Abs. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 NC 44.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin am 20. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten (vorklinischen) Fachsemester an der Antragsgegnerin vom Wintersemester 2003/04 an. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kapazitätsbericht der Antragsgegnerin zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber im Ergebnis der Überprüfung standhalte. Das Lehrangebot aus Stellen belaufe sich unter Einbeziehung eines fiktiven Lehrangebots des ehemaligen Fachbereichs der Freien Universität Berlin von noch 8 LVS auf 674 LVS. Es vermindere sich um den Dienstleistungsbedarf der der vorklinischen Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengänge Biochemie, Bioinformatik, Biologie, klinisch-praktische Medizin, Medizin- und Pflegepädagogik, Pharmazie und Zahnmedizin, den die Antragsgegenerin beanstandungsfrei mit 107,0544 LVS beziffert habe, auf 566,9456 LVS. Bei einem im Hinblick auf die Beteiligung der klinischen Lehreinheiten an den neuen sog. integrierten Seminaren um 0,1625 zu reduzierenden Curriculareigenanteil der Vorklinik von 1,9266 errechne sich eine jährliche Aufnahmekapazität von 589 Plätzen für Studienanfänger. Ein Schwundausgleich sei nicht vorzunehmen, weil die höheren Semester des vorklinischen Studienabschnitts mit durchschnittlich 372 Studierenden pro Semester deutlich überbelegt seien. Da die Antragsgegnerin entsprechend ihrer Zulassungssatzung 300 Studienplätze und damit bereits 5 Plätze über die rechnerische Kapazität hinaus vergeben habe, seien freie Studienplätze nicht vorhanden.

Mit der Beschwerde greift die Antragstellerin die kapazitätsrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts als grundlegend fehlerhaft an.

II.

Da die mit den Beschwerden erhobenen Einwände sämtlich ohne Erfolg bleiben, gibt der Senat für seine Beschlüsse mit Rücksicht auf den späten Zeitpunkt seiner Entscheidung und den bevorstehenden Beginn des neuen Studienjahres eine einheitliche Begründung. An dieser Verfahrensweise sieht er sich im Hinblick auf das Entscheidungsergebnis auch durch das von den Verfahrensbevollmächtigten einiger Antragsteller unter Berufung auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO geltend gemachte "Entdeckerprinzip" nicht gehindert.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Antragstellerin vorläufig zum Studium der Humanmedizin zuzulassen.

1.

Das Verwaltungsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass die Regelung in Art. I § 22 Abs. 2 Satz 1 des Vorschaltgesetzes zum Gesetz über die Umstrukturierung der Hochschulmedizin im Land Berlin (HS-Med-G) vom 27. Mai 2003 (GVBl. S. 185), wonach die Aufnahmekapazität für das erste (vorklinische) Fachsemester im Studiengang Humanmedizin auf 600 Studienanfänger pro Jahr festgelegt ist, die Ermittlung der Ausbildungskapazität nach den Vorschriften der Kapazitätsverordnung - KapVO - nicht ausschließt. Verbindlichkeit beanprucht die Zahl von 600 Studienanfängern lediglich als Richtwert für die mit der Neuordnung der medizinischen Fachbereiche bzw. Fakultäten beider Hochschulen verbundenen personellen und sächlichen Umstrukturierungen, nicht hingegen für die Kapazitätsfestsetzung selbst. Das legt schon der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 VorschaltG nahe, der im Wesentlichen mit den kapazitätsreduzierenden Regelungen des § 9 des Gesetzes über die Neuordnung der Hochschulmedizin in Berlin (Universitätsmedizingesetz - UniMedG -) und des § 3 des Gesetzes über die Neuordnung der Zahnmedizin an den Universitäten des Landes Berlin (Neuordnungsgesetz Zahnmedizin - NOGZ -) vom 22. Dezember 1993 (GVBl. S. 657) übereinstimmt. Auch diese Vorschriften über die Verringerung der Ausbildungskapazität waren weder im Sinne einer gesetzlichen Festsetzung von Zulassungszahlen zu verstehen noch bewirkten sie - anders als es ihr missverständlicher Wortlaut auf den ersten Blick nahe legte - eine strikte Bindung der Hochschulen an die Zahl der Studienplätze für die Festsetzung der Aufnahmekapazität (vgl. Beschlüsse des Senats vom 11. Mai 1999 - OVG 5 NC 201.99 - [Zahnmedizin, WS 1998/99] und vom 22. Juni 1999 - OVG 5 NC 52.99 u.a. - [Humanmedizin, SS 1998]). Die weitgehende Übernahme der Gesetzesformulierungen - zumal in Kenntnis der zum UniMedG und zum NOGZ ergangenen Rechtsprechung - spricht dafür, dass auch deren Sinngehalt beibehalten werden sollte. Die Tatsache, dass das Vorschaltgesetz - anders als seinerzeit das UniMedG - weder das Wort "Zielzahl" verwendet noch einen Stufenplan zur Erreichung der gesetzlich festgelegten Aufnahmekapazität vorsieht und auch keine Übergangsbestimmungen enthält, steht der Deutung als Richtwertbestimmung schon deshalb nicht entgegen, weil mit den Bestimmungen des Vorschaltgesetzes über die Errichtung der Gliedkörperschaft Charité im Gegensatz zur Zahnmedizin eine nochmalige Verringerung der durch das UniMedG festgelegten Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin gerade nicht verbunden war, sodass es bei der Fortschreibung der bisherigen Stufenpläne zu kapazitätswirksamen Stellenstreichungen verbleiben konnte und auch tatsächlich verblieben ist (vgl. hierzu die Vorlage vom 8. September 2003 zur Beschlussfassung in der Gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftskommission am 19. September 2003 sowie den Protokollauszug der 9. Sitzung der Gemeinsamen Kommission am 13. Oktober 2003).

2.

Die Feststellungen zur Stellenausstattung der Lehreinheit Vorklinische Medizin, die das Verwaltungsgericht getroffen hat, sind nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat es die Streichung von neun Stellen, die zum Personalbestand des Fachbereichs Humanmedizin der Freien Universität gehörten, als kapazitätswirksam angesehen. Diese Stellenstreichungen beruhen auf dem Stufenplan vom September 1995, den die FU auf der Grundlage des § 9 Abs. 3 UniMedG zur Verminderung der Ausbildungskapazität auf 200 Studienanfänger beschlossen und im Februar 2000 bis zum Jahre 2007 fortgeschrieben hatte.

Einer auf jede der weggefallenen Stellen bezogenen Abwägung mit den Belangen der Studienbewerber bedurfte es dabei nicht. Denn bei dem planmäßigen Abbau von Ausbildungskapazitäten aus allgemeinen politischen Erwägungen, wie er durch das UniMedG vollzogen worden ist und durch das VorschaltG fortgeschrieben wird, kann sich die Verfassungswidrigkeit der Kapazitätsreduzierung allein aus dem Gesetz selbst und seinen Auswirkungen ergeben (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss zum UniMedG vom 10. März 1999 - 1 BvL 27/97 -). Gegen die Verfassungsmäßigkeit der kapazitätsreduzierenden Vorschriften bestehen jedoch keine durchgreifenden Bedenken. Mit ihnen hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden politischen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang er im Verhältnis zu anderen staatlichen Aufgaben Mittel für die Ausgestaltung der Hochschulen zur Verfügung stellen will, nicht überschritten (vgl. Beschluss des Senats vom 12. Juli 1999 - OVG 5 NC 1.99 - [Humanmedizin, WS 1998/99] BA S. 3/4).

Die Stellenstreichungen sind auch nicht deshalb unwirksam, weil sie auf der Grundlage von Beschlüssen vollzogen worden sind, die erst nach dem Stichtag 31. März 2003 gefasst worden sind. Zum einen waren sie, wie erwähnt, seit Ende 2002/Anfang 2003 durch Beschlüsse des Fachbereichs Humanmedizin sowie der Finanz- und Wirtschaftskommission der Freien Universität zur Umsetzung des fortgeschriebenen Stufenplans bereits weitgehend vorgezeichnet. Zum anderen - und das gilt gleichermaßen für den Einwand mangelnder Systemgerechtigkeit der mehr oder weniger getrennten Kapazitätsberechnungen für die beiden ehemals selbstständigen vorklinischen Lehreinheiten der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin wie auch für die Rüge, die neue Studienordnung sei erst nach Beginn des Berechnungszeitraums in Kraft getreten - darf nicht übersehen werden, dass die Berechnung der Aufnahmekapazität für das Bewerbungssemester und die Festsetzung der Zulassungszahl durch den Satzungsgeber als Grundlage für die zentrale Studienplatzvergabe zu einem Zeitpunkt vorgenommen und vollzogen werden mussten, als die Antragsgegnerin noch nicht existierte. Sowohl im Hinblick auf die erst am 27. Mai 2003 geschaffene Rechtsgrundlage für die Errichtung der Antragsgegnerin als auch die geänderten Ausbildungsanforderungen durch die zum 1. Oktober 2003 umzusetzende neue Ärztliche Approbationsordnung - ÄAppO - erforderten eine in jeder Hinsicht umfassende Prognoseentscheidung im Sinne von § 5 Abs. 2 KapVO. Denn zu den kapazitätsbestimmenden Daten, mit deren Änderung gegenüber dem vorangegangenen Berechnungszeitraum zu rechnen war und die daher im Vorgriff berücksichtigt werden mussten, gehörte neben der von Grund auf veränderten Personal- und Ausstattungsstruktur der Charité die Neuordnung des vorklinischen Studienabschnitts im Studiengang Humanmedizin. Für die Studienanfänger ab Wintersemester 2003/04 war die Antragsgegnerin daher gehalten, ein Lehrangebot sicherzustellen, das der neuen ÄAppO und deren Anlage 1 genügte, und die Studienordnungen zweier Hochschulen, die bislang Inhalt und Aufbau des Studiums regelten, zu vereinheitlichen und an die neuen ausbildungs- und prüfungsrechtlichen Anforderungen anzupassen. Da im Zeitpunkt, als der Satzungsgeber - hier der Medizinsenat der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin (vgl. Art. I § 7 VorschaltG) - die für die Festsetzung der Zulassungszahlen maßgeblichen Determinanten zu beurteilen und die erforderlichen Entscheidungen zu treffen hatte, eine abschließende Fassung der Studienordnung noch nicht vorhanden war, die Antragsgegnerin aber wegen der sonst drohenden Störung des zentralen Studienplatzvergabeverfahrens nicht unbegrenzt zuwarten konnte, hatte sie unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Verhältnisse von sich aus die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. § 4 Abs. 2 KapVO), wozu nach Lage der Dinge auch die Prognose gehörte, wie sich namentlich die personelle Umstrukturierung durch die Fusion der Fachbereiche beider Hochschulen und die zu gleicher Zeit zu berücksichtigende Ausbildungsreform in curricularer wie insgesamt kapazitätsbestimmender Konsequenz auswirken würde. Eine derart umfassende Prognoseentscheidung kann der gerichtlichen Überprüfung nur im Hinblick darauf unterliegen, ob sie den an sie zu stellenden Anforderungen genügt, nicht aber, ob sie durch die spätere tatsächliche Entwicklung bestätigt oder widerlegt wird. Ein insoweit beachtlicher Rechtsfehler (vgl. hierzu BVerwGE 56, 110 [121 f.]; 72, 282 [286]; 79, 208 [213]) ist von den Beschwerdeführern hinsichtlich der von der Antragsgegnerin angesetzten kapazitären Ressourcen nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

Dafür, dass die Antragsgegnerin "personelle Ressourcen" verschwiegen hätte, wie behauptet wird, bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte. Der Hinweis auf Bekanntmachungen im Internet ist insofern unergiebig, als die dort für bestimmte vorklinische Lehrveranstaltungen benannten Dozenten nicht zwangsläufig zum Stellenbestand der Lehreinheit Vorklinik gehören.

3.

Die Angriffe der Beschwerden gegen die angesetzten Lehrdeputate überzeugen nicht.

Bei den im Stellenplan des ehemaligen Fachbereichs Humanmedizin der FU aufgeführten Stiftungsprofessuren (C3-S) ist das Verwaltungsgericht zu Recht den Ansätzen der Antragsgegnerin gefolgt. Maßgeblich für die Bestimmung der Lehrverpflichtung ist der Inhalt des jeweiligen Stiftungsvertrages. Die angesetzten reduzierten Deputate von 6, 4 und 2 LVS enstprechen nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin den vertraglichen Vereinbarungen bzw. - soweit der Stiftungsvertrag lediglich eine Mindestlehrverpflichtung festlegt (Stelle 5000 6250, C3-S) - der Begrenzung auf die vereinbarte Mindestlehrverpflichtung durch Dekansentscheidung (zu den Gründen im einzelnen vgl. Schreiben des Dekans der Charité vom 29. Januar 2004). Könnten Studienbewerber tatsächlich ungeachtet anderslautender Bestimmung des Stifters den Ansatz der Regellehrverpflichtung nach der Lehrverpflichtungsverordnung - LVVO - verlangen, käme dies der Zubilligung eines Anspruchs auf Kapazitätserweiterung gleich.

Das für die Juniorprofessur angesetzte Deputat entspricht § 5 Satz 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a LVVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 27. März 2001 (GVBl. S. 74), zuletzt geändert durch die Dritte Änderungsverordnung vom 19. März 2003 (GVBl. S. 148). Danach beträgt die Regellehrverpflichtung der Juniorprofessoren für die Dauer der ersten Phase des Dienstverhältnisses 4 LVS; erst danach erhöht sie sich auf 6 LVS (Buchst. b). Soweit das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Beschluss vom 29. Juni 2004 - 2 NB 859.04 -) umgekehrt dazu neigt, in der ersten Phase das höhere Deputat von 6 LVS für angemessen zu halten, so kann dahingestellt bleiben, ob die hierfür gegebene Begründung überzeugt. Denn auch nach der dort vertretenen Auffassung kann dies nur gelten, solange die Lehrverpflichtung noch nicht normativ festgesetzt ist.

Soweit bezweifelt worden ist, dass die in den Stellenplänen ausgewiesenen Qualifikationsstellen tatsächlich mit wissenschaftliche Mitarbeitern besetzt sind, deren Anstellungsverhältnis aus Gründen der Fort- und Weiterbildung befristet ist, sind diese Zweifel - ihre Berechtigung unterstellt - zur Überzeugung des Senats durch die eidesstattliche Versicherung des Dekans der Charité vom 4. August 2004 ausgeräumt. Dem Verlangen nach Anforderung aller nach dem 22. Februar 2002 abgeschlossenen Verträge zwecks Überprüfung der Wirksamkeit der Befristung brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Denn die Argumentation, das Beschwerdegericht habe seiner Entscheidung die derzeit geltende Rechtslage zugrunde zu legen, danach könne es "keinen Zweifel" daran geben, dass es aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Juniorprofessur (Urteil vom 27. Juli 2004 - 2 BvF 2.02 - [NJW 2004, S. 2803]) zur Zeit keine Zeitbefristung, sondern nur eine Sachbefristung (§ 57 b Abs. 5 HRG a.F.) gebe, übersieht, dass der Grundsatz , wonach die vom Verfassungsgericht festgestellte Nichtigkeit einer generellen Norm - hier der gesamten 5. HRG-Novelle - grundsätzlich ex tunc wirkt, ohnehin nicht uneingeschränkt gilt (vgl. § 79 Abs. 2 BVerfGG). Das rechtfertigt die Annahme, dass die entsprechenden Verträge zwar möglicherweise angreifbar, nicht aber ipso iure nichtig sind. Im Übrigen wäre selbst dann die Heranziehung der arbeitsrechtlichen Grundsätze über das faktische Arbeitsverhältnis in Erwägung zu ziehen. Davon, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zwangsläufig zum Ansatz eines Deputats von 8 LVS für die betroffenen Qualifikationsstellen führt, kann jedenfalls keine Rede sein.

4.

Die gegen die kapazitätsrechtliche Billigung der Lehrverpflichtungsermäßigungen vorgebrachten Einwände sind - soweit sie nicht bereits der Substantiierung ermangeln - unbegründet.

Die Rüge, frühere Ermäßigungen seien mit Gründung der neuen Gliedkörperschaft obsolet geworden, es hätten neue Genehmigungen der nunmehr zuständigen Dienstbehörde oder Personalstelle eingeholt werden müssen, geht in dieser Allgemeinheit fehl. Aus den Regelungen des § 3 Abs. 1 bis 3 VorschaltG ergibt sich, dass das wissenschaftliche Personal beider Universitäten - seien es Beamte, seien es Angestellte - mit allen Rechten und Pflichten einschließlich der individuellen personalrechtlichen Vereinbarungen in den Dienst der Gliedkörperschaft Charité getreten ist, also jede Lehrperson "ihr" Lehrdeputat - vermindert oder unvermindert - eingebracht hat. Dafür, dass sich die Voraussetzungen für die jeweilige Deputatsverminderung geändert hätten, ist Dezidiertes nicht vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Das gilt namentlich für die Ermäßigungen bei den Professoren N., F., K., H., Ho., He. und P., die der Senat zuletzt zum Wintersemester 2002/03 überprüft hat (vgl. Beschlüsse vom 16. Januar 2003 - OVG 5 NC 76 und 77.02 -).

Hinsichtlich der Funktionsstelleninhaber Ni., D., Pl., Kü., W., B., M. und Ma., die zum Stellenbestand der ehemaligen Medizischen Fakultät der Humboldt-Universität gehören, folgen die Ermäßigungen aus den entsprechenden Arbeitsverträgen in Verbindung mit den Beschreibungen ihrer jeweiligen Arbeitsgebiete und sind vom Klinikumsvorstand der Charité am 12. November 2002 erneut beschlossen worden. Die Berechtigung der Zubilligung verminderter Lehrverpflichtungen ist im Übrigen mehrfach Gegenstand der Überprüfung durch den Senat gewesen (vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. Juli 1999 - OVG 5 NC 92.99 u.a. - [Humanmedizin, SS 1998]).

Soweit aus dem Stellenbestand des ehemaligen Fachbereichs Humanmedizin der Freien Universität "die auf Seite 8, 2. und 3. Absatz, des angefochtenen Beschlusses" erwähnten Stellen beamteter Akademischer Räte und unbefristet beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter angesprochen werden und geltend gemacht wird, für sie müsse "entgegen der Annahme des Gerichts jeweils eine Lehrverpflichtung von 8 LVS berücksichtigt werden", braucht diesem Vorbringen mangels jeglicher Substantiierung ohnehin nicht weiter nachgegangen zu werden. Es wird übersehen, dass sich die Frage, ob und inwieweit Akademischen Räten Lehraufgaben obliegen, nicht nach der Lehrverpflichtungsverordnung, sondern nach der Verordnung über wissenschaftliche oder künstlerische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Daueraufgaben (Mitarbeiter-Verordnung - MAVO -) vom 15. Januar 1994 (GVBl. S. 57) beurteilt (vgl. dort § 3). Was die unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter S., G. und L. anbelangt, so hat sich der Senat vorsorglich anhand der im Beschluss des Verwaltungsgerichts erwähnten Beschlüsse des 7. Senats davon überzeugt, dass es sich um Stellen handelt, für die nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses eine Lehrverpflichtung nicht vorgesehen ist (Funktionsstellen).

5.

Unsubstanziiert ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe "ein viel zu geringes" fiktives Lehrangebot angesetzt, ein jährlicher Abbau von 12 bzw. 8 LVS sei nicht gerechtfertigt (vgl. hierzu Beschlüsse des Senats vom 22. Juni 1999 - OVG 5 NC 52.99 u.a. - und vom 12. Juli 1999 - OVG 5 NC 1.99 u.a. - [Humanmedizin FU, SS 1998 und WS 1998/99], auf die bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat) . Im Übrigen mag offen bleiben, ob die Antragsgegnerin das fiktive Lehrangebot der ehemaligen vorklinischen Lehreinheit der Freien Universität von 12 LVS aus Anlass der Neuordnung der medizinischen Fakultäten/Fachbereiche der Hochschulen und mit Blick auf deren Zielsetzung (Art. I § 1 VorschaltG) nicht zu Recht gänzlich unberücksichtigt gelassen hat. Denn jedenfalls sind die Antragsteller durch einen stufenplangemäßen Abbau von lediglich 4 LVS, wie ihn das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, nicht beschwert.

6.

Die vom Fachbereich Humanmedizin der Freien Universität in den Referenzsemestern erteilten Lehraufträge hat das Verwaltungsgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. § 10 KapVO wohnt ein prognostisches Element inne. Wenn die Prognose - wie hier im Hinblick auf die eidesstattliche Versicherung des Dekans der Charité vom 4. August 2004 - hinreichend gesichert dahingehend ausfällt, dass künftig keine Lehraufträge (mehr) erteilt werden, dann fehlt der Berücksichtigung von solchen Lehraufträgen, die in der Vergangenheit unter gänzlich anderen Umständen erteilt wurden, die innere Rechtfertigung.

7.

Die durch die Angriffe der Beschwerden veranlasste Überprüfung des von der Antragsgegnerin mit 107,0544 LVS angesetzten und vom Verwaltungsgericht gebilligten Dienstleistungsbedarfs (künftig: DLB) für die der Lehreinheit Vorklinik nicht zugeordneten Studiengänge führt zwar zu verschiedenen Korrekturen. Mit einer Verringerung von (höchstens) 1,6033 LVS wirken sie sich auf das Ergebnis der Entscheidung allerdings nicht aus.

Was die für die jeweiligen Studiengänge anzusetzenden Studienanfängerzahlen anbelangt, ist vorab anzumerken, dass der Senat aus den oben unter Ziff. 2 genannten Gründen (§ 5 Abs. 2 KapVO) von den für das Studienjahr 2003/04 festgesetzten Zulassungszahlen ausgeht.

Die Antragsgegnerin hat ihrer Kapazitätsberechnung folgenden DLB zugrunde gelegt:

 Studiengang zugeordnete LECAqAq 2CAq x Aq 2
Biologie0,39715014,310
Med.päd.0,2973510,395
Zahnmedizin1,13324550,994
Biochemie0,3527,8 9,730
Pharmazie0,028992,4 2,67036
Bioinformatik0,59853017,955
klin-prakt. Medizin   1,0
   107,0544

Von der Lehreinheit Biologie werden folgende Stundenanteile bei der Vorklinik nachgefragt: 10 SWS Vorlesungen bei den Instituten für Biochemie und Physik/Biophysik sowie 3,5 SWS Seminare/Übungen und 6 SWS Praktika bei den Instituten für Anatomie und Biochemie. Das ergibt nach der Formel v x f : g einen CAq von - wie angesetzt - 0,3971. Die zu berücksichtigende Studienanfängerzahl ist allerdings um 5 zu reduzieren (Zulassungszahl im WS 2003/04: 90 [Jahreszulassung]). Die Multiplikation von CAq = 0,3971 mit Aq/2 = 45 führt zu einem DLB von 17,8695 LVS.

Die Lehreinheit Medizin- und Pflegepädagogik fragte im SS 2001 bei der Vorklinik 17,5 SWS Vorlesungen (davon 4 SWS beim Institut für Medizinische Psychologie) und 4 SWS Seminare/Übungen bei den Instituten für Physik/Biophysik, Biochemie, Anatomie und Physiologie nach. CAq betrug demnach ursprünglich 0,2972. Da das Institut für Medizinische Psychologie schon vor Beginn des Bewerbungssemesters aus der Lehreinheit Vorklinik ausgegliedert worden ist, ist der auf die erwähnten 4 SWS Vorlesungen entfallende Anteil von 0,0222 von dem CAq von 0,2972 abzuziehen (= 0,275). Als Aq/2 hat die Antragsgegnerin 35 angesetzt. Das entspricht jedoch nur dann der Hälfte der für das Bewerbungssemester festgesetzten Zulassungszahl, wenn die im berufsbegleitenden Fernstudium Studierenden, denen nach der Studienordnung eine Präsenzzeit von 60 SWS abverlangt wird, einbezogen werden. Bringt man - mangels anderweitiger Anhaltspunkte - den auf sie entfallenden Anteil an den Vorlesungen in Abzug, verringert sich der DLB um 2,0825 LVS auf 8,3125 LVS. Zugunsten der Antragsteller lässt der Senat allerdings ungeprüft, ob sich der Umfang der Pflicht- bzw. Wahlpflichtlehre aufgrund der neuen Studienordnung für den Studiengang Medizinpädagogik/Pflegepädagogik seit dem WS 2001/02 verändert hat; eine kursorische Betrachtung der neuen Bestimmungen deutet darauf hin, dass er sich namentlich in den naturwissenschaftlich-medizinischen Grundlagenfächern erhöht hat.

Um 5 Studierende zu hoch ist Aq/2 auch bei der Zahnmedizin angesetzt (Zulassungszahl für WS 2003/04 und SS 2004: 80). Bei Ansatz einer Zweitstudienquote von 2% - Doppelstudierende immatrikuliert die Antragsgegnerin, wie dem Senat bekannt ist, grundsätzlich nicht - reduziert sich Aq/2 weiter auf 39,2 Studierende. Einen Schwundausgleich, wie ihn bemerkenswerterweise nahezu alle Antragsteller nur in Bezug auf den Studiengang Zahnmedizin fordern, hält der Senat schon im Hinblick darauf, dass Dienstleistungen vorwiegend von Studierenden der unteren Fachsemester der nicht zugeordneten Lehreinheiten in Anspruch genommen werden, für nicht geboten (vgl. Beschluss vom 3. April 2003 - OVG 5 NC 27.03 - [HU Psychologie, WS 2002/03] m.w.N.).

Der ebenfalls von nahezu allen Antragstellern angegriffene Curricularanteil von 1,1332 ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat ihn nicht in seine Auflage vom 30. Juli 2004 einbezogen, weil er zum einen substanziiert nicht in Frage gestellt worden ist und sich im Übrigen mit dem Anteil deckt, um den er ausweislich der Kapazitätsunterlagen beim Studiengang Zahnmedizin als Dienstleistungsimport den Curriculareigenanteil mindert, und zum anderen, weil auf der Hand liegt, dass die - im Wesentlichen erfolglosen - Angriffe der Beschwerden ausschließlich auf den im ZVS-Beispielstudienplan Zahnmedizin enthaltenen Anteil für die naturwissenschaftlichen Fächer (= 0,2666) zielen, um den die Beteiligten (auch) im Zusammenhang mit dem Curriculareigenanteil der Vorklinik streiten (dazu unten Ziff. 8 Buchst. c).

Die Lehreinheit Biochemie fragt nach den nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin Lehre im Umfang von 4,286 SWS Vorlesungen und 9,107 SWS Praktika nach. Daraus errechnet sich ein (höherer) CAq von 0,447, der - multipliziert mit Aq/2 = 27,8 - zu einem DLB von 12,4266 LVS führt.

Ob die Angaben der Antragsgegnerin zum Nachfrageumfang der Lehreinheit Pharmazie zutreffen, ist zweifelhaft. Sie trägt einerseits vor, für den Studiengang Pharmazie werde ein 13-stündiges physiologisches Praktikum mit einem Curricularanteil von 0,0289 erbracht. Schon das ist nicht nachvollziehbar, denn bei 13 Stunden geteilt durch 14 Semesterwochen ergibt sich ein CAq von ([0,9286 SWS x f= 0,5] : g= 15 ) 0,031 und damit bei Aq/2 = 83,5 ein DLB von 2,5882 LVS. Andererseits fügt sie als Nachweis eine Studienordnung für den Studiengang Pharmazie bei, nach deren Studienverlaufsplan das physiologische Praktikum 2 SWS umfasst. Dann aber wäre der DLB deutlich höher, nämlich mit ([2 x 0,5 = 1 : 15 =] CAq 0, 0667 x Aq/2 83,5 =) 5,5695 LVS anzusetzen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegnerin mehr als einmal Gelegenheit gegeben worden ist, ihre Ansätze im einzelnen aufzuschlüsseln, und sie den Aufforderungen des Senats in einer Art und Weise nachgekommen ist, welche die kapazitätsrechtliche Prüfung eher erschwert denn erleichtert hat, müssen die verbliebenen Zweifel zu ihren Lasten gehen.

Hinsichtlich des Studienganges Bioinformatik hat die Antragsgegnerin durch die Bezugnahme auf zwei Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. November 2000 - VG 12 A 472.00 - und vom 15. Januar 2002 - VG 12 A 549.01 - (FU Humanmedizin, WS 2000/01 und 2001/02) dargetan, von welchen Ansätzen sie bei der Berechnung des DLB ausgegangen ist. Dabei sind ihr allerdings ein Fehler unterlaufen: Der Curricularanteil beläuft sich auf 0,5983 und nicht auf 0,5985; bei Aq/2 = 30 errechnet sich ein DLB von 17,949 LVS und nicht von 17,955 LVS.

Der für die klinisch-praktische Medizin angesetzte DLB von 1 LVS schließlich bedarf keiner Erörterung; er wird von den Beschwerden nicht in Frage gestellt.

Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der DLB um maximal 3,4869 LVS zu hoch angesetzt worden ist:

 Studiengang zugeordnete LECAqAq 2CAq x Aq 2
Biologie0,39714517,8695
Med.päd.0,27535 /17,5 für Vorl. 8,3125
Zahnmedizin1,133239,244,4214
Biochemie0,44727,812,4266
Pharmazie0,031 (mind.)83,5 (mind.) 2,5885
Bioinformatik0,59833017,9490
klin-prakt. Medizin   1,0
   103,5675 LVS

Damit ist von einem bereinigten Lehrangebot von (höchstens) 570,4325 LVS auszugehen.

8.

Der vom Verwaltungsgericht errechnete Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinik wird von den Beschwerden in mehrfacher Hinsicht angegriffen. Es wird zunächst gerügt, dass der von der ZVS - ohne Erstellung eines neuen Beispielstudienplans - anhand der neuen ÄAppO abgeleitete Eigenanteil von 2,4167 zum Ausgangspunkt der Berechnung genommen wird (hierzu unter a.). Damit im Zusammenhang steht die weitere Rüge, die Gruppengrößen seien zu korrigieren. Insbesondere die Gruppengröße g= 180 für Vorlesungen sei realitätsfremd; es biete sich an, entweder auf die festgesetzte Zulassungszahl zurückzugreifen oder von der Möglichkeit des Vorlesungsvorwegabzugs Gebrauch zu machen (hierzu unter b.). Und schließlich wird unter Verweis auf "die unendliche Geschichte" des Curriculareigenanteils bei der Humboldt-Universität angezweifelt, ob die Lehreinheit Vorklinik die Lehrveranstaltungen in den naturwissenschaftlichen Fächern tatsächlich selbst erbringt (hierzu unter c.).

a.

Die Vorgehensweise von Antragsgegnerin und Verwaltungsgericht, der Ermittlung des Curriculareigenanteils der Lehreinheit Vorklinik das Ergebnis der Berechnung der ZVS anhand der neuen ÄAppO zugrunde zu legen, ist ungeachtet dessen, dass es die ZVS ablehnt, einen neuen Beispielstudienplan zu erstellen, nicht zu beanstanden. Eine Kontrollberechnung anhand der Anlage 1 (Stundenverteilung im Ersten Abschnitt der ärztlichen Ausbildung) zur Studienordnung der Antragsgegnerin für den Regelstudiengang Medizin vom 18. August 2003 (Amtl. Mitteilungsblatt der Humboldt-Universität zu Berlin Nr. 34/2003) ergibt, dass die nach dieser Studienordnung vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen den von der ZVS errechneten Curricularanteil ausfüllen.

Die ZVS ist von Folgendem ausgegangen:

Nach der Anlage 1 zur ÄAppO sind als Lehrveranstaltungen des Ersten Studienabschnitts vorgeschrieben

- 630 Stunden (= 45 SWS) für praktische Übungen, Kurse und Seminare,

- mindestens 98 Stunden Seminare (= 7 SWS) als integrierte Veranstaltungen sowie

- weitere Seminare im Umfang von 56 Stunden (= 4 SWS).

Hinsichtlich der Stundenzahl der Vorlesungen gibt die ÄAppO lediglich vor, dass die praktischen Übungen und Seminare durch systematische Vorlesungen begleitet werden. Im Hinblick darauf, dass die Europäische Union für das Studium der Humanmedizin durch Richtlinie einen Zeitfaktor von mindestens 5 000 Stunden vorschreibt, verbleiben - nach Abzug des Praktischen Jahres (1 920 Stunden), der Übungen und Seminare (1. Abschnitt: 784 Stunden, 2. Abschnitt 868 Stunden) - noch 1 928 Stunden oder rund 138 SWS für Vorlesungen. Da nach dem Willen des zuständigen Bundesministeriums für den 1. Studienabschnitt die Stundenzahl 104 erhalten bleiben sollte und für den sog. Kleingruppenunterricht durch die ÄAppO 56 SWS vorgegeben sind, bleiben 48 SWS für Vorlesungen übrig.

Daraus ergibt sich laut ZVS folgende Berechnung:

 VeranstaltungstypSWSGruppengrößeAnr.FaktorCurricularanteil
Vorlesung481801,00,2667
Übung (med.Term.)1601,00,0167
Praktikum37150,51,2333
Seminar18201,00,9000
 104  2,4167

Darin enthalten sind - anders als im früheren ZVS-Beispielstudienplan vorgesehen - auch die Anteile für die Vorlesungen in den naturwissenschaftlichen Fächern.

Die Studienordnung der Antragsgegnerin füllt den Wert von 2,4167 nicht nur aus; sie überschreitet ihn sogar:

 Lehrveranstaltungsart/StundenUmrechnung in SWS x fGruppengrößeCNW
Vorlesungen: 518 + 147 Std.665 : 14 = 47,5 SWSg = 1800,2639
Seminare: 104 + 98 + 56 Std.258 : 14 = 18,43 SWSg = 200,9215
Praktikum: 512 + 14 Std.526 : 14 = 37,57 SWS x 0,5g = 151,2523
Übung: 14 Std.1 SWSg = 600,0167
Wahlfach-Seminar: 14 Std.1 SWSg = 200,0500
 zus. 105,41 SWSI =2,5044

b.

Die gegen eine derartige "Valuierungskontrolle" erhobenen Einwände sind unbegründet. Sie negieren die Tatsache, dass der Normwert für den Studiengang Humanmedizin aufgrund der Änderungen des Ausbildungsrechts erhöht worden ist, und verlassen das Berechnungssystem, das bereits dem Beispielstudienplan der ZVS zugrunde gelegen hat. Von diesem Berechnungssystem oder auch nur einzelnen seiner Parameter abzugehen, um etwa zum nach Auffassung einiger Antragsteller "kapazitätsneutralen und systemgerechten Vorlesungsvorwegabzug" der KapVO II zurückzukehren, sieht der Senat keine Veranlassung.

Der Curricularnormwert ist eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und keine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem Meinungs- und Entscheidungsbildungprozess des Normgebers, der komplexe Elemente des Einschätzens und Abwägens, der Vorsorge und Vorausschau, des Kompromisses zwischen gegensätzlichen Interessen, Auffassungen und Gewichtungen enthält. Diesen Abwägungsprozess lässt der Normwert - ohne Rückgriff auf seine Entstehungsgeschichte - nicht mehr erkennen. Deshalb begegnet die gerichtliche Überprüfung darauf, ob der Normgeber von Annahmen ausgegangen ist, die dem aktuellen Erkenntnis- und Erfahrungsstand entsprechen und eine etwaige Kapazitätsbegrenzung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken, in aller Regel Schwierigkeiten eines solchen Ausmaßes, dass sie im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht zu leisten ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 7. Juli 2004 - OVG 5 NC 3.04 u.a. - [FU Publizistik, WS 2003/04]). Im Studiengang Humanmedizin allerdings bietet die Tatsache, dass sowohl die Parameter für die Ableitung des bisherigen Curricularnormwerts als auch die Gründe bekannt sind, die den Normgeber bewogen haben, ihn von bisher 7,2 auf 8,2 anzuheben, einen Ansatz für eine Überprüfung nach den Maßstäben des vorläufigen Rechtsschutzes. Die Gründe im Einzelnen ergeben sich aus der Stellungnahme des Unterausschusses "Kapazitätsverordnung" zu den Auswirkungen der Neufassung der ÄAppO auf die Parameter zur Berechnung der Aufnahmekapazität, die dem Verwaltungsausschuss mit der Empfehlung zugeleitet worden ist, den Curricularnormwert für den Studiengang Medizin ab Wintersemester 2003/04 auf den Wert 8,2 festzusetzen. Die Berechnung des Unterausschusses folgt - wie sich aus der Übersicht auf S. 15 ergibt - für die Lehrveranstaltungen des Ersten Studienabschnitts sowohl hinsichtlich der Anrechnungsfaktoren als auch der Gruppengrößen exakt den Parametern des Beispielstudienplans. Die Tatsache, dass der Normgeber dem Festsetzungsvorschlag der ZVS uneingeschränkt gefolgt ist, rechtfertigt den Schluss, dass er an dem Berechnungssystem, wie es dem Beispielplan zugrunde lag, festhalten wollte. Ist aber davon auszugehen, dass die Vorlesungen mit einer Betreuungsrelation von 180 in die Normwertfestsetzung eingeflossen sind, kann davon, dass der bereits mit der KapVO III aufgegebene Vorlesungsvorwegabzug "systemgerecht" wäre, keine Rede sein. Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Vorschlag, den Durchschnitt der bundesweit festgesetzten Zulassungszahlen als Gruppengröße anzusetzen.

c.

Schließlich erweisen sich auch die Bedenken, die gegen die Einbeziehung von auf die naturwissenschaftlichen Fächer entfallenden Anteilen in den Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinik geäußert werden, im Wesentlichen als unbegründet.

Der Senat hat der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Angriffe der Beschwerden aufgegeben, im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen, welche nach der Studienordnung vorgesehenen Lehrveranstaltungen in den Fächern Physik, Chemie und Biologie im Bewerbungssemester bzw. im Sommersemester 2004 von welcher Lehrkraft abgehalten worden sind. Dabei stand die Frage im Vordergrund, ob und inwieweit an den jeweiligen Lehrveranstaltungen Lehrpersonen aus dem Personalbestand der Vorklinik beteiligt sind. Anhand des sukzessiv und trotz der Länge der hierfür in Anspruch genommenen Zeit nur lückenhaft von der Antragsgegnerin Vorgetragenen lässt sich, wenn auch unter Schwierigkeiten, Folgendes feststellen:

Zu den Lehrveranstaltungen im Fach Biologie trägt die Antragsgegnerin vor, diese würden vom Institut für Anantomie "abgesichert"; die Vorlesungen seien von Prof. V. gehalten worden. Prof. V. gehört zwar zum Institut für Anatomie. Gleichwohl sind die Angaben der Antragsgegnerin mit dem im erstinstanzlichen Verfahren Vorgetragenen, wonach 22 Stunden Praktikum und 14 Stunden Vorlesungen "von der Genetik" importiert würden, nicht zu vereinbaren. Denn nach dem Studienplan sind im Fach Biologie lediglich 14 Stunden Vorlesung, dafür aber 29 Stunden Praktikum vorgesehen. Darlegung und Nachweis, von wem die verbleibenden 7 Stunden Praktikum geleitet worden sind, ist die Antragsgegnerin schuldig geblieben. Das rechtfertigt den Abzug eines weiteren Anteils von 0,0167 vom Curriculareigenanteil.

Die Studienordnung schreibt für das Fach Physik 28 Stunden Vorlesung und 28 Stunden Praktikum vor. An diesen Lehrveranstaltungen beteiligt war nach den belegten Angaben für das Wintersemester 2003/04 ausschließlich wissenschaftliches Personal der Lehreinheit Vorklinik (Institut für Medizinische Physik und Biophysik). Anders verhält es sich dagegen nach den Angaben zum Sommersemester 2004. Danach waren an den Praktika vier Dozenten mit je einer von insgesamt 15 Veranstaltungsgruppen beteiligt, deren Namen keinem der Stellenpläne zugeordnet werden können. Ob es sich bei ihnen, wie auf Vorhalt vorgetragen worden ist, tatsächlich um "Drittmittelbedienstete" gehandelt hat, dürfte zu bezweifeln sein. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn unbestreitbar richtig am Vortrag der Antragsgegnerin ist, dass sie im Sommersemester 2004 wegen der parallelen Ausbildung nach der alten und der neuen Studienordnung mit zwei Semesterkohorten (nach Angaben der Antragsgegnerin 363 Studierende nach der alten, 300 Studierende nach der neuen Studienordnung) eine erhebliche Überlast zu bewältigen hatte. Ein entsprechender Hinweis findet sich übrigens auch im Vorlesungsverzeichnis der Humboldt-Universität für das Sommersemester 2004 (S. 188). In Bezug auf die Frage, ob die Physikpraktika mit dem Personalbestand der Vorklinik bestritten werden, bleibt danach festzuhalten, dass dies im Sommersemester 2004 jedenfalls bei mehr als der Hälfte der effektiv durchgeführten, mithin bei der vollen Anzahl der nach der Studienordnung für den Regelfall vorgeschriebenen Veranstaltungen so gewesen ist.

Die Vorlesungen im Fach Chemie sind im Wintersemester 2003/04 von Dr. E. (Institut für Medizinische Physik) und Dr. Kr. (Institut für Biochemie) gehalten worden. Im Sommersemester 2004 war mit einem Anteil von 6 Stunden der Juniorprofessor Dr. C. Sp. beteiligt (vgl. Vorlesungsverzeichnis FU S. 122). Dabei dürfte es sich um den Inhaber der zum Wintersemester neu eingerichteten und seinerzeit noch unbesetzten Stelle 5001 4416 - die einzige Juniorprofessur - handeln. Selbst wenn diese Annahme nicht zuträfe, könnte der auf seine Lehrbeteilung entfallende Anteil von 0,0024 vernachlässigt werden, ohne dass das Ergebnis der Entscheidung hiervon beeinflusst würde. Die übrigen Vorlesungen sind von Dr. E., Dr. Kr. und Dr. Hec. (alle Institut für Biochemie) gehalten worden. Zusätzlich sind sowohl im Wintersemester 2003/04 als auch im Sommersemester 2004 dreistündige "Basisseminare" in Biochemie angeboten worden. Auch in Bezug auf diese Lehrveranstaltungen zeigt sich die Überlast zum Sommersemester 2004 (WS 7 Gruppen, SS 10 Gruppen). Die Dozenten sind mit einer Ausnahme, Dr. Ba., dessen Beteiligung aus den gleichen wie zu den Praktika in Physik angeführten Gründen ohne Belang ist, eindeutig der Vorklinik zuzuordnen. Das gleiche gilt letztendlich für die an der Betreuung der Chemiepraktika beteiligten Lehrpersonen.

Unter Abzug des weiteren Anteils von 0,0167 für die Praktika im Fach Biologie ergibt sich gegenüber dem Berechnungsergebnis des Verwaltungsgerichts folgendes Bild:

Lehrveranstaltungsart/Stunden|Umrechnung auf SWS|Gruppengröße|CNW Vorlesungen: 665 Std.|665 : 14 = 47,5 SWS|g = 180|0,2639 Seminare: 104 + 98 + 56 Std.|258 : 14 = 18,43 SWS|g = 20|0,9215 Praktikum: 512 + 14 Std.|526 : 14 = 37,57 SWS x 0,5|g = 15|1,2523 Übung: 14 Std.|1 SWS|g = 60|0,0167 Wahlfach-Seminar: 14 Std.|1 SWS|g = 20|0,0500 ||I =|2,5044 abzügl. Fremdanteile||| Biologie bisher: Praktika u. Vorlesungen|1,57 SWS x 0,5 + 1 SWS x 1|g = 15, g = 180|0,0579 neu: Praktikaanteil Biol.|0,5 SWS x 0,5|g = 15|0,0167 Med. Psychol./Soziologie|3,5 SWS V + 2 SWS S + 3 SWS x 0,5 P|g = 180, g = 20 g = 15| 0,2194 Berufsfeld/Terminologie zu 1/2 |0,05 SWS x 0,5 P +1 SWS Ü|g = 15, g = 60|0,0167 Wahlfach zu 2/3 |1 SWS Sem.|g = 20|0,0333 integr. Seminare zu 1/2 |6,5 SWS|g = 20|0,1625 ||II =|0,5065 ||I ./. II =|1,9979 ||| |bei|CA 2,4176 (ZVS)|=1,9111

Die weiteren gegen die Berechnung des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwände der Beschwerden überzeugen nicht. Die Behauptung, an der Lehrveranstaltung "Einführung in die klinische Medizin" seien maßgeblich Kliniker beteiligt, ist erkennbar aus der Luft gegriffen. Das gleiche gilt für die von einigen Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die Antragsgegnerin im Bewerbungssemester überhaupt schon nach der neuen Studienordnung ausgebildet habe. Darauf, ob das Verwaltungsgericht bedacht hat, dass für die Studierenden des 2. bis 4. Fachsemesters noch die alte Studienordnung gegolten hat, kommt es nicht an, weil der Curriculareigenanteil die Lehrnachfrage der Studienanfänger quantifiziert. Auch die - etwas anders gewendete - Rüge, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass es derzeit noch keine Studienkohorte gebe, die dieses Lehrangebot nachfrage, verkennt Sinn und Zweck von Normwerten. Die Vornahme eines höheren Abzugs als 50 v.H. für die Beteiligung der Klinik an Lehrveranstaltungen mit klinischen Bezügen hat das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt und auf die Bezug genommen wird, abgelehnt. Darauf, ob und inwieweit eine Umstrukturierung der medizinischen Lehreinheiten zu einer Entlastung der Vorklinik führen könnte, kann es ersichtlich nicht ankommen. Die Frage schließlich, welcher Anteil für das Wahlpflichtfach nach § 2 Abs. 8 ÄAppO angesetzt worden und wie die Antragsgegnerin zu einem Fremdanteil von 0,0333 gekommen ist, lässt sich unschwer beantworten. Die Studienordnung schreibt für das Wahlpflichtfach 14 Stunden Seminar vor; das ergibt einen Curricularanteil von ([14 Std. : 14 =] 1 SWS : g= 20 =) 0,5. Hiervon rechnet die Antragsgegnerin (vgl. Schriftsatz vom 28. Januar 2004) ein Drittel (= 0,0167) der Vorklinik zu, weil ihrer Einschätzung nach wegen des umfangreichen Angebots der Vorklinik mindestens ein Drittel der Studierenden das Wahlfach in den vorklinischen Zentren nachfrage. Dass diese Einschätzung nicht unrealistisch ist, zeigt ein Abgleich des Fächerkanons der Anlage 3 zur ÄAppO mit dem Vorlesungsverzeichnis der Antragsgegnerin.

Bei einem bereinigten Lehrangebot von (höchstens) 570,4325 LVS und einem Curriculareigenanteil von (mindestens) 1,9111 errechnet sich für das Bewerbungssemester eine (maximale) Aufnahmekapazität von 299 Studienplätzen für Studienanfänger. Da die Antragsgegnerin 300 Plätze festgesetzt und vergeben hat, sind freie Plätze, von denen die Antragstellerin einen für sich beanspruchen könnte, nicht vorhanden.

9.

Eine Schwundquote hat das Verwaltungsgericht zu Recht nicht angesetzt. In den höheren Semestern des vorklinischen Studienabschnitts, auf den es insoweit allein ankommt, sind nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin insgesamt 1.115 Studierende (= 371,7) eingeschrieben. Das Absehen von einem Schwundausgleich nach §§ 14 Abs. 3 Nr. 3, 16 KapVO bei nachweislicher Überlast in den höheren Semestern entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Beschlüsse des Senats vom 6. September 2000 - OVG 5 NC 5.00 - und vom 26. Juni 2002 - OVG 5 NC 9.02 - [FU Tiermedizin] sowie zuletzt Beschluss vom 9. Oktober 2004 - OVG 5 NC 423.04 [Zahnmedizin, SS 2004]).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 GKG in Verbindung mit §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG a.F..

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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