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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Brandenburg
Beschluss verkündet am 14.09.2004
Aktenzeichen: 1 B 271/04
Rechtsgebiete: GG, VerfBbg, PartG, Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 3
GG Art. 21
VerfBbg Art. 12 Abs. 1
VerfBbg Art. 12 Abs. 2
VerfBbg Art. 20 Abs. 3
PartG § 5 Abs. 1
Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg § 8 Abs. 2
Eine Verteilung von Sendezeiten durch eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt an politische Parteien zum Zwecke der Wahlwerbung vor einer Landtagswahl in der Weise, dass eine im Landtag in Fraktionsstärke vertretene Partei weniger Sendezeit erhält als nicht im Landtag vertretene Parteien, kann gegen den Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit der Parteien verstoßen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND BRANDENBURG BESCHLUSS

1 B 271/04

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Rundfunk- und Fernsehrechts (Sendezeiten für Wahlwerbung);

hier: Beschwerde

hat der 1. Senat am 14. September 2004 durch

den Präsidenten des ..., den Richter am ... und den Richter am ...

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 8. September 2004 geändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine weitere Sendezeit im ...-Fernsehen mit einer Sendedauer von bis zu 60 Sekunden für Wahlwerbung vor der Wahl des Landtags Brandenburg am 19. September 2004 zuzuteilen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat, wie der Antragsteller mit der Beschwerde begründet dargelegt hat, seinen Antrag auf Zuteilung einer weiteren (vierten) Sendezeit im ...-Fernsehen im Wege der einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der bevorstehenden Landtagswahl und der durch Zeitablauf drohenden Vereitelung des geltend gemachten Rechts, wobei, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in dieser Situation eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt. Dem Antragsteller steht ferner der notwendige Anordnungsanspruch zur Seite. Er kann von dem Antragsgegner die Zuteilung einer weiteren Sendezeit zu Zwecken der Wahlwerbung verlangen. Hierzu im Einzelnen:

Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers ist der verfassungsrechtlich in Art. 3 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 21 GG sowie in Art. 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 Verfßbg verankerte Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien. Die Parteien haben zwar keinen verfassungsrechtlich ableitbaren originären Anspruch auf Zuteilung von Sendezeiten für Wahlwerbung in Hörfunk und Fernsehen (BVerwG, Urteil vom 11. Januar 1991 - 7 C 13.90 -, BVerwGE 87, 270, 273). Die öffentliche Gewalt muss aber, wenn sie zu Zwecken der Wahlwerbung in den Bereich der politischen Willensbildung bei Wahlen in einer Weise eingreift, dass dadurch die Chancengleichheit der politischen Parteien verändert werden kann, die ihrem Ermessen in diesem Bereich besonders eng gezogenen Grenzen beachten. Ihr ist jede verschiedene Behandlung der Parteien verfassungskräftig versagt, die sich nicht durch einen besonderen zwingenden Grund rechtfertigen lässt (BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1962 - 2 BvR 158/62 -, BVerfGE 14, 121, 133). Dies gilt auch im Falle der Bereitstellung von Sendezeit zum Zwecke der Wahlwerbung für Parteien durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Wahlwerbesendungen unterliegen der Rundfunkfreiheit und gehören in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Verfßbg (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1986 - 7 C 79.85 -, BVerwGE 75, 67, 69 f.). Die Rundfunkanstalten üben aber, wenn sie ihre Einrichtungen für Wahlwerbeveranstaltungen zur Verfügung stellen, öffentliche Gewalt aus und haben dabei das Recht der Parteien auf Chancengleichheit zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 25. April 1985 - 2 BvR 617/84 -, BVerfGE 69, 257, 266; Beschluss vom 14. Februar 1978 - 2 BvR 523/75 u.a. -, BVerfGE 47, 198, 223; vgl. auch den Bericht des Innenausschusses über den Entwurf zum Parteiengesetz, BT-Drs. V/1918, S. 3, zu § 5). Der Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen fordert, dass die Rechtsordnung jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass allen an der Wahl beteiligten Parteien die gleiche Sendezeit einzuräumen ist. Mit dem Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen verträgt es sich vielmehr, dass die jeweilige politische Bedeutung der Parteien bis zu einem gewissen Grade bei der Bemessung der Sendezeiten zur Wahlpropaganda in Rechnung gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1972 - 2 BvR 820/72 -, BVerfGE 34, 160, 163 f.; Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 -, BVerfGE 24, 300, 355; Beschluss vom 30. Mai 1962 - 2 BvR 158/62 -, BVerfGE 14, 121, 134). Dieses Prinzip der abgestuften Chancengleichheit ist - als Konsequenz der verfassungsgerichtlichen Maßstäbe - einfach-gesetzlich in § 5 PartG verankert. Die Vorschrift konkretisiert den Grundsatz der (abgestuften) Chancengleichheit der Parteien für den Fall, das ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien öffentliche Leistungen gewährt, wozu auch die kostenlose Gewährung von Sendezeit durch die Rundfunkanstalten gehört (BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1986 - 7 C 79.85 -, BVerwGE 75, 67, 75). Danach kann der Umfang der Gewährung nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemisst sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen, wobei für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß sein muss wie für jede andere Partei (§ 5 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PartG). Die Regelungen des § 5 PartG sind verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 -, BVerfGE 24, 300, 354 f.).

Nach diesem Maßstab der abgestuften Chancengleichheit kann der im Landtag in Fraktionsstärke vertretene Antragsteller verlangen, bei der Zuteilung von Sendezeit für Wahlwerbung zur bevorstehenden Landtagswahl nicht schlechter als die seit zwei Legislaturperioden nicht mehr im Landtag vertretenen Parteien FDP und Bündnis 90/Die Grünen gestellt und - ebenso wie diese - mit vier Sendezeiten (Verteilung im Übrigen: SPD acht, CDU sieben und PDS sechs Sendezeiten) deutlich abgestuft von den mit jeweils zwei Sendezeiten bedachten Splitterparteien berücksichtigt zu werden.

Allerdings kann der Antragsteller insoweit - anders als die Parteien FDP und Bündnis 90/Die Grünen - nicht für sich die sog. Halbwertklausel des § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG in Anspruch nehmen. Die Regelung normiert in Konkretisierung des § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 PartG eine Untergrenze für die Zuteilung öffentlicher Leistungen, die der bundespolitischen Bedeutung einer im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenden Partei Rechnung trägt (vgl. zu den Motiven der gesetzlichen Regelung Breithaupt, JZ 1967, 561, 562; s. auch Lipphardt, Die Gleichheit der politischen Parteien vor der öffentlichen Gewalt, 1975, 697 f.). Der Antragsteller ist indes im Bundestag nicht in Fraktionsstärke vertreten. Es spricht ferner einiges dafür, dass auch eine entsprechende Geltung der Regelung bei Landtagswahlen für im Landtag in Fraktionsstärke vertretene Parteien, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht in Betracht kommt. Eine solche Anwendung dürfte sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 2 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg in Verbindung mit dem Gesetz zum Staatsvertrag vom 14. Oktober 2002 (GVBl. I, S. 138) ergeben, wonach im Falle der Zurverfügungstellung von Sendezeit u.a. an Parteien zur Vorbereitung von Wahlen der Abgeordneten zu den gesetzgebenden Körperschaften der Länder Berlin und Brandenburg die Regelungen des Parteiengesetzes "entsprechend" gelten. Insoweit bestehen schon kompetenzrechtliche Bedenken gegen die Annahme, hierdurch würde die Privilegierung von Parlamentsparteien der Bundesebene für Landtagswahlen auf im Landtag vertretene Parteien übertragen. § 5 PartG gilt nicht nur für "Bundesleistungen" an Parteien, sondern schlechthin für Leistungen der öffentlichen Gewalt, auch soweit sie auf Landesebene (etwa durch Landesrundfunkanstalten) gewährt werden (vgl. Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2004, § 10 Rdn. 80; Schulze-Solde, Politische Parteien und Wahlwerbung in der dualen Rundfunkwerbung, 1994, S. 84; Lipphardt, a.a.O., S. 694 f.; Breithaupt, a.a.O., S. 562; anders noch Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 155, m. w. Nachw.). Die Differenzierungskriterien des § 5 Abs. 1 PartG sind deshalb, auch soweit sie Wahlen zu gesetzgebenden Körperschaften der Länder betreffen, abschließend (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 17. August 1970 - Vf.100-VII-69 -, DVBl. 1971, 73, 74; OVG Lüneburg, Urteil vom 21. März 1974 - 5 OVG A 38/74 -, DVBl. 1974, 883, 884). Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass mit der landesrechtlichen Bezugnahme auf § 5 PartG, die sich in dieser oder ähnlicher Form auch in anderen Landesmediengesetzen findet (s. etwa Art. 7 Abs. 3 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zu dem Staatsvertrag über die gemeinsame Nutzung eines Fernseh- und eines Hörfunkkanals auf Rundfunksatelliten vom 24. Juni 1986; § 19 Abs. 2 Satz 1 des Saarländischen Mediengesetzes vom 27. Februar 2002; § 33 Abs. 1 Satz 3 des Rundfunkgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 7. Dezember 1995), überhaupt mehr bezweckt ist als lediglich ein (in diesem Falle deklaratorischer) Hinweis auf die Notwendigkeit, die Verteilung der Sendezeiten u.a. auch bei Landtagswahlen am Maßstab des § 5 PartG vorzunehmen.

Der Antragsteller kann aber nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 PartG entsprechend seiner Bedeutung auf Landesebene die Zuteilung einer weiteren Sendezeit und damit eine Gleichstellung mit den Parteien FDP und Bündnis 90/Die Grünen verlangen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Bedeutung einer Partei, die über das Maß der Gewährung staatlicher Leistungen entscheidet, nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern immer nur in Relation zu der Bedeutung der übrigen Parteien, die ebenfalls in den Genuss der staatlichen Leistung gelangen. Die Bedeutung einer Partei bemisst sich nach § 5 Abs. 1 Satz 3 PartG insbesondere auch nach der Ergebnissen vorausgehender Wahlen zu Volksvertretungen. Dabei ist als Maßstab für die Abstufung in erster Linie auf die Vertretung in dem Parlament abzustellen, dem die Wahlen gelten (vgl. - dies gleichsam als selbstverständlich voraussetzend - BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1962 - 2 BvR 158/62 -, BVerfGE 14, 121, 138; Beschluss vom 24. Februar 1983 - 2 BvR 323/83 -, BVerfGE 63, 251, 253; ferner OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. Februar 1983 - 7 B 11/83 -, S. 3 f. des Entscheidungsabdrucks, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; Hartstein/Ring/Kreile/ Dörr/Stettner, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Stand Januar 2001, Band 2, § 42 RStV, Rdn. 14). Bei der somit vorrangig in den Blick zu nehmenden Landtagswahl 1999 hat der Antragsteller 5,3 % der Wählerstimmen erhalten, die SPD 39,3 %, die CDU 26,5 %, die PDS 23,3 % sowie FDP und Bündnis 90/Die Grünen jeweils 1,9 %. Der Antragsteller hat die 5%-Hürde übersprungen und ist in Fraktionsstärke im Landtag vertreten. Diesem Umstand kommt für die Bemessung seiner Bedeutung im Verhältnis zu solchen Parteien, die diese Hürde nicht genommen haben, wesentliche Bedeutung zu. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht zur Bedeutung der Vertretung einer Partei in dem jeweiligen Parlament ausgeführt (Beschluss vom 30. Mai 1962 - 2 BvR 158/62 -, BVerfGE 14, 121, 135 f.):

"Die den freiheitlichen demokratischen Staat als Regierungsmehrheit und Opposition tragenden politischen Parteien weisen überwiegend eine die einzelnen Legislaturperioden überdauernde Konstanz auf. In den Parlamentswahlen soll sich entscheiden und entscheidet sich regelmäßig, ob während der kommenden Legislaturperiode die von der bisherigen Regierungsmehrheit maßgeblich bestimmte Politik fortgesetzt werden oder ob eine andere Politik an deren Stelle treten soll. Eine neue oder eine kleine bisher im Parlament nicht vertretene Partei hat in der Regel keine Aussicht, auf Anhieb wesentliche Wahlerfolge zu erringen. Sie ist häufig von vornherein dazu verurteilt, eine kleine Minderheit zu bleiben, weil die Wähler sich scheuen, ihre Stimme Parteien zu geben, die sich in ihren Augen bisher weder in der Regierungsverantwortung noch in der Opposition bewährt noch auf den staatlichen Willensbildungsprozeß Einfluß genommen haben. Die Bildung von möglicherweise zahlreichen neuen Parteien gefährdet die Funktionsfähigkeit von Parlament und Regierung. Das verfassungsrechtlich legitime Ziel, den Charakter der Wahl als des entscheidenden Integrationsvorganges bei der politischen Willensbildung des Volkes zu sichern, erscheint daher auch in diesem Bereich - ähnlich wie dies bei dem Unterschriftenquorum und der Sperrklausel der Fall ist - als ein wichtiger Grund, der es erlaubt, innerhalb eines eng umgrenzten Rahmens von der formalen Chancengleichheit abzuweichen. Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, daß die besondere Bedeutung der Parteien, durch deren Gegen- und Miteinanderwirken die bisherige Entwicklung entscheidend geprägt worden ist und deren mehr oder minder großer Einfluß auf die staatliche Willensbildung voraussichtlich die weitere Entwicklung bestimmen wird, der Aktivbürgerschaft auch bei der Wahlwerbung im Rundfunk durch eine Abstufung der Sendezeiten vor Augen geführt und vergegenwärtigt wird."

Ist hiernach den im jeweiligen Parlament, hier im Landtag Brandenburg, bereits vertretenen Parteien im Rahmen der abgestuften Chancengleichheit gegenüber nicht in diesem Parlament vertretenen Parteien ein größeres - durch entsprechende Abstufung kenntlich gemachtes - Gewicht beizumessen (vgl. dazu auch OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., S. 3 ff. des Entscheidungsabdrucks), so kann der Antragsteller zum einen verlangen, gegenüber den Splitterparteien, die der Antragsgegner mit je zwei Sendezeiten bedacht hat, deutlich abgehoben zu werden. Bereits dies spricht dafür, ihm nicht lediglich eine Sendezeit mehr zur Verfügung zu stellen als jeder ggf. noch so unbedeutenden Splitterpartei. Zum anderen ist der Antragsgegner gehalten, den Antragsteller wegen der Bedeutung seiner Vertretung im Landtag in Fraktionsstärke nicht schlechter zu stellen als solche Parteien, die nach Maßgabe der letzten Landtagswahl insoweit eher unbedeutend, aber wegen ihrer besonderen bundespolitischen Bedeutung (ebenfalls) von den Splitterparteien nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG abzuheben sind. Dabei bedarf es an dieser Stelle keiner abschließenden Klärung, ob das Differenzierungskriterium der sog. Halbwertklausel neben die im Übrigen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 PartG erfolgende Zuteilung tritt, oder ob § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG einen Maßstab bildet, der für die übrigen Parteien bei der Zuteilung entsprechend ihrer Bedeutung eine Rolle spielt (im letztgenannten Sinne OVG Bremen, Beschluss vom 24. September 1991 - 1 B 54/91 -, zitiert nach juris; OVG NW, Urteil vom 28. April 1975 - III A 641/75 -, NJW 1975, 2310, 2311; OVG Berlin, Urteil vom 11. Februar 1975 - OVG V B 5/75 -, DVBl. 1975, 266, 267; anders wohl - allerdings bezogen auf eine im Landtag nicht vertretene Partei - OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., S. 5 f.; vgl. dazu - freilich unter Hervorhebung der Ergebnisse der letzten Wahlen - BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 1983 - 2 BvR 323/83 -, BVerfGE 63, 251, 253). Mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene besondere Bedeutung einer Parlamentspartei kommt jedenfalls im vorliegenden Fall dem Umstand, dass der Antragsteller in Fraktionsstärke im Landtag Brandenburg vertreten ist, während die FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei der vorhergehenden Wahl mit jeweils 1,9 % der Wählerstimmen einen Einzug in den Landtag deutlich verfehlt haben, einiges Gewicht zu. Ein sachlicher Grund, bei einer Landtagswahl die in dem letzten Landtagswahlergebnis zum Ausdruck kommende landespolitische Bedeutung einer Partei geringer zu werten als die Bedeutung solcher Parteien, die nach diesem Maßstab landespolitisch eher unbedeutend sind, aber bundespolitisches Gewicht haben, ist nicht ersichtlich (vgl. insoweit auch - zum Unterschriftenprivileg bei Kommunalwahlen - BVerfG, Urteil vom 15. November 1960 - 2 BvR 536/60 -, BVerfGE 12, 10, 28). Durch eine Gleichstellung wird die den im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien durch § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG auch für eine Landtagswahl gewährte Privilegierung zwar im Sinne der gebotenen abgestuften Chancengleichheit in gewissem Maße relativiert, aber nicht beseitigt; denn ohne die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG wären diese Parteien, (nur) gemessen an ihrer Bedeutung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 PartG, nicht ohne weiteres mit einer Sendezeit in Höhe der Hälfte der Sendezeit für die stärkste Partei zu berücksichtigen.

Soweit nach § 5 Abs. 1 Satz 3 PartG in Ausfüllung der verfassungsgerichtlichen Maßstäbe nach dem - in erster Linie maßgeblichen (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 -, BVerfGE 24, 300, 355) - vorhergehenden Wahlergebnis als einem gewichtigen Anhaltspunkt weitere Kriterien wie die Zeitdauer ihres Bestehens, ihre Kontinuität, ihre Mitgliederzahl, der Umfang und Ausbau ihres Organisationsnetzes, ihre Vertretung im Parlament und ihre Beteiligung an der Regierung in Bund oder Ländern zur Bestimmung der (gegenwärtigen) Bedeutung der an der Neuwahl beteiligten politischen Parteien heranzuziehen sind, ergibt sich hieraus für den vorliegenden Fall nichts anderes. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die weiteren vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien in erster Linie dazu dienen sollen, der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass im Gefolge der allgemeinen politischen Entwicklung während der abgelaufenen Legislaturperiode unter Umständen eine erhebliche Kräfteverschiebung stattgefunden hat; insoweit kann eine schematische Anknüpfung an die Ergebnisse der vorhergehenden Parlamentswahlen in Anbetracht der nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Werbewirkung einer erheblich längeren Sendezeit und der Zuteilung einer ins Gewicht fallenden größeren Anzahl von Sendeterminen einer Aufrechterhaltung des Status quo Vorschub leisten und auf eine Vorgabe im Wahlwettbewerb hinauslaufen, die mit dem Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen nicht zu vereinbaren wäre (Beschluss vom 30. Mai 1962 - 2 BvR 158/62 -, BVerfGE 14, 121, 137). Für die Möglichkeit einer solchen Kräfteverschiebung ist jedoch vom Antragsgegner nichts vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Dass der Antragsteller im Land Brandenburg - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - 302 Mitglieder aufweist, während Bündnis 90/Die Grünen nach Angaben des Antragsgegners 570 Mitglieder, nach Angaben des Antragstellers ca. 500 Mitglieder aufweisen, also beide über einen offenbar nur geringen Organisationsgrad verfügen, kann mit Blick auf das deutlich unterschiedliche Abschneiden bei der letzten Landtagswahl nicht in einer Weise ins Gewicht fallen, die eine voneinander abweichende Zuteilung von Sendezeiten rechtfertigen könnte. Insoweit kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitige und vom Antragsgegner nicht weiter belegte Mitgliederzahl der FDP im Land Brandenburg nicht mehr an. Soweit der Antragsgegner und auch das Verwaltungsgericht im Übrigen auf die Beteiligung der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen in Regierungen in Bund und Ländern und ihrer Vertretung im Bundestag sowie in anderen Landesparlamenten abstellen, was zweifellos zu einer ungleich höheren bundespolitischen bzw. bundesweiten Bedeutung jener Parteien im Vergleich zu dem Antragsteller führt, der sich in den letzten Jahren nur vereinzelt an Landtags- bzw. Bürgerschaftswahlen und nicht an den Bundestags- und Europawahlen beteiligt hat, ist diesen Aspekten - zumal auf dem Hintergrund ihres mäßigen Abschneidens bei der letzten Landtagswahl - durch die Privilegierung des § 5 Abs. 1 Satz 4 PartG bereits hinreichend Rechnung getragen; die bundespolitische Bedeutung jener Parteien zusätzlich zur Anwendung der Halbwertklausel gleichsam ein weiteres Mal zum Tragen kommen zu lassen, ist daher nicht veranlasst.

Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Vertiefung, inwieweit der Annahme einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse auf Landesebene im Sinne einer gegenüber der letzten Landtagswahl zurückgegangenen Bedeutung des Antragstellers auch die - vom Antragsteller herangezogenen - Prognosen zum Ausgang der Landtagwahl am 19. September 2004 entgegenstehen (vgl. zur Bedeutung und Aussagekraft von Wahlprognosen OVG Hamburg, Beschluss vom 9. September 1993 - BS III 335/93 -, NJW 1994, 71, 72; Hartstein/Ring/Keile/ Dörr/Stettner, a.a.O., Rdn. 14).

Durch die Ausstrahlung eines weiteren Wahlwerbespots in der Endphase des Wahlkampfs ergeben sich nach Einschätzung des Senats auch keine schwerwiegenden Wettbewerbsnachteile für die übrigen Parteien (vgl. zu diesem Aspekt OVG Hamburg, Beschluss vom 6. Mai 1987 - Bs IV 311/87 -, NJW 1987, 3023, 3024; OVG Bremen, Beschluss vom 24. September 1991 - 1 B 54/91 -, zitiert nach juris). Es ist vor allem nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner nicht in der Lage sein sollte, eine weitere Sendezeit für den Antragsteller bis zum 16. September 2004 und damit noch innerhalb des Zeitrahmens zur Verfügung zu stellen, in dem auch die übrigen Parteien ihre Werbespots senden dürfen. Im Übrigen können die Folgen einer zu Unrecht verweigerten weiteren Sendezeit dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG und folgt hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Streitwertes der erstinstanzlichen Begründung.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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